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Hareth Ben Hemmam erzählt:
Ich kam nach Melita mit leichter Seele – und schwer geladnem Kamele; – dann nach niedergelegtem Reisestabe – war ich nur bedacht auf meines Gelds Ausgabe, – hörte nicht auf, dem Wilde der Freude nachzujagen – und den Bronnen der Lust nachzufragen, – und es ging mir niemals aus – Augenweide noch Ohrenschmaus, – noch Ergötzung und Vergnügung – und anmutige Zeitbetrügung. – Als mir nun dort weiter blieb – zu längerem Aufenthalt kein Trieb, – verwandt' ich, was noch nicht war verlaufen – von des Goldes Haufen, – dazu, um Reisegerät zu kaufen. – Und als ich wohlgeschmückt, – von keinem Kummer gedrückt, – war zur Reise ins Feld gerückt, – sah ich einen Trupp von neun Mann, – dessen Aussehn den Blick zog an – und dessen Ansehn das Herz gewann, – die hatten Wein geladen in Schläuchen – und ließen eben ihre Tier' auskeuchen, – gelagert an einem grasigen Bühl, – um zu erwarten das Abendkühl. – Da stieß ich zu ihnen, nicht aus Lust zu zechen, – sondern aus Lust zu sprechen, – nicht gelockt von den Düften ihres Weins, – sondern von den Lüsten ihres Vereins. – Als ich nun eingetreten in den neuen Orden – und der neune zehnter geworden, – fand ich, daß sie nicht waren einer Mutter Kind, – noch eines Hauses Gesind, – sondern zusammengeweht von des Zufalls Wind; – nur daß die Bildung und die Bekanntschaft – zwischen ihnen geschlungen ein Band der Verwandtschaft, – daß sie leuchteten als ein Bild der Eintracht, – wie der Gürtel Orions bei der Nacht. – Als ich nun im stillen den Stern gepriesen, – der mir zu ihnen den Weg gewiesen, – mischte ich meine Unterhaltung in ihre – und mein Tier unter ihre Tiere. – Da ergingen wir uns in des Gespräches Windungen – und durchliefen des Witzes Erfindungen, – bis wir anlangten bei den versteckten Wortverbindungen, – wie wenn einer Heuschrecken im Sinn hat und dich fragt: – wie wird Gräser-Furcht mit einem Wort gesagt? – oder: wie sagst du mit einem Wort gehäbe Röhren? – wenn er Dichterinnen von dir will hören. – Da ließen wir die Pfeile spielen – und sorgten nicht, wohin sie fielen, – vor oder hinter den Zielen; – reihend auf gut Glück an einen Faden – Sonn' und Plejaden, – erntend Datteln und Dörner, – sammelnd Spreu und Körner, – zum besten gebend Spelzen und Spelt, – falsche Münzen und gutes Geld: – die Gabel langte in den Kessel um die Wette – und spießte bald das Magere, bald das Fette. – Da hatte sich unvermerkt unserem Kreis – angeschlossen ein Greis, – dem ausgegangen schien die Behaarung – und eingegangen dafür Erfahrung; – er war wie ein Mann, der hört und sieht, – was um ihn geschieht. – Als er nun merkte, daß uns der Speichel versiegte im Mund – und der Brunnengräber kam auf den Felsengrund, – wandt' er sich spöttisch und ließ uns sein Hinterhaupt schaun, – indem er ausrief: Traun! – nicht alles ist Honig, was braun. – Doch die Gesellschaft sich erhob – und hing an ihm, wie die Eidechs am Baum Thundob; – rufend: Was du zerrissest, das flicke, – oder zur Buße dich schicke. – Du sollst nicht von dieser Stätte, – du bietest denn von deinem Geräte – Bess'res, als das unsre von dir verschmähte. – Als er so sich sah den Weg verrannt – und sich in den Beschwörungskreis gebannt, – sprach er: Lasset das Getöse – und höret, wie ich mich löse. – Da wandt' er sich zum Hauptmann der Gesellschaft und sprach:
1. | Du, in der Rennbahn des Geistes tummelnd Mit Sporn des Scharfsinns des Witzes Gaul, Nimm dich zusammen in einem Worte Zusammen fasse mir: Löwen-Maul. |
