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Erste Familie: Beutelmarder ( Thylacinus cynocephalus)

Entsprechend der großen Verschiedenheit der Beutelthiere hat man die Ordnung in Unterabtheilungen zerfällt. Eine solche enthält die Raubbeutelthiere ( Sarcophaga ) oder diejenigen Arten, welche in beiden Kinnladen alle drei Arten von Zähnen und einen einfachen Magen haben.

Unter den hierher gehörigen Thieren stellt man die Beutelmarder ( Dasyuridae ) obenan. Die Kennzeichen liegen in dem Gebisse, welches in jeder Kinnlade oben vier, unten drei Schneidezähne, einen Eckzahn, zwei bis vier Lück- und vier bis sechs Backenzähne enthält, in den vierzehigen Hinterfüßen und in dem behaarten Schwanze. Alle zu dieser Familie zählenden Arten leben gegenwärtig nur noch in Australien.

Die Beutelmarder halten sich ebensowohl in Wäldern wie in felsigen Gegenden oder an den Ufern des Meeres auf und leben hier entweder in tiefen Erdhöhlen und Erdlöchern, unter Baumwurzeln und im Steingeklüft der Felsen oder in hohlen Bäumen. Die einen bewegen sich bloß auf dem Boden, die anderen klettern vortrefflich, und einige halten sich fast ausschließlich auf den Bäumen auf. Ihr Gang ist schleichend und bedächtig, weil sie mit ganzer Sohle auftreten. Fast alle sind nächtliche Thiere, welche den Tag in ihren Zufluchtsorten verschlafen und mit der Dämmerung auf Raub ausgehen. Bei diesen Streifzügen suchen sie die Küsten des Meeres ab und verzehren hier alle von der See ausgeworfenen Thiere, dieselben mögen frisch oder faul sein; die, welche auf den Bäumen wohnen, nähren sich hauptsächlich von Kerfen und jagen höchstens kleinen Säugethieren sowie deren Eiern nach; die größten Arten besuchen auch wohl die menschlichen Wohnungen und erwürgen dort nach Marderart oft in einer einzigen Nacht den ganzen Hühnerbestand oder plündern, wie die frechen Füchse des Nordens, Speicher und Vorrathskammern und stehlen hier Fleisch und Speck. Die kleineren Arten zwängen sich durch die engste Oeffnung und sind deshalb ebenso verhaßt wie Marder und Iltis, die größeren fallen die Schafherden an und holen sich ab und zu ein Stück aus ihrer Mitte. Viele führen die Nahrung mit den Vorderpfoten zum Munde. Ihre Stimme besteht in einem eigenthümlichen Knurren und einem helltönenden Gebell. Die größeren sind sehr wild, bissig und unzähmbar, vertheidigen sich auch, wenn sie angegriffen werden, wüthend mit ihren scharfen Zähnen, die kleineren dagegen erscheinen als sanft und gutmüthig, einzelne können auch leicht in der Gefangenschaft erhalten und ohne große Mühe gezähmt werden, bekunden jedoch niemals ersichtliche Anhänglichkeit oder überhaupt wärmere Zuneigung gegenüber ihrem Pfleger.

Im Frühlinge werfen die Mütter vier bis fünf Junge, welche wenigstens in verhältnismäßig vollkommenem Zustande zur Welt kommen.

Der Schaden, welchen die Mitglieder der Familie verursachen, überwiegt den Nutzen, den sie bringen, bei weitem und rechtfertigt die eifrigste Verfolgung, welche sie zu erleiden haben.

Der Beutelwolf, Zebra- oder Beutelhund ( Thylacinus cynocephalus, Didelphys, Dasyurus und Peracyon cynocephalus), der einzige jetzt lebende Vertreter einer besondern Sippe, trägt seinen Namen nicht mit Unrecht; denn er scheint in der That ein wilder Hund zu sein. Sein gestreckter Leib, die Gestalt des Kopfes, die stark abgesetzte Schnauze, die aufrechtstehenden Ohren und die Augen sowie der aufrechtgetragene Schwanz erinnern an letztern; nur sind die Glieder verhältnismäßig kurz, und das Gebiß weicht wesentlich von dem der Hunde ab. In jedem obern Kiefer finden sich vier, im untern drei Schneidezähne, außerdem oben wie unten je ein Eckzahn, drei Lück- und vier Backen-, zusammen also sechsundvierzig Zähne. Die Beutelknochen werden nur durch sehnige Knorpel vertreten.

siehe Bildunterschrift

Geripp des Beutelwolfes. (Aus dem Berliner anatomischen Museum.)

