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20.
Hartel, der Springer.

Schneewirbel, soweit das Auge reicht; von den Dachrändern hängen lange Eiszapfen, Feld und Hohlweg bilden nur eine weiße Fläche, und im Dorfe wagt sich nur hie und da jemand zum Nachbarn hinüber; – da wird unser Haustor aufgerissen, die Stubentüre erhält einen Stoß und fliegt angelweit auf – und herein tritt hüpfend, johlend der Seewieser Hartel: – »vierzehn Jahre Soldat gewesen, immer seine Sach' auf nichts gestellt;« – die Zwillichjacke ist nicht weit genug herunter-, die Zwillichhose nicht weit genug hinaufgezogen, an den Hüften klaffen weite Risse im Hemd, so dass die helle Natur, von zwanzig Graden Kälte blaurot, ungeniert nach allen Seiten heraus grüßt!

Kreuzfidel ist der Bursche hereingesprungen, kreuzfidel, den Bettelkorb auf dem Rücken, eilt er in der Stube hin und her, die ganze Gestalt raucht von auftauender Kälte.

Der Vater sitzt am Ecktisch, die Mutter geschäftet am Ofen, die Mägde, auf der Wandbank hingereiht, spinnen, und wir Kinder sitzen schüchtern zusammengedrängt auf der »Sigel« (einer als Bank dienenden Kleiderkiste).

Das natürlichste Theater ist fertig: rings herum Publikum, im freien Raum der Stube der »Narreteier«, dessen fahles, aufgedunsenes Gesicht wohl rasiert ist, dessen Militär-Schnauzbärtchen, wachssteif gedreht, stolz herausfordert und dessen Filzhütchen schwungvoll gegen ein Ohr neigt.

»Na, Hartel, « beginnt endlich der Vater: »Hat's heute sein richtiges Maß?« Er meint die Kälte.

Ein Jauchzer; dann ein Bänkellied – »'s könnt' schraffer sein« – ist endlich die Antwort.

Mäßige Heiterkeit, die den Burschen veranlasst, einen freudigen Satz zu machen und unversehens eine Spinnerin in die Wange zu kneipen.

Ein Schrei, Gelächter. Die Mutter beeilt sich, den Wildläufer aus dem Haus zu bringen und wirft ihm eine ansehnliche Gabe in den Korb; der Vater aber will wenigstens noch eine Erinnerung aus dem Soldatenleben des Wildläufers vernehmen und deutet gleich an, welche er meine? Der Bursche gibt seinen Soldatenstreich mit großer Bereitwilligkeit zum Besten; er ist nicht von ehrenvollster Art, d'rum ist auch der Refrain der Erzählung nur: »Und wie ich meine fünfundzwanzig bekommen hatte, hat mir wieder kein Mensch was sagen können!«

Mit dieser »Ehrenrettung« setzt er sich wieder nach der Türe in Bewegung und als ihm der Vater nachruft:

»Verfrier' nur nicht, Hartel!« erhält er zur Antwort:

»Rauch' ich nicht als er Ganzer vor Hitze?«

Damit ist er fort, um im nächsten Hause seine Gastrolle weiter zu führen ...

Jetzt freilich wird ers wohl billiger tun mit seinem heißen Blut, der Hartel. Denn wenn er noch lebt – und das wird er wohl schwerlich – so trägt er seine runden hundert Jahre auf dem Rücken – und diese lieben es, ihren Mann fürsorglich in Flanell und Pelz zu hüllen – vorausgesetzt, dass die Verhältnisse einen solchen Luxus gestatten ...


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