Abbé Galiani
Briefe an Madame d'Epinay und andere Freunde in Paris 1769-1781
Abbé Galiani

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[34] An Frau Necker

Neapel, den 4. August 1770

Aber das bedinge ich mir aus: Sie dürfen mir nicht in einem zu schönen, zu erhabenen Briefe antworten, Madame; ich will von Ihnen ganz einfach, ganz allgemein nur wissen, wie es Ihnen geht. Was machen Sie Schönes? Wie gehts Herrn Necker? Was treibt er? Sind Sie in ändern Umständen? Amüsieren Sie sich? Langweilen Sie sich? Das sind meine Fragen und meine Neugier. Sie sind natürlich; denn, zweifeln Sie nicht daran, es vergeht kein Freitag, wo ich nicht im Geist zu Ihnen eile. Ich komme an, ich finde Sie bald die letzte Hand an Ihre Toilette legend, bald auf Ihrem Ruhebett ausgestreckt. Ich setze mich Ihnen zu Füßen. Thomas nimmt sich das ganz im stillen zu Herzen, Morellet tobt ganz laut darüber, Grimm, Suard lachen darüber recht herzlich, und mein lieber Graf Creutz wird nichts von allem gewahr. Marmontel findet das Beispiel der Nachahmung würdig, und Sie, Madame, Sie lassen zwei Ihrer schönsten Tugenden miteinander kämpfen, die Zurückhaltung und die Höflichkeit, und finden in diesem Zwiespalt, ich sei in kleines Ungeheuer, aber mehr lästig als bösartig.

Man kündigt an, daß der Tisch bereit ist. Wir gehen hinaus, die ändern essen Fleisch, ich mager; ich. esse viel frischen schottischen Kabeljau, den ich sehr gerne mag, und verderbe mir den Magen, während ich die Geschicklichkeit bewundere, womit Abbe Morellet eine junge Pute zerlegt. Man steht von Tisch auf, man nimmt den Kaffee, alle reden zu gleicher Zeit, der Abbé Raynal stimmt mit mir überein, daß Boston und das englische Amerika für immer von England getrennt sind, und im selben Moment stellen Creutz und Marmontel fest, daß Gretry der Pergolesi Frankreichs ist. Madame Necker findet das alles gut, neigt das Haupt, und geht.

Das sind meine Freitage. Sehen Sie mich auch bei sich, wie ich Sie sehe? Haben Sie ebensoviel Phantasie wie ich? Wenn Sie mich sehen und wenn Sie mir nahe kommen, so werden Sie fühlen, daß ich jetzt zärtlich Ihre Hand küsse; aber Sie lächeln. So leben Sie denn wohl; ich bin zufrieden.


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