Der Beutelwolf ist das größte aller fleischfressenden Beutelthiere. Seine Leibeslänge beträgt über 1 Meter, die Länge des Schwanzes 50 Centim., alte Männchen sollen, wie man behauptet, noch merklich größer werden und im ganzen etwa 1,9 Meter in der Länge messen. Der kurze, locker anliegende Pelz ist graubraun, auf dem Rücken zwölf- bis vierzehnmal quergestreift. Die Rückenhaare sind am Grunde dunkelbraun und vor der dunklen Spitze auch gelblichbraun, die Bauchhaare blaßbraun an der Wurzel und bräunlichweiß an der Spitze. Der Kopf ist hellfarbig, die Augengegend weißlich; am vordern Augenwinkel findet sich ein dunkler Flecken und über dem Auge eine Binde. Die Krallen sind braun. Nach dem Hintertheile zu verlängern sich die Rückenhaare und erreichen auf dem Schenkel ihre größte Entwickelung. Das Fell ist nicht eben fein, sondern kurz und etwas wollig. Der Schwanz ist bloß an der Wurzel mit weichen, sonst aber mit steifen Haaren bedeckt. Der Gesichtsausdruck des Thieres ist ein ganz anderer als beim Hunde, und namentlich das weiter gespaltene Maul sowie das größere Auge fallen auf.

Der Beutelwolf bewohnt Tasmanien oder Vandiemensland. In den ersten Tagen der europäischen Ansiedelung fand er sich sehr häufig, zum größten Nachtheile und Aerger der Viehzüchter, deren Schafherden und Geflügelbeständen er fleißig Besuche abstattete. In der Folge vertrieb ihn das Feuergewehr mehr und mehr, und gegenwärtig ist er in das Innere zurückgedrängt worden. In den Hampshire- und Woolnorshbergen findet man ihn noch immer in hinreichender Anzahl, am häufigsten in einer Höhe von etwa tausend Meter über dem Meere. Felsspalten in dunklen, dem Menschen fast unzugänglichen Schluchten, natürliche oder selbstgegrabene tiefe Höhlen bilden seine Zufluchtsorte während des Tages, und von hier aus unternimmt er seine Raubzüge. Er ist ein nächtliches Thier und scheut das helle Licht im hohen Grade. Die außerordentliche Empfindlichkeit seiner Augen gegen die Tageshelle verräth das unaufhörliche Zucken der Nickhaut: keine Eule kann das Auge sorgsamer vor dem widerwärtigen Glanze des Lichtes zu schützen suchen als er. Wahrscheinlich wegen dieser Empfindlichkeit ist er bei Tage langsam und ungeschickt, bei Nacht dagegen munter, rege und sogar wild und gefährlich; denn er scheut den Kampf nicht und geht meistens als Sieger hervor, weil seine einzigen Feinde eben bloß Hunde sein können. Wenn er auch nicht der wildeste aller Raubbeutler ist, übertrifft er doch seine sämmtlichen Familienverwandten an Stärke und Kühnheit und verdient schon aus diesem Grunde seinen Namen. Er ist wirklich ein echter Wolf und richtet im Verhältnisse zu seiner Größe ebensoviel Schaden an wie sein nördlicher Namensvetter.

siehe Bildunterschrift

Beutelwolf ( Thylacinus cynocephalus). [1/10] natürl. Größe.

Die Nahrung des Zebrahundes besteht aus allen kleineren Thieren, welche er erlangen und überwältigen kann, und zwar aus Wirbelthieren ebensowohl wie aus wirbellosen, von den Kerbthieren und Weichthieren an bis zu den Strahlenthieren herab. Wo die Gebirge bis an die Seeküsten reichen und die Ansiedler noch nicht festen Fuß gefaßt haben, streift er zur Nachtzeit am Strande umher, schnüffelt und sucht die verschiedenartigsten Thiere zusammen, welche die Wellen ausgeworfen haben. Muschel- und andere Weichthiere, welche so häufig gesunden werden, scheinen die Hauptmasse seiner Mahlzeiten zu bilden, falls ihm das Glück nicht wohl will und ihm die See ein Leckergericht bereitet, indem sie ihm einen halbverfaulten Fisch oder Seehund an den Strand wirft. Aber der Beutelwolf unternimmt auch schwierigere Jagden. Auf den grasreichen Ebenen und in den niedrigen, parkähnlichen Waldungen verfolgt er das schnelle Buschkänguru und in den Flüssen und Tümpeln das Schnabelthier, trotz dessen Schwimm- und Tauchfertigkeit. Wenn er besonders hungrig ist, verschmäht er keine Speise und läßt sich nicht einmal von dem spitzigen Kleide des Ameisenigels zurückschrecken. So unglaublich es auch scheint, daß ein Raubthier eine Beute verzehren kann, deren Haut mit nadelscharfen Stacheln besetzt ist, so gewiß weiß man dies von dem Beutelwolfe; denn man hat Ueberreste des Stachelfelles der Ameisenigel in seinem Magen gefunden.

Man fängt das Thier, wenn es seine Raubzüge bis zu den Ansiedelungen ausdehnt, in Fallen oder jagt es mit Hunden. Letzteren gegenüber versteht es sich gut zu vertheidigen und zeigt dabei eine Wildheit und Bösartigkeit, welche mit seiner geringen Größe in keinem Verhältnisse steht. Im Nothfalle kämpft es wahrhaft verzweifelt und macht einer ganzen Hundemeute zu schaffen.

siehe Bildunterschrift

Teufel ( Dasyurus ursinus). [1/10] natürl. Größe.

