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Auf der Treppe ertönten Schritte, und Adrea schleppte sich mit letzter Kraft zur Türe. Paul trat rasch ein und stand vor ihr.
»Nimm mich in deine Arme!« bat sie. »Zum letztenmal!«
Er war sogleich an ihrer Seite und stützte sie.
»Adrea«, sagte er ruhig, »du mußt dich schnell umziehen und mit mir kommen. Ich habe einen Dampfer gechartert, der uns nach Genua bringen soll. Von dort fahren wir morgen nach New York. Gomez hatte recht – du bist in Gefahr. Aber sei tapfer, es wird alles gut werden!«
Sie hing sich leidenschaftlich an ihn, und ihre Arme schlossen sich um seinen Hals.
»Und was wirst du machen?«
»Ich gehe mit dir. Wir wollen ein neues Leben in einer fernen Welt beginnen. Komm, wir haben jetzt keine Zeit mehr zu verlieren.«
Sie schüttelte langsam den Kopf, und er fühlte, wie schwer sie in seinen Armen hing.
»Ja, es ist eine lange Reise, mein Lieber, aber ich gehe allein. Du kannst nicht mitkommen, Paul, aber ich fürchte mich nicht, weil du jetzt bei mir bist!«
»Adrea, wovon sprichst du denn? Ich verlasse dich nicht, habe doch Mut. Bald liegt alle Gefahr hinter uns!«
»Paul, verstehst du nicht? – Ich sterbe!«
Sterben! Er sah entsetzt in ihr unheimlich bleiches Gesicht, und dann sah er das leere Fläschchen auf dem Tisch. Er wankte und wäre beinahe gefallen.
»Es ist besser so«, sagte sie leise. »Es wäre nur schrecklich gewesen, wenn – ich dachte, daß du nicht mehr zurückkommen würdest, aber jetzt bin ich ganz ruhig!«
»Einen Arzt!« rief er heiser. »Adrea, ich muß schnell einen Arzt rufen!«
»Bitte, bleibe bei mir. Bevor er kommen kann, ist es vorüber. Es ist viel besser so. Glaubst du, daß ich dich für das ganze Leben an mich hätte fesseln können, ich, eine arme, abgehetzte Frau, die immer gezwungen wäre, sich in fremden Ländern zu verstecken? Nein, ich habe dieses Gift immer bei mir gehabt seit – im Falle – etwas geschehen sollte. Paul, trage mich zu dem Sofa. Ich habe keine Schmerzen – aber ich werde schwach, und es wird so dunkel im Zimmer –«
Er tat, was sie sagte, sank neben ihr aufs Knie und hielt sie fest in seinen Armen. Sie war ihm noch nie so schön erschienen wie in diesen letzten Minuten ihres Lebens.
Er schluchzte wild und verzweifelt auf. Adrea hörte es und streichelte liebkosend sein Gesicht. Er nahm ihre Hand und bedeckte sie mit Küssen.
»Paul, wir waren sehr glücklich – für mich war es das höchste Glück, und doch weiß ich nicht, ob es für immer hätte dauern können. Die Liebe währt nicht ewig. Ich habe es gefühlt! Ich – ich weiß – es –«
Sie schwieg und rang nach Atem. Er antwortete nicht, sondern zog sie nur näher an sich und flüsterte liebevoll ihren Namen. Im nächsten Augenblick schlug sie die Augen wieder auf.
»Paul, mir ist jetzt alles so klar – ich sehe deine Zukunft vor mir, sie wird glücklich sein. Ich sehe dich als den Herrn des großen, alten Schlosses oben in der Heide, das du so liebst. Es ist ein schöner Gedanke für mich, daß du wieder in deiner Heimat leben wirst. Ich möchte, daß du – diese Tage vergißt. Denke, daß ich es war, die zu dir kam, Paul. Ich habe dich besitzen wollen – selbst wenn der Weg zum Glück unendlich schwer war und durch Verbrechen führte. Ich habe dich niedergezogen, aber nun wirst du wieder in dein altes Leben zurückkehren, du wirst eine Frau heiraten, die deinem Charakter und deinem Stande entspricht. Das ist mein letzter Wunsch! – Werde glücklich, Paul! – Es – geht – jetzt zu Ende! – Küsse mich!«
»Ach, Adrea!«
»Draußen – hörst du die Schritte auf der Treppe? Aber laß sie kommen – es ist zu spät! Nimm das Buch auf dem Tisch – es wird dir alles sagen, was du von meinem Leben noch nicht weißt. Leb' wohl! – Schwester Elise, sind Sie es? Wieder in dem alten Klostergarten – wie milde und süß ist doch hier die Luft! Und du bist hier, Paul – aber dein Gesicht ist so undeutlich – und doch macht es so glücklich – dich zu sehen – lieber Paul! Wir waren – so unendlich glücklich –«
Ende