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Die Gürtelthiere ( Dasypodina) sind, wie die Faulthiere, eine verkommene Familie. Im Vergleiche zu dem, was in der Vorzeit sie waren, kann man sie höchstens Zwerge nennen. Das Glyptodon oder Riesengürtelthier erreichte die Größe des Nashorns; dieser und jener Vertreter anderer Sippen wenigstens den Umfang des Ochsen, während in der Jetztzeit die Gürtelthiere im ganzen höchstens 1 ½ Meter, ohne Schwanz aber nur 1 Meter lang werden. Alle Gürtelthiere sind plumpe Geschöpfe mit gestrecktem, langschnäuzigem Kopfe, großen Schweinsohren, langem, starkem Schwanze und kurzen Füßen, welche sehr starke Grabklauen tragen. Ihren Namen haben sie von der eigenthümlichen Beschaffenheit ihres Panzers; derselbe ist nämlich durch die, mitten auf dem Rücken aufliegenden Gürtelreihen besonders ausgezeichnet und unterscheidet sich gerade durch die Reihenordnung der Schilder von dem Schuppenkleide anderer Säugethiere. Die mittelsten Gürtel, welche zur Unterscheidung der Arten dienen, obgleich sie auch bei einer und derselben Art nicht immer in gleicher Anzahl vorkommen, bestehen aus länglich viereckigen Tafeln, während das Schulter- und Kreuzschild aus Querreihen vier- oder sechseckiger Platten gebildet wird, zwischen denen sich kleine unregelmäßige Platten einschieben. Auch der Scheitelpanzer ist aus meist fünf- oder sechseckigen Schildchen zusammen gesetzt. Unsere Thiere tragen übrigens nur auf ihrer Oberseite einen Panzer; die Unterseite ihres Leibes wird von gröberen oder feineren borstenartigen Haaren bedeckt, und solche Borsten treten auch überall zwischen den Schildern hervor.
Der innere Leibesbau zeigt manches eigenthümliche. Die Rippen, deren Anzahl zwischen zehn und zwölf schwankt, haben außerordentliche Breite und berühren sich bei manchen Arten gegenseitig. In der Wirbelsäule verwachsen oft die Halswirbel, mit Ausnahme des Atlas und Epistropheus, mehr oder weniger mit einander. Die Anzahl der lückenlosen Wirbel schwankt zwischen eins und sechs; das Kreuzbein besteht aus acht bis zwölf, und der Schwanz aus sechszehn bis einunddreißig Wirbeln. Bemerkenswerth ist ferner die Stärke der Gliedmaßenknochen und Zehen. Das Gebiß ändert so ab, daß man nach ihm mehrere Unterfamilien gebildet hat. Bei keiner einzigen Familie schwankt die Anzahl der Zähne so außerordentlich wie bei den Gürtelthieren. Einige Arten haben so viele Zähne, daß der Name Zahnarme für sie nur dann nicht unverständlich wird, wenn man festhält, daß der Zwischenkiefer immer zahnlos ist, oder wenn man die Bedeutungslosigkeit der Zähne erwägt. Man hat bis jetzt kaum mit hinreichender Sicherheit feststellen können, wie viele Zähne dieses oder jenes Gürtelthier eigentlich besitze; denn auch innerhalb derselben Art schwankt die Anzahl erheblich. Im allgemeinen läßt sich sagen, daß diese Anzahl nie unter acht in jeder Reihe beträgt und bis sechsundzwanzig in der einen und vierundzwanzig in der andern Reihe steigen kann, wodurch dann ein Gebiß von sechsundneunzig bis hundert Zähnen gebildet wird. Hier kann man allerdings nicht von Armut reden; allein die Werthlosigkeit dieser Unmasse ist so groß, daß sie eigentlich aufgehört haben, Zähne zu sein. Sie haben die Form seitlich zusammengedrückter Walzen, besitzen keine echten Wurzeln, sind nur von einer dünnen Schmelzschicht umgeben und ändern auch in der Größe außerordentlich ab. Gewöhnlich nehmen sie vom ersten bis gegen den mittelsten hin an Größe zu und dann wieder nach hinten allmählich ab; aber auch dies Verhältnis ist nicht regelmäßig. Zudem sind die Zähne ungemein schwach. Sie greifen zwar in einander ein, allein das Thier ist nicht im Stande, kräftig zuzubeißen oder zu kauen. Die Zunge ähnelt bereits der bandförmigen der Ameisenfresser, kann jedoch nicht soweit aus dem Maule hervorgestreckt werden und ist auch viel kürzer als bei diesem, dreikantig zugespitzt und mit kleinen pilz- und fadenförmigen Wurzeln besetzt. Außerordentlich große Speicheldrüsen im Unterkiefer überziehen sie beständig mit klebrigem Schleime. Der Magen ist einfach, der Darm hat die acht- bis elffache Leibeslänge. Die Schlagadern bilden hier und da noch Wundernetze, aber nicht mehr in der Ausdehnung wie bei den Faulthieren. Gewöhnlich sind zwei, seltener vier Milchdrüsen vorhanden.
