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Schon bei Lebzeiten der Madam Vigna hatte ich die Ehre, den Herrn Francesco Barbieri, Podesta von Mantua, zu kennen, welcher sich zur selbigen Zeit in Temiswar befand. Dieser bat mich, ihm seine Akten zu übersetzen, welches er mir gut zu bezahlen versprach und auch würklich bezahlte. Ich wurde also in wenig Tagen aus einem Wirt ein Übersetzer. Dieser Herr, der vor einiger Zeit von Wien gekommen war, hatte einen beträchtlichen Prozeß zwischen dem Herrn Grafen Ruggier Staremberg und einem gewissen Herrn Limoni zu führen, von welchem ich nur einige Worte gedenken will. Seit der Zeit, daß die Reiskultur zu Giroda, ohnweit Temiswar, eingegangen war, hatte sich niemand gefunden, diesen Zweig der Industrie wieder in Aufnahme zu bringen. Gedachter Herr Limoni, ein gelernter Apotheker von Mantua, war es, dem dieses Verdienst aufbewahrt wurde; er hielt bei der hochseligen Maria Theresia um 500 Joch Felder an, um dasselbe zur Reiskultur urbar zu machen, und bekam es nicht allein sogleich unentgeltlich, sondern auch noch eine dreißig Dukaten schwere goldene Medaille, um sie als ein Ehrenzeichen zu tragen. Noch mehr, es wurde an das Szakowaer Rentamt ein Befehl gesendet, diesem Herrn Limoni zehn Mann als eine Sicherheitswache zu geben. Nun hatte dieser Herr wohl Land, das aber großen Aufwand erforderte, um der Absicht der erhabenen Geberin zu entsprechen und für sich selber Nutzen daraus zu ziehen; weil er aber keine baren Mittel besaß, so gab er sich sogleich Mühe, in Wien einen Kapitalisten ausfindig zu machen, der solche gegen einen bestimmten Anteil der Nutznießung vorschießen möchte, war auch so glücklich, die gesuchte Unterstützung bei dem Herrn Grafen von Staremberg zu finden, der ihm in verschiedenen Posten gegen 36 000 Gulden bares Geld darlieh. Unter andern hatte Herr Limoni auch versprochen, in einer gesetzten Zeit weißen Reis zu liefern; da er dieses nun, vieler Ursachen wegen, nicht leisten konnte und noch immer mehr Geld forderte, der Herr Graf aber nicht allein keines mehr darleihen, sondern die dargeliehenen Kapitale auch wieder zurückhaben oder ihm noch mehr Geld geben und teil an dem Grundstücke haben wollte, so entstand dieser Prozeß. Herr Limoni hat mir oft gesagt, daß ihm der Herr Graf seine Streitza, die er immer am Halse trug und eine hiesige Metze halten mochte, voll Dukaten geboten habe, wenn er auf die Schenkungsakte Verzicht tun und ihm das Land abtreten wollte. In der Folge kam anfangs gedachter Herr Barbieri ins Banat und hatte von der Graf Starembergischen Masse, dessen erstes Glied der Herr Baron Gudenus war, den Auftrag, diesen Prozeß anhängig zu machen, und erhielt monatlich ein bestimmtes Honorar von hundert Gulden. Der Herr Podesta war ein mit vielen Talenten begabter Mann, welches selbst seine Feinde, deren er genug im Banat hatte (und welchem ehrlichen Manne fehlen sie?), gestehen müssen, allein in der deutschen Sprache so fremde, daß er nicht einmal die nötigsten Bedürfnisse fordern konnte; ja er fand unsre Sprache so schwer, daß er gar keinen Versuch machen wollte, sie zu lernen. Weil nun der Prozeß bei der Kameral-Kanzlei in Temiswar geführt wurde, so mußte ich ihm alle einzureichende Schriften ins Deutsche und die, so er erhielt, ins Italienische übersetzen. Dieser Herr bezahlte mich nicht allein sehr gut, sondern wir machten auch, wenn wir nichts zu tun hatten, einige Exkursionen miteinander. Bald fuhren wir nach Laramna, bald nach Scatai, Charlottenburg oder Werschetz und brachten unsere Zeit recht vergnügt zu. Nach Verlauf von neun Monaten hörte unsere Arbeit auf einmal auf; denn die Graf Starembergische Masse, welche müde sein mochte, die hundert Gulden monatlich zu bezahlen, besonders da sich der Prozeß sehr in die Länge zu ziehen schien, trug die fernere Führung desselben dem Herrn Syndikus Schmidt in Temiswar auf; was nun solcher für einen Ausgang genommen habe, ist mir nicht bekannt, weil er, als ich das Banat verließ, noch nicht geendiget war.
Als wir nichts mehr mit dem Prozeß zu tun hatten, arbeiteten wir zwei Gesellschaftskontrakte aus; für den ersten, der zwischen dem Herrn Carlo Guiliano Arisi und den beiden Kapitalisten Herrn Haygel und Kircheser geschlossen wurde, bekam ich 25 Gulden, allein für den des Herrn Oberlieutenants von Havatsky, für welchen mir zwölf Zechinen versprochen wurden, habe ich nicht das mindeste erhalten. Es ist wahr, der Herr Barbieri schrieb mir einst von Billisch, wo er auf des Grafen Bellesney Gütern eine Seiden- und Reiskultur angelegt hatte, und legte mir einen Brief an den Herrn Haygel mit einem Sigillo valente bei; weil aber jetzt genannter Herr zufälligerweise bei mir war, als ich den Brief bekam, so wollte ich nicht gerne Gebrauch davon machen, sondern gab ihm solchen, ohne zu wissen, welchen Weg Herr Barbieri eingeschlagen hatte, um mir zu meinem Verdienste zu verhelfen. Weil ich nun in Temiswar nichts zu verrichten hatte, so ging ich mit Herrn Carlo Arisi, einem der Interessenten des gedachten Kontrakts (der mir die Stelle des Rechnungsführers, den sie gemeinschaftlich unterhielten, versprach), auf den Reisbau nach Katai. Als die Sache ihren Fortgang haben sollte, fand sich's, daß der, welcher diese Stelle bis dahin bekleidet hatte, eine namhafte Summe an die Kassa restierte, weswegen die Interessenten genötiget waren, ihn bis zur Berichtigung des Defekts zu behalten; allein anstatt etwas zu bezahlen, machte er neue Schulden, und ich konnte wohl sehen, daß er sie niemals oder doch sehr spät bezahlen würde; demohngeachtet hatte ich vom Herrn Arisi monatlich zehn Gulden, nebst Kost, Quartier und Aufwartung, wofür ich seine besondere Rechnung führte, seinen Söhnen die deutsche Sprache lehrte und mich zum Vergnügen des Reisbaues annahm.