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Da runzelte der Rätselmann die Brauen Und sprach das Rätsel vom |
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Grauen: | ||
Wenn das des Morgens angeglommen; Wird das der Nächte dir benommen; Doch das des Lebensabends siehst du, Wenn das ist auf dein Haar gekommen. |
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Drauf blickte er kraus Und sprach das Rätsel vom |
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Strauß: | ||
Einen sah ich wie den Wind Rennen durch die Wüsten; Einen seh' ich an der Brust Sich des Liebchens brüsten; Einen werd' ich keck bestehn, Wen danach wird lüsten. |
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Nun gab er seinem Geistesspiegel die Glätte Und sprach das Rätsel vom |
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Bette: | ||
Es ist, worin das Wasser fließt, Es ist, worauf die Blume sprießt; Es ist, worauf bei Tag und Nacht Der müde Mensch die Ruh' genießt; Und gleichnisweise nennst du so Auch das, was dich im Tod umschließt. |
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Dann sprach er mit sanftem Laute Das Rätsel der |
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Laute: | ||
Eine Mutter, die man benennt Nicht anders als ihre Söhne; In einfacher Zahl ein Instrument, Und in vielfacher Töne. |
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Dann lacht' er mehr als einmal Und rätselt über |
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ein Mal: | ||
Es wird ein Mal gegessen, Es wird ein Mal gebaut, Es wird ein Mal im Antlitz Des Liebchens gern geschaut; Was ist's? Ich hab' es dreimal Genannt in einem Laut. |
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Da begann er in die Hände zu klopfen Und rätselte vom |
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Pfropfen: | ||
Wenn du den ziehst, wird der Most Dir entgegen schäumen; Wenn du das thust, reift dir einst Edles Obst an Bäumen. |
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Wieder ließ er seine Funken stieben Und sprach das Rätsel von |
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Sieben: | ||
Korn wird in ihnen rein gemacht, Und eines giebt mit ihnen acht: Doch wer mit ihnen Wasser schöpft, Der hat Erstaunliches vollbracht. |
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Weiter drehte sein Rad der Töpfer Und sprach vom |
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Schöpfer: | ||
Die Schöpfung hat nur einen, Doch jeder Schöpfbrunn' seinen. |
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Wieder spornt' er seinen Gaul Und sprach das Rätsel vom |
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Maul: | ||
Renn' es mit dir oder red' es, Halte du im Zaume beedes! |
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Dann wandt' er seinen Redezauber An das Rätselwort |
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Tauber: | ||
Welcher Vogel ist es, den, so laut er girrt, Doch ein Gleichgenannter schwerlich hören wird? |
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Dann spann er weiter den Faden Und sprach das Rätsel |
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Geladen: | ||
Ein – hast du dir manchen Gast, Auf – hast du dir manche Last; Sag, was hinter beide – – paßt. |
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Noch hatt' er an Rätseln keinen Mangel Und sprach das von der |
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Angel: | ||
Was bewegt man, um Fische zu fangen, Und in die Stube zu gelangen? |
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Doch seine Hörer erbaut' er Nun mit dem Rätsel von |
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lauter: | ||
Klar und hell als Wein und Quell, Als ein Ton ist's mehr denn hell. |
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Nun zog er aus seinem Plunder Auch noch das Rätsel |
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Wunder: | ||
Was geschlechtlos in Staunen setzt, Ist als Mann am Leib verletzt. |
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Nun sprach er geschwinde Das Rätsel über |
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die Winde: | ||
Eine nennt im Garten sich Wie am Himmel die vielen, Nickt und neigt sich, wenn mit ihr Die Gleichgenannten spielen. |
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Dann sprach er als ein Philosoph Das Rätsel vom |
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Hof: | ||