Alle Gürtelthiere sind Bewohner Amerikas, namentlich des Südens. Sie leben in freien und sandigen Ebenen, auf Feldern und dergleichen, und kommen bloß am Saume der Wälder vor, ohne in dieselben einzudringen. Nur während der Paarung finden sich mehrere der gleichen Art zusammen; wahrend der übrigen Jahreszeit lebt jedes Gürtelthier für sich, ohne um die übrigen Geschöpfe, mit Ausnahme derer, welche zu seiner Nahrung dienen sollen, sich viel zu kümmern. Alle Arten verbergen sich bei Tage soviel als möglich und wühlen sich deshalb Gänge, die meisten nicht eben solche von großer Ausdehnung; eine Art aber lebt wie der Maulwurf unterirdisch. Die übrigen graben sich ihre Baue am allerliebsten am Fuße großer Ameisen- und Termitenhaufen, und dies aus dem sehr leicht einleuchtenden Grunde, weil ihre Nahrung vorzugsweise in Kerbthieren und deren Larven, namentlich auch in Ameisen, besteht. Würmer und Schnecken werden gelegentlich mit aufgenommen; in Fäulnis übergegangenes Aas wird ebensowenig verschmäht; bloß die allergrößte Noth aber treibt sie, Wurzeln und Samen zu genießen.
Mit Beginn des Abenddunkels erscheinen die gepanzerten Feiglinge vor ihren tiefen unterirdischen Bauen und strolchen eine Zeitlang umher, langsamen Schrittes von einem Orte zu dem andern sich bewegend. Der flache Boden ist ihr eigentliches Element; hier sind sie zu Hause wie wenig andere Thiere. So langsam und träge sie scheinen, wenn sie gehen oder sich sonst bewegen, so schnell und behend sind sie, wenn es gilt, sich in die Erde zu graben. Aufgescheucht, erschreckt und verfolgt wissen sie nichts anderes zu thun, als sich so recht im eigentlichen Sinne des Wortes der Erde anzuvertrauen. Und sie verstehen das Graben wirklich so meisterhaft, daß sie buchstäblich vor sichtlichen Augen sich versenken können. Ihre außerordentliche Wehrlosigkeit würde sie ihren Feinden schutzlos überliefern, wenn sie nicht diese Art der Flucht auszuführen verständen. Eine Art besitzt das Vermögen, sich in eine Kugel zusammenzurollen, wie unser Igel, thut dies jedoch bloß im alleräußersten Nothfalle und beginnt wieder sobald als möglich sich in die Erde zu vergraben und zu verstecken. Im Wasser wissen die anscheinend so ungefügen Thiere übrigens ebenfalls sich zu behelfen: Hensel sagt, daß sie sogar recht gut schwimmen und zwar mit schnellem Rudern nach Art eines Maulwurfs.
Die Gürtelthiere sind harmlose, friedliche Geschöpfe von stumpfen Sinnen, ohne irgendwelche hervorragende geistige Fähigkeiten, also durchaus nicht geeignet, mit den Menschen zu verkehren. Jeder, welcher sie gesehen hat, muß nach kurzer Beobachtung überzeugt sein, daß sich mit solchen gleichgültigen, dummen und langweiligen Geschöpfen nichts anfangen läßt. Entweder liegen sie stumpf auf einer und derselben Stelle, oder sie kratzen und scharren, um sich bald eine Höhle in die Erde zu graben. Ihre Stimme besteht in knurrenden Lauten, ohne Klang und Ausdruck.
Auch die Gürtelthiere gehen ihrer gänzlichen Ausrottung entgegen. Ihre Vermehrung ist gering. Einige Arten werfen zwar bis neun Junge; allein das Wachsthum derselben geht so außerordentlich langsam vor sich, und die Thiere sind den vielen Feinden, welche sie haben, so wenig gewachsen, daß an häufigwerden der Arten nicht gedacht werden kann.
Die Familie zerfällt nach den Eigenthümlichkeiten des Gebisses und der Anzahl der Zehen, der Beschaffenheit der Krallen und der Anzahl der Panzergürtel in zwei Sippen, von denen die eine in mehrere Untersippen getheilt wurde.
Die Gürtelthiere oder Armadille ( Dasypus ) haben sämmtlich mehr oder weniger dieselbe Gestalt. Der auf niederen Beinen stehende Leib ist gedrungen, der kegelförmige Schwanz mittellang, gepanzert und steif, der Schildpanzer knöchern und vollständig mit dem Leibe verwachsen. In der Mitte verlaufen sechs oder mehr bewegliche Gürtel. Alle Füße sind fünfzehig, die Krallen der Vorderfüße zusammengedrückt, die äußeren schwach nach auswärts gedreht. Die Untersippen begründen sich auf die Verschiedenheit des Gebisses, der Panzerung und die Anzahl der Binden.
