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Mit jedem Tag wurde während der ersten Monate des Jahres 1792 der Kampf zwischen dem Berg und der Gironde schärfer, je mehr drei große Fragen sich vor Frankreich aufstellten:
1. Sollten die Feudallasten ohne Ablösung abgeschafft werden? Oder sollte dieses Überbleibsel des Feudalismus auch weiter noch den Bauern aushungern und die Landwirtschaft lähmen? Diese überaus wichtige Frage erregte fast zwanzig Millionen landwirtschaftlicher Bevölkerung, darunter auch die, welche die Masse der Nationalgüter, die der Geistlichkeit und den Emigranten beschlagnahmt worden waren, gekauft hatten.
2. Würde man die Dorfgemeinden im Besitz der Gemeindeländereien lassen, die sie den Herren wiedergenommen hatten? Würde man den Gemeinden, die es noch nicht getan hatten, das Recht zuerkennen, sie wiederzunehmen? Würde man das Recht auf die Erde für jeden Bürger anerkennen?
3. Würde man schließlich das Maximum einführen, das heißt festgelegte Preise für das Brot und die anderen notwendigsten Lebensmittel?
Das waren drei große Fragen, die Frankreich erregten und es in zwei feindliche Lager teilten: die Besitzenden einerseits und die, die nichts besaßen, andererseits; die ›Reichen‹ und die Armen; die, die sich trotz des Elends, der Hungersnot und des Krieges bereicherten, und die, die die ganze Last des Krieges trugen und viele Stunden und manchmal ganze Nächte vor der Tür des Bäckers stehen mußten, ohne Brot nach Hause bringen zu können.
Und die Monate – fünf Monate, acht Monate – verstrichen, ohne daß der Konvent etwas tat, um der Situation ein Ende zu machen, um die großen sozialen Fragen zu lösen, die die Entwicklung der Revolution gestellt hatte. Es gab endlose Diskussionen im Konvent; der Haß zwischen den beiden Parteien, von denen die eine die Reichen vertrat und die andere für die Sache der Armen eintrat, verschärfte sich täglich, und man sah keinen Ausweg, keine Möglichkeit einer Verständigung zwischen denen, die ›das Eigentum‹ verteidigten, und denen, die es angreifen wollten.
Es ist richtig, daß die Leute vom Berg selbst keine entschiedenen Ansichten über die wirtschaftlichen Fragen hatten und sich in zwei Gruppen teilten, von denen die eine, die der Enragés, viel vorgeschrittener war als die andere. Die, zu der Robespierre gehörte, war über die drei genannten Fragen zu Auffassungen geneigt, die fast ebenso besitzfreundlich waren wie die der Girondisten. Aber man muß, so wenig sympathisch uns Robespierre sein mag, anerkennen, daß er sich mit der Revolution entwickelte, und die Leiden des Volkes sind ihm immer zu Herzen gegangen. Schon 1791 hatte er in der Konstituierenden Versammlung zugunsten der Rückgabe der Gemeindeländereien an die Dorfgemeinden gesprochen. Als er jetzt mehr und mehr den Besitz- und Handelsegoismus des Bürgertums sah, stellte er sich auf die Seite des Volkes, der revolutionären Kommune von Paris, derer, die man damals ›die Anarchisten‹ nannte.
»Die Lebensmittel, die das Volk braucht«, sagte er auf der Tribüne, »sind ebenso heilig wie das Leben. Alles, was notwendig ist, um das Leben zu erhalten, ist gemeinsames Eigentum der ganzen Gesellschaft. Nur was darüber hinausgeht, kann individuelles Eigentum werden und kann dem Betrieb der Handeltreibenden überlassen werden.«
Wie schade, daß dieser kommunistische Gedanke bei den Sozialisten des neunzehnten Jahrhunderts nicht an Stelle des Staats-›Kollektivismus‹ von Pecqueur und Vidal zur Geltung kam, der 1848 auftauchte und heute unter dem Namen des wissenschaftlichen Sozialismus wieder aufgewärmt worden ist. Wie verheißungsvoll wäre die kommunalistische Bewegung von 1871 gewesen, wenn sie das Prinzip anerkannt hätte: ›Alles, was für das Leben notwendig ist, ist ebenso heilig wie das Leben selbst und stellt ein Gemeineigentum der ganzen Nation vor.‹ Wenn ihre Parole gewesen wäre: Die Kommune organisiert den Konsum, den Wohlstand für alle!
