Gottlieb Wilhelm Rabener
Satiren
Gottlieb Wilhelm Rabener

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»Es ist nicht zu läugnen, daß oftmals ein Frauenzimmer bürgerlichen Standes durch ihre Tugenden und ihre gute Aufführung das Glück verdient, sich mit einem von Adel zu verbinden. Trägt ihre Schönheit etwas dazu bey, so ist es für sie ein Vorzug mehr, und sie verdient doppelte Achtung, wenn ihr Vermögen so ansehnlich ist, daß sie ihren Mann auch auf dieser Seite glücklich machen kann. Die Erfahrung lehrt uns, daß dergleichen Ehen vielmal der Grund einer dauerhaften Zufriedenheit sind. Wenn beyde Theile mit Vernunft wählen, und mit Zärtlichkeit sich lieben; so haben sie ein Recht, alle die Spöttereyen großmüthig zu verachten, welche von dem Pöbel darüber ausgestossen werden.

»Was ich hier angeführt habe, ist die Schutzschrift von dem, wovon nachstehende Briefe handeln. Sie gehn diejenigen nichts an, welche vernünftig sind; und sie können nur die beleidigen, welche ein Recht haben, sich für die Originale dazu aufzuwerfen. Sie werden sich wohl selbst melden; noch zur Zeit kenne ich sie nicht, und ich werde mich sehr erfreuen, wenn meine Leser sich überzeugen können, daß es dergleichen Originale nirgend gebe. Ich will den Vorwurf gern leiden, daß meine Charakter unwahrscheinlich sind. Was ich als Autor dabey verliere, das gewinne ich auf der andern Seite als ein aufrichtiger Patriot wieder.

 

Mademoiselle,

Ich habe Ihnen einen Vorschlag zu thun, der Ihnen Ehre macht.

Mein Vater heirathete ein blutarmes Fräulein aus einem uralten Hause. Mein Großvater vermählte sich mit der Baroneßinn von – – deren Vorfahren zu Kaiser Friedrichs des Rothbarts Zeiten zum heiligen Grabe als Ritter reisten. Von meinem Urgroßvater ist es bekannt, daß er sich nicht entschliessen konnte, eine reiche Gräfinn zu heirathen, bloß darum, weil ihr Vater ein Kaufmann gewesen war. Er nahm ein armes Fräulein, welche von so gutem Adel war, daß sie selbst den Beyfall des Herzogs erhielt. Mit einem Worte, alle meine Vorfahren sind so vorsichtig gewesen. daß sie nicht unter ihren Stand geheirathet, und niemals ihren Adel mit bürgerlichem Blute befleckt und vermengt haben.