Wir haben durch Azara, Rengger, Prinz von Wied, Tschudi, Hensel u. a. vortreffliche Lebensbeschreibungen der Gürtelthiere erhalten und sind hierdurch bis auf Geringfügigkeiten bekannt mit ihnen geworden. Alle Gürtelthiere führen in der guaranischen Sprache den Geschlechtsnamen Tatu, welcher auch in die europäischen Sprachen herüber genommen wurde. Der Name Armadill ist spanischen Ursprungs und bedeutet eigentlich soviel als Gerüsteter oder Gepanzerter. Man belegt mit dieser Benennung vorzugsweise das Sechsbindengürtelthier während man für die übrigen die guaranischen oder anderen Landesnamen beibehielt.
Eines der bekanntesten Gürtelthiere, der Tatupoyu der Guaranas, d. h. der Tatu mit der gelben Hand, unser Borstengürtelthier ( Dasypus villosus , Euphractes villosus, Tatusia villosa), aus Buenos Ayres, hat unter allen Verwandten das häßlichste und schwerfälligste Aussehen. Der Kopf ist breit, oben flach und stumpfschnäuzig, das Auge klein, das Ohr trichterförmig, mit rother genetzter Haut überzogen, der Hals kurz und dick, der Rumpf breit, wie von oben nach unten gequetscht. Die kurzen, starken fünfzehigen Füße tragen tüchtige Nägel. Der obere Theil des Kopfes ist mit einer Gruppe von unregelmäßigen sechseckigen Schildchen bedeckt; der Panzer hat über jedem Auge einen kleinen Ausschnitt. Auf dem Nacken finden sich neun neben einander stehende, länglichviereckige Schildchen, auf dem Vorderrücken seitlich sieben, in der Mitte fünf Reihen von unregelmäßigen sechseckigen Platten. Auf diesen Schulterpanzer folgen sechs von einander getrennte, bewegliche Gürtel von länglich viereckigen Schildern und hierauf der Kreuz- oder Hüftpanzer, welcher aus zehn Reihen länglich viereckiger Schildchen besteht. Diese liegen dicht bei einander; das letzte hat in der Mitte des hintern Randes einen kleinen Ausschnitt. Der Schwanz ist nächst dem Rumpfe mit fünf von einander getrennten Ringen bepanzert, welche aus viereckigen Schildchen zusammengesetzt sind; den übrigen Theil bedecken unregelmäßige sechseckige Schuppen. Endlich finden sich noch unter jedem Auge 5 bis 7 Centim. lange, wagerecht laufende, mit einander verbundene Schilderreihen, und auch am Halse zwei dergleichen querlaufende, nicht zusammenhängende vor. Der Rücken der Füße und die vordere Seite der Vorderarme sind ebenfalls mit unregelmäßigen sechseckigen Schuppen bedeckt. Den übrigen Theil des Körpers hüllt eine dicke, gerunzelte Haut ein, auf welcher eine große Anzahl flacher Warzen steht. Am Hinterrande des Kopfschildes, des Schulterpanzers, der Rückengürtel, einzelner Schildreihen des Kreuzpanzers und der Schwanzringe zeigen sich einige steife Borsten, gewöhnlich zwei hinter jedem Schildchen. Solche Haare finden sich auch hinter den flachen Hautwarzen, welche die Zehen bedecken. Die Schildchen selbst sind verschieden gebaut. Bei den viereckigen verlaufen zwei Rinnen der Länge nach; die übrigen sind mehr oder weniger eben. Ihre Farbe ist bräunlichgelb; durch die Reibung an den Wänden der Höhlen jedoch werden sie zuweilen lichtgelb oder gelblichweiß. Die Haut hat eine ähnliche Farbe wie der Rücken. Die Haare sind licht, die der bloßen Haut braun. Nicht selten findet man einzelne zu dieser Art gehörige Gürtelthiere, welche anstatt sechs, sieben bewegliche Rückengürtel und auf dem Hüftpanzer anstatt zehn, elf Schilderreihen haben. Die Länge beträgt 50 Centim., die Schwanzlänge 24 Centim., die Höhe am Widerrist ebensoviel.
Das Sechsbindengürtelthier ( Dasypus sexcinctus, D. setosus und gilvipes), welches unsere Abbildung darstellt, ähnelt dem beschriebenen Verwandten, ist einschließlich des 20 Centim. langen Schwanzes 56 bis 60 Centim. lang, trägt hinter und zwischen den Ohren ein aus acht Stücken bestehendes Schilderband, hat zwischen dem Schulter- und Rückenpanzer sechs breite Gürtel und bräunlichgelbe, oberseits dunklere Panzer- und blaßbräunlichgelbe Hautfärbung.