In ihm gebellt wird und gekaudert, An ihm Langweiliges geplaudert: Darum vor ihm wie auf dem Lande So in der Stadt ich stets geschaudert. Ich seh ihn selbst am Mond nicht gerne, Weil dann der Regen niemals zaudert. |
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Dann sprach er ohn' Ermatten Das galante Rätsel vom |
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Schatten: | ||
Sag, wie heißt, den nie das Licht Deiner Schönheit kannte? Unterm Laube, das ihn giebt, Sitzt der Gleichgenannte, Der dazu geworden, seit Ihn dein Blick verbannte. |
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Dann rupft' er aus seinem Felde noch eine Ähre Und sprach das Rätsel von der |
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Mä[h]re: | ||
Angehört, ist's lieb und wert, Angesehn, ein schlechtes Pferd. |
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Nun lächelt' er schlau Und sprach das Rätsel von |
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Tau und Thau: | ||
Aus drei Teilen ist's geflochten, Ist es stark, so hält es. Doch es kommt ein Hauch dazwischen, Und vom Himmel fällt es. |
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Dann sprach er wie zum Hohn Das Rätsel von |
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Ton und Thon: | ||
Mit drei Lauten schreibt man es, Daß ein Laut es werde; Schieb einen vierten stummen ein, So wird's zu stummer Erde. |
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Nun kam an die Reih' Das Rätsel |
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Weih': | ||
Sie ist eine Feier, Er ist ein Geier, Und noch ein er, So wird's ein Weiher. |
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Nun piept er wie ein Zeisig Das Rätsel |
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Reisig: | ||
Bist du's, so magst du zum Kampfe reiten; Hast du's, so kannst du ein Feuer bereiten. |
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Dann bracht' er dar Das Rätsel vom |
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Star: | ||
Man läßt ihn sprechen, Man läßt ihn stechen; Es ist ein Vogel Und ein Gebrechen. |
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Dann gab er zu lesen Das Rätsel vom |
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Verwesen: | ||
Es ist mehr als Veralten Und so viel als Verwalten; Es erhält uns die Güter Und zerstört die Gestalten. |
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Wie konnt' er Schönres bringen nur, Als jetzt das Rätsel von der |
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Schnur: | ||
Sie hält fest zusammen, Was sie hält umwunden, Und durch ihre Dehnung Wird das Maß gefunden; Neugebornes Leben Ist an sie gebunden; An ihr hangen Meeres- Töchterchen, die runden; Mit dem Vater ist sie Durch den Sohn verbunden. |
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Nun taucht' aus seiner Weisheit Meer als Insel Das Rätsel vom |
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Pinsel: | ||
In geschickter Künstlerhand Macht er schöne bunte Sachen; Als ein ungeschickter Mensch Läßt er alles mit sich machen. |
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Nun warf er unter die horchende Schar Das Rätsel |
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Bar: | ||
Am Haupt ist's ohne Hut, Am Fuß ist's ohne Schuhe, Besonders ist es gut Am Geld in deiner Truhe. |
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Nun fragt er umher, wer riete Das Rätsel von der |
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Niete: | ||
Sie stammt aus Erdenschacht Und aus des Glückes Topf; Wer etwas will befestigen, Der schlägt sie auf den Kopf; Doch wer sie zieht, gewinnt nichts Und bleibt ein armer Tropf. |
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Nun kam durch ihn ans Leben Das Rätsel von |
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vergeben: | ||
Die Karten sind's, das Spiel gilt nicht; Die Schuld ist's, weg ist ihr Gewicht; Das Amt ist es, und wer sich drum Bewirbt, ist sein Bemühn es nicht? |
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Nun, ohne sich zu bedenken, Sprach er das Rätsel vom |
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Schenken: | ||
Fürsten, die es sonst gethan, Sind nun längst gestorben; Thut es ein gemeiner Mann, Ist er dran verdorben; Nur der Weinwirt, der es thut, Hat dadurch erworben. |
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Dann sprach er mit Feier Das Wort des Rätsels |
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Freier: | ||