Und dennoch habe ich so viel Ueberwindung, Ihnen, Mademoiselle, zu sagen, daß ich Sie liebe, und dieses in der ernstlichen Absicht, Sie zu meiner Gemahlinn zu nehmen. Ich gebe mich der Verachtung des ganzen Adels bloß, ich weis es wohl; aber ich kann es nicht ändern. Ein Bürgermädchen zu heirathen: das will viel sagen! Sonst war ich der erste, der gegen dergleichen widernatürliche Ehe eiferte. Aber Noth bricht Eisen! Meine Umstände zwingen mich zu diesem verzweifelten Entschlusse. Was ich von meinem Vater geerbt habe, das ist ein altes adliches Blut, und neue Schulden. Die drey Güter, von denen ich mich schreibe, gehören meinen Gläubigern. Ich stehe in Gefahr, künftige Messe eine traurige Figur zu machen, wenn ich mich nicht durch Ihre Liebe rette. Sie haben Geld, und ich den Stand; wir wollen unsre Vorzüge mit einander theilen, so fehlt es uns beyden nicht an dem, was wir brauchen. Ich will die Schande Ihrer geringen Herkunft mit meinen alten Pergamenten zudecken. Erlauben Sie mir dafür, daß ich mit Ihren Wechseln mich gegen die Grobheit meiner Gläubiger schütze. Ich mache Sie zu einer gnädigen Frau; ist es wohl unbillig, daß Sie mich dagegen bey meinen Rittergütern erhalten? Wäre eine Möglichkeit, daß ich Ihr Geld, ohne Sie, bekommen könnte; so können Sie mir heilig glauben, daß ich Ihr Geld allein, und Ihre Person nicht verlangen wollte. Aber ich weis es schon, das thun Sie nicht; und ehe ich Ihr Geld misse, so will ich mir lieber gefallen lassen, Ihre Person zugleich mit zu nehmen. Glauben Sie nur nicht, daß Sie mir zu viel aufopfern. Ich wage meinen guten Namen, den Ruhm aller meiner Ahnen wage ich daran, der Ihrige zu werden; können Sie mir wohl dieses mit Ihrem Gelde zu theuer bezahlen? Noch etwas muß ich Ihnen sagen. Da Sie bürgerlich erzogen worden sind, so haben Sie vielleicht die gemeinen Vorurtheile, daß mich unsre Ehe verbinden würde, Sie mit Hochachtung und aufrichtig zu lieben, und daß Sie ein Recht erhielten, in öffentlichen Gesellschaften, und in Gegenwart des ganzen Landadels mir, als Ihrem Manne, auf eine vertraute Art zu schmeicheln; keins von beiden. Bin ich Herr von Ihrem Vermögen, so habe ich, was ich gesucht. Von Ihrem Herzen verlange ich nicht Herr zu seyn, ob ich gleich will, daß Sie von mir, als Ihrem Manne, Befehl annehmen. Das bitte ich Sie, vergessen Sie sich in Gesellschaften nicht. Hochachtung und Ehrfurcht gehört mir. Eine vertraute Zärtlichkeit würde den Vorwurf rechtfertigen, den mir der Adel machen kann. Am besten wird es seyn, wenn Sie, so viel möglich, die Gesellschaften vermeiden, die über Ihren Stand sind. Es wird Ihnen an Umgange nicht fehlen, da ich Willens bin, von Ihrem Gelde eine ziemliche Anzahl Bediente zu ernähren. Meines Pfarrers Frau ist ein ganz feines Weib, zu der können Sie sich halten. Ein Umgang mit Ihres gleichen wird Ihnen am besten anstehn. Bey meinen Unterthanen heißen Sie immer gnädige Frau. Wenn ich vom Hofe abkommen kann, will ich Sie dann und wann besuchen. Es würde öfter geschehen, wenn Sie schöner aussähen; aber mit Ihrer Erlaubniß, Sie sehen sehr häßlich aus. Es sey drum! Sind Sie doch reich, und für eines Bürgers Tochter sehn Sie immer erträglich genug, zumal da Sie Ihr Schneider so wohl zu kleiden weiß. Sehn Sie, Mademoiselle, ich sage es Ihnen, wie mirs ums Herz ist. Mein Kammerdiener hat Befehl, nicht eher von Ihnen weg zu gehn, bis er mir Antwort bringt. Ungeachtet Ihrer schlechten Erziehung traue ich Ihnen doch so viel Einsicht zu, daß Sie das Glück erkennen werden, welches ich Ihnen entgegen trage. Machen Sie sich nicht vor der Welt lächerlich, und schlagen Sie eine Ehre nicht aus, die nicht alle Tage kömmt. Unsre armen Kinder dauern mich; denn ohne Kinder wird es doch nicht ganz abgehn, das sehe ich schon. Ihre Mutter wird ihnen ein ewiger Vorwurf seyn, und ich bin freylich Schuld daran. Wer kann sich helfen? Sie müssen über die Unbescheidenheit meiner Gläubiger schreyen, welche mich so weit treiben. Was ist zu thun? Sie mögen sich durch die Welt bringen, so gut es angehn will; können sie doch studiren, dazu sind sie noch immer gut genug. Gott Lob! ich und alle meine Vorfahren haben niemals studirt. Pedanterey ist unser Familienfehler nicht, hol mich der Teufel! nicht, das sage ich Ihnen, Mademoiselle. Lesen und schreiben kann ich so ziemlich; aber einen Hasen will ich Ihnen hetzen, Trotz dem besten Jäger, und wenn ich die Aufwartung habe, so mache ich auch der Antichamber Ehre; das können Sie mir glauben. Ich wüßte in meinem Leben nicht, wenn ich so viel geschrieben hätte, als itzt an Sie; aber was thut die Liebe und der Gläubiger nicht? Das will ich nimmermehr vergessen, was mich dieser Brief für Ueberwindung gekostet hat. Kurz, antworten Sie bald, und so, wie ich wünsche. Es soll Sie nicht gereuen. Ich bin

Ihr Diener
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