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Dann lachte er auf den zweiten und sprach: | |||
2. | Du, dessen feiner Hand die Lösung Macht nicht des feinsten Knotens bang, Wie hilfst du dir, wenn du sollst sagen Mit einem Worte: Gleich dem Klang? |
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Dann blickte er den dritten an und rief: | |||
3. | Du, auf dessen Gartenbeeten Wuchert ew'gen Lenzes Grünheit, Kannst du mit dem Wort mir dienen, Das in sich hält: Adler-Kühnheit? |
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Dann winkte er dem vierten zu und sagte: | |||
4. | Du, dessen Glücksgebäude Gott schirme den Verfall! Welch Wort ist, das gebietrisch Stets ruft: Herbei Metall? |
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Dann nickte er gegen den fünften und begann: | |||
5. | Du! wenn deine schöne Sklavin Dich bedroht mit einem Grimmchen; Weißt du wohl mit einem Worte Ihr zu sagen: Halt ein, Immchen? |
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Dann trat er den sechsten an und sprach: | |||
6. | O du, auf dessen Wangen Der Freude Wiederschein ist; Kannst du ein Wort mir sagen, Eines, das zweimal rein ist? |
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Dann deutete er auf den siebenten und rief: | |||
7. | Du, dem das Kleid der Bildung Den Nacken schön umfloß, Kannst du mit einem Worte Mir sagen: Nackt und bloß? |
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Dann lächelte er den achten an und sprach: | |||
8. | Du, des Geist in Fülle Blühnder Gärten wohnt, Sag mit einem Worte: Klinge, Frühlingsmond! |
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Dann betrachtete er den neunten und rief: | |||
9. | Du, dessen Mut nicht schaudert Vorm Dröhnen der Bedränger; Wie kann mit einem Worte Man sagen: Klare Sänger? |
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Der Erzähler spricht: Als an mich nun die Reihe kam, klopfte er mich auf die Schulter und sprach: |
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10. | O, der du schätzest nach Würden, was Man Schönes schreibet und Schönes spricht: Wie kann man einfach mit einem Worte: Feld-Narren sagen und anders nicht? |
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Dann rief er: Ich bin noch nicht auf des Fasses Grunde, – ich muß noch einmal tränken in die Runde. – Worauf er von vornen anfing – und fragend den ersten anging: |
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11. | Kluger. wenn du irgend Träger Ohne Trage sähest, sage, Welch ein Wort du brauchen würdest Statt der beiden: Ohne Trage? |
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Worauf er heranbrach – und den zweiten anstach: | |||
12. | Edler. wenn dein Vatersbruder Ging im schlechten Wetter aus, Könntest du mit einem Worte Ihm nicht sagen: Ei! nach Haus! |
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Worauf er sich wandte – und auf den dritten spannte: | |||
13. | Reicher! wer in deinem Hause Ist's, der lange dir zuvor war? Nenn ihn mir mit einem Namen, Welcher sagt: bejahrt und Vorfahr! |
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Worauf er seitwärts schielte – und auf den vierten zielte: | |||
14. | Weidereicher. dessen Thäler Stehn von Bergen fest umhagt; Sage, was in Bergesklüften Nennt sich: Muhme wohlbetagt? |
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Worauf er blinzte – und es auf den fünften münzte: | |||