Ueber das Gefangenleben des Beutelwolfes ist wenig zu berichten. Wie seine ganze Verwandtschaft dumm und geistlos, vermag er kaum mehr als flüchtige Theilnahme zu erregen. Frisch gefangene sollen sich im Anfange sehr trotzig und widerspenstig geberden, mit Katzenbehendigkeit in ihrem Käfige oder im Gebälke eines Hauses umherklettern und Sätze von zwei bis drei Meter Höhe ausführen. Bei langer Gefangenschaft legt sich wie die Beweglichkeit so auch das wilde Wesen angesichts eines Menschen; doch befreunden sich Beutelwölfe niemals wirklich mit ihrem Wärter, lernen denselben nur mangelhaft kennen und kaum von anderen Leuten unterscheiden, verhalten sich ihm gegenüber auch vollkommen gleichgültig und gerathen höchstens angesichts des ihnen dargereichten Fleisches einigermaßen in Aufregung. Im übrigen laufen sie stundenlang in ihrem Käfige umher, ohne um die Außenwelt sich viel zu kümmern, oder liegen ruhend und schlafend ebenso theilnahmlos auf einer und derselben Stelle. Ihr klares, dunkelbraunes Auge starrt dem Beobachter leer entgegen und entbehrt vollständig des Ausdrucks eines wirklichen Raubthierauges. Jedem Wildhunde und jeder Katze leuchtet das Wesen aus dem Auge hervor, in dem des Beutelwolfes dagegen vermag man nichts zu lesen als Geistlosigkeit und Beschränktheit. In dieser Hinsicht wird das Auge allerdings auch bei ihm zum Dolmetscher des Geistes.


Ungleich häßlicher und im höchsten Grade abstoßend und widerlich ist der nächste Verwandte des Beutelwolfes, der Teufel der Ansiedler ( Dasyurus ursinus, Didelphys ursina, Sarcophilus und Diabolus ursinus). Diesen bedeutungsvollen Namen erhielt das Thier wegen seiner unglaublichen Wildheit und Unzähmbarkeit. Alle Beobachter sind einstimmig, daß man sich kaum ein ungemüthlicheres, tolleres, unsinnigeres und wüthenderes Geschöpf denken könne als diesen Beutelteufel, dessen schlechte Laune und Aerger niemals endet und dessen Zorn bei der geringsten Gelegenheit in hellen Flammen auflodert. Nicht einmal in der Gefangenschaft und bei der sorgfältigsten Pflege verliert er seine Eigenschaften, und niemals lernt er den kennen oder lieben, welcher ihn mit Nahrung versieht und Pflege angedeihen läßt, sondern greift auch seinen Wärter mit derselben Gehässigkeit und sinnlosen Wuth an wie jedes andere Wesen, welches sich ihm zu nahen wagt. Bei dieser widerwärtigen Grimmigkeit fällt die seinem Namen keineswegs entsprechende Dummheit und Trägheit unangenehm auf. Der Beutelteufel schläft entweder in dem dunkelsten Winkel seines Käfigs oder fletscht sein furchtbares Gebiß und beißt rasend um sich, sobald er glaubt, dem[??] sich ihm Nähernden erlangen zu können. In diesen Zornesausbrüchen gibt er die einzige geistige Thätigkeit kund, deren er fähig zu sein scheint.

Die Merkmale der Marderbeutler ( Dasyurus oder Diabolus), welche der Beutelteufel vertritt, sind folgende: Die Gestalt ist gedrungen, der Kopf sehr groß, plump, dick, breitschnauzig, das Ohr kurz, außen behaart, innen nackt und faltig, das Auge klein, der Stern rund, die Nase nackt, die Lippe mit vielen Warzen besetzt, der Schwanz kurz, kegelförmig, sehr dick an der Wurzel und sich rasch verschmächtigend, während die niedrigen, etwas krummen Beine unter sich ziemlich gleich erscheinen. Das Gebiß enthält einen Lückzahn weniger als das der Beutelwölfe. Der Pelz besteht aus kurzen, nirgends eigentlich verlängerten, straffen Haaren; die Schnurrhaare sind dick, borstig und kurz, nur die um die Wangen stehenden einigermaßen verlängert, alle wellig gebogen. Der Kopf ist wenig oder dünn behaart, und die röthliche Haut schimmert zwischen den schwarzen Haaren durch.

Auf der Brust des Beutelteufels stehen ein weißes Halsband und in der Regel zwei weiße Flecken; der ganze übrige Leib ist mit kohlschwarzem Pelze bekleidet. Die Gesammtlänge des Thieres beträgt ungefähr 1 Meter, wovon der Schwanz etwa 30 Centim. wegnimmt.

