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Am 21. September 1792 wurde endlich der Konvent eröffnet, diese Versammlung, die man so oft als den wahren Typus, als das Ideal einer revolutionären Versammlung hingestellt hat. Die Wahlen waren nach dem fast allgemeinen Stimmrecht durch alle Bürger, aktive und passive, vorgenommen worden, aber sie waren immer noch indirekt, das heißt alle Bürger hatten zuerst die Versammlungen der Wahlmänner gewählt, und diese hatten die Abgeordneten des Konvents ernannt. Dieses Wahlverfahren war offenbar den Reichen vorteilhaft, aber da die Wahlen im September, mitten in der allgemeinen Gärung, vor sich gingen, die der Triumph des Volkes am 10. August hervorgebracht hatte, und da viele Gegenrevolutionäre durch die Ereignisse des 2. September eingeschüchtert waren und sich bei den Wahlen lieber gar nicht zeigten, fielen sie weniger schlimm aus, als man hätte fürchten können. In Paris siegte die ganze Liste Marats, die alle bekannten Revolutionäre aus dem Klub der Cordeliers und der Jakobiner enthielt. Die fünfhundertfünfundzwanzig Wahlmänner von Paris, die sich am 2. September in dem Lokal des Jakobinerklubs versammelten, wählten Collot d'Herbois und Robespierre zum Präsidenten und Vizepräsidenten, schlossen alle aus, die die royalistischen Petitionen der 8000 und der 20 000 unterschrieben hatten und stimmten für die Liste Marats.
Indessen herrschte doch das ›gemäßigte‹ Element, und Marat schrieb gleich nach der ersten Sitzung, daß er, angesichts der Beschaffenheit der meisten Delegierten, am öffentlichen Wohl verzweifeln müßte. Er sah voraus, daß ihr Widerstand gegen den revolutionären Geist endlose Kämpfe über Frankreich bringen müßte. ›Sie werden schließlich alles verderben‹, sagte er, ›wenn nicht die kleine Zahl der Verteidiger des Volkes, die berufen sind, sie zu bekämpfen, die Oberhand erlangen und es ihnen gelingt, sie zu vernichten.‹ Wir werden bald sehen, wie recht er hatte.
Aber die Ereignisse selbst drängten Frankreich zur Republik, und die Leidenschaft des Volkes war derart, daß die Gemäßigten des Konvents sich der Strömung, die das Königtum wegschwemmte, nicht zu widersetzen wagten. Gleich in seiner ersten Sitzung erklärte der Konvent die Abschaffung des Königtums in Frankreich. Wir haben gesehen, daß Marseille und einige andere Provinzstädte schon vor dem 10. August die Republik verlangt hatten; Paris hatte es vom ersten Tag der Wahlen an mit größtem Nachdruck getan. Der Jakobinerklub hatte sich endlich auch entschlossen, sich für republikanisch zu erklären; er hatte es in seiner Sitzung vom 27. August, nach der Veröffentlichung der Papiere, die man in den Tuilerien in dem Geheimschrank gefunden hatte, getan. Der Konvent folgte Paris. Er schaffte in seiner ersten Sitzung, am 21. September 1792, das Königtum ab. Am Tage darauf bestimmte er in einem zweiten Dekret, daß von diesem Tage an alle öffentlichen Schriftstücke vom ersten Jahre der Republik an datiert werden sollten.
Drei verschiedene Parteien waren im Konvent vertreten: der Berg, die Gironde und die gemäßigte Partei, die man Plaine (Ebene) oder besser Marais (Sumpf) nannte. Die Girondisten, obwohl sie am wenigsten zahlreich waren, hatten die Führung. Sie hatten schon in der Gesetzgebenden Versammlung dem König das Ministerium Roland geliefert, und sie legten großen Wert darauf, als Staatsmänner zu gelten. Die Partei der Gironde war aus gebildeten, eleganten, klugen Politikern zusammengesetzt und vertrat die Interessen der bürgerlichen Industrie, des bürgerlichen Handels und Grundeigentums, die sich unter dem neuen Regime überaus schnell festgesetzt hatten. Mit Hilfe des Marais waren die Girondisten anfangs die stärksten, und aus ihnen wurde das neue republikanische Ministerium gebildet. Danton war der einzige gewesen, der in dem Ministerium, das am 10. August zur Macht gelangt war, die Volksrevolution vertreten hatte; er trat am 21. September zurück und wurde durch den unbedeutenden Garat ersetzt.
