Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Die Saat schoß aus der Erde, über Nacht wuchs das Gras auf der Wiese. Die Wälder standen plötzlich in dichtem Grün. In Schwedenklees verwahrlostem Garten erblühten plötzlich Scharen von Lilien, Päonien, Stauden aller Art, Schlingrosen – vor Jahren hatte er sie gepflanzt und völlig vergessen. Der kleine Obstgarten, Pflaumen und Birnen, war eine einzige schneeige Wolke, zwischen Haus und Wald gebettet. Ellen war nichts als seliges Staunen.
Heiß und plötzlich setzte der Sommer ein. Reichtum quoll aus der Erde, Gräser, Blumen, Unkraut. Schon wogte das junge Getreide, der Klee stand einen Schuh hoch. Bis an die Knie standen die Kühe im Gras, die Pferde grasten in der grünen Koppel, die Schweine grunzten auf dem schwitzenden Misthaufen. Die Hühner gackerten lärmend, und Scharen von Küken wimmelten um die Glucken. Der Bauer schnitt die erste Mahd, und der Schweiß rann ihm über das braune Gesicht.
Ellen hatte bis jetzt fast immer dunkle Kleider getragen. Sie vertauschte sie nun endgültig mit hellen Sommerkleidern. So erschien sie plötzlich weltlicher, reizender, strahlender – Schwedenklees Blicke hingen an ihr, wie sie durch den Garten schritt, in den Wald lief, sich zu einer Blume bückte, das lockere Haar mit der Hand in den Nacken warf.
Schwedenklee schien größer geworden zu sein, da er sich besser hielt. Sein Bauch war fast völlig verschwunden, sein Gesicht, wenn auch noch massig und viereckig, war straff und braun, niemand konnte leugnen, daß er sich um zehn Jahre verjüngt hatte.
Er war in diesem Frühling und Sommer nicht müßig gewesen. Zusammen mit Ellen hatte er einen neuen Obstgarten angelegt, gegen hundert Bäume, er hatte eine Bewässerungsanlage von fünfzig Meter Länge gebaut. Er hatte Wege ausgehoben, Bauschutt und Sand gefahren und festgestampft. Nun war er dabei, eine Laube zu zimmern, die eine herrliche Aussicht bot. Er hatte Schwielen an den Händen, ganz wie der Bauer. Am Abend sank er todmüde ins Bett, um wie ein Stein zu schlafen.
Sie waren viel auf den Rädern unterwegs. Ein wenig außer Atem folgte Schwedenklee Ellen, die wie ein Rennfahrer dahinfuhr. Ellen hatte auch kutschieren gelernt, etwas ängstlich noch saß sie, die Peitsche in der Hand, in steifer Haltung auf dem Bock, und die Pferde trappelten hurtig dahin. Schwedenklee hatte ihr einen kleinen eleganten Wagen gekauft.
Das kameradschaftliche Verhältnis zwischen Ellen und Schwedenklee hatte an Herzlichkeit gewonnen. Sie lachten und schwatzten zusammen – nicht wie Erwachsene eigentlich, eher wie Kinder. Sie umarmte ihn, schmiegte sich an ihn, er gab ihr einen Gutenachtkuß, wenn sie schlafen ging.
Bald!
Schwedenklee war in großer Erregung. Oft ging er, verwirrt und unruhig, mit großen Schritten im Garten hin und her und sprach halblaut mit sich selbst.
Bald! Bald! Tausend Kosenamen hatte er für Ellen in Gedanken, zärtliche Namen, deren er sich vor Wochen noch geschämt hätte.
Der Sommer stand in voller Glut, die Mückenschwärme tanzten über den Wegen, in den Augen glänzte Schweiß. Vom Strande unten stiegen an den Abenden häufig bunte Leuchtkugeln in den Nachthimmel empor, der Strand wimmelte von Menschen. Die Saison stand auf der Höhe.
Der Anbau war fertig, ein mit Bändern geschmückter Tannenbaum funkelte auf dem First.
Schwedenklee hatte den Handwerkern ein Faß Bier gestiftet, am Abend aber sollte das Ereignis im Hause gefeiert werden. Schon seit einer Woche war das Programm erörtert worden.
»Heute abend um sieben, Ellen, mache dich schön!« sagte Schwedenklee.