Überall und immer ist die Revolution von Minoritäten gemacht worden. Selbst unter denen, die ganz an der Revolution interessiert sind, war es immer nur eine Minderheit, die sich ihr ganz weihte. So war es auch in Frankreich im Jahre 1793.
Sowie das Königtum zertrümmert war, zeigte sich überall in der Provinz eine starke Bewegung gegen die Revolutionäre, die gewagt hatten, der Reaktion in ganz Europa den Kopf des Königs wie zu einer Herausforderung hinzuwerfen.
›Ah, die Schurken!‹ sagte man in den Schlössern, den Salons, den Beichtstühlen. ›Sie haben gewagt, das zu tun! Dann werden sie vor nichts zurückschrecken: sie werden uns unser Vermögen nehmen oder uns guillotinieren!‹
Und überall lebten die gegenrevolutionären Verschwörungen mit neuer Kraft wieder auf.
Die Kirche, alle Höfe Europas, das englische Bürgertum, alle gingen ans Werk der Intrige, der Propaganda, der Bestechung, um die Gegenrevolution zu organisieren.
Hauptsächlich die Seestädte, wie Nantes, Bordeaux und Marseille, wo es viele reiche Kaufleute gab; die Stadt der Luxusindustrien, Lyon; die Industrie- und Handelsstädte, wie Rouen, wurden mächtige Herde der Reaktion. Ganze Landschaften wurden von den Priestern, den unter falschem Namen zurückgekehrten Emigranten bearbeitet und ebenso auch durch das englische und orléanistische Gold, wie durch Emissäre von Italien, Spanien und Rußland.
Die Girondisten dienten dieser ganzen reaktionären Masse als Sammelpunkt. Die Royalisten sahen sehr gut ein, daß die Girondisten trotz ihrem oberflächlichen Republikanismus ihre wahren Bundesgenossen waren, daß sie dahin durch die Logik der Partei gedrängt wurden, die immer viel mächtiger ist als die Etikette der Partei. Und das Volk seinerseits sah das völlig vor Augen. Es begriff, daß, solange die Girondisten im Konvent blieben, keine wahrhaft revolutionäre Maßregel möglich war und daß der Krieg, der von diesen Sybariten der Revolution lässig geführt wurde, kein Ende nehmen und Frankreich erschöpfen mußte.
Und je mehr die Notwendigkeit, den ›Konvent zu säubern‹ und also die Girondisten aus ihm zu vertreiben, sich in Deutlichkeit herausstellte, um so mehr suchte sich das Volk für den Kampf an Ort und Stelle in den Städten und der Provinz zu organisieren.
Wir haben schon gelegentlich bemerkt, daß die Departementsdirektorien in der Mehrzahl gegenrevolutionär waren. Die Distriktsdirektorien waren es ebenfalls. Aber die Gemeindeverwaltungen, die durch das Gesetz vom September 1789 geschaffen worden waren, waren viel demokratischer. Allerdings hatten sie im Sommer 1789, als sie von dem bewaffneten Bürgertum eingesetzt worden waren, die rebellischen Bauern ohne Gnade niedergeschlagen. Aber je weiter die Revolution voranging, um so revolutionärer wurden die Gemeindeverwaltungen, die von dem Volk, oft genug in Aufstandsbewegungen, ernannt und von den Volksvereinen überwacht wurden.
In Paris war der Gemeinderat vor dem 10. August bürgerlich demokratisch. Aber in der Nacht zum 10. August war von den 48 Sektionen eine neue revolutionäre Kommune gewählt worden. Der Konvent hatte zwar dem Drängen der Girondisten nachgegeben und diese Kommune abgesetzt, aber die neue Kommune, die am 2. Dezember 1792 gewählt worden war, war mit ihrem Prokurator Chaumette, ihrem Substituten Hébert und ihrem Maire Pache (der etwas später gewählt wurde) rückhaltlos revolutionär.
Eine erwählte Körperschaft von Beamten, die mit so weitgehenden und verschiedenartigen Befugnissen betraut waren, wie sie dem Gemeinderat von Paris oblagen, hatte allmählich mit Notwendigkeit eine gemäßigte Richtung einschlagen müssen. Aber die revolutionäre Aktion des Volks von Paris hatte ihre Sammelpunkte in den Sektionen. Allerdings wurden diese Sektionen selbst, je mehr sie verschiedene Polizeibefugnisse übernahmen (das Recht, die Bürgerkarten auszustellen, um zu attestieren, daß der und der kein royalistischer Verschwörer sei; die Ernennung der Freiwilligen für die Kämpfe in der Vendée usw.), diese Sektionen, die der Wohlfahrtsausschuß und der Sicherheitsausschuß zu ihren Polizeiorganen machen wollten, mußten sich bald selbst in der Richtung der Bureaukratie und der Mäßigung entwickeln. Im Jahre 1795 wurden sie in der Tat die Sammelpunkte des reaktionären Bürgertums.