Der Berg, der aus Jakobinern, wie Robespierre, Saint-Just und Couthon, aus Cordeliers, wie Danton und Marat, zusammengesetzt und von den Volksrevolutionären der Kommune, wie Chaumette und Hébert, gestützt war, hatte sich noch nicht als politische Partei konstituiert: dies wurde erst später von den Ereignissen selbst zustande gebracht. Für den Augenblick vereinigte er die, die vorwärts marschierten und die Revolution zu greifbaren Resultaten führen wollten, das heißt zur Zerstörung des Königtums und des Royalismus, zur Vernichtung der Macht der Aristokratie und der Geistlichkeit, zur Abschaffung des Feudalwesens, zur Befestigung der Republik.
Die Ebene oder der Sumpf schließlich setzte sich aus den Unentschiedenen zusammen, die keine bestimmten Überzeugungen hatten, aber immer aus Instinkt für den Besitz eintraten und konservativ waren – solchen, die in allen Vertreterversammlungen die Mehrheit bilden. Sie besaßen im Konvent ungefähr fünfhundert Stimmen. Sie unterstützen zunächst die Girondisten, um sie im Augenblick der Gefahr preiszugeben. Die Furcht wird sie dazu bringen, daß sie dann den roten Schrecken mit Saint-Just und Robespierre unterstützen, und später werden sie den weißen Schrecken machen, nachdem der Staatsstreich des Thermidor Robespierre und seine Partei aufs Schafott gebracht hat.
Man hätte glauben können, die Revolution würde sich jetzt ohne Hindernisse entwickeln und ihren natürlichen Gang gehen, wie ihn die Logik der Ereignisse bedingte. Der Prozeß und die Verurteilung des Königs, eine republikanische Verfassung an Stelle derer von 1791, Krieg auf Tod und Leben gegen die Invasion, und zugleich die endgültige Abschaffung dessen, was die Kraft des alten Regime gewesen war: der Feudalrechte, der Macht der Geistlichkeit, der royalistischen Organisation der Provinzverwaltung, die Abschaffung all dieser Überreste mußte sich notwendig aus der Situation ergeben.
Aber das Bürgertum, das zur Macht gelangt war und von den ›Staatsmännern‹ der Gironde vertreten wurde, wollte nichts davon wissen.
Das Volk hatte Ludwig XVI. vom Thron gestürzt. Sich des Verräters, der die Deutschen bis vor die Tore von Paris geführt hatte, zu entledigen, Ludwig XVI. hinzurichten, dem widersetzte sich die Gironde aus allen Kräften. Lieber den Bürgerkrieg als diesen entscheidenden Schritt! Nicht aus Furcht vor der Rache des Auslands, denn es waren ja gerade die Girondisten selber gewesen, die den Krieg gegen Europa hatten entfesseln wollen, sondern aus Furcht vor der Revolution des französischen Volkes und insbesondere des revolutionären Paris, das in der Hinrichtung des Königs den Anfang der wahren Revolution sehen würde.
Indessen war es dem Volke von Paris in seinen Sektionen und seiner Kommune gelungen, neben der Nationalversammlung eine tatsächliche Gewalt festzusetzen, die die revolutionären Tendenzen der Pariser Bevölkerung verkörperte und sogar dazu gelangte, den Konvent zu beherrschen. Halten wir also einen Augenblick inne, bevor wir auf die Kämpfe eingehen, die die Vertretung der Nation auseinanderrissen, und blicken wir noch einmal auf die Art und Weise zurück, in der sich diese Gewalt, die Kommune von Paris festsetzte.
Wir haben in früheren Kapiteln (im 24. und 25.) gesehen, wie die Sektionen von Paris als Organe des Gemeindelebens Bedeutung erhielten, indem sie sich außer den Befugnissen der Polizei und der Wahl der Richter, die ihnen das Gesetz gab, verschiedene wirtschaftliche Aufgaben von größter Bedeutung beilegten (Verpflegung, öffentliche Unterstützung, den Verkauf der Nationalgüter usw.), und wie eben diese Aufgaben ihnen gestatteten, einen ernsthaften Einfluß in der Erledigung der großen politischen Fragen der Allgemeinheit auszuüben.
Die Sektionen, die so wichtige Organe des öffentlichen Lebens geworden waren, mußten mit Notwendigkeit dazu kommen, eine Verbindung untereinander zu schaffen, und zu verschiedenen Malen, 1790 und 1791, hatten sie schon Spezialkommissäre zu dem Zweck ernannt, sich mit anderen Sektionen für ein gemeinsames Vorgehen, unabhängig vom offiziellen Gemeinderat, zu verständigen. Indessen war noch nichts Dauerndes eingerichtet.
