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Hareth Ben Hemmam erzählt:
Mich zog einer Neigung Hang – und eines Verlangens Drang, – zu werden der Sohn jedes fernen Weges – und der Bewohner jedes fremden Geheges; – wobei ich doch nie durchritt ein Thal, – oder trat in einen Gesellschaftssaal, – ohne daß mein Wunsch war befeuert – nach Bildung, die der Unlust steuert – und den Wert des Mannes teuert; – bis an mir davon die Farbe geblieben – und die Eigenschaft davon mir ward zugeschrieben, – und ihre Art fester an mir haftete, als die Liebe am Stamme der Benu Odhra,Ein arabischer Volksstamm, der, wenn man den Sagen glaubt, aus lauter auf den Tod Verliebten bestanden haben muß. Seine Jünglinge starben ganz gewöhnlich an Liebesverzehrung, und darum ist er wohl ausgestorben. – oder die Tapferkeit an dem Hause des Abu Sofra. – Als nun mein Reisekamel sich gelagert in Negran – und ich dort Freunde und Bekannte gewann, – wählt' ich ihre Gesellschaften zu meinen Weideplätzen, – und zu meinem Tag- und Nachtergötzen; – wo ich früh und spät verweilte – und Frohes und Trauriges teilte. – Während ich mich nun befand in einem besuchten Kreis – von ausgesuchtem Preis, – ließ sich bei uns nieder ein Greis, – dessen Gewand war verwittert – und seine Kraft zersplittert; – der grüßte mit dem Gruß eines Süßmundigen – und der Zunge eines Wortkundigen, – sprechend: O ihr Monde der Geselligkeit, – ihr Meere der Gefälligkeit. – der Morgen ist für den, der zwei Augen hat, klar, – und der Augenschein ersetzt ein Zeugenpaar; – für meine Sache spricht mein Kleid und mein graues Haar. – Wie ist euch nun ums Gemüte? – erweist ihr einem Bedürftigen Güte – oder weist ihr ihn ab, daß Gott verhüte? – Sie riefen: Du hast hier Störung gebracht – und den Brunnen, wo du schöpfen wolltest, versiegen gemacht. – Da beschwor er sie um Gott, was sie denn bewege, – ihm so schnöde zu weisen die Wege? – Sie sprachen: Wir haben hier aufeinander mit Rätseln gezielt, – wie man am Tage der Schlacht mit Geschossen spielt. – Da enthielt er sich nicht, von dergleichen Fehden – gering zu reden – und diese Kunst – für nichts Besseres zu erklären als Dunst. – Doch die Sprecher des Volks begannen auf sein Erfrechen – mit den scharfen Lanzen des Tadels einzustechen, – sodaß er bereute zur Gnüge – seinen Vorwitz und seine Rüge. – Sie aber, wie gegeben war das Zeichen zum Streite, – drangen auf ihn ein von jeder Seite, – bis er sprach: Mein Volk! die Milde behauptet den Thron; – stehet ab von eurem wilden Drohn. – Kommt heran, daß wir Rätsel spielen – und bestimmen, wer zuerst soll zielen. – Da verstummte das Schlachtgeheul – und löste sich der verworrene Knäul;– sie nahmen an den Antrag – und willigten ein in den Anschlag, – mit der Bedingnis Anhang, – daß er selber mache den Anfang. – Da hielt er inne nicht länger, als bis man ein Schuhband – aufband oder zuband, – dann rief er: So hört, und Gott baue fest eures Wohlstandes Steinwand, – und euer Preis vor der Welt sei ohne Einwand! – worauf er anhub zu rätseln über die Luftfache von Leinwand:Eine Leinwand, in der Höhe des Daches über den offenen Raum des Hauses ausgespannt, die, an einem Seil gezogen, sich durch die ganze Länge des Raumes hin und wieder bewegt, um Kühlung zu verbreiten, insbesondere wenn man die Mittagsruhe halten oder auch zu Nacht schlafen will. Sie wird natürlich nur in der heißen Jahreszeit gebraucht und dann mit Wasser benetzt, auch wohl mit Rosenwasser besprengt.
