Sextus Aurelius Propertius
Werke
Sextus Aurelius Propertius

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137 XXVIII.
Als Cynthia krank war.

        Jupiter, endlich erbarme dich doch des vergehenden Mägdleins!
    Wenn die so schöne hinwegblühete, wär' es dir Schmach!
Denn nun waltet die Zeit, wo durchkocht von Hize die Luft ist,
    Und vor dem dörrenden Hund glühet die Erde versengt.
5   Doch hat weder die Schwüle so Schuld, noch die Fehle des Himmels,
    Als dass Götter man oft heiliger Ehre beraubt.
Dies bringt Leid, dies bracht' es vordem, unglücklichen Mägdlein.
    Was auch eine beschwur, raffet der Wind und die Flut.
That die Vergleichung mit ihr der Venus wehe? Sie pflegt ja
10       Neben sich jegliche Schön' immer mit Neide zu schaun.
Oder verachtetest du Juno's, der Pelasgerin, Tempel?
    Sprachst du von Pallas blaustralendem Auge nicht gut? 138
Nie doch werdet ihr Schönen die Mäßigung lernen des Wortes!
    Das hat der Zung' Unfug, das dir die Schönheit gebracht!
15   Doch dir, wann dich bestürmt vielfache Gefahren des Lebens,
    Dir wird des endenden Tags mildere Stunde sich nahn.
Io, verwandelt am Haupt, hatt' erst viel Jahre gebrüllet;
    Nun ist Göttin, die einst trank aus dem Nilus als Kuh.
Ino auch in der Jugend hat unstät Länder durchwandert;
20       Ihr, der Leukothea, nun flehet der Schiffer in Noth.
Auch Andromeda war einst Meerscheusalen gewidmet;
    Endlich dem Held Perseus ward sie Gemahlin voll Ruhms.
Auch Kallisto durchirrt' arkadische Felder als Bärin;
    Jezt mit ihrem Gestirn lenkt sie die Segel bei Nacht.
25   Wenn dir ja das Geschick frühzeitige Ruhe bestimmt hat,
    Deiner Beerdigung, ach! seliges Wonnegeschick;
Sage der Semele dann, wie sehr du, o Schön', in Gefahr seist:
    Wizig durch eigenes Leid, glaubt dir das Mädchen gewiss. 139
Dann wird dir im Kreise mäonischer Heroinen
30       Oben der Plaz; rings ist Keine, die nicht ihn gewährt,
Jezt, wie irgend du kannst, dich gefügt dem verwundenden Schicksal!
    Selbst ist lenkbar der Gott, selbst auch der grausame Tag.
Dieses ja mag dir gern, o Gemahl, nachsehen auch Juno;
    Weich wird Juno sogar, wenn wo ein Mädchen erblasst.
35   Sieh, es versagt der im Zaubergesang' umrollende Kreisel,
    Und auf verglimmendem Herd schweiget der Lorbeer entflammt.
Schon auch sträubt sich Luna so oft zu entsteigen dem Himmel,
    Und Graunahndungen tönt schwarzes Geflügel der Nacht.
Ach! Ein Schicksalsboot wird uns treu Liebende tragen,
40       Segelnd mit dunkelem Bord' auf acherontischem Pfuhl.
Wenn nicht Einer allein, doch wollst du dich Zweier erbarmen!
    Lebt sie, so leb' auch Ich; stirbt sie, ich sterbe mit ihr. 140
Dir zum Dank für die Wünsche gelob' ich die heilige Inschrift:
    »Jupiters große Gewalt machte das Mädchen gesund.«
45   Selbst dann sizt vor den Füßen sie dir mit verschleiertem Antliz,
    Und erzählt, wie sie sizt, alle bestandne Gefahr.
So, Persefone, lass Barmherzigkeit walten, und du auch,
    Gatte Persefone's, nicht grausamer wolle du sein!
Sind bei den Unteren doch viel Tausende schöner Gestalten;
50       Werde der oberen Welt Eine der Schönen vergönnt!
Dort ist Antiope ja, dort auch die glänzende Tyro,
    Und mit Europa die nicht fromme Pasifae dort.
Und was Iona für Reize genährt, was die alte Achaia,
    Und was Thebe vordem, oder des Priamus Reich;
55   Und was irgend geachtet umher an römischen Mägdlein
    Hinschwand: alle sie nahm gieriges Feuer hinweg.
Nicht blüht ewig der Reiz, noch hat Glückseligkeit Dauer;
    Mehr und weniger noch wartet auf Jeden sein Tod.
Aber, o du mein Licht, da großer Gefahr du entflohn bist,
60       Gieb der Diana den Dank schuldiger Ehren im Chor; 141
Gieb auch heilige Wachen der einst rindförmigen Göttin;
    Auch die gelobeten zehn Nächte bezahle du mir.

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