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Bent wanderte durch die großen pfadlosen Wälder. Hier und dort blickte der steinige Boden nackt und grau durch die dicke schwarze Erde, wo das rauschende Schneewasser in den Felsrinnen klirrendes Geröll mit sich zum Meer nahm.
An stillen Seen führte sein Weg entlang, in denen düstere Pechtannen sich spiegelten, wie in dem Dunkel träumender Augen. Dieses, heiliges Schweigen war ringsum ausgebreitet, in dem das Geräusch eines fallenden Zweiges wie der Seufzer eines verzauberten Wesens klang.
Stundenlang konnte er wandern, ohne auf Menschen zu stoßen, höchstens, daß er einem Holzfäller begegnete, der in der Tiefe des Forstes seine Arbeit verrichtete.
Ohne bestimmtes Ziel ging Bent, wohin der Weg ihn führte. Die lichte, grüne Welt warf ihren traumhaften Schein auch in seine Seele. In der Ruhe dieser Einsamkeit konnte sein Inneres sich frei entfalten – und doch senkte ein unbestimmter Kummer sich immer tiefer in sein Herz.
Sobald er wieder in bewohnte Gegenden kam, sobald er sich zwischen Menschen bewegte, war es mit seinem Frieden vorbei.
Oft grübelte er nach – was ihn denn quäle. Waren es unterdrückte Wünsche, waren es Fähigkeiten, die nach Entfaltung drängten? Die Musik? Ach, er war kein Schaffender, nur ein Genießender, ein Nachempfinder.
Waren es nur leere Träume?
Träume ohne formende Kraft?
Ja, Träume waren sein eigentliches Leben, wie sie das seiner armen, verstörten Mutter gewesen! Dunkel entsann er sich ihrer schwermütigen Augen in dem weißen Gesicht, – auch er fand keinen Platz zwischen Menschen!
Oft, wenn er abends von seinem Bett aus auf den gemusterten Schatten der Gardine starrte, den die helle Nacht auf die weiße Tür warf, kam er zu einem Entschluß: entweder tätig zwischen tätigen Menschen wirken, oder dies Dasein beenden, das sinnlos, gestaltlos zu zerrinnen drohte.
Aber es war kein Entschluß, kaum ein Wunsch – dies quälende Leben hielt ihn ja doch mit unerklärlicher Gewalt.
Bisweilen überfiel ihn die Erinnerung an den römischen Frühling, als er mit der schönen Frau Marthe durch die Kirche gegangen war – ja, damals hatte er das Glück gefühlt!
Wann war ihm dies Gefühl verloren gegangen? Ein Frühling hatte es gebracht – hatte es ein Frühling wieder vernichtet?
Mit dem Gedanken an Marthe starrte er hoffnungslos in die Zukunft …