Im Anfange machte der Beutelteufel den Ansiedlern auf Vandiemensland viel zu schaffen, weil er ihre Geflügelzucht beinah vereitelte. Nach Marderart brach er allnächtlich in den Hühnerhof ein und wüthete hier mit einer Blutgier, wie sie sonst nur ein Marder zeigen kann. Er wurde daher von allem Anfange an grimmig gehaßt und auf das rachsüchtigste verfolgt, und dies um so mehr, als man sein Fleisch wohlschmeckend oder wenigstens genießbar gefunden hatte. Fallen aller Art wurden gelegt, große Jagden veranstaltet, und so kam es, daß auch dieser Teufel sehr bald die Herrschaft und den Verstand des Menschen erkennen und fürchten lernte und sich in die dicksten, unzugänglichsten Wälder in den Gebirgen zurückzog. In vielen Gegenden ist er bereits ausgerottet, und auch da, wo er noch vorkommt, wird er jetzt ziemlich selten bemerkt.

Er ist ein echtes Nachtthier und scheut das Tageslicht im gleichen Grade wie der Beutelwolf oder wie eine unserer Eulen. Das Licht scheint ihm wirklich Schmerzen zu verursachen; wenigstens hat man an Gefangenen beobachtet, daß sie, wenn man sie ins Helle brachte, augenblicklich mit einer gewissen Hast oder Aengstlichkeit die dunkelste Stelle ihres Käfigs aufsuchten, sich mit lichtabgewandtem Gesichte znsammenkauerten und auch hier noch durch beständiges Bewegen ihrer Nickhaut die Augen gegen die ihnen höchst unangenehme Einwirkung des Lichtes zu schützen suchten. Auch der Beutelteufel zieht sich, so lange die Sonne am Himmel steht, in die dunkelsten und tiefsten Höhlen im Geklüfte und unter Baumwurzeln zurück und fällt hier in einen fast todtenähnlichen Schlaf, aus welchem ihn nicht einmal der Lärm einer Jagd zu erwecken vermag. Nach Einbruch der Nacht verläßt er sein Lager und streift nun nach Raub umher; dabei zeigt er sich verhältnismäßig rasch und behend in seinen Bewegungen und ausdauernd in seinem Laufe, obgleich er an Gewandtheit und Gelenkigkeit noch immer unendlich weit zurücksteht hinter den altweltlichen Schleichkatzen und Mardern, welche er in Neuholland vertritt. Seine Haltung und manche Sitten erinnern an die des Bären. Beim Gange tritt er mit voller Sohle auf, im Sitzen ruht er wie ein Hund auf dem Hintertheile.

Mit seiner gewöhnlichen Wuth fällt er über alle Thiere her, welche er erlangen kann. Er sucht sich seine Beute ebensowohl unter den Wirbel- wie unter den niederen Thieren. Alles, was das im ganzen arme Land oder das Meer ihm bietet, ist ihm recht; denn seine Gefräßigkeit wetteifert mit seiner Wuth. Bei seinen Raubzügen läßt er auch seine Stimme vernehmen, welche zwischen einem hellen Bellen und Knurren ungefähr in der Mitte liegt. Seine Gefräßigkeit ist die Ursache, daß man sich seiner ziemlich leicht bemächtigen kann. Er geht ohne Besinnen in jede Falle und nimmt jeden Köder weg, gleichviel ob derselbe ein Stückchen Fleisch von Wirbelthieren oder aber eine Muschel oder ein anderes niederes Thier ist. Schwieriger soll seine Jagd mit Hunden sein; denn er entwickelt, wenn er sich verfolgt sieht, im Kampfe eine unglaubliche Wildheit und vertheidigt sich gegen jede Uebermacht bis zu seinem Ende. Die große Kraft seiner Kiefern, das furchtbare Gebiß und die rasende Wuth und Furchtlosigkeit machen ihn zu einem Feinde, welcher dem Hunde oft siegreich widersteht. Und wirklich gibt es kaum einen Jagdhund, welcher sich mit ihm in einen Kampf einläßt.

In der Gefangenschaft bleibt er sich beständig gleich, d. h. ist nach Jahren ebenso rasend und wüthend wie am ersten Tage, an welchem man ihn eingefangen hat. Ohne die geringste Ursache stürzt er zuweilen gegen die Stangen seines Käfigs und haut mit den Tatzen um sich, als wolle er den sich ihm Nähernden auf der Stelle zerreißen. Seine Zornesausbrüche sind zuweilen geradezu unbegreiflich, weil sie selbst bei der besten Pflege oder gegen die wohlwollendsten und unschuldigsten Thiere erfolgen. Von einer Freundschaft gegen den Pfleger oder auch nur eine Annäherung an denselben ist keine Rede, weil er an Stumpfheit und Dummheit den meisten seiner Verwandten nicht im geringsten nachsteht. Bei Tage bekommt man von ihm, falls in seinem Käfige ein Schlupfwinkel sich befindet, wenig zu sehen; denn er verschläft und verträumt den ganzen Tag. Es hält nicht eben schwer, ihn zu erwecken; aber er läßt sich auch dann noch nicht leicht von der Stelle bewegen, setzt vielmehr stets der Gewalt Widerstand entgegen und geräth dabei in der Regel in namenlose Wuth. Uebelgelaunt und gereizt scheint er überhaupt stets zu sein, und bei der geringsten Veranlassung gibt er seinem Aerger durch Knurren, Niesen, Schnaufen und unterdrücktes Brüllen, welches fast wie ein Stöhnen klingt, Ausdruck, sperrt dabei den Rachen auf und weist die Zähne. Erst nach vollkommen eingebrochener Nacht ermuntert er sich und entfaltet dann eine Behendigkeit, welche man ihm nicht zugetraut hätte. Er kann in der Gefangenschaft mit allerlei Futter erhalten werden, manchmal tagelang bloß mit Knochen, welche er mit seinem wundervollen Gebiß leicht zertrümmert.