15. | Frommer. schmachtet das Land nach Regen, Wie viel wert ist ein Tropfen dort! Betend sage zum Himmel: Feuchte Schicke! sag es mit einem Wort. |
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Worauf er sich anließ – und den sechsten anblies: | |||
16. | O Schöner! mögest du mit Glück, Bestehen alle Fehden! Nenn einer Schönen Namen, der Bedeutet: wählte jeden! |
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Worauf er sich rührte – und den siebenten in Versuchung führte: | |||
17. | Freigebiger! dem teuer Nicht seine Herden sind; O sag mit einem Worte: Schafräuber, komm geschwind! |
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Worauf er sich bückte – und den achten mit dem Gruß beglückte: | |||
18. | Will denn der Lust des Lebens Sich mischen Gram ach immer? Komm, laß mit einem Worte Uns sagen: Gram ach nimmer! |
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Worauf er vor dem neunten haltend, – ausrief, die Hände faltend: | |||
19. | O ihr, vor und hinter denen Liegen Länder unbezirket; Eh' ihr auseinander scheidet, Sag ein Wort euch: Freunde, wirket! |
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Worauf er mich begrüßte – und den Abschied versüßte: | |||
20. | Hast du mit der Sonne Blicken dich geletzt, Sag mit einem Seufzer: Niederwärts zuletzt! |
Da brach die Gesellschaft aus – in Entzückungsbraus, – rufend: Sprich aus, sprich aus! – wer bist du? und wo bist du zu Haus? – Doch er stöhnte wie eine Söhneberaubte – und sprach mit gesenktem Haupte:
Jeder Gebirgsweg ist mein Weg, Jedes Geheg' ist mein Revier; Aber Serug ist, wo sich hin Wendet mein Herz mit Schmerzbegier, Meiner Erinnerung Jugendbraut, Von ihr wehet der Wind zu mir. Von den Abendfliegen durchtönt, Ihrer geschmückten Gärten Zier; Was einst dort ich an ihr geschaut, Zeugt im Auge nun Thränen hier. Nichts des Lieblichen war mir lieb, Und nichts Süßes mir süß nach ihr. |
Der Erzähler spricht: Da sprach ich zu den Genossen: – das ist Abu Seid, von Serug entsprossen, – des Geistes ewig wechselnder Farbendunst, – der Schönheit immer wallende Feuersbrunst; – Rätselspiele sind das Geringste seiner Kunst. – Worauf ich anhob mit Brunst, ihnen sein Wert zu rühmen – und sein Verdienst in ihren Augen zu blümen. – Dann wandt' ich mich, siehe, da war er verschwunden, – und seine Spur ward nicht gefunden.
Erklärung der Rätselworte.
Frage: Wie sagt man mit einem Worte: |
Antwort: | |||
1. |
Löwen-Maul | Leumund (Leu-Mund). | ||
2. |
Gleich dem Klang | Wiederhall (wie der Hall). | ||
3. |
Adler-Kühnheit | Armut (Aar-Mut). | ||
4. |
Herbei Metall | Kommerz (Komm Erz). | ||
5. |
Halt ein, Immchen | Rubinchen (ruh, Bienchen). | ||
6. |
Zweimal rein | Purpur (pur pur). | ||
7. |
Nackt, bloß | Barbar (bar bar). | ||
8. |
Klinge, Frühlingsmond | Schalmei (schall Mai). | ||
9. |
Klare Sänger | Hellebarden (helle Barden). | ||
10. |
Feld-Narren | Autoren (Au-Thoren). | ||
11. |
Ohne Trage | sonderbare (sonder Bahre). | ||
12. |
Ei, nach Haus | Oheim (o heim). | ||
13. |
Bejahrt, Vorfahr | Altan (alt Ahn). | ||
14. |
Muhme wohlbetagt | Basalt (Bas' alt). | ||
15. |
Feuchte schicke | Tausende (Tau sende). | ||
16. |
Wählte jeden | Koralle (kor alle). | ||
17. |
Schafräuber, komm geschwind | Wolfeile (Wohlfeilheit). | ||
18. |
Gram ach nimmer | Harmonie (Harm o nie). | ||
19. |
Freunde, wirket | Brüderschaft (Brüder schafft). | ||
20. |
Niederwärts zuletzt | abendlich (ab endlich). |