Darum bildete sich neben der Kommune und ihren Sektionen ein ganzes Netz von Volksvereinen oder Bruderschaften und ebenso von Revolutionsausschüssen, die bald (im Jahre II der Republik, nach der Vertreibung der Girondisten) eine starke Aktionsmacht werden. Alle diese Gruppen verbündeten sich miteinander, entweder für augenblickliche Zwecke oder für ein dauerndes Vorgehen, und sie setzten sich mit den sechsunddreißigtausend Gemeinden Frankreichs in Verbindung. Man organisierte sogar zu diesem Zweck ein besonderes Korrespondenzbureau. Eine neue spontane Organisation war so entstanden. Und wenn man diese Gruppen, diese ›freien Vereinbarungen‹ würden wir heute sagen, erforscht, dann sieht man vor sich erstehen, was die anarchistischen Gruppen unserer Zeit in Frankreich verkündet haben, ohne zu ahnen, daß ihre Großväter es in einem so tragischen Augenblick der Revolution bestätigt haben, wie die ersten Monate des Jahres 1793 gewesen sind.Mortimer Ternaux, ein schlimmer Reaktionär, hat indessen schon auf diese Doppelorganisation hingewiesen (Histoire de la Terreur, Bd. VII). Über diese Organisation siehe Aulard, Histoire politique de la Révolution, 2. Teil, Kapitel 5. – Siehe auch Jaurès, La Convention, Bd. II, S. 1254, wo eine sehr gut geschriebene Seite über diese Sache steht.
Die meisten Historiker, die der Revolution sympathisch gegenüberstehen, versteifen sich, will mir scheinen, wenn sie zu dem tragischen Kampf kommen, der sich 1793 zwischen dem Berg und der Gironde entspann, zu sehr auf eine der sekundären Erscheinungsformen dieses Kampfes. Sie legen, ich wage es zu sagen, dem sogenannten Föderalismus der Girondisten zuviel Wert bei.
Allerdings wurde nach dem 31. Mai, als die girondistischen und royalistischen Aufstände in mehreren Departements ausbrachen, das Wort ›Föderalismus‹ in den Dokumenten der Zeit zum Hauptanklagepunkt des Bergs gegen die Girondisten. Aber dieses Wort, das ein Schlagwort, eine Art Parole und Signal geworden war, war im Grunde nur ein Kriegsruf, der dazu diente, die Partei, die man bekämpfte, anzuklagen. Als solcher machte er Glück. In Wirklichkeit jedoch bestand der ›Föderalismus‹ der Girondisten, wie schon Louis Blanc bemerkt hat, hauptsächlich in ihrem Haß gegen Paris, in ihrem Wunsch, die reaktionäre Provinz der revolutionären Hauptstadt entgegenzustellen. ›Sie hatten Angst vor Paris: das war ihr ganzer Föderalismus‹, sagt Louis Blanc.
Sie verabscheuten und fürchteten den Einfluß, den die Kommune von Paris, die revolutionären Komitees, das Volk von Paris in der Revolution gewonnen hatten. Wenn sie davon sprachen, den Sitz der Gesetzgebenden Versammlung und später des Konvents in eine Provinzstadt zu verlegen, so geschah das nicht aus Liebe zur Autonomie der Provinzen. Es geschah lediglich, um die Gesetzgebende Körperschaft und die Exekutivgewalt in eine Bevölkerung zu bringen, die weniger revolutionär war als die von Paris und sich weniger um das Gemeinwohl kümmerte. Genau ebenso machte es das Königtum im Mittelalter, als es eine entstehende Stadt, eine ›königliche Stadt‹, den alten Stadtrepubliken, die an ihr Forum gewöhnt waren, vorzog. Thiers wollte 1871 dasselbe tun.Als die Girondisten davon sprachen, in Bourges Kommissäre der Departements zu versammeln, hätte man sich mit dieser Verlegung nicht zufrieden gegeben, sagt Thibaudeau in seinen Memoiren: ›Es hätte sich ein zweiter Konvent gebildet.‹
Im Gegenteil haben sich die Girondisten in allem, was sie taten, ganz ebenso zentralistisch und autoritär wie die Bergpartei gezeigt. Noch mehr vielleicht; denn wenn die Mitglieder der Bergpartei zu einer Mission in die Provinzen gingen, stützen sie sich auf die Volksvereine und nicht auf die Ratsbehörden des Departements oder des Distrikts. Wenn die Girondisten die Provinzen gegen Paris aufriefen, so geschah es, um gegen die Revolutionäre von Paris, die sie aus dem Konvent verjagt hatten, die gegenrevolutionären Kräfte des Bürgertums der großen Handelsstädte und die aufständischen Bauern der Normandie und der Bretagne zum Kampf zu bringen. Als die Reaktion gesiegt hatte und die Girondisten nach dem 9. Thermidor die öffentliche Gewalt wiedererlangten, zeigten sie sich, wie es sich für eine Ordnungspartei gebührt, viel zentralistischer als die Bergpartei.
Aulard, der oft vom ›Föderalismus‹ der Girondisten spricht, macht trotzdem die sehr richtige Bemerkung, daß vor der Begründung der Republik kein einziger Girondist föderalistische Tendenzen zum Ausdruck gebracht hat. Barbaroux zum Beispiel ist ganz und gar Zentralist, wie aus den folgenden Worten, die er in einer Versammlung im Departement Bouches-du-Rhône gesprochen hat, hervorgeht: ›Die Föderativregierung paßt nicht für ein großes Volk, wegen der Langsamkeit, mit der alles zur Durchführung kommt, und wegen der Vermehrung und der Umständlichkeit des Apparats.‹Aulard, Histoire politique, S. 264. – ›Ich weiß nicht, ob jemand diese Ehre für sich beansprucht hat‹, sagt Thibaudeau und meint damit den ›Föderalismus‹ der Girondisten (Mémoires sur la Convention et le Directoire, Bd. I. Paris 1824, S. 38). – Marat ist in seiner Nummer vom 24. Mai 1793, S. 2, sehr deutlich: ›Man hat die Führer dieser verfluchten Partei lange des Föderalismus beschuldigt: ich gestehe, daß ich diese Meinung nie geteilt habe, obwohl es mir ein paarmal passiert ist, die Beschuldigung zu wiederholen.‹ In der Tat findet man in dem Verfassungsprojekt, das die Girondisten 1793 verfochten, keinerlei ernsthaften Versuch zu föderativer Organisation. Sie zeigten sich darin ganz und gar als Zentralisten.
Andererseits spricht Louis Blanc nach meiner Auffassung zuviel von dem ›Zorn‹ der Girondisten, von dem Ehrgeiz Brissots, der mit dem Robespierres zusammenstieß, von dem Leichtsinn der Girondisten, mit dem sie die Eigenliebe Robespierres auf eine Weise verletzten, die dieser nicht verzeihen wollte. Und Jaurès stellt die Sache, wenigstens in der ersten Hälfte seines Buches über den Konvent, ebenso dar,La Convention, S. 388, 394, 396, auch 1458. was nicht hindert, daß er später bei seiner Darstellung des Kampfes zwischen dem Volk von Paris und dem Bürgertum andere Ursachen aufzeigt, die ernsterer Natur sind als die Konflikte zwischen Eigenliebe und dem Egoismus der Macht.
Gewiß existierte der Zorn der Girondisten, den Louis Blanc so gut geschildert hat, und ebenso der Kampf des gegenseitigen Ehrgeizes; all das existierte und vertiefte den Konflikt. Aber der Kampf zwischen Girondisten und Bergpartei hat, wie wir schon gesagt haben, eine allgemeine Ursache gehabt, die unendlich viel tiefer wurzelte als alle persönlichen Gründe. Diese Ursache hat Louis Blanc selbst sehr gut hervorgehoben, als er nach Garat anführte, wie die Gironde und der Berg sich gegeneinander ausdrückten:
›Euch steht es nicht zu‹, sagte die Gironde, ›Frankreich zu regieren, euch, die ihr mit all dem Blut des Septembers bedeckt seid. Die Gesetzgeber eines reichen und arbeitsamen Landes müssen das Eigentum als eine der heiligsten Grundlagen der Gesellschaftsordnung betrachten, und die Aufgabe, die den Gesetzgebern Frankreichs gestellt ist, kann nicht von euch erfüllt werden, die ihr die Anarchie predigt, die Plünderungen in Schutz nehmt, die Eigentümer in Schrecken setzt. Ihr ruft gegen uns alle Banditen von Paris auf, wir rufen gegen euch die ehrbaren Menschen von Paris zu Hilfe.‹
Da spricht die Partei der Besitzenden, der ›Ehrbaren‹, derer, die später, im Juni 1848 und im Mai 1871, das Volk von Paris niedermetzeln, die den Staatsstreich von 1851 unterstützten und heute zu einem neuen bereit sind.
Darauf antwortete die Bergpartei:
›Wir beschuldigen euch, daß ihr eure Begabung eurer Erhöhung und nicht dem Sieg der Gleichheit dienen lassen wollt . . . Solange der König euch durch die Minister, die ihr ihm gegeben habt, regieren ließ, seid ihr ganz gut mit ihm ausgekommen . . . Euer geheimer Wunsch war nie, Frankreich zu der prächtigen Höhe einer Republik zu führen, sondern ihm einen König zu lassen, dessen Hausmeier ihr sein wolltet.‹
Man wird sehen, wie richtig diese letzte Anschuldigung war, wenn man Barbaroux im Süden und Louvet in der Bretagne Hand in Hand mit den Royalisten gewahren wird und wenn nach der Reaktion des Thermidor so viele Girondisten einträchtig mit ›den Weißen‹ wieder zur Macht gelangen. Aber fahren wir mit dem Zitat fort.
›Ihr wollt die Freiheit ohne die Gleichheit‹, sagt der Berg; ›und wir wollen die Gleichheit, weil wir uns ohne sie die Freiheit nicht vorstellen können. Ihr Staatsmänner wollt die Republik für die Reichen organisieren, und wir, die keine Staatsmänner sind, suchen nach Gesetzen, die den Armen aus seinem Elend ziehen und die aus allen Menschen in allgemeinem Wohlstand glückliche Bürger und die glühenden Verteidiger einer allgemein verehrten Republik machen.‹
Man sieht, das sind zwei völlig verschiedene Vorstellungen von der Gesellschaft. Und so wurde der Kampf von den Zeitgenossen aufgefaßt.Man könnte zum Beweise zahlreiche Stellen anführen. Die zwei folgenden können als Beispiel dienen. ›Die Girondisten wollten die Revolution beim Bürgertum zum Stillstand bringen‹, sagt Baudot. Sie wollten ›ganz sacht eine bürgerliche Aristokratie an die Stelle des Adels und der Geistlichkeit setzen‹, sagte Bourdon de l'Oise am 31. Mai im Jakobinerklub (La Société des Jacobins, Ausgabe von Aulard, Bd. V, S. 220).
Entweder beschränkt sich die Revolution darauf, den König zu stürzen, und versucht es gar nicht, ihr Werk durch eine tiefgehende Wandlung der Ideen der Nation in republikanischem Sinne zu befestigen, und dann wird sie nach diesem ersten Sieg aufhören, und Frankreich wird sich, so gut es kann, der deutschen, englischen, spanischen, italienischen und savoyischen Feinde erwehren, die von den Anhängern des Königtums im Innern unterstützt werden.
Oder die Revolution kämpft von jetzt an, nachdem sie mit dem König fertig geworden ist, für die ›Gleichheit‹, wie man damals sagte, den Kommunismus, wie wir heutzutage sagen. Dann muß sie zunächst das Werk der Abschaffung der Feudalrechte, der Rückgabe der Gemeindeländereien, der Nationalisierung des Bodens zu Ende führen und so das Recht aller an die Erde anerkennen; sie muß dem Werk sichere Grundlagen geben, das die aufständischen Bauern in diesen vier Jahren schon so weit vorwärts gebracht haben, und sie muß mit Hilfe des Volkes versuchen, ›wie man den Armen aus seinem Elend ziehen kann‹; sie muß versuchen, wenn es möglich ist, nicht die absolute Gleichheit der Vermögen, aber den Wohlstand für alle, den ›allgemeinen Wohlstand‹ zu schaffen. Und das muß sie tun, indem sie die Regierung den Reichen entreißt und sie in die Hände der Gemeinden und der Volksvereine legt.
Dieser Unterschied allein erklärt den blutigen Kampf, der nach dem Sturz des Königtums den Konvent und mit ihm Frankreich zerriß. Alles übrige kommt erst in zweiter Linie in Betracht.