Die Anzahl seiner Jungen soll zwischen drei und fünf schwanken. Man behauptet, daß das Weibchen sie lange mit sich herumtrage. Weiter weiß man nichts über die Fortpflanzung. Sein Fleisch soll dem Kalbfleische ähneln.


Die Beutelmarder im engern Sinne ( Dasyurus), von denen man gegenwärtig vier bis fünf Arten kennt, vertreten eine besondere Untersippe. Sie stehen hinsichtlich ihres Leibesbaues ungefähr in der Mitte zwischen den Füchsen und Mardern, ohne jedoch mit den einen oder den anderen besonders auffallende Ähnlichkeit zu zeigen. Der Leib ist schmächtig und gestreckt, der Hals ziemlich lang, der Kopf nach vorn zugespitzt. Das Gebiß hat dieselbe Zusammensetzung wie bei dem Beutelteufel. Der Schwanz ist lang, schlaff und gleichmäßig buschig behaart; die Beine sind niedrig und mittelstark, die Hinterbeine etwas länger als die vorderen und durch den ihnen fehlenden Daumen ausgezeichnet, die Zehen getrennt und mit starken, sichelförmig gekrümmten, spitzigen Krallen bewehrt.

Eine der bekanntesten Arten, der Tüpfelbeutelmarder ( Dasyurus viverrinus, Didelphyss viverrina, Dasyurus Maugii), ist fahlbraun, zuweilen lichter, unten weiß. Auf der ganzen Oberseite stehen unregelmäßig gestaltete und vertheilte weiße Flecken, welche am Kopfe kleiner als am Körper sind. Die etwas zugespitzten Ohren sind mäßig groß und mit kurzen, schwarzen Haaren bekleidet. Die Schnauzenspitze ist fleischroth. Ein ausgewachsenes Thier erreicht eine Leibeslänge von 40 Centim. und eine Schwanzlänge von 30 Centim., bei 15 Centim. Höhe am Widerrist.

siehe Bildunterschrift

Tüpfelbeutelmarder ( Dasyurus viverrinus). [1/6] natürl. Größe.

Den Lieblingsaufenthalt des Tüpfelbeutelmarders bilden die Wälder an den Küsten des Meeres. Hier verbirgt er sich bei Tage in Erdlöchern unter Baumwurzeln und Steinen oder in hohlen Stämmen. Nach Einbruch der Nacht streift er, seiner Nahrung nachgehend, weit umher. Er frißt hauptsächlich todte Thiere, welche das Meer ausgeworfen hat, stellt aber auch kleineren Säugethieren oder auf der Erde nistenden Vögeln im Walde nach und verschmäht ebenso Kerbthiere nicht. Den Hühnerställen stattet er ebenfalls Besuche ab und würgt nach Marderart schonungslos das von ihm ergriffene Geflügel, stiehlt auch wohl Fleisch und Fett aus den Wohnungen der Menschen. Sein Gang ist schleichend und bedächtig, seine Bewegungen aber sind rasch und behend; doch klettert er schlecht und hält sich deshalb am liebsten am Boden auf, obwohl er zuweilen schiefliegende Stämme zu besteigen pflegt. Die Anzahl seiner Jungen schwankt zwischen vier und sechs.

Der Beutelmarder wird mit ebenso großem Hasse verfolgt wie die bisher genannten Raubbeutler. Man fängt ihn, oft in namhafter Anzahl, in eisernen Fallen, welche man mit irgend welcher thierischen Nahrung ködert. Für die Gefangenschaft empfiehlt er sich nicht; denn er ist eins der langweiligsten Geschöpfe, welche ich kenne. Man kann ihn weder boshaft noch gutartig, weder lebhaft noch ruhig nennen: er ist einfach langweilig. Sein Verstand scheint sehr gering zu sein. Dem Pfleger beweist er niemals Anhänglichkeit oder Liebe, wird auch niemals zahm. Wenn man sich seinem Käfige nähert, zieht er sich in eine Ecke zurück, deckt sich den Rücken und sperrt, so weit er kann, sein Maul auf. So gefährlich dies aussieht, so wenig hat es zu bedeuten; denn er wagt, wenn man sich ihm weiter nähert, keinen Widerstand. Ein heiseres Blasen, welches kaum Fauchen genannt werden kann, deutet auf innere Erregung; an eine andere, durch Bisse etwa bethätigte Abwehr denkt er nicht. Das Licht scheut er wie seine übrigen Familienverwandten und zieht sich deshalb bei Tage stets in den dunkelsten Winkel seines Käfigs zurück. Da er gegen Witterungseinflüsse nicht empfindlich ist und sich mit jeder Tischspeise begnügt, kann er ohne sonderliche Mühe erhalten werden. Rohes oder gekochtes Fleisch aller Thierklassen ist ihm eine erwünschte Nahrung. Er zeigt nicht dieselbe Gier wie die übrigen Raubbeutler. Wenn man ihm ein Stück Fleisch gibt, bemächtigt er sich desselben mit einer gewissen Hast, reißt ein Stück los, wirft es springend in die Höhe, fängt es dann auf und verschlingt es. Hat das Stück noch nicht die rechte Lage, so hilft er mit den Vorderpfoten nach. Nach vollbrachter Mahlzeit setzt er sich auf den Hintertheil, reibt schnell die Vorderpfoten gegen einander und streicht sich damit die feuchte Schnauze rein oder putzt sich am ganzen Leibe; denn er ist sehr reinlich.

