Gottlieb Wilhelm Rabener
Satiren
Gottlieb Wilhelm Rabener

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»Weil ich einmal auf dem Wege bin, meine Belesenheit in den Schriften der alten Griechen blicken zu lassen; so will ich nachstehende zween Briefe des Alciphrons einrückenAlciphr. libr. 1. Ep. 11. 12. p. m. 23..

»Um sie zu unsern Zeiten ähnlicher zu machen, so habe ich sie nach Art der neuern Franzosen so frey übersetzt, daß sie dem Originale fast gar nicht mehr ähnlich sind. Die Gewaltthätigkeit, die man auf diese Art an den Schriften andrer ausübt, würde ohne das entscheidende Beyspiel der witzigen Franzosen etwas unverantwortliches seyn. Ich behalte mir vor, den Nutzen davon bey einer andern Gelegenheit zu zeigen; itzt muß ich nur so viel erinnern, daß ich mich bey dieser Freyheit ungemein wohl, und bequem befunden habe.

»Da ich diese Erklärung vorgesetzt habe, so will ich hoffen, daß ich gegen die voreilige Weisheit eines eigensinnigen Kunstrichters gesichert seyn werde. Ich werde mir die Mühe nicht geben, es zu beantworten, wenn man mir vorwirft, daß es unter den Griechen Männer gegeben hätte, welche mit der ganzen Welt zufrieden gewesen wären, wenn sie Knaster und Bier gehabt hätten. Ich würde es sehr leicht von Wort zu Wort haben übersetzen können; es würde aber unsern Zeiten unverständlich geworden seynΟτε καρδαμον εχει και ζυδον, προσγελων απασι, την παρ εαυτω αφδονιαν τω τροπω δηλων. Alciphr. I. all.. Wenn mir nicht Matanasius zuvor gekommen ist, so bin ich vielleicht der erste, der entdeckt hat, daß schon bey den Griechen die kleinen poßierlichen Figuren gebräuchlich gewesen, die man auf den Camin setzt, und Pagoden nenntΩσπερ τα προσωπα τα κωφα, α επι ταις καμινοις ισταμενα ορωμεν, προσφελως επινευοντες. Alciphr. I. all.. Ein Beweis, daß dieser Geschmack so gothisch nicht ist, als man wohl glauben sollte. Aristenät braucht eben dieses Wort in einem Briefe an den Libanius, wenn er von einem stummen Rathsherrn in Constantinopel redet, der sich bey seiner Bequemlichkeit alles gefallen ließ, was man in Vorschlag brachte, und den das gemeine Volk um deswillen nur den Jaherrn nennteΠροσμειδων τα και επινευτεκον. Aristenaet. l. 2. ep. 7. p. m. 74.. Die Anmerkung wird überflüßig seyn, daß es bereits bey den Griechen Weiber gegeben habe, die ihren Männern das Leben sauer gemacht. Unser Text sagt es mit klaren Worten; aber es sagen es noch mehr Texte. Ob ich das Wort: fauler Schlingel: recht übersetzt habe, will ich von Kennern entscheiden lassenΓαστηρ αργος. conf. Liban. Ep. 394. p. m. 248.. Bey dem zweyten Briefe werden die Kunstrichter sehr stutzen, wenn sie hören, daß es in Athen zwölfe geschlagen hat. Der Hahn krähte schon, würden sie gesagt haben; aber sie würden nicht verstanden worden seyn.

»Wie leicht ist es doch, gelehrt zu schreiben! Ich war Willens, nur ein Wort zu meiner Vertheidigung zu sagen, und habe eine ganze Seite voll kritischer Weisheit hingeschrieben. Der Himmel weis, wieviel Gewalt ich mir anthun muß, nicht so gelehrt zu seyn, um meinen Lesern nicht unerträglich zu werden. Was ich gesagt habe, ist gnug, meine Uebersetzung zu retten.«

 

Herr Bürgermeister,

Endlich habe ich einen Mann gefunden, der recht nach Ihres Herzens Wunsche ist. Sie können die erledigte Rathsherrnstelle nicht besser besetzen, als mit ihm. Er kömmt den ganzen Sommer nicht von seinem Weinberge, und den Winter hindurch nicht vom Camine. Ein Mann, der, wenn er Knaster und Bier hat, mit der ganzen Welt zufrieden ist! Aus diesem Manne können Sie machen, was Sie wollen. Er hilft Ihnen dasitzen, wenn Sie es verlangen, und Sie können ihm so heftig begegnen, als Sie wollen, Sie beleidigen ihn gewiß nicht. Ich bin Bürge für ihn, daß er Ihnen niemals widersprechen soll. Zu mehrer Sicherheit giebt er Ihnen einen Revers darüber. Muthen Sie ihm nur nicht zu, daß er viel reden darf; widersprechen wird er wenigstens nicht. Auf sein Votum können Sie sichern Staat machen. Er ist wie die Pagoden von Thon, die man auf den Camin setzt, und die länger als eine Viertelstunde mit dem Kopfe nicken, wenn man nur ein wenig mit dem Finger daran rührt. Ich empfehle ihn bestens, und bitte mir bald Antwort aus. Er verdient Ihr Wohlwollen. Lesen Sie nur seinen Brief, den er an mich geschrieben hat. Können Sie sich einen bessern Collegen wünschen? Vor seiner Frau fürchten Sie sich nicht. Sie hat einen närrischen Kopf, aber nur für den Mann; außerdem ist sie zahm, und sehr gefällig. Ich kenne sie. Es ist ihr nur um den Rang zu thun. Hat sie den erlangt, so wird sie gewiß keine Unruhe in der Stadt anrichten, oder sich einiger Herrschaft anmaaßen. Das können Sie der Frau Bürgermeisterinn sagen, damit sie nicht ohne Noth argwöhnisch und eifersüchtig wird. Folgen Sie mir, mein Herr. Machen Sie diese Maschine zum Rathsherrn. Es wird Sie nicht gereuen, u. s. w.


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