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Du Land der Unterfranken, du hügelreiche Flur,
Wie schön an Deutschlands Schranken durchströmet dich die Ruhr,
Wo, nah den welschen Zungen und welscher Weise fern,
Auch mein Geschlecht entsprungen, – dich, Land, besing' ich gern!
Du hegest auch die Elle und ihrer Wiesen Bunt,
Bei Düren ihre Quelle, bei Jülich ihren Mund.
In Weiler, seinem Gute, kam Karl, der Kaiser, an,
Der teu'r mit Frankenblute der Sachsen Land gewann.
Er übte nach dem Streite im Winteraufenthalt
Mit edelm Heergeleite die Jagd im Bürgelwald.
Und wisset, wem vor allen der große Kaiser hold:
Dem besten der Vasallen, dem Sänger Arinold.
Ihm ward aus weiten Reisen der Töne Kunst bekannt,
Ihn lehrte alte Weisen das alte Griechenland;
Er rief des Friedens Kühle in jede kranke Brust
Und himmlische Gefühle der Liebe und der Lust.
Des frommen Helden Seele, bewegt und sorgenvoll,
Genas von Leid und Fehle, wenn Arnolds Lied erscholl.
Er dankte reiche Gaben des reichen Königs Gunst,
Doch Leidende zu laben, verwandt' er seine Kunst;
Der Brüder Glück zu mehren beglückte seinen Mut,
Nur fremder Not zu wehren besaß er eignes Gut.
Man hörte Arnold preisen im ganzen Frankenland,
Den Armen, Witwen, Waisen zu Hilf' und Trost gesandt.
Als in des Hornungs Tagen die Jagd im Walde war, –
Es sind nach treuen Sagen nun mehr als tausend Jahr' –
Da sah auch ihn man reiten als wackern Jagdgenoß;
Er rührte sanft die Saiten und scharf das Wurfgeschoß.
Und täglich lud zum Mahle den frohen Jagdverein
In seines Hofes Saale der Herr des Hofes ein.
Doch eines Tags, da alle dem Mahle schon genaht,
Und aus des Saales Halle ein schmucker Knappe trat,
Dem sich aus blanker Kanne ein reiner Quell ergoß,
Und über goldner Wanne des Kaisers Hand umfloß:
Da beugte tief sich nieder der Sänger Arinold:
»Wenn lieb dir meine Lieder, so sei mir heute hold!«
»Wohl lieb' ich deine Lieder, wohl ist mein Herz dir hold,
Denn nimmer böt' ich wieder in Gütern und in Gold
Was ich der Treue danke, die du mir zugewandt;
Daß meine Huld nicht wanke, das werde nun bekannt:
Was das Gemüt ergötzen, erfreuen mag den Sinn,
Von allen meinen Schätzen nimm dir das Liebste hin.«
»Nie trug ich, Herr, Verlangen nach Gold und Edelstein,
Nach Ketten oder Spangen, bewahrt in reichem Schrein;
Weil du mir nun zur Bitte gewähret die Gewalt,
Laß mich nach alter Sitte erwerben einen Wald:
Was reitend ich befange in deines Mahles Ruh',
Das teile meinem Sange zu ew'gem Lohne zu.«
Der Kaiser sprach: »Ich sehe, daß dir der Wald behagt,
Worin du Hirsch und Rehe so ritterlich erjagt;
Du willst in andern Tagen, weil Herrenhuld vergeht,
Im eignen Walde jagen. So nimm, was du erfleht. –
Man führe zu dem Ritte mein schnellstes Roß herbei,
Daß die bescheidne Bitte ihm reich erfüllet sei.«
Das war ein eitles Sorgen; es stand in weitem Raum
Mit Rossen schon am Morgen umstellt des Waldes Saum.
Man mag ihn kaum umschreiten vom Tage bis zur Nacht,
Er wollt' ihn ganz umreiten, noch eh' das Mahl vollbracht.
Drum hielt je ein Genosse ein Roß von Rast zu Rast,
Von Rosse schwang zu Rosse der Sänger sich in Hast.
Vollkommen ist gelungen, was seine List ersann,
Im Fluge ward umsprungen des ganzen Waldes Bann.
Wo Buchen er und Eichen dem Wege nahe fand,
Beschrieb mit Schwertes Streichen er ihres Stammes Rand.
Wohl wahrte man die Lachen seit Arnolds raschem Ritt,
Wenn nach den Bürgelsprachen das Volk die Mark umschritt. –
Der Kaiser war zum Mahle den Rittern nahgesellt,
Als singend in dem Saale der Sänger sich ihm stellt
Und jeder spricht: »Du kehrest ja vor der Zeit zurück,
Ich fürchte, du begehrest ein gar zu kleines Glück.
Wie mäßig mag dein Birschen im eignen Parke sein!
Den Rehen und den Hirschen ist dieser Raum zu klein.«
»Nicht dacht' ich zu erlangen das Lob der Mäßigkeit,
Was reitend ich befangen ist manche Meile weit.
Verzeih, daß dir zum Truge ich eine List ersann:
Ich hab' umjagt im Fluge des ganzen Waldes Bann;
Wo Buchen ich und Eichen dem Wege nahe fand,
Beschrieb mit Schwertes Streichen ich ihres Stammes Rand.«
Der Kaiser mußt' entbehren des Waldes Herrlichkeit,
Das Königswort zu ehren, war's lieb ihm oder leid;
Er zog ein Warezeichen von seiner starken Hand,
Den goldnen Ring zu reichen, der Übertragung Pfand;
Dann blickt' er prüfend wieder mit sorgevollem Sinn,
Begehrend keine Lieder, auf seinen Sänger hin.
»Dein Schweigen, Herr, bekundet,« sprach Arnold schamerglüht,
»Daß meine List verwundet dein königlich Gemüt.
Wohl möcht' es dich betrüben, wenn Geiz den Sänger trieb,
Wenn seines Geistes Üben nicht treu dem Himmel blieb.
Ob ich des Waldes Meister durch deine Gnade bin,
Ich haue keinen Heister zu eigenem Gewinn.
Das arme Volk entbehret zum Brande Holz und Torf,
Soweit der Wald sich kehret von Zier bis Angelsdorf.
Ich kann dir zwanzig zeigen der Dörfer ringsumher,
Das Holz sei nun ihr Eigen, so darben sie nicht mehr.
Ich wagte, zu erbitten für sie der Lieder Preis,
Für sie hab' ich umritten des weiten Waldes Kreis.«
»Du sparest,« sprach der Kaiser, »dem Hof des Holzes Hut,
Doch wähn' ich, wär' es weiser, es blieben Wald bei Gut.
Ich geb's mit Hand und Munde, mit Rasen und mit Ast,
Und bin zu dieser Stunde im Hofe nur dein Gast.
Drum schenk uns von dem besten, den man am Rheine zieht,
Und singe deinen Gästen ein herzerquickend Lied.«
Wo er das Lied gesungen, ist lang' der Saal zerstört,
Die Sage unverklungen ihr noch im Volke hört.
Den heil'gen Arnold ehret die Gaugenossenschaft,
Bewahrend unversehret des alten Glaubens Kraft,
Und Arnolds Weiler nennet den Weiler jung und alt,
Wo man die Scheite brennet aus seinem Bürgelwald.
Herman Müller.