Die Magd, die durch das Haus von einem Ende Zum andern läuft und umkehrt ohne Stocken; Leicht, ohne aufzufußen, schwebt sie nur; Ihr Amt ist, mit Erfrischungen zu locken. Ihr Kleid ist, wenn sie dient, im Sommer feucht, Im Winter aber, wenn sie feiert, trocken. |
Dann rief er: Vernehmet, und grün sei euer Heil, – Überfluß euer bestimmtes Teil! – worauf er rätselte vom Palmenseil:Ein Seil von Palmbast, das man gebraucht, um die Palme zur Ernte der Datteln zu ersteigen.
Der Sohn, der, seiner Mutter Entnommen, längst verschmachtet, Und nun der Mutter Nacken Neu zu umschlingen trachtet. Wann ihr der Mutter Schätze Zu plündern Anstalt machtet, Dient euch der Sohn zum Helfer Und wird dafür geachtet. |
Dann rief er: Merkt auf, ihr, deren Witz trifft das Ziel – und deren Geist die Schwierigkeit macht zum Spiel! – worauf er rätselte vom Schreibekiel:
Es geht ein unvernünftiges Geschöpf, Geführt von kund'ger Hand auf glatten Flächen, Und sein gespaltner Huf drückt Spuren ein, Worüber Denker sich den Kopf zerbrechen; Und wenn's auf seinem Gange durstig wird, Tränkt man dazwischen es an trüben Bächen. |
Dann rief er: Nun, o ihr Blumen der Weisheitstrift, – hört, was alles Gehörte übertrifft. – worauf er rätselte vom Augensalbestift:Ein feiner metallener Stift, womit man die schwarze Schminke oder Salbe ans Auge bringt, die nicht nur den Glanz des Auges erhöht, sondern auch die Sehkraft stärkt, insbesondere aber im Alter den grauen Wimperhaaren ein jugendliches Ansehen geben mag.
Ein schmächt'ger Mann hat zu bedienen Zwei sich in allem gleiche Fraun, Die frischer sind nach der Bedienung Und jugendlicher anzuschaun. Er giebt den Vorzug keiner Schwester Sie teilen also sein Vertraun Daß er von der zu der sich wendet, Sie wechselweise zu betaun. Die Liebesopfer, die er sparte, Als beide waren jung und braun, Vermehrt' er, als sie grau geworden; Das ist bei Männern selten, traun. |
Dann rief er: O ihr Goldmünzen vom echten Schlage, höret, und Gott verschlag' euch nicht am jüngsten Tage! – worauf er rätselte von der Zung' an der Wage:
Welche Zunge, die nicht spricht, Giebt verlässigen Bericht? Schlichtet anders kein Geschäft, Als mit Nachdruck und Gewicht, Gold und Silber gilt ihr gleich, Doch das Mehr und Minder nicht. Sie befriedigt die Partein, Wo sie sitzet zu Gericht, Ob sie gleich im Ausspruch schwankt: Eben das ist ihre Pflicht. |
Wie die fünfe waren entflogen, – legt' er nieder den Bogen – und sprach: Mein Volk! nun nehmet diese fünfe zur Hand, – wie die fünf Finger einer Hand, – überleget wohl – und erwäget euer Wohl! – Seid ihr mit dem Beschiednen zufrieden, – so sind wir in Frieden geschieden; – doch verlangt ihr die zweite Hand, – so bin ich bei der Hand. – Sprach's, und die Leute, hingerissen vom Verlangen, – wie ihnen der Rätsel Sinn war verhangen, – riefen: Unsere Schwinge ist zu schwach, – uns zu tragen deinem Adler nach; – doch willst du die zehn voll machen, so mach! – Da trat er auf im Triumph, – wie ein Sieger auf der Feinde Rumpf, – dann mit nachlässigem Ermatten – sprach er das Rätsel vom Schatten:
Ein starker Baum, der giebt es, Ein schwacher Mann, der scheint's. Das Glück auf Erden ist es, Mit jedem sich vereint's. Und es vergeht, o Wunder, Beim Untergang des Feinds. |
Dann that er, als ob er gähne, – worauf er rätselte über die Zähne:
Ein innerhalb der Pforte Gereihter Doppelchor, Die einer nach dem andern Sie richteten empor, Bis einer nach dem andern Sich wiederum verlor. Sie sind der Schmuck der Pforte, So lang sie stehn im Flor, In solchem Kleid, wie Lilie Und Perle sich erkor; Ein Mißstand ist's, wenn zwischen Den Weißen steht ein Mohr. Von ihren Hellebarden Ist nicht gesperrt das Thor; Sie schmeid'gen nur, was eingeht, Und prüfen es zuvor, Doch dienen zur Verstärkung Dem, was da geht hervor. |
Dann lacht' er unmäßig – und sprach rätselnd von Wein und Essig:
Geboren ist's von reinem Stamm, Bösartig ward's im Haus von Scherben. So lang es gut ist, taugt es nichts, Es droht, o Moslem, dir Verderben; Wenn's in Verderbnis übergeht, Wird es die Reinheit erst erwerben. O Wunder, wer als Sünder lebt Und als ein frommer Mann kann sterben. |
Dann that er wie einer, der sich erschöpft hat, – und rätselte vom Schöpfrad:
Ein Wesen zwischen Luft und Wasser, Halb Fisch, halb Vogel, sich bemühnd, Stets von sich selbst hinabgezogen, Wie's aufzustreben sich erkühnt; In seiner Arbeit kläglich stöhnend Und unablässig Thränen sprühnd, Es darf in seiner Qual nicht rasten, Als bis dadurch der Boden grünt. |
Dann schnürt' er zum Abzug sein Bündel – und rätselte von der Spindel:
Ein altes Weib, das flink sich dreht, In dessen Fleiß sich kleidet Der Araber, der Städte baut, Wie der Kamele weidet, Doch, wie es jede Blöße hüllt, An Nacktheit immer leidet, Weil es um andrer willen stets Von seinen Füllen scheidet. Dem dieses Weibs gleicht mein Geschick, Wer ist, der es beneidet? So hab' ich meines Geistes Schätz' In Rätseln hier vergeudet. |
Sprach's, da trieb sich das Nachdenken durch die Irrgänge des Wahns, – und die Vermutung stumpfte sich die Spitze des Zahns, – bis der Zeitverlauf war erheblich – und der Kraftverbrauch vergeblich. – Als er nun sah, daß sie schlugen,Nämlich Feuer. und es nicht fing, – daß sie Lust trugen, und es nicht ging – sprach er: Mein Volk, wie lange wollet ihr passen, – oder auf euch passen lassen? – Ist es nicht Zeit, die Fahnen aufzustecken, – oder aber das Gewehr zu strecken? – Da sprachen sie: Bei Gott! du hast es scharf gewürzt – und hart geschürzt, – alles Wild ist in deine Netze gestürzt. – Verfüg' über uns als dein Eigentum, – hinnehmend die Beute samt dem Ruhm. – Da setzt' er auf jedes Rätsel einen Satz, – den er sie zahlen ließ auf dem Platz, – dann brach er die Siegel – und löste die Riegel – und enthüllte ihnen der Einsicht Spiegel. – Und wie er befriediget ihre Gelüste, – den Pfad ihnen bezeichnet in der spurlosen Wüste – wandte er sich zum Fliehn; – doch der Obmann des Volkes hing sich an ihn, – rufend: Nach Sonnenaufgang ist kein Hehlen, – du sollst dich von uns hinweg nicht stehlen, – du entschädigest uns denn für die Trennung – durch deines Namens Nennung – und deines Stammes Bekennung. – Da blickt' er starr, als sei ihm was zugestoßen, – dann sang er, und seine Thränen flossen:
Serug ist meiner Wonne Gebäud', Wo ich des Lichts zuerst mich gefreut; Doch, ausgeschlossen von meiner Lust, Mein Schmerz ist nun durch die Welt verstreut. O Angedenken, das tausendmal Im Kelche die Bitterkeit erneut. Kein Ort giebt Ruhe mir, keiner giebt Rast meinem Tiere, das wiederkäut. In Irak heut und morgen in Negd, Und traurig bin ich morgen wie heut. Ich friste mit Gram den Geist, und den Leib Mit Speise, wie man dem Hund sie beut. Ich übernacht', und kein Deut ist mein, Und auch kein Freund, der mir galt' einen Deut. Wer lebt, wie ich, der verkauft um Spott Sein Leben, ohne daß er's bereut. |
Dann nahm er unter den Arm sein Geld – und suchte das Feld. – Wir beschworen ihn mit Lobpreisung, – zu bleiben, und machten ihm hohe Verheißung, – doch bei Gott, er floh, und vergebens war unsre Befleißung.