Einer ist es, der kein Knecht ist Und es nie will sein auf Erden; Einer ist es, der kein Mann ist Und es eben wünscht zu werden. |
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Dann that er, als blickt er Nach Schönen, und sein Spruch war |
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ein Geschickter: | ||
Einer ist es, der gesandt ist, Einer ist es, der gewandt ist; Meiner Liebsten Blick ist beides, Der von ihr zu mir gerannt ist So verstohlen, daß es keinem Auf der Welt als mir bekannt ist. |
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Dann macht' er sich den Spaß Und sprach das Rätsel vom |
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Paß: | ||
Das Gebirg hat einen, Wo hindurch ich muß, Und mein Pferd geht seinen Mit geduldigem Fuß. Willst du sehen meinen? Wächter, Gott zum Gruß! Anders hab' ich keinen Als der mir am Schluß Langer Dienstespeinen Ohne Lohngenuß Ward zum Lauf vom feinen Liebchen voll Verdruß. |
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Dann trug er vor im hohen Chor Das Rätsel |
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Thor: | ||
Als der Weise saß beim Wein, Rief er: Knabe, höre! Das hier darf nicht offen sein, Daß uns der nicht störe, Der ein Weiser glaubt zu sein, Wenn er sieht, ich thöre. Schließ es, daß nicht er herein Dring' in unsre Chöre, Und sein Blick den Sonnenschein Meiner Lust umflöre, Da ich heute dir allein Und dem Wein gehöre. |
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Dann gab er zu als schmalen Streif Das Rätsel |
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Reif: | ||
Der vom Himmel fällt, Der die Fässer hält, Wenn die Traub' es ist, Die die Fässer schwellt. |
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Dann sprach er kecker Das Rätsel |
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Lecker: | ||
Wer es ist, der ißt Gern das, was es ist. Nennt mir's, wenn ihr's wißt. |
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Dann bracht' er im einfachen Kleide Das Rätsel von der |
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Weide: | ||
Sie trägt ein bittres Laub, Sie trägt viel süße Kräuter; Auf ihr geht, unter ihr, Die Kuh mit vollem Euter. |
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Dann trieb er mit Hast Auf die Weide das Rätsel |
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Mast: | ||
Sie machet feist Nur solche meist, Die speisen, bis Man sie verspeist. Er wuchs und stand Auf Bergen dreist, Auf Wassern steht Er jetzt und reist. Du magst mir sagen, Wie er heißt, Wenn sie dir nicht Benahm den Geist. |
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Dann fiel unterm übrigen Hagel Auch das Rätsel vom |
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Nagel: | ||
Gleichen Stamms mit Schwert und Lanze, Gleicher Art mit Klau' und Horn, Ist geschmiedet, ist gewachsen, Wie am Rosenzweig der Dorn, Wie der Sporn am Reiterfuße, Wie am Hahnenfuß der Sporn; Seine Spitze hat er unten, Seine Schärfe hat er vorn; Kluge treffen auf den Kopf ihn, Mädchen brauchen ihn im Zorn, Und der Trinker prüft an ihm Den geleerten Nektarborn. |
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Dann quoll aus seinem vollen Born Das Rätsel vom |
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Sporn: | ||
Den sich der Ritter Legt bei zum Ruhme, Gehört 'nem Vogel Zum Eigentume Und wächst im Garten Als eine Blume. |
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Dann drückt' er aus seinem Schwamm Auch das Rätsel vom |
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Kamm: | ||
Einen trägt das Bergeshaupt Auf der höchsten Scheitel; Mädchen als wie Vögel sind Auf den ihren eitel; Und dem Hitz'gen vor der Stirn Schwillt er wie ein Beutel. |
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Er war noch nicht am Ziel, Da sprach er das Rätsel vom |
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Kiel: | ||
Sieh, welch ein Dreister Und Weitgereister! Mit Vögeln fliegt er, Mit Schiffen kreist er; Sodann beschreibend Die Welt dir weist er, Wenn auf den Blättern Ihn lenkt ein Meister. Den Westen kennt er, Den Osten preist er; Mit Süd umglüht er, Mit Nord umeist er. Bald rührt und schmelzt er, Bald scherzt und beißt er; Mit Wundern spielt er, Mit Rätseln speist er. Er schafft Gestalten Und wecket Geister; Wenn eure wach sind, So sagt, wie heißt er? |
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Hier ward er unterbrochen – Von Klatschen oder Pochen? – Sonst hätt' er Jahr und Wochen In Rätseln fortgesprochen. |