Sextus Aurelius Propertius
Werke
Sextus Aurelius Propertius

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149 XXXII.
An Cynthia.

        Wer dich sieht, will Arges; wer nicht dich gesehen, o der ist
    Frei von Begier: des Vergehns träget das Auge die Schuld.
Was doch, Cynthia, suchst du Präneste's räzelnde Loose?
    Was, den Circe gebar, jenes Telegonus Burg?
5   Warum führt dich der Wagen so oft zum herkulischen Tibur,
    Oder der appische Weg dich in Lanuviums Flur?
Möchtest du doch lustwandeln am Ort, wohin du auch streifest,
    Cynthia! Dass ich es dir glaube, verbietet der Schwarm:
Wann er sieht, wie geweiht du mit angezündeten Fackeln
10       Läufst in den Hain, und des Kiens Leuchtung der Trivia bringst.
Wohl zu gering' ist dir der schattige Gang des Pompejus
    Zwischen Geseul, und die Schirmdecken attalischer Pracht; 150
Und gleich hohe Plantanen in vielfach laufender Ordnung,
    Oder die Flut, die dem fest schlummernden Maron entstürzt,
15   Und den sanft durch die Räume der Stadt hinplätschernden Nymfen,
    Wann urplözlich den Stral Triton im Munde verbirgt.
Wie du dich thörst! Klar deutet der Weg auf heimliche Buhlschaft.
    Nicht, Unkluge, die Stadt meidest du, nur mein Gesicht.
Alles umsonst! Du ersinnst Nachstellungen sonder Erfolg mir,
20       Und einfältig dem Wohlkundigen spannst du dein Nez.
Weniger gilt es um mich; der Verlust des züchtigen Namens
    Wird, du Arme, so groß, als du verdienest, dir sein.
Jüngst ist Gerede von dir zu unserem Ohre gedrungen;
    Gar nichts Gutes umher redete man in der Stadt.
25   Aber man muss nicht glauben der feindlichen Zunge Verleumdung;
    Immer, wo Schönheit ist, folget zur Strafe Geschwäz. 151
Nicht dir ward ja die Ehr' um gefundene Gifte verurtheilt.
    Du, o Phöbus, bezeugst lautere Hände zu schaun.
Doch wenn in langem Getändel auch ein' und die andere Nacht dir
30       Etwa verschwand, nicht hoch nehm' ich das kleine Vergehn.
Tyndarus Tochter vertauscht' um Fremdlingsliebe die Heimat,
    Und ohn' Urthel und Recht kehrte sie lebend zurück.
Venus selbst, wie sehr sie mit Mars auch pflegte der Unzucht,
    War nicht minder darum stets in dem Himmel geehrt.
35   Obgleich Ida bekennt, verliebt in den weidenden Paris
    Habe die Göttin mit ihm unter den Heerden geruht;
Dennoch schaueten solches verschwisterte Hamadryaden,
    Und manch alter Silen, selbst auch der Vater des Chors:
Welchen gesellt, Baumfrücht' an idäischer Grotte du pflücktest,
40       Und, o Najade, geschickt fallende fingst in der Hand. 152
Bei so tausenderlei Ausschweifungen fraget denn jemand:
    Warum diese so reich? wer hat geschenkt? und woher?
O, in unserer Zeit allzu glückselige Roma,
    Wagt nur gegen die Sitt' Eine der Mädchen zu thun!
45   Dies, dies selbige that ungestraft schon Lesbia vormals.
    Eine, die folgt, hat doch weniger Groll zu bestehn.
Wer noch Tatier sucht, und weidliche Fraun der Sabiner,
    Der hat in unsere Stadt neulich gesezet den Fuß.
Eher ja wirst du die Wasser sogar austrocknen des Meeres,
50       Hoch auch mit sterblicher Hand pflücken die Sterne herab;
Ehe du schafst, dass bei uns nicht fehlgehn wollen die Mägdlein.
    Dieser Gebrauch war einst, als noch Saturnus gebot.
Doch wie Deukalions Flut hinflutete über den Erdkreis,
    Und seitdem sich verlief alle Deukalionsflut,
55   Sage mir, wer hat vermocht sein Bett zu erhalten in Keuschheit?
    Hat je Göttin und Gott, Eine mit Einem, gelebt? 153
Selbst die Gemahlin vordem des erhabenen Minos, erzählt man,
    Ward von des trozigen Stiers schneeigem Wuchse gereizt.
Selbst auch Danae nicht, in der ehernen Mauer Umhegung,
60       Konnte dem mächtigen Gott Jupiter keusch sich entziehn.
Ob du die Griechinnen nun, ob Latiums Töchter du nachahmst;
    Immer nach meinem Geheiß leb' ungebunden hinfort.

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