Als im April 1792 der Krieg erklärt wurde, waren die Arbeiten der Sektionen plötzlich durch eine Masse neuer Befugnisse vermehrt worden. Sie hatten sich mit den Rekrutierungen, mit der Auslese der Freiwilligen, mit den patriotischen Gaben, mit der Ausrüstung und Verpflegung der Bataillone zu beschäftigen, die an die Grenze gingen, ferner mit der administrativen und politischen Korrespondenz mit diesen Bataillonen, mit der Unterstützung der Familien der Freiwilligen usw., ohne von dem unaufhörlichen Kampf zu reden, den sie Tag für Tag gegen die royalistischen Verschwörungen zu führen hatten, die ihre Arbeiten hindern wollten. Infolge dieser neuen Tätigkeit machte sich die Notwendigkeit einer direkten Verbindung zwischen den Sektionen um so mehr fühlbar.
Wenn man heutzutage diese Korrespondenz der Sektionen und ihre weitverzweigte Buchführung durchgeht, muß man den spontanen Organisationsgeist des Volkes von Paris und die Aufopferung der Männer bewundern, die all diese Arbeit nach ihrem Tagewerk freiwillig vollbrachten. Da lernt man die Tiefe der mehr als religiösen Hingebung kennen, die von der Revolution im französischen Volke erzeugt wurde. Denn man darf nicht vergessen, daß zwar jede Sektion ihren militärischen und ihren bürgerlichen Ausschuß ernannt hatte, daß aber erst in den allgemeinen Versammlungen, die am Abend gehalten wurden, alle wichtigen Fragen diskutiert und erledigt wurden.
Man versteht auch, wie diese Männer, die nicht theoretisch, sondern leibhaft die Schrecken des Krieges sahen und unmittelbar mit den Leiden in Berührung waren, die die Invasion dem Volk auferlegte, die Helfershelfer der Invasion hassen mußten: den König, die Königin, den Hof, die Adligen und die Reichen, alle die Reichen, die mit dem Hof gemeinsame Sache machten. Die Hauptstadt vereinigte sich mit den Bauern des Grenzdepartements in ihrem Haß gegen die Stützen des Thrones, die den Fremden nach Frankreich gerufen hatten. Sowie daher die Idee der friedlichen Demonstration am 20. Juni aufgetaucht war, waren es die Sektionen, die sich daran machten, diese Demonstration zu organisieren, und sie waren es wiederum, die am 10. August den Angriff auf die Tuilerien vorbereiteten, und eben diese Vorbereitungen benutzten sie, um endlich die so lange gewünschte direkte Verbindung zwischen den Sektionen zum revolutionären Handeln herzustellen.
Als es sich herausgestellt hatte, daß die Demonstration des 20. Juni ohne Resultat geblieben war, daß der Hof nichts gelernt hatte und nichts lernen wollte, ergriffen die Sektionen die Initiative, von der Nationalversammlung die Absetzung Ludwigs XVI. zu verlangen. Am 23. Juli faßte die Sektion von Mauconseil einen Beschluß in diesem Sinne, den sie der Versammlung zustellte, und ging daran, eine Erhebung für den 5. August vorzubereiten. Andere Sektionen beeilten sich, den nämlichen Beschluß zu fassen, und als die Nationalversammlung in ihrer Sitzung vom 4. August den Beschluß der Bürger von Mauconseil als ungesetzlich brandmarkte, hatte er schon die Zustimmung von 14 Sektionen gefunden. Am nämlichen Tage erklärten Mitglieder der Sektion der Gravilliers der Nationalversammlung, sie wollten den Gesetzgebern noch ›die Ehre, das Vaterland zu retten‹, überlassen. ›Aber wenn ihr euch weigert‹, fügten sie hinzu, ›wird es schon not tun, daß wir uns entschließen, uns selber zu retten.‹ Die Sektion der Quinze-Vingts bestimmte ihrerseits ›den Morgen des 10. August als letzten Termin der Geduld des Volkes‹; und die von Mauconseil erklärte, sie ›gedulde sich in Ruhe und Wachsamkeit bis zum folgenden Donnerstag (9. August), 11 Uhr nachts, um den Ausspruch der Nationalversammlung abzuwarten; aber wenn dem Volk von der Gesetzgebenden Körperschaft bis dahin nicht Recht verschafft worden wäre, würde eine Stunde später, um Mitternacht, der Generalmarsch geschlagen und alles in den Aufstand treten‹.Mortimer Ternaux, La Terreur, Bd. 2, S. 178, 216, 393; Buchez und Roux, Bd. XVI, S. 247; Mellié, Les Sections de Paris, S. 144 ff.