Da man weder sein Fleisch genießt, noch das Fell verwendet, gewährt er nicht den geringsten Nutzen.


In den Beutelbilchen ( Phascologale ) sehen wir kleine, mehr oder weniger den Spitzmäusen ähnliche Raubbeutler vor uns. Die Leibesgröße dieser Thiere ist unbedeutend, ihr am Ende gewöhnlich buschig behaarter Schwanz mäßig lang. Der gedrungene Leib ruht auf kurzen Beinen mit kleinen, fünfzehigen Pfoten, welche, mit Ausnahme des hintern, nagellosen Daumens, durch gekrümmte, spitzige Krallen bewehrt sind. Der Kopf ist spitz, die Ohren und Augen sind ziemlich groß. Im Gebiß fallen die merkwürdig vergrößerten, oberen Schneidezähne auf; die schlanken Eckzähne sind nur mäßig groß, die spitzkegelförmigen Lückzähne erinnern wegen ihrer Höcker an das Gebiß der Kerffresser. Außer der üblichen Anzahl von Schneidezähnen finden sich ein Eckzahn, drei Lück- und vier Backenzähne in jedem Kiefer.

Die Beutelbilche bewohnen ausschließlich Australien, leben auf Bäumen und nähren sich fast nur von Kerbthieren. Ihre Lebensweise und Gewohnheiten sind noch nicht gehörig erforscht worden, und deshalb können wir sie auch nur flüchtig betrachten. Man unterscheidet zwei Untersippen

 

Mit der ersten dieser Gruppen mag uns die Tafa, wie die Eingeborenen das Thierchen nennen ( Phascologale penicillata, Didelphys penicillata, Dasyurus penicillatus und Tafa), bekannt machen. In der Größe gleicht sie etwa unserem Eichhörnchen; ihre Leibeslänge beträgt 25 Centim. und die des Schwanzes 20 Centim. Der lange, weiche, wollige, nur leicht auf der Haut liegende Pelz ist auf der Oberseite grau, an den unteren Leibestheilen aber weiß oder gelblichweiß. Ein schwarzer Ring umgibt das Auge, ein heller Flecken liegt über ihm. Die Mitte der Stirn und des Scheitels dunkelt, und auch die übrigen Haare haben schwarze Spitzen; die Zehen sind weiß. Der Schwanz ist dem ersten Fünftheile seiner Länge mit glatt anliegenden, denen des Körpers ähnlichen Haaren bedeckt, während die übrigen vier Fünftheile mit langen, buschigen, dunklen Haaren bekleidet sind.

Die Tafa erscheint als ein kleines, schmuckes, harmloses Geschöpf, unfähig, irgend welchen Schaden zu bringen, und deshalb geeignet, ein Liebling des Menschen zu sein: aber kaum ein anderes Thier kann durch sein Wesen dem ersten Eindruck, welchen es macht, so widersprechen wie dieser Raubbeutler, eine der größten Plagen der Ansiedler, ein wildes, blutdürstiges und kühnes Raubthier, welches sich in dem Blute der von ihm getödteten Thiere förmlich berauscht und auf seinen Raubzügen bis in den innersten Theil der menschlichen Wohnungen einzudringen weiß. Ihre geringe Größe und der kleine Kopf befähigen sie, wie ein Wiesel durch die kleinste Oeffnung sich zu drängen, und gelangt sie wirklich in einen von Hausthieren bewohnten Raum, so wüthet sie hier in kaum zu glaubender Weise. Gegen das zudringliche Geschöpf schützt weder Wall noch Graben oder Umplankung. Es stiehlt sich durch den engsten Spalt, es klettert, springt über Mauer und Hage und findet so überall einen Zugang, sei es von unten oder von oben, von dieser oder jener Seite her. Zum Glück der Ansiedler fehlen ihr die Nagezähne unserer Ratte, und eine gute Thüre reicht aus, sie abzuhalten. Aber jedermann muß bedacht sein, Hühnerställe und Taubenschläge auf das sorgfältigste abzuschließen, wenn er sein Geflügel erhalten will. Hätte die Tafa die Größe eines Zebrawolfs, aber verhältnismäßig dieselbe Blutgier: sie würde ganze Gegenden entvölkern und unbedingt das fürchterlichste aller Raubthiere sein.

