Abbé Galiani
Briefe an Madame d'Epinay und andere Freunde in Paris 1769-1781
Abbé Galiani

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[159] An Frau Von Belsunce

Neapel, den 11. Mai 1776

Diesmal, Madame, sind Sie es, der ich antworten muß. Wissen Sie, daß Sie in Ihren Briefen reizend sind? Diese sprechen nicht mehr von Mamas Krankheit; sie berichten nur über Beschäftigungen, Zerstreuung, über Eingenehme Pläne eines Wohnungswechsels und sogar über einen Ankauf, was mich (unter uns gesagt) ebenso sehr entzückt als erstaunt. Fahren Sie also für den Augenblick fort, mir für sie zu schreiben; ich werde mich nicht darüber beklagen und die Änderung kaum gewahr werden.

Ich empfinde den ganzen Kummer und die Bitterkeit, in welche der Tod ihres Hundes Mama versenkt hat. Malen Sie sich nun die meinige aus, weil man meine Katze umgebracht hat! Ah, seine Hunde und seine Katzen zu verlieren! Alle Vrillieres sind nichts im Vergleich dazu. Wahrhaftig, seit drei Wochen bin ich untröstlich! Sie war mein Lehrer in der Katzensprache gewesen, und obgleich ich sie nicht sprechen konnte, weil die Aussprache schwieriger ist als die englische, verstand ich sie doch so ziemlich.

Aber sprechen wir von etwas anderem. Ich bin ganz und gar nicht mit dem Wohnungswechsel zufrieden, den Mama vorhat. Ich glaube, daß der Lärm ihr förderlicher ist als die Einsamkeit; man gewöhnt sich an den stärksten Lärm, wie an den der Wogen, wenn er andauernd ist; aber man gewöhnt sich nicht an die Einsamkeit. Sie gibt uns Muße, unsere Unbequemlichkeiten zu fühlen, die dadurch nur lästiger werden.

Der Baron von Gleichen ist glücklicher gewesen als der General Koch; er hat hier ein Schwefelwasser entdeckt, das er trinkt und das die Würmer tötet; es hat ihn gesünder gemacht, als er es sich hätte träumen lassen. Niemals hat er sich so gesund gefühlt. Es ist wahr, daß er sich zum Sterben langweilt; aber die Wässer haben niemals die Langeweile vertrieben; zuweilen hat der Wein sie verjagt.

Verzeihen Sie, Madame, den Blödsinn dieses Briefes; ich bin beständig von langweiligen Beschäftigungen niedergedrückt. Ich muß ausgehen: es ist spät; der Stoff geht mir aus, und mein Geist sitzt auf dem Trockenen. Umarmen Sie Mama für mich. Leben Sie wohl.


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