Karl Simrock
Rheinsagen aus dem Munde des Volks und deutscher Dichter
Karl Simrock

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Kreuznach

110. Die Gründung Kreuznachs

Ein Wald im Frankenlande lag wild und schauerlich,
Ein Fluß entwand dem Schatten der Felsenklüfte sich,
Und mitten auf dem Flusse lag eine Insel klein,
Und mitten auf der Insel stand hoch ein Kreuz von Stein.

Und wenn der Fluß zum Strome durch Wassergüsse schwoll,
Daß rings von seinem Tosen Gebirg und Tal erscholl,
Und seine Hütt' in Trümmer der Fischer sinken sah,
Stand hoch und unerschüttert das Kreuz im Strome da.

Der Meister, der's errichtet mit kunstgeübter Hand,
War übers Meer gekommen ins fränk'sche Heidenland,
War in die Nacht gedrungen der wüsten Barbarei,
Damit des Kreuzes Schimmer ein Licht im Finstern sei.

Der Fischer ohne Hütte zum fremden Meister fleht:
»O lehr ein Haus mich bauen, das gleich dem Kreuze steht!«
Und jetzt auf Felsenboden ward Stein auf Stein gesetzt,
Das Wasser schwoll und brauste, das Haus blieb unverletzt.

Da kamen sie zur Insel gepilgert durch den Wald:
Belehrt durchs Kreuz, bekehret zum Kreuz ward jung und alt.
Und eine Stadt erhob sich, wo einst die Hütte stand:
Vom nahen Kreuz der Insel ward Kreuznach sie genannt.

            Gustav Pfarrius.

 


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