Die Ansiedler behaupten einstimmig, daß die unablässige Verfolgung, welcher die Tafa ebensowohl seitens der Weißen als der Eingeborenen ausgesetzt ist, nicht blos auf Rechnung ihrer Raubgier und ihres Blutdurstes zu setzen sei, sondern daß noch ein ganz anderer, besonderer Haß gegen sie mitwirke. Eine angegriffene Tafa soll sich mit solcher Wuth vertheidigen und so schmerzhafte, ja sogar gefährliche Wunden beibringen, daß schon ihr bloßes Erscheinen die Rachsucht des Menschen heraufbeschwört. Das Thier ist berühmt wegen seiner Widerstandskraft, und nicht einmal der scharfsichtige und behende Eingeborne wagt es, in einen Kampf mit dem erbosten Geschöpfe sich einzulassen.

siehe Bildunterschrift

Tafa ( Phascologale penicillata). ½ natürl. Größe.

Die Nacht ist die gewöhnliche Zeit, in welcher die Tafa ihr Haus verläßt und nach Beute umherstreift. Dennoch sieht man sie auch oft genug im Lichte des Tages, scheinbar unbeirrt von der Helligkeit, herumlaufen. Ihre Beweglichkeit und Gewandtheit ist sehr groß und zeigt sich hauptsächlich in dem Gezweige der Bäume. Hier lebt sie mehr als auf der Erde und springt und huscht mit der Schnelligkeit und Gelenkigkeit eines Eichhörnchens von Zweig zu Zweig, von Krone zu Krone. Der lange Schwanz nützt dabei jedenfalls als treffliches Steuer oder als Vermittler des Gleichgewichtes. Ihr Lager findet man gewöhnlich in hohlen Stämmen; hier ernährt sie auch ihre Jungen. Sie ist weit verbreitet über Australien und findet sich ebenso häufig in der Ebene wie in dem Gebirge, ganz im Gegensatze zu den meisten anderen australischen Thieren, welche gewöhnlich auf einen bestimmten Höhenkreis beschränkt sind.


Die Spitzmäuse scheinen innerhalb der Ordnung der Beutelthiere in den Beutelmäusen ( Antechinus ) ihre Vertreter gefunden zu haben; denn diese ähneln jenen ebenso in der Gestalt wie in der Lebensweise und im Betragen. Die Beutelmäuse sind weit verbreitet über das südliche Australien, vermehren sich rasch und werden deshalb überall in großer Menge gefunden; ja, sie gehören unbedingt unter die häufigsten Säugethiere Neuhollands. Von den Beutelbilchen unterscheiden sie sich hauptsächlich durch ihre geringe Größe, welche bei den meisten kaum die einer gewöhnlichen Maus übertrifft und sich nur bei wenigen der Größe einer kleinen Ratte nähert; außerdem ist ihr Schwanz gleichmäßig und sehr kurz behaart. Auch sie sind zumeist Baumthiere und gehören zu den beweglichsten und gewandtesten aller Kletterer; denn sie laufen nicht bloß auf der Oberseite eines wagerechten Astes hin, sondern faulthierartig auch auf der Unterseite, aber mit der Schnelligkeit eines Baumläufers. Sie können ebenso gut kopfunterst an einem Aste hinab- wie an ihm hinaufsteigen und springen mit bewunderungswürdiger Behendigkeit und Sicherheit von einem Zweige zum andern, dabei über ziemlich weite Entfernungen setzend.

Unsere Abbildung stellt die Beutelgilbmaus ( Antechinus flavipes, Phasgologale flavipes und rufogaster, Antechinus Stuarti) dar, ein Thierchen, welches etwa 13 Centim. lang wird und einen 8 Centim. langen Schwanz besitzt. Der ziemlich reichliche und weiche Pelz ist im Grunde tiefgrau, außen aber schwärzlich mit gelber Sprenkelung, an den Seiten roth- oder ocker-, unten lichter gelb, Kinn und Brust sind weißlich, der Schwanz ist licht, hier und da aber dunkler gesprenkelt.

siehe Bildunterschrift

Beutelgilbmaus ( Antechinus flavipes). Natürliche Größe.

Der Ameisen- oder Spitzbeutler ( Myrmecobius fasciatis, M. diemensis) vertritt die letzte Sippe der Familie. Sein Körper ist lang, der Kopf sehr spitz, die Hinterfüße sind vierzehig, die Vorderfüße fünfzehig, die Hinterbeine etwas länger als die Vorderbeine, die Sohlen behaart, die Zehen getrennt. Der Schwanz ist schlaff, lang und zottig. Das Weibchen hat keine Tasche, aber acht in einem Kreise stehende Zitzen. Auffallend ist das reiche Gebiß; denn die Anzahl der Zähne beträgt mehr als die irgend eines Säugethiers, mit alleiniger Ausnahme des Armadills und einiger Walthiere, nicht weniger als zweiundfunfzig, da sich, außer vier Schneidezähnen oben und drei unten, je ein Eckzahn, drei Lück- und oben fünf, unten sechs Backenzähne finden.