Augusta hatte ihr letztes hergegeben. Allerlei Leckerbissen als Vorspeise, eine göttliche Suppe mit Leberklößchen, gebratene Hähnchen mit dem herrlichsten Salat der Welt. Törtchen von Walderdbeeren, Ellen hatte sie gesammelt. Sekt im eisigen Wasser des Brunnens gekühlt. Im Speisezimmer brannten zwei Dutzend Kerzen. Zur Feier des Tages durften Strolly und Munki bei Tisch gegenwärtig sein. Sie benahmen sich anfangs gesittet, aber, ganz wie Kinder bei außerordentlichen Anlässen, wurden sie mehr und mehr ausgelassen: zuletzt sprang der Kater, von unbezwinglicher Begierde fortgerissen, mitten auf den Tisch und versuchte ein Hähnchen zu stehlen.
Ellen war in der herrlichsten Laune. Die Katze kauerte aufgeregt auf ihrer Schulter. Der Hund saß, ganz Spannung und Bereitschaft, an ihrer Seite – ihre Augen blendeten vor Freude.
Schwedenklees Fröhlichkeit klang anfangs etwas gezwungen. Ein Schatten war über sein Gesicht gebreitet. Gewiß, alles war wunderbar, es war ein Abend, auf den er sich seit Wochen freute, ein Abend von ganz besonderer Bedeutung, ein Schicksalsabend, und nur um die Feierlichkeit dieser Stunde zu betonen, ohne jeden Nebengedanken, hatte er die zwei Dutzend Kerzen angezündet. Aber als Ellen eintrat, strahlend, den Widerschein der Kerzen in den klaren Augen, mußte er sich plötzlich an das Diner erinnern, das er seinerzeit in Paris Ellens Mutter gab, mit den Spiegeln, im Hotel Panthéon.
Unvollkommen ist das menschliche Gehirn eingerichtet, dachte er, voller Vorwurf gegen den Schöpfer, gänzlich unvollkommen. Die Erfindung eines Pedanten. Kaum zündet man ein paar Kerzen an, schon ist man gezwungen, an Dinge zu denken, die zwanzig Jahre zurückliegen – weshalb? Etwas steif und melancholisch sah sein Gesicht anfangs aus, etwas melancholisch und dunkel klang seine Stimme. Mit einem Faltengekräusel in der gebräunten Stirn saß er inmitten der vierundzwanzig Kerzen. Vielleicht ist es Vermessenheit? dachte er, und sein Herz wurde plötzlich düster. Vielleicht hat ein Mensch wie ich gar nicht mehr das Recht, die Hand auszustrecken nach ...! Ellen – die Liebliche – sie ahnte nichts, wie sollte sie?
In diesem Augenblick aber sprang Munki auf den Tisch und versuchte ein geröstetes Hähnchen mit der Kralle zu angeln. Ellen gelang es gerade noch in der letzten Sekunde, den Kater abzufangen. Sie warf ihn ein paarmal hoch in die Luft, um ihn dann an ihr Herz zu drücken und seinen wilden struppigen Kopf mit Küssen zu bedecken. Ihr Lachen klang so heiter und glücklich, daß Schwedenklee augenblicklich mit fortgerissen wurde. Der Kater hatte den Abend gerettet.
Schwedenklee erhob sich und füllte mit der großen Geste des erfahrenen Zechers die Kelche. Fort mit den törichten Gedanken, fort! Gehen wir dem Schicksal beherzt entgegen ...
»Auf deine Gesundheit, Ellen!« rief er und ließ das Glas im Lichte der Kerzen funkeln.
»Sekt?« sagte Ellen. »Ich habe noch nie Sekt getrunken, es ist das erstemal!«
»Versuch’ es nur! Es ist noch niemand daran gestorben.«
»Er kitzelt!« rief Ellen und lachte.
In wunderbarer Laune verlief das Diner. Schwedenklee wurde gesprächig. Sie tranken auf Ellens Zukunft, ihren Ruhm, sie tranken auf ihre Freundschaft und auf die Herrlichkeit dieses Sommers. Der Sekt hatte Schwedenklees Gesicht gerötet, seine Augen glänzten, sein Gebiß leuchtete jung und stark. Er fühlte sich wieder als derselbe lebensfrohe Schwedenklee, der er in Paris war, seinerzeit. Zwanzig Jahre – was sollen sie bedeuten, es ist nur ein albernes Vorurteil ... Nein, damals gab es nichts Unmögliches für ihn – und heute?
