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Hareth Ben Hemmam erzählt:
Ich machte durch Schiras einen Wandelgang, – da fand ich eine Gesellschaft wie einen Perlenstrang, – die jeden, der vorbeiging, stehn zu bleiben zwang; – ich wollte vorüberschreiten gebührlich, – doch mein Fuß stand unwillkürlich, – und ich gesellte mich ihnen, – um zu erforschen das Gold in ihren Minen – und zu kosten die Frucht von ihrem Baum; – ich fand ihren Geschmack nach meinem Gaum: – die Leute waren auserlesen; – wer bei ihnen war, war von Gram genesen. – Während wir nun Scherze trieben, süßer als Girren der Tauben – und lieblicher als Milch der Trauben, – trat zu uns ein übel geschmückter, – seinen besten Jahren entrückter, – in seinen Mantel gedrückter, – der grüßte mit gelöster Zunge – und mit eines Wohlberedten Schwunge. – Dann nahm er Platz und sprach: Das walte Gottes Gnade, – und führe uns alle zum rechten Pfade! – Da wollten sie gering ihn schätzen, – weil ihm der Mantel hing in Fetzen, – vergessend den Spruch, – daß nicht das Gewand den Mann macht, und nicht der Einband das Buch. – Sie führten zierliche Reden stolz – und schossen auf ihn jeden Bolz; – sie hielten sein Aloe für Brennholz. – Er aber ließ sich kein Wort entschlüpfen, – er wollte nicht seinen Schleier lüpfen, – bis er geprüft hätte ihrer Wasser Tiefe und Seichte, – ihrer Wagschalen Schwere und Leichte. – Als er nun ergründet ihren Schatz im Kasten – und wußte, wie viel ihre Köcher faßten, – sprach er: Mein Volk! wenn dich nicht irrte der Spund, – daß du sähest dem Wein auf den Grund, – du hättest nicht, von meinen Hadern betrogen, – mir die verdiente Achtung entzogen. – Dann fing er an, zu sprudeln Witz – und zu sprühen Blitz um Blitz, – in die Herzen sprengend Ritz um Ritz, – bis er war in aller Besitz; – worauf er sich rührte, – seinen Bündel schnürte – und ab sich führte. – Doch die Gesellschaft hing sich an seinen Saum – und warf ihm über einen Zaum, – sprechend: Du hast uns den Finger gereicht – und entziehst uns nicht die Hand so leicht; – wir kennen die Schale deines Ei's, – zeig uns seinen Dotter und sein Weiß! – Da schwieg und stutzt' er, – wie ein Verdutzter, – dann schluchzt' er, als ob er trauerte – und tiefes Leid ihn durchschauerte, – bis ein jeder ihn bedauerte. – Der Berichter dieser Geschichte spricht: Ich sah an ihm des Abu Seids Art und Weise, – seine Fährten und sein Geleise, – seine Schliche und Pfiffe, – seine Striche und Kniffe; – da schaut ich ihm unter die Falten des Bettlertalares, – und siehe da! er war es. – Doch ich behielt für mich allein den Faden – und verbarg meine Entdeckung, wie man verbirgt einen heimlichen Schaden; – bis er nun war von Schluchzen frei – und merkte, daß ich ihm auf der Fährte sei, – da er mir mit lachendem Auge blinzelte – und anhub, indem er winselte:
Verzeih mir's Gott, verzeih mir's Gott, Was ich im Jugendrausch verbrochen. Wie vielen Alt' und Jungen, ach, Hab' ich vordem den Hals gebrochen! Wie viele Augen, hell und feucht In Perlen schwimmend, ausgestochen Und niemand hat die That gewehrt, Und niemand hat den Mord gerochen. Getrunken hab' ich schuldlos Blut, Bis ich mir's fühlt in Adern kochen. Ich ward davon im Haupt verstört, Und mürbe wurden meine Knochen. Der Bettelstab des Alters hat Der bösen Lust den Stab gebrochen. Doch hat ein junges, frisches Blut In meinem Hause sich verkrochen; Kein Bronnenstrahl hat sie besprengt, Kein Sonnenstrahl hat sie gestochen. Sie lebt der Nonn' im Kloster gleich, Doch ist zur Ehe sie versprochen. Gewittert haben Freier sie, Sie haben ihren Duft gerochen. Sie melden sich am Kämmerlein Der Braut mit ungestümem Pochen. Sie will nicht länger Jungfrau sein, Denn ihre Reif' ist angebrochen; Und zu vermählen denk' ich sie, Sobald vorbei die Fastenwochen. |
Doch zu dem Hochzeitfeste – zur Bewirtung der Gäste – fehlet mir leider das Beste. – O ihr Herren der irdischen Wonne, – ihr lichten Strahlen der Wohlthätigkeitssonne, – ihr hellen Tropfen aus des Edelmuts Bronne, – erbarmt euch mein und meiner Tochter, der Nonne! – Bei ihrem duftigen Schleier, – bei ihrem begierigen Freier! – daß bei der Vermählungsfeier – euch zu Ehren möge tönen Laut' und Leier: – legt ins Nest meiner Armut eurer Großmut Eier! – werft in den Schoß mir jeder einen Dreier! – Da hielt er sein Gewand auf, – und die Münzen regneten ihm wie Sand drauf. – Als er nun seine Ernte gesammelt – und seinen Dank gestammelt, – zog er ab mit Verbeugung – und tiefer Ehrfurchtsbezeugung; – und ich eilte ihm nach, – um zu erfahren, welche Häls' er denn brach, – und welche Nonne er hab' im Gemach. – Aber, als ob er mir am Gang – schon ansähe der Neugierde Drang, – nahm er mich auf die Seite – und sprach: Hör und sei gescheite!
Ein Mann, wie ich, der mit des Lebens Kummer ficht, Der Hals der Flasche ist der einz'ge, den er bricht, Das feuchte Aug' ist nur der Wein, den aus er sticht. Und jede Nonne, die nicht sieht der Sonne Licht, Und die mit Bronnenwasser sich befasset nicht, Daß es die Tonn' ist, wer's nicht rät, der ist ein Wicht. |
Aber ich bin ein Schlemmer, – und du bist ein Wasserschwemmer, – zusammen gehören nicht Wolf und Lämmer. – So ließ er mich stehn und ging gemach, – und ich schickt' ihm ein Ach, – wie ein Verliebter seinem Abgott, nach.