Man darf den Ameisenbeutler mit Recht als eins der schönsten und auffallendsten Beutelthiere betrachten. In der Größe ähnelt er ungefähr unserem gemeinen Eichhörnchen. Die Länge seines Leibes beträgt 25 Centim., die des Schwanzes 18 Centim. Ein reichlicher Pelz bedeckt den Körper, der Kopf ist kurz, der Schwanz dagegen lang, schwarz und zottig behaart. Unter dem langen, ziemlich rauhen Grannenhaar liegt dichtes, kurzes Wollhaar, Schnurren stehen an den Seiten der Oberlippen und Borstenhaare unterhalb der Augen. Die Färbung ist höchst eigenthümlich. Das Ockergelb des vordern Oberkörpers, welches durch eingemengte weiße Haare lichter erscheint, geht nach hinten zu allmählich in ein tiefes Schwarz über, welches den größten Theil der hintern Körperhälfte einnimmt, aber durch neun weiße oder graulichweiße Querbinden unterbrochen wird. Die ersten beiden dieser Binden sind undeutlich und mit der Grundfarbe vermischt, die beiden folgenden rein gefärbt, die vier nächsten wieder durch die Grundfarbe getrübt, die neunte ist wieder vollständig rein; doch trifft man bisweilen auch Abänderungen in Bezug auf die Anordnung und Färbung der Binden. Die ganze Unterseite ist gelblichweiß, die Weichen sind blaß fahlgelb, die Beine an der Außenseite blaß bräunlichgelb, an der Vorderseite weiß. Auf dem Kopfe bringen schwarze, fahlgelbe und einige weiße Haare eine bräunliche Färbung zu Stande. Die Schwanzhaare sind schwarz, weiß und ockergelb durch einander, unten an der Wurzel fahlgelb, oben schwarz, immer mit weißlicher Spitze. Nase, Lippen und Krallen sind schwarz. Das Wollhaar ist weißlichgrau.

siehe Bildunterschrift

Ameisenbeutler ( Myrmecobius fasciatis). [1/3] natürl. Größe.

Ungeachtet dieser merklich von einander abstechenden Farben macht das Thier einen angenehmen Eindruck, und dieser wird noch bedeutend erhöht, wenn man es lebend sieht. Es ist ebenso beweglich wie die vorhergehenden. Wenn es in die Flucht gescheucht wird, eilt es mit kleinen Sprüngen ziemlich rasch davon und trägt dabei den Schwanz ganz nach Art und Weise unseres Eichhorns. Die Schnelligkeit seines Laufes ist nicht eben groß, aber seine Gewandtheit und Schlauheit ersetzen reichlich, was ihm in dieser Beziehung abgeht. In dem von der Menschenhand unberührten Walde, seinem hauptsächlichsten Aufenthalte, findet sich überall eine Höhlung, sei es in einem Stamme oder unter dem Gewurzel oder aber eine Kluft im Gesteine, und solche Zufluchtsorte weiß der Ameisenbeutler auch während der ärgsten Verfolgung auszuspähen und mit ebensoviel Geschick und Ausdauer zu behaupten. Nicht einmal der Rauch, das gewöhnliche Hülfsmittel des tückischen Menschen, um ein verstecktes Thier an das Tageslicht zu bringen, soll auf unsern Spitzbeutler die beabsichtigte Wirkung hervorbringen, und jedenfalls ermüdet der Mensch weit eher in der Mühe, welche die Ausräucherung verursacht, als jener in seiner Ausdauer, den athmungsbeschwerenden, luftverpestenden Rauch zu ertragen. Die Hauptnahrung des Ameisenbeutlers ist durch seinen Namen ausgedrückt. Man findet ihn auch vorzugsweise in solchen Waldgegenden, wo es Ameisenarten in Menge gibt. Seine Ausrüstung, zumal die scharfen Krallen und die lange Zunge, scheinen ihn besonders auf solches Futter hinzuweisen. Die Zunge streckt er ganz nach Art des Ameisenbären unter die wimmelnde Schar und zieht sie dann, wenn sich eine Masse der erbosten Kerfe an ihr festgebissen, rasch in den Mund zurück. Außerdem soll er auch andere Kerbthiere und unter Umständen das Manna, welches aus den Zweigen der Eucalypten schwitzt, ja selbst Gras verzehren.

Im Gegensatze zu den Sippen der erwähnten Raubbeutler ist der Ameisenbeutler im höchsten Grade harmlos. Wenn er gefangen wird, denkt er nicht daran, zu beißen oder zu kratzen, sondern gibt seinen Unmuth einzig und allein durch schwaches Grunzen kund. Findet er, daß er nicht entweichen kann, so ergibt er sich ohne Umstände in die Gefangenschaft, ein Schicksal, welches ihm, weil der Mensch das nöthige Futter in hinreichender Menge nicht herbeischaffen kann, gewöhnlich bald verderblich wird. Die Anzahl der Jungen soll zwischen fünf und acht schwanken.


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