Gürtelthiere leben nicht in einem bestimmten Gebiete, sondern ändern öfters ihr Lager. Dieses besteht in einer gangförmigen, ein bis zwei Meter langen Höhle, welche von ihnen selbst gegraben wird. An der Mündung ist die Höhle kreisförmig und hat nach der Größe des Thieres einen Durchmesser von 20 bis 60 Centim.; gegen das blinde Ende zu wird der Gang weiter und zuletzt kesselartig, so daß das Thier im Grunde bequem sich umdrehen kann. Die Richtung des Ganges ist verschieden. Anfangs geht derselbe schief, meist unter einem Winkel von etwa vierzig bis fünfundvierzig Graden in die Tiefe hinab, dann wendet er sich bald gerade, d. h. wagerecht fort, bald biegt er sich nach dieser oder jener Seite hin. In solchen Höhlen bringen die Gürtelthiere alle Zeit zu, welche sie nicht zum Aufsuchen ihrer Beute verbrauchen. In den Wildnissen gehen sie, wenn der Himmel bewölkt und das grelle Sonnenlicht ihnen nicht beschwerlich fällt, auch bei Tage aus, in bewohnten Gegenden verlassen sie die Baue nicht vor einbrechender Dämmerung, streifen dann aber während der ganzen Nacht umher. Es scheint ihnen ziemlich gleichgültig zu sein, ob sie zu ihrer Höhle sich zurückfinden oder nicht; denn sie graben sich, falls sie den Weg verfehlt haben sollten, ohne weitere Umstände eine neue. Hiermit verbinden sie zugleich einen doppelten Zweck. Azara beobachtete, und andere Naturforscher bestätigen dies, daß die Gürtelthiere ihre Baue hauptsächlich unter Ameisen- oder Termitenhaufen anlegen, weil sie hierdurch in den Stand gesetzt werden, ihre hauptsächlichste Nahrung mit größter Bequemlichkeit auch bei Tage einzusammeln. Sie unterwühlen solche Haufen und bringen es schließlich dahin, daß der Bau, für eine gewisse Zeit wenigstens, ausgenutzt wird. Dann kann ihnen nichts mehr an der alten Höhle liegen, und sie sind gewissermaßen gezwungen, sich eine neue zu graben, um einen erschöpften Boden mit einem frischen zu vertauschen. Nächst den Ameisen oder Termiten besteht ihre Nahrung vorzüglich aus Käfern und deren Larven, aus Raupen, Heuschrecken und Erdwürmern. Rengger bemerkte, daß ein Tatu Mistkäfer, welche sich in die Erde eingegraben, herausscharrte und hervorkommende Regenwürmer begierig aufsuchte und verzehrte, berichtigt aber die Meinung von Azara, welcher glaubte, daß kleine Vögel, nämlich Erdnister, sowie Eidechsen, Kröten und Schlangen vor den Nachstellungen der Gürtelthiere nicht sicher seien, und glaubt auch, daß das Aas von ihnen bloß zu dem Zwecke ausgesucht werde, um die dort sich findenden Kerbthiere aufzufressen. Unzweifelhaft fest dagegen steht, daß Gürtelthiere Pflanzennahrung zu sich nehmen: Rengger hat solche in dem Magen der von ihm getödteten Thiere gefunden.
Höchst wahrscheinlich geht das Gürtelthier, solange es einen ergiebigen Bau unter einem Termitenhaufen bewohnt, mehrere Nächte gar nicht nach Nahrung aus, sondern verweilt Tage lang im Baue, nimmt die von oben herabfallenden Ameisen gemächlich mit seiner Zunge auf und schluckt sie hinab. Sobald aber die Weide im Hause anfängt knapp zu werden, unternimmt es Streifzüge, besucht Gärten und Pflanzungen, um Raupen, Larven und Schnecken aufzulesen, unterwühlt einen oder den andern Ameisenhaufen etc. Zwei verschiedene, sich gerade antreffende Gürtelthiere geben sich bei gelegener Zeit wohl auch ein Stelldichein und verweilen ein paar Minuten mit einander. Auf solchen nächtlichen Streifereien findet, wie Rengger bei Mondscheine beobachtete, die Paarung statt. Männchen und Weibchen begegnen sich zufällig, beschnuppern sich ein paar Minuten lang, befriedigen ihren Geschlechtstrieb und trollen weiter, so gleichgültig, als hätte es für das eine oder das andere kein zweites Gürtelthier in der Welt gegeben.
Es läßt sich erwarten, daß die geschilderten Streifereien immer nur innerhalb eