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Gegen Ende Februar l. J. leitete Josef Rank durch Herrn Prof. Minors gütige Vermittlung mit der »Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen«, deren auswärtiges Mitglied er war, wegen der beabsichtigten Drucklegung seiner literarisch und literarhistorisch bedeutsamen »Erinnerungen« Verhandlungen ein, welche rasch zum erwünschten Ziele führten. Nicht ohne freudige Genugtuung sah er sich noch bei Lebzeiten unter die heimatlichen Schriftsteller aufgenommen, die diese Bibliothek als die einer dauernden Erinnerung würdigsten zu vereinigen strebt. Aber als die ersten Korrekturbogen des Werkes bei ihm eintrafen, war der bis dahin rüstige Achtziger infolge eines Schlaganfalles bereits schwer leidend; am 27. März ist er in Wien (Hietzing) gestorben.
Mit ausdauerndem Fleiße hatte Rank alle seine letzten Lebensjahre hindurch an diesem seinem Lieblingswerke gearbeitet und die überaus saubere Reinschrift, die er eigenhändig davon angefertigt hat, gibt von der Mühe und Hingabe, die er daran gewandt, beredtes Zeugnis. In einem Briefe an mich hatte er das Mannskript ausdrücklich als abgeschlossen bezeichnet; nur, meinte er, könne er, wenn es gewünscht werde, zur Abrundung des Ganzen noch einen kurzen Nachtrag liefern über seine Stellung und dreizehnjährige Wirksamkeit in der k. k. Hofoper; auch sein Jubiläum zum 70. Geburtstage könnte noch eine Erwähnung finden. Es stellte sich aber schließlich doch heraus, dass das Werk hinter den Grenzen des ursprünglichen Planes zurückgeblieben war und dass sein Gedächtnis ihn getäuscht haben musste. Die brieflich entworfene Skizze des dritten Teiles führte nach dem Abschnitt: »Einladung Uhlands in sein Haus in Tübingen. Mein Aufenthalt und Erlebnisse daselbst«, der dem jetzigen zwölften Kapitel entspricht, als Thema des Schlusskapitels an: »Rückkehr nach Frankfurt und Österreich. Heirat vorher.«
Dieses letzte Capitel, das er gewiss im Kopfe längst fertig hatte, scheint Rank nicht mehr zu Papier gebracht zu haben; wenigstens sind die auf meine Bitte von seinen Angehörigen in seinem Nachlass angestellten Nachforschungen ohne Erfolg geblieben. So bildet also der herzliche Verkehr mit dem verehrten schwäbischen Meister und dessen Familie den stimmungsvollen Schluss der eingehenden Schilderung seiner bewegtesten Lebenszeit.
Das Charakterbild des liebenswürdigen und bescheidenen Mannes, wie er uns aus dieser Darstellung neuerlich entgegentritt, zu zeichnen, muss sich der Herausgeber an dieser Stelle schon des mangelnden Raumes wegen versagen, wie er auch von einer Würdigung der literarischen Verdienste Ranks hier absehen darf. Beides haben bald nach Ranks Tode die Nekrologisten in rühmlicher Weise besorgt. Vielleicht aber findet sich in einem späteren Bande dieser Bibliothek Platz dafür, wenn es uns gelingen sollte, einige seiner besten Schöpfungen als Probe seines Könnens unserem heimischen Leserkreise von Neuem vorzulegen. Vielleicht bietet auch die von der Familie geplante Neuauflage der Gesamtausgabe seiner Werke die willkommene Gelegenheit, Ranks Leben in gedrängter Kürze vollständig zu schildern.
Bei der Korrektur des Werkes, bei welcher mich mein verehrter Kollege Prof. Dr. Josef Nenwirth in aufopfernder Weise unterstützte, wurde darauf geachtet, die stilistischen Eigentümlichkeiten des Verfassers zu wahren; nur die Orthographie wurde modernisiert; die vereinzelt eingestreuten Dialektworte aber und mehrere nicht kontrolierbare Eigennamen wurden auch orthographisch getreu wiedergegeben. Kleine Widersprüche und Gedächtnisfehler zu verbessern, haben wir uns nicht für berechtigt gehalten. Mehrere Lücken wurden ausgefüllt. Die Liste der italienischen Componisten und Sänger, sowie die Namen der bei der Vorstellung der »Emilia Galotti« mitwirkenden Schauspieler habe ich mit Hilfe des Direktors der Wiener Stadtbibliothek, Herrn Dr. Karl Glossy, ergänzt. Einzelne Teile der »Erinnerungen« waren schon vorher in Zeitschriften erschienen, sind aber von Rank dann noch überarbeitet worden. Bruchstücke davon, die nach Ranks Tod in einer Wiener Zeitschrift veröffentlicht wurden, stammen aus einer mir unbekannten Quelle.
Möge das schöne Buch dazu dienen, das Andenken an den in der älteren Generation unvergessenen ausgezeichneten Schilderer des Böhmerwaldes bei dem jüngeren Geschlechte zu erneuern und lebendig zu erhalten.
Prag, im Mai 1896.
August Sauer.