Am 7. August schließlich lud eben diese Sektion alle andern ein, aus jeder einzelnen ›sechs Kommissäre zu ernennen, die weniger Redner als treffliche Bürger sein sollten und die durch ihre Vereinigung im Rathaus einen Sammelpunkt bilden sollten‹; das geschah am 9. August.Ein Korrespondenzausschuß zwischen den Sektionen war bereits errichtet worden, und eine Vereinigung von Kommissären mehrerer Sektionen war schon am 23. Juli zusammengetreten. Als achtundzwanzig oder dreißig Sektionen von achtundvierzig sich der Bewegung angeschlossen hatten, traten ihre Kommissäre im Rathaus in einem Saal zusammen, der in der Nähe des Sitzungssaals des offiziellen Gemeinderats lag – der übrigens in dem Augenblick wenig zahlreich war –, und sie gingen auf revolutionäre Weise, wie eine neue Kommune, vor. Sie suspendierten vorläufig den Generalrat, verboten dem Maire Pétion, seine Wohnung zu verlassen, kassierten den Generalstab der Bataillone der Nationalgarde und bemächtigten sich aller Gewalten der Kommune und ebenso der allgemeinen Leitung des Aufstandes.Mellié hat das Protokoll der Sektion Poissonière aufgefunden. Sie versammelte sich am 9. August um 8 Uhr abends in permanenter Tagung in der Kirche Saint-Lazare, kassierte alle Offiziere des Bataillons Saint-Lazare, die sie nicht selbst ernannt hatte, und ernannte ›sofort neue Offiziere, unter deren Befehl sie marschieren wollte‹. Sie verständigte sich mit anderen Sektionen über die Marschordnung, und um 4 Uhr morgens, nachdem sie ihren permanenten Ausschuß ernannt hatte, ›zur Überwachung der Bewaffnung und zur Ergreifung der Sicherheitsmaßregeln, die sie für angezeigt halten würden‹, vereinigte sich die Sektion mit ›ihren Brüdern vom Faubourg Saint-Antoine‹ und trat den Marsch nach den Tuilerien an. Aus diesem Protokoll gewinnt man einen lebhaften Eindruck von der Art, wie das Volk von Paris in dieser denkwürdigen Nacht vorging.
So konstituierte sich die neue Gewalt im Rathaus und setzte sich fest.
Die Tuilerien waren erstürmt, der König entthront. Und sofort gab die neue Kommune zu verstehen, daß sie am 10. August nicht die Krönung der am 14. Juli 1789 begonnenen Revolution, sondern den Anfang einer neuen volkstümlichen und gleichheitlichen Revolution erblicke. Sie datierte von jetzt an ihre Akte vom ›Jahr IV der Freiheit, dem Jahr I der Gleichheit‹. Eine Menge neue Pflichten fielen sofort der neuen Kommune zu.
Während der zwanzig letzten Augusttage, während die Gesetzgebende Versammlung zwischen den verschiedenen royalistischen, konstitutionellen und republikanischen Strömungen, die sie auseinanderrissen, hin und her schwankte und sich völlig unfähig zeigte, sich auf die Höhe der Ereignisse zu stellen, wurden die Sektionen von Paris und ihre Kommune das wahre Herz der französischen Nation, um das republikanische Frankreich wachzurufen, es den verbündeten Königen entgegenzuwerfen und im Verein mit anderen Kommunen die nötige Organisation für die große Erhebung der Freiwilligen von 1792 zu schaffen. Und als das Schwanken der Nationalversammlung, die royalistischen Velleitäten ihrer meisten Mitglieder und ihr Haß gegen die aufständische Kommune die Pariser Bevölkerung zu dem tollen Wüten der Septembertage gebracht hatten, da waren es wieder die Sektionen und die Kommune, die die Beruhigung schafften. Sowie sich die Gesetzgebende Versammlung entschlossen hatte, sich endlich, am 4. September, gegen das Königtum und die verschiedenen Kronprätendenten auszusprechen, und diese Entscheidung den Sektionen mitgeteilt hatte, taten sich diese, wie wir gesehen haben, sofort zusammen, um den Morden ein Ende zu machen, die sich von den Gefängnissen auf die Straße fortzupflanzen drohten, und um allen Einwohnern Sicherheit zu gewährleisten.
Und ebenso, als der Konvent zusammentrat und als er nach seinem Beschluß vom 21. September morgens, das Königtum in Frankreich abzuschaffen, ›das entscheidende Wort nicht auszusprechen wagte‹, das Wort Republik, und ›eine Ermutigung von außen zu erwarten schien‹,Aulard, Histoire politique de la Révolution, 2. Ausgabe, S. 272 ff. da kam diese Ermutigung vom Volk von Paris. Es begrüßte das Dekret auf der Straße mit dem Rufe: Es lebe die Republik!, und die Bürger der Sektion Quatre-Nations übten auf den Konvent Zwang aus, indem sie hingingen und erklärten, sie seien glücklich, ›die Republik‹ mit ihrem Blute zu bezahlen; in diesem Augenblick aber war die Republik noch gar nicht proklamiert und wurde erst am nächsten Tage vom Konvent offiziell anerkannt.
Die Kommune von Paris wurde so zu einer Macht, die für den Konvent ein Ansporn, wenn nicht eine Rivalin, und die Bundesgenossin der Bergpartei wurde. Außerdem hatte der Berg jene andere Macht für sich, die sich im Laufe der Revolution gebildet hatte, den Jakobinerklub von Paris, mit den zahlreichen Volksvereinen in der Provinz, die sich ihm angegliedert hatten. Es ist wahr, daß dieser Klub keineswegs die revolutionäre Macht und Initiative hatte, die ihm so viele politische Schriftsteller unserer Zeit beilegen. Der Jakobinerklub hat die Revolution nicht geleitet, ist ihr vielmehr nur gefolgt. Schon die Personen, aus denen sich die Muttergesellschaft in Paris zusammensetzte, hauptsächlich wohlhabende Bürgersleute, machten sie unfähig, der Revolution voranzugehen.
Zu jeder Zeit, sagt Michelet, hatten sich die Jakobiner geschmeichelt, die Politiker und die geistigen Führer der Revolution zu sein, das Gewicht, das den Ausschlag gab. Aber sie leiteten sie nicht, sie folgten ihr, der Geist des Klubs wechselte mit jeder neuen Krise. Aber der Klub machte sich immer unmittelbar zum Ausdruck der Tendenz, die in einem bestimmten Moment im gebildeten, gemäßigt demokratischen Bürgertum die Oberhand gewonnen hatte, er stützte sie, indem er die öffentliche Meinung in Paris und der Provinz in dem erwünschten Sinne bearbeitete, und er gab dem neuen Regime seine wichtigsten Beamten. Robespierre, der nach dem sehr richtigen Ausdruck Michelets die Mittelstraße des Berges repräsentierte, wollte, daß die Jakobiner ›als Vermittler zwischen der Nationalversammlung und der Straße dienen und den Konvent bald erschrecken und bald beruhigen konnten‹. Aber er sah ein, daß die Initiative von der Straße, vom Volke ausgehen mußte.
Wir haben schon erwähnt, daß in den Ereignissen des 10. August der Einfluß der Jakobiner gleich Null war. So blieb es bis zum September 1792: der Klub war verlassen. Aber allmählich, im Laufe des Herbstes, wurde die Muttergesellschaft von Paris von Cordeliers verstärkt, und nun kam neues Leben in den Klub, und er wurde der Sammelpunkt für den ganzen gemäßigten Teil der demokratischen Republikaner. Marat wurde dort populär, aber nicht die ›Enragés‹, das heißt, um einen modernen Ausdruck anzuwenden, die Kommunisten. Ihnen trat der Klub entgegen und bekämpfte sie später.
Als im Frühling 1793 der Kampf, den die Girondisten gegen die Kommune von Paris führten, in seinem kritischen Moment angelangt war, unterstützten die Jakobiner die Kommune und die Bergpartei des Konvents; sie halfen ihnen, den Sieg über die Girondisten zu erringen und ihn zu befestigen; durch ihre Korrespondenz mit den verbündeten Gesellschaften in der Provinz unterstützten sie die vorgeschrittenen Revolutionäre und halfen ihnen, den Einfluß, nicht nur der Girondisten, sondern auch der Royalisten, die sich hinter ihnen versteckten, unschädlich zu machen, was sie nicht hinderte, sich später, 1794, gegen die Volksrevolutionäre der Kommune zu wenden und es so der bürgerlichen Reaktion zu ermöglichen, den Staatsstreich des 9. Thermidor zu machen.