Schwedenklee leerte den Kelch und warf ihn lachend gegen die Wand.
Ellen saß mit blendenden Augen, umweht vom Schein der Kerzen. Ihre Haut leuchtete wie Blüten. Häufig kühlte sie die heißen Wangen mit den Rücken der schmalen Hände. Sie lachte übermütig, und schon nach dem dritten Glas lachte sie ausgelassen über die geringste Kleinigkeit. Sie fütterte die Tiere mit Leckerbissen, und Strolly, obschon ein großer Hund, durfte auf ihrem Schoß sitzen.
»Unser Haus ist also glücklich fertig!« sagte Schwedenklee. »Nun beginnt die Einrichtung. Es soll wunderbar werden, warte nur! Ein so behagliches Nest wollen wir uns bauen, und hörst du, ein Bett soll Ellen bekommen – wie ein Traum!«
»Ja, wie eine Muschel soll es sein und ganz in Spitzen eingehüllt –«
»O, wie fein!« lachte Ellen.
»Und dann werden wir hier in Mecklenburg herumfahren und antike hübsche Möbel zusammenkaufen.«
Ausführlich besprachen sie die Einrichtung des Hauses. Schwedenklee wurde nicht müde, neue Vorschläge zu machen.
»Und welche Farbe soll dein Schlafzimmer bekommen, Ellen?«
Ellen dachte lange nach. »Rosa!« rief sie. »Weißt du, so ein zartes Rosa, wie Korallen.«
»Und dein Wohnzimmer?«
»Himmelblau!«
Schwedenklee lächelte. Ob wohl die Farben zusammenstimmen würden?
»Weshalb sollten sie nicht zusammenstimmen?«
»Gut also – und dann das Badezimmer. Blattpflanzen, Palmen, Gummibäume, Farne, Kakteen – es wird wie ein Palmenhaus sein, Ellen!«
Wohl eine volle Stunde wurde über das Badezimmer gesprochen, das das schönste und originellste in ganz Deutschland werden würde. Dafür sollte sein, Schwedenklees Name bürgen!
»Aber Arbeit! Viel Arbeit. Bis alles soweit ist, wird auch schon der Herbst da sein, Ellen!«
»Oh, weh!«
»Ja. Und dann werden wir nach Berlin zurückkehren und du wirst deine Studien wieder aufnehmen. Ich werde dich zu den ersten Lehrern bringen. Viele kenne ich ja persönlich.« Schwedenklee renommierte ein wenig mit seinen Bühnenbekanntschaften.
Ellen war hell begeistert. »Wie ich mich auf die Arbeit freue! Hoffentlich enttäuscht mein Talent nicht.«
»Weshalb sollte dein Talent enttäuschen? Ich sage dir nur eines« – Schwedenklee lächelte vielsagend und zwinkerte ein wenig mit den Augen – »du hast mehr Talent, als du je ahnen kannst, ja!«
»Mein Himmel!« Ellen wirft erregt die Hände in die Luft.
»Du wirst also deine Studien aufnehmen. Aber wir werden immerhin noch Zeit haben, um im Winter auf vierzehn Tage nach St. Moritz zu fahren.«
»St. Moritz?«
»Ja. Es ist phantastisch im Winter. Es gibt dort Häuser, zehnstöckig – wie in Neuyork. Du wirst sehen. Es ist wunderbar. Am Tage Sport, abends Tanz.«
»Und dann,« fuhr Schwedenklee fort, »im Frühling fahren wir auf einige Wochen nach Florenz. Du sollst Florenz sehen! Ein Schmuckkästchen! Ein Museum! Die Straßen allein sind schon ein Museum!«
»Wie herrlich!«
Schwedenklee entwarf Plan um Plan. Schön und berauschend stand die Zukunft vor ihm.
Augusta hatte längst abserviert. Die Kerzen erloschen, es brannten nur noch drei. Da sah man auch plötzlich den dunkeln Nachthimmel, flimmernd von Sternen, in der offenen Türe stehen. Es funkelten die großen Sternbilder, deren Namen Schwedenklee sich nie merken konnte. Berauschend strich der Atem der Sommernacht ins Zimmer, die Grillen feilten. Wolken von Düften hoben sich aus der trächtigen Erde.
Plötzlich knatterte es und am Himmel erschienen farbige Leuchtkugeln und Feuerräder. Rote Lohe schlug aus dem Meer empor, und die Sterne wurden bleich und unscheinbar.
Nein, Ellen hatte noch nichts von der Welt gesehen, noch gar nichts. Aber ihre Augen weiteten sich, heiß vor Begierde, wenn er erzählte. Höher noch schwang sich die feine Braue, und die Lippen atmeten erregt.
Er also war ausersehen, er, ihr die Wunder der Erde zu zeigen, ihr keusches Staunen, ihre reine Verzücktheit zu genießen! Er! Dank den erhabenen Göttern ...
Dann also würde er ihr Paris zeigen: wimmelnde Stadt, immer auf den Beinen, ohne Schlaf, bebend von Lärm, widerhallend von Freude, schwimmend in Licht.
Und dann also –
Erregt ging Schwedenklee hin und her, von den großen Sternbildern zu Ellen mit den glänzenden Augen und heißen Wangen, immer hin und her.
Auch auf einem großen Dampfer war sie ja noch nicht gewesen: surrend und tobend Tag und Nacht, das kühle gischtende Meer durchschneidend, angefüllt mit Luxus und Behaglichkeit. Meer, Wolken – unbeschreiblich herrlich! Nein, sie hatte ja noch nichts, gar nichts gesehen – wie glücklich er war!
So würden sie also dahinfahren, Tag um Tag. Indien! Japan!
»Japan?« rief Ellen und schlug die kleinen Hände zusammen.
»Ja, Japan. Ich bin ja auch noch nicht dagewesen, aber es soll ein einziges Wunder sein. Man fährt in kleinen Wagen dahin, von braunen, flinken Burschen gezogen – die Teehäuser, die Tempel – und die ganze Bevölkerung in Kimonos und auf hohen Stöckelschuhen. Da gibt es einen Berg, den man immer auf den Holzschnitten abgebildet sieht – wie heißt er doch? Fujiyama! Diesen Fujiyama wollen wir besteigen!«
Wie Ellen sich freute zu reisen, die Welt zu sehen! Denn sie hatte ja bis jetzt nichts gesehen. Sie kannte nur Dresden, Berlin, und einmal war sie in Potsdam gewesen.
Man höre! Schwedenklee lachte laut heraus.
Und wieder ging Schwedenklee erregt hin und her, von den großen Sternbildern zu Ellen, von Ellen zu den großen Sternbildern. Immer größer wurden seine Schritte. Seine Stimme klang plötzlich unsicher.
Sie würden also reisen, und er versprach, ihr die Welt zu zeigen, so wahr er hier auf und ab gehe.
»Aber«, begann Schwedenklee tastend, »in welcher Form – ich meine, in welchem gegenseitigen Verhältnis werden wir zusammen reisen?«
Ellen verstand nicht.
»Ich meine, in welcher Eigenschaft wirst du mit mir reisen?« Schwedenklee blieb stehen, sein Herz pochte.
»In welcher Eigenschaft?« Ellen saß mit offenen Lippen. Sie konnte gar nicht begreifen.
»Ja.« Aus lauter Hilflosigkeit runzelte Schwedenklee die Stirn. »Du kannst doch nicht etwa als meine Nichte mit mir reisen, oder als meine Sekretärin.«
Ellen lachte laut heraus!
Ihr Lachen ermutigte Schwedenklee wieder. Er verlor etwas seine Befangenheit. »Auch als meine Tochter doch wohl nicht?« fragte er.
»Nein!« Ellen schlug sofort die Augen nieder.
Mutig ergriff Schwedenklee ihre beiden Hände. Er bemühte sich, seiner Stimme einen heiteren, harmlosen Klang zu geben, als er fortfuhr: »Dann bleibt ja nur eines, Ellen –?«
Groß und hell bis in die tiefsten Tiefen waren Ellens Augen auf ihn gerichtet. Sie errötete, ein zarter Gluthauch überzog blitzschnell Gesicht und Nacken. Ja, nun hatte sie verstanden. Ihre Arme begannen leise zu zittern. Sie zog die Hände an sich, schob den Sessel weit zurück und stand auf.
»Sprich nicht!« rief sie und hielt sich die Ohren zu, da sie sah, daß Schwedenklee Miene machte, weiterzusprechen. Sie schüttelte hastig den Kopf, in entzückender Verwirrung. »Nicht heute, nicht jetzt, frage nicht –« stammelte sie – »wie sollte ich heute antworten können? Sprich nicht – morgen ...«
»Gut, dann morgen. Ich wollte dich nicht erschrecken, Ellen. Gute Nacht.« Er streckte ihr die Hand hin.
Sie nahm seine Hand. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals, so sanft, daß er sie kaum fühlte, und bot ihm – zum erstenmal – die Lippen zum Gutenachtkuß. Ihr Mund war heiß und weich.
Fiebernd, mit heißem Kopf, trat Schwedenklee ins Freie.
»Ihr Sterne!« sagte er zu den großen Sternbildern, trunken vom Sekt, berauscht von seinem Glück, und blickte lange zum flimmernden Firmament empor. »Du grundgütiger Himmel, herrlich und wunderbar ist das Leben!«
Es war ja wohl kein Zweifel, daß sie einwilligen würde. Immer noch fühlte er ihren heißen, weichen Mund auf seinen Lippen. So zart, wie ein Hauch nur.
»Ja, dies ist die Lösung, und ich werde glücklich sein!«
Mit glühenden Schläfen ging Schwedenklee lautlosen Schrittes durch das taunasse Gras. Der Schweiß rann ihm über das Gesicht. Kühle hauchte vom Walde her. Sternschnuppen schossen über den Himmel.
Schwedenklee träumte, die Augen weit geöffnet. »Und immer wird sie um mich sein,« flüsterte er, »am Morgen, am Mittag, in der Nacht. Immer werde ich sie sehen, fühlen, sie wird plaudern, und ich werde entzückt sein, nur ihre Stimme zu hören.«
»Ich werde mit ihr reisen. Ich habe ja Geld, ich kann alles, alles bezahlen! Wenn es sein muß, verkaufe ich die Bauplätze! Die Menschen werden auf der Straße, in den Dielen der Hotels die Hälse verdrehen. Und meine Bekannten werden sagen: Seht an, Schwedenklee, ja, das ist ein Bursche!«
»Schwedenklee, geschworener Gegner der Ehe, wird also plötzlich heiraten? Seht an! Nun, laß sie reden. Eine junge Frau, die reizendste Frau der Erde werde ich haben – und glücklich sein – laß sie reden –!«
»Vielleicht aber –?«
Schwedenklee ging hastig weiter, über ein gemähtes Kleefeld, im silbernen Licht der Sternennacht.
»Vielleicht aber werde ich Kinder haben? Kinder? Ich, der Väter, die ihre Sprößlinge spazieren führen, immer ungeheuer komisch fand – nun weshalb nicht? Man wird sie baden, pudern, pflegen – sie werden schreien – aber was schadet es, laß sie nur schreien. Sie werden süß sein. Und Ellen – dieses süße Wesen, selbst noch ein Kind – Mutter!«
Schwedenklee blieb erschüttert stehen. Sternschnuppen fegten über ihn hin.
»Eins, zwei, drei –« zählte Schwedenklee. »Also drei Kinder! Gut!«
»Sie, die selbst noch so zart ist, ein Kind fast –!«
»Überlegen wir: mein bisheriges Leben – nein, keine Reue, keine Vorwürfe – was geschehen ist, ist geschehen – aber es wird von nun an Sinn in mein Dasein kommen, dieses In-den-Tag-hinein-Leben hat ein Ende.«
Ein Verzauberter, ging Schwedenklee über die Felder. Süß stieg der Geruch der Erde auf. Nie in seinem Leben hatte er diesen Glanz der Gestirne gesehen.
»Und wir werden reisen, und alle werden mich beneiden! Welch ein junges, herrliches Wesen er sich erobert hat, werden sie sagen, seht an, dieser tolle Knabe! Und sie – Ellen – eine schlechte Partie wird sie ja nicht machen. Nein, das kann wohl niemand behaupten ...«
»Und wodurch habe gerade ich dieses Glück verdient?« fragte Schwedenklee. »Durch nichts, durch nichts ...«
»Durch nichts!« rief er triumphierend und herausfordernd. »So ist das Leben!«