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Hareth Ben Hemmam erzählt:
Mein Herz war eines Tags von Kummer befangen, – der mir widerschien von den Wangen; – und ich hatte gehört, daß so sehr nichts dient, den Geist zu erfrischen, – als in geistige Gesellschaft sich zu mischen: – darum sah ich, um meine Dumpfheit zu heilen, – kein Mittel, als zur Hauptmoschee von Basra zu eilen, – die damals von Kennern war allgemein besucht, – wie eine Perlenbucht, – oder wie ein Garten voll Blüt' und Frucht; – man hörte auf ihren Sitzen, zu denen man drängte, – und in ihrem Raum, den man verengte, – nichts als gebildeter Zungen Geflüster, – oder gelehrter Griffel Geknister.Die Moschee, als Versammlungsort der Gelehrten und Gebildeten. Es wird daselbst nicht bloß gesprochen, sondern auch geschrieben, schon deswegen, weil so manche Spiele des Sprachwitzes, die einen Hauptgegenstand der Unterhaltung ausmachen, fast mehr für das Auge als für das Ohr da sind, wie z. B. Zeilen, die man buchstaben- oder wörterweise rückwärts lesen kann, Verse aus lauter punktierten oder lauter unpunktierten Buchstaben, oder aus einer regelmäßigen Abwechslung von beiden zusammengesetzt und andre Künsteleien mehr, wovon die Anmerkungen zum deutschen Hariri die Proben geben. – Dahin steuerte ich mit Macht – und hatte auf nichts andres acht. – Doch als ich nun eintrat in den äußern Rand – und im Vorhof stand, – zeigte sich mir ein Mann im zerfaserten Rocke, – sitzend auf einem Marmorblocke, – um ihn her ein Heer, – mehr als Sand am Meer, – ein Haufen gedichtet und geschichtet, – dessen Zahl nicht berechnet wird noch berichtet. – Da ließ ich mich es nicht verdrießen, – zu drängen durch die, die drängten und stießen, – bis ich ihm gegenüber hatte den Platz, – wo ich konnt' ins Auge fassen den Schatz. – Und siehe da! es war unser Held, – der Seruger, unvermummt und unverstellt; – der, als er im Kreis umhergeblickt – und einen Strahl des Auges auch zu meinem Orte geschickt, – sprach: O Volk von Basra! hüte Gott und weide euch! – wie schön steht der Frömmigkeit Geschmeide euch! – Wie frisch ist eures Geistes Duft – und wie süß eurer Heimat Luft. – Wie hoch ist eure Gesinnung – und wie edel eure Innung. – Euer Gebiet ist das glaubensreinste – und sittenfeinste, – an Umfang nicht das kleinste, – und an Inhalt das ungemeinste; – wo der Tigris ist am breitesten – und die Landschaft am weitesten – und die Palme am höchsten – und Gottes Näh' am nächsten. – Es ist der Gipfel eures Ruhms, – zu schaun gegen die Thüre des HeiligtumsAlle Mosleme richten sich im Gebete gegen die Kaaba, welche Richtung die Kibla heißt und in den Moscheen durch eine Blende in der Wand bezeichnet ist. Diese Richtung ist natürlich von den verschiedenen Himmelsgegenden her eine verschiedene. Von Basra ist die Dichtung westlich gegen die Ostseite der Kaaba, wo diese ihren Eingang hat und wo auch der Betort Abrahams sich befindet. – und gegen die Stelle hinzubeten, – wo Abraham getreten. – Eure Stadt ist gesetzt zu des Islams Vorwalle – und zu des heiligen Hauses Vorhalle, – nicht auf des Heidentums Trümmer gegründet, – sondern neu am neuen Licht entzündet.Hariri läßt es seiner Vaterstadt zum Vorzug anrechnen, daß sie eine neue, erst im Islam erbaute sei. Der Kalif Omar hat sie, in einiger Entfernung vom persischen Meerbusen, als eine Vormauer gegen das persische Reich gegründet. – Das ist ihrer Reinheit Stempel, – daß in ihr nie flammte ein Feuertempel,Der persischen Feueranbeter. – nie in ihr eine GlockeDer Christen. getönt ward, – noch einem Götzenbilde gefrönt ward, – und zu keinem gebetet als mit warmer – Erhebung zum Allerbarmer;Der Hauptname Gottes im Koran. – wo die Betörter sind voll Betender – und die Moscheen voll Betretender, – die Schulen voll Lehresuchender – und die GräberHier sind die andächtig verehrten Gräber eines Talha, Zubeir Abu Bekr, Ins Ben Malik und anderer ersten Anhänger des Islams. Überhaupt aber ist, die Gräber zu besuchen, eine gewöhnliche Andachtsverrichtung der Mosleme. voll Besuchender; – wo die Denkmale sind und die geweihten Plätze, – und die Reichtümer und die Weisheitsschätze. – So ist eure Stadt gesegnet, – daß in ihr sich begegnet – des Meerschiffes Mast – mit der Landkarawane Rast, – der Löwe mit dem Seelöwen – und die Taube mit der Möwen;Im Arabischen: der Fisch mit der Eidechse; die, nach dem Sprichwort, nie zu Wasser geht. – der Stier mit dem Stöhr, – der Luchs mit dem Lachs, – der Fischer mit dem Jäger, – der Kameltreiber mit dem Ruderschläger. – Und euer Zeichen ist die Flut im Walle – und die Ebb' im Falle.Bagdad, obgleich in beträchtlicher Entfernung vom Meer, hat Ebbe und Flut. – Über euren Preis sind uneins nicht zwei aus der ganzen Gemeinde, – und euren Wert leugnen selbst nicht die Feinde. – Euer Volk ist das friedfertigste, – dem Oberhaupte treu gewärtigste, – gegen Wohlthaten dankbarste, – in Anhänglichkeit unwankbarste. – Euer FrommerHassan von Basra. ist der frömmste der Erschaffenen, – der erste auf dem Wege zum Unerschaffenen; – und euer WeiserAbu Obeida. ist der Weiser der Zeit – und Weisel der Wissenschaftlichkeit. – Von euch ist, der das Licht der Grammatik angezündetAbu-l-aswad soll die erste arabische Grammatik geschrieben haben. Nachher ist Basra der Sitz der einen von beiden grammatischen Schulen, in welche sich die ganze Gelehrtenwelt teilt; der Sitz der andern ist Kufa. – und der den Bau der Metrik gegründet. – Und es ist keines Verdienstes Blume, – die nicht geblüht eurem Ruhme, – und kein Ehrenreis, – das nicht gesproßt zu eurem Preis. – Eure GebetruferDie Mueddhins (Muezzins), die von den Türmen der Moscheen die fünf Tagesstunden des Gebetes ausrufen. sind die zahlreichsten – und an Stimme den Engeln gleichsten – und eure Herzen die für die Andacht weichsten; – die ihr erfunden habt in eurer Stadt – das Nachbild der Feier von ArafatDen Gebetstand auf dem Berg Arafat bei Mekka während der Wallfahrt feiern die nicht auf der Wallfahrt Begriffenen daheim in ihren Städten durch besondere Gebete in den Moscheen, durch Flurumgänge u. s. w., welchen Gebrauch Ibn Abbas in Basra zuerst soll aufgebracht haben. – und im Ramadhan des Frühmarkts Beschickung – zu der Fastenden Erquickung.Den Monat Ramadhan hindurch muß bekanntlich von Sonnenaufgang bis -untergang in höchster Strenge gefastet werden. Dieses zu erleichtern, hält (oder hielt) man in Basra in der Frühe, d. h. vor Sonnenaufgang, einen Markt mit Lebensmitteln, zur Stärkung und Vorbereitung auf den Fasttag. – Bei euch, wann die Nacht kühl ist – und zum Schlaf einladend der Pfühl ist, – tönen Gebete, die den Schlafenden ermuntern – und den Wachenden lieblich wundern; – und nie blinkte des Morgens Zahn im Ost, – in der Hitze oder im Frost, – ohne daß euer Frührufer Chor – in der Dämmrung säuselt empor, – wie das Gesäusel des Winds im Rohr; – und das wird von Ohr zu Ohr gesagt, – was der Prophet (Heil über ihn) von euch zuvor gesagt,Der Prophet hat, laut der Überlieferung, vorausgesagt: es wird einst eine Stadt sein, Namens Basra, die wird die geradeste Kibla haben und die meisten Gebetrufer, von ihren Einwohnern wird Gott abwenden alles, was sie verdrießt. Und der Kalif Omar (er selbst der Gründer von Basra), als er einst mit einem Kriegsheere vor die Stadt kam, sprach bei der Musterung: Ihr kommt hier zu Leuten, deren Korangesumme ist wie das Gesumme der Bienen auf der Weide; beleidigt sie nicht mit der Erzählung weltlicher Kunden, sondern preiset den Koran und führet Überlieferungsworte vom Propheten an. – daß euer Gesumm' in der Nachtscheide – sein werde, wie das Gesumme der Bienen auf der Heide. – O ewiger Preis eurer Stadt um das – Wort Mustafas,Mustafa, ein Ehrenname Mohammeds, bedeutet Auserwählter. – womit der Erles'ne sie erlas, – und wenn von ihr kein Stein mehr steht, – der Wind ihre Spuren hat verweht – und von ihr nur die Sage geht. – – Worauf er seinen Mund versiegelte – und sein Wort mit Schweigen verriegelte, – bis mit Blicken nach ihm ward gespäht – und er über die VerkürzungVerkürzung seiner Rede, oder Verkürzung der hörbegierigen Zuhörer. ward geschmäht. – Da seufzte er auf wie ein zur Blutrach' Abgeführter, – oder ein von Löwenklauen Umschnürter, – dann sprach er: O Volk von Basra! eure Weise ist es beständig, – weise zu sein und in allem Guten beständig; – ich aber, wer mich kennt, der weiß, – niemand macht leicht das Schwarze weiß; – und wer mich nicht kennt, dem will ich mich schildern, – ohne zu übertreiben noch zu mildern. – Ich bin der, der südlich reiste – und nördlich kreiste, – der ostwärts irrte – und westwärts schwirrte; – der Wüsten durchstreifte – und Meere durchschweifte, – der Nächte durchritt – und Tage durchschritt. – In Serug war es, wo ich entsproß, – und auf dem Sattel wuchs ich groß; – dann stürzt' ich mich in Fährlichkeiten – und schürzte mich zu Beschwerlichkeiten, – brach in Schlachten der Lanze Schaft – und des ungebrochenen Rosses Kraft, – die widerspenstigen zähmt' ich – und die widerwärtigen lähmt ich, – die gefrornen schmelzt' ich, – und die steinernen wälzt' ich. – Fraget nach mir den Auf- und Niedergang,Der Sonne. – der Karawanen Hin- und Wiedergang, – Kameles Hufe und Rücken, – Steige, Tränken, Furten und Brücken, – Städter und Wüstenbewohner, – Bettler und Throner, – Reiter und Freibeuter, – Meuter und Wegedeuter; – und erkundigt euch nach mir bei den Kundespürern – und bei den NachtgesprächeführernDas Nachtgespräch ist eine ordentliche Nationalanstalt der Araber, die einen Teil des heißen Tages verschlafen und dafür einen Teil der kühlen Nächte verplaudern., – daß ihr hört, wie manche Kluft ich durchkrochen – und wie manches Schloß durchbrochen, – wie manchen Riegel gesprengt, – wie manchen Flügel versengt, – wie manchen Strauß gekämpft, – wie manchen Stolz gedämpft, – wie manche List überlistet, – aus wie mancher Fahr mich gefristet; – wie manchen neuen Trug ich geschliffen, – und der Gelegenheit Schwert ergriffen, – Löwen entrissen den Raub, – Hochfliegende geworfen in den Staub, – Laurer entlockt der Lauer, – Schadenfrohe gebracht in Trauer, – Sturm und Wellen besprochen, – Schlangen den Giftzahn ausgebrochen – und harte Steine beschworen, – daß sie, zerberstend, Ströme von Milde geboren. – Doch das war, als die Zweige standen im Saft – und das Herz in Kraft, – und der Jugend Gewand war glänzender Taft. – Jetzt aber hat sich das Grade gekrümmet – und das Ungestüme gestümmet; – in der Nacht des Haares ist der Mond aufgegangen – und die Blüt' abgefallen von den Wangen; – die herbe Frucht ist gezeitigt, – der starre Sinn geschmeidigt, – und verleidet ist mir und leid, womit ich den Herrn beleidigt. – Mir bleibt nur der Reue Wässerung – und der Sünde Besserung, – deren Riß so weit ist, – daß der Abhilfe hohe Zeit ist. – Nun hab' ich gehört aus bewährtem Munde – und vernommen aus sicherer Kunde: – Gott, in dessen Hand ist der Welt Geschick, – thut jeden Tag auf Basra einen Blick;Ein Wort Mohammeds: Gott der höchste thut an jedem Tag zwei Blicke, einen Blick auf die Bewohner der Erde vom Aufgang bis zum Niedergang und einen Blick auf Basra. – dann auch: Aller andern Menschen Waffen ist Stahl und Eisen, – aber euer Waffen ist Gebet und Lobpreisen.Ein ähnliches Wort der Überlieferung. – So hab' ich nun mein Tier durch den Ritt gemagert, – bis ich es hier bei euch gelagert; – was ich mir nicht rechne gegen euch zum Verdienst, – denn mein allein ist der Gewinst. – Ein Flehender steh' ich in eurer Mitte, – bittend, nicht um euer Geld, sondern um eure giltige Vorbitte, – nicht um euer Gerät, – sondern euer Gebet, – nicht um die Beisteuer eurer Güter, – sondern die Beihilfe eurer Gemüter. – So bittet Gott, den Höchsten, daß er mich zur Umkehr leite – und zur Heimkehr zu ihm bereite. – Denn er ist der Erhabne von Stufen, – der Hörer derer, die rufen; – er ist es, der die Reue nimmt an – und ab das Böse, das sein Diener gethan. – Dann stimmte er an:
Gott bitt' ich um Verzeihung aller Der Sünden, die ich je vollbracht. O welches Meer des Irrtums hab' ich Durchschifft in der Bethörung Macht! Wie hab' ich blindlings meinen Lüsten Gehorcht am Tag und in der Nacht; Gebiß und Zügel des Verbotes Getrotzt und das Gebot verlacht; Wie jedes Frevels Höh' erklommen, Durchwühlt jedweder Bosheit Schacht! O daß ich nicht geboren wäre, Und meiner würde nicht gedacht! Denn besser wäre Tod dem Sünder, Als Gott beleidigen mit Bedacht. O Gott! Verzeihung! denn verzeihn Kannst du auch dem, der's arg gemacht. |
Der Berichter spricht: Die Gemeinde fing an, ihn zu unterstützen mit ihrem Gebet, – und er hielt die Augen gen Himmel gedreht, – bis ihm thränten die Augenlider – und ein Zittern ergriff seine Glieder;– da rief er laut: Gott ist groß! sichtbar ist das Zeichen der Erhörung, – und gehoben ist die Decke der Bethörung; – o ihr Einwohner von Basra, seid gepriesen, – ihr habt einem Verirrten den Weg gewiesen. – Da blieb keiner im Volke, der nicht mit seiner Freude sich freute– und milde Gab' an ihn verstreute. – Er sammelte ihren Segen – und gab überschwenglichen Dank dagegen, – dann verließ er seinen Stand – und schritt abwärts gegen des Flusses Strand. – Doch ich folgt' ihm auf der Ferse, bis wo wir waren allein – und das Feld war von Spähern rein; – da sprach ich: Wie nachdrücklich hast du's gemacht! gieb Belehrung, – was meinst du mit deiner Bekehrung? – Doch er sprach: Ich schwör' es beim Ergründer des Verdeckten, – dem Entsünder des Befleckten, – ja! mein Zustand ist wunderbar, – und das Gebet deines Volkes hat Kraft fürwahr. – Ich sprach: Aufschließe mir dieses, – Gott schließe dir auf die Pforten des Paradieses. – Er sprach: Bei deinem Vater! ich stand vor ihnen als Heuchler mit Lügendunst – und ging von ihnen als Bekehrter mit Reuebrunst. – Der Paradiesesbaum mit seinen Zweigen – ist dessen, dem ihre Herzen sich neigen, – aber die Qual wird versuchen – jener, dem sie fluchen! – Dann verabschiedet' er mich und ging – und ließ mich im Zweifel, der mich umfing. – Ich hörte nicht auf, mich in Gedanken zu versenken – und seinen wunderbaren Worten nachzudenken; – doch so oft ich dann nach Kunde von ihm fragte bei den Reitern – und Landdurchschreitern, – war ich wie einer, der ein stummes Tier befragt, – oder sein Wort einem tauben Steine sagt; – bis ich endlich nach langem Verzug – und vergeblichen Mühen genug – eine heimkehrende Karawane fand – und fragte: was giebt es Neues im Land? – Sie sprachen: Eine Neuigkeit, wunderbarer, – als was Sinbad berichtet, der Seefahrer. – Da bat ich, meine Neugier zu heilen – und ihren Schatz mir mitzuteilen. – Sie erzählten, daß sie rastend in Serug gesäumt, – nachdem es die Heere der Ungläubigen wieder geräumt, – und dort gesehen den Abu Seid, – der angezogen das wollene Kleid,Das gewöhnliche Gewand der Asceten und der Sofis. – getreten in der Weltentsager Orden – und Imam der Gemeinde geworden. – Ich sprach: Meint ihr den Helden der Makamen? – Sie sprachen: Der trägt jetzt eines Heiligen Namen. – Da ergriff mich die Neugierde, – zu sehn die neue Glaubenszierde, – und ohne eine Stunde zu versäumen – begann ich mein Tier zu zäumen; – dann ließ ich nicht nach mit Trott und Trab, – bis ich an seiner Moschee stieg ab. –Da hatte er eben die Gemeinde entlassen, – um sich in Andacht zu fassen; – und ich sah ihn in der Niedrigkeit Hülle, – in der Frömmigkeit Fülle – und trat zu ihm mit solchen heiligen Scheuen, – wie man in die Höhle träte zu einem Leuen. – Er war einer, den die Spuren der im Gebet verwachten – Nächte im Antlitz kenntlich machten.Koran, Sure 48, 29. – Und als er nun seinen Rosenkranz vollendet, – grüßt' er mich, den Betefinger nach mir gewendet, – ohn' ein Wort zu sagen, – oder mich nach Altem noch Neuem zu fragen. – Dann wandte er sich zurücke – an seine LesestückeAus dem Koran. – und vertiefte sich ernstgelaunt, – doch ich blieb ob der Strenge seiner Andacht erstaunt, – im Herzen gerührt – vom Glücke derer, die Gott zum Glauben führt. – Und er ließ nicht nach mit Gebetübung und Kniebeugung, – mit Herzbetrübung und Demutsbezeugung, – bis die Reihe der Tagesgebete vollbracht war – und der Tag geworden zur Nacht war. – Da führte er mich heim in seine HöhleZelle, die sich dergleichen Leute neben der Moschee bauen. – und bewirtete mich mit seinem Brot und seinem Öle.Die Nahrung der Frommen und Büßer. – Dann begab er sich an seine Betestelle, – daß er im Herzensgespräche sich seinem Gott geselle – bis zu der Morgenröte Glanz, – wann des Nachtwachers Verdienst wird ganz; – da beschloß er die Nachtwache mit dem Rosenkranz, – und dann aufs Lager der Erholung sich streckend, – sang er mit lauter Stimme sich erweckend:Man bemerke, daß der fromme Mann gar nicht schläft, sondern zwischen der Nachtwache im Gebet und dem neuen Andachtstagewerke sich nur, vor Sonnenaufgang, eine kurze Ausruhe vergönnt, diese selbst aber zu einem geistlichen Liede benutzt.
Laß deiner Freuden Aufenhalt, Der ird'schen Lockungen Gewalt, Die Lustgenossen mannigfalt Gieb auf und laß sie fahren. Wein' um die Zeit, die dir verstrich, Worin dein Schuldbuch füllte sich, Als Thaten du geflissentlich Gethan, die übel waren. Wie manche Nacht hast du vollbracht, Wo du zu Frevel nur gewacht, Von bösen Lüsten angefacht, Die Reue dir gebaren. Wie manchen Schritt hast du gethan Mit Willen auf der Schande Bahn Und der Gewissensbisse Zahn Verlacht mit Spötterscharen. Wie oft verbrochen hast du nicht An deinem Herrn im Himmelslicht, Wie oft entweiht sein Angesicht Mit Sünden, offenbaren. Und seinen Zorn und seine Huld Verhöhnend, hänslest du die Schuld, Warfst sein Gebot mit Ungeduld Von dir gleich schlechten Waren. Wie oft gesprochen hast du Lug, Wie oft verübt List und Betrug, Wie oft verletzt, was Pflicht und Fug Geboten zu bewahren. Nun kleide dich in Reuemut Und weine lautre Ströme Blut, Eh du, verschlungen von der Glut, Verlornen dich mußt paaren. Demütige dich vor deinem Herrn Und deine Schuld gesteh ihm gern; Beu' Trotz der bösen Lust, und lern Vor deinem Feind dich wahren. Wie lange gehst du müßig so? Des Lebens bester Teil entfloh, Und trug dir ein nur Ach und O; Willst du nicht endlich sparen? Das Alter hat dich weiß bestaubt Und deiner Scheitel Wald entlaubt; Wem erst von Silber glänzt das Haupt, Der liegt schon auf der Bahren. Wohl, Seele. sieh nach einem Hort Dich um, nach einem Zufluchtsort! Was dich belästigt, wirf es fort, Und schwimm aus den Gefahren. Laß die Geschlechter, die voran Gegangen sind, dich mahnen an Den Schritt, den jeder noch gethan, Schwarz oder grau von Haaren. Blick um nach einem Weggeleit, Blick auf den Tod, er steht nicht weit, Dein Ort wird sein drei Ellen breit Des Bloßen, Nackten, Baren. O Haus, das eng behausende, Herberg', unheimlich grausende, Einkehr, zu welcher Tausende Einander nachgefahren! Nicht ist zu fürchten, daß dein Thor Wird sprengen Weiser oder Thor, Nicht wer die Bettlermütz' aufs Ohr Gesetzt, noch wer Tiaren. Dann das Gefild, das scheidende, Wo Frevelnde und Leidende, Geweidete und Weidende, Sich vor dem Richter scharen. Da wird der Preis fromm Lebender, Vor ihrem Schöpfer Bebender, Nach seinem Antlitz Strebender, Sich glänzend offenbaren. – Da wird der ewige Verlust All derer, die gefolgt der Lust Und sich versenkt in Sündenwust, Auch furchtbar stehn im klaren. O du, auf den steht mein Vertraun, Um meine Schuld empfind' ich Graun, Wie ich mit Reu' muß rückwärts schaun Nach den vorlornen Jahren. O nimm dich an des Knechts im Harm, Und seiner Thränen dich erbarm, Erbarmungsreicher! ich bin arm, O laß mich Gnad erfahren. |
Und er ließ nicht nach, dieses herzutönen – und dazwischen oft und schwer zu stöhnen, – bis daß ich mein Weinen dem seinen vereinte, – jetzt weinend mit ihm, wie ich sonst über ihnÜber seine Gottlosigkeit und die mir gespielten Streiche. weinte. – Dann wusch er sich mit reinem Naß die Nachtwache ab, – worauf er sich wieder in seine Moschee begab; – doch ich schritt ihm nach und betete gesellt – mit denen, die sich hinter ihn als ihren VormannD. i. Imam, dem Vorbeter der Gemeinde, der vor ihr steht, ihr den Rücken, das Gesicht aber der Kibla zugewendet, indes die Gemeinde seine Bewegungen nachmacht. gestellt. – Und als das Gebet zu End' war – und die Versammlung getrennt war, – begann er wiederSeine Privatandacht. murmelnd die Lippen zu bewegen – und sein Heute nach dem Modell seines Gestern zu prägen, – ächzend und weinend lind, – wie Jakob um sein geliebtes Kind. – Da merkt' ich, daß er sei von den Auserwählten, – Weltlosgezählten – und Gottvermählten; – und ich erwägte, daß es mir zustand, – ihn allein zu lassen in seinem Zustand.Zustand heißt in der Sprache der Beschaulichkeit vorzugsweise der Zustand der Erhebung oder Versenkung der Seele in Gott. – Er aber, als ob er meine Gedanken gewahrte – und der Geist ihm mein Inneres offenbarte, – that einen frommen Seufzer und sprach: – Was du vorhast, vertrau auf Gott und thu danach. – Da unterschrieb ich den Bericht meiner SpäherD. i. überzeugte mich von der Wahrheit der durch die Reisenden erhaltenen Nachrichten, daß er ein gottbegabter Wunderthäter geworden. – und wußte, daß es noch giebt im Islam Seher. – Ich trat zum Abschied zu ihm heran – und sprach: Gieb mir deinen Segen, frommer Mann. – Er sprach: Laß den Tod dir vor Augen stehn;Memento mori! ist sein Ordensgruß. – wir werden uns hier nicht wiedersehn. – Da verließ ich ihn mit einem Thränenfluß – und Seufzererguß, – und das war unserer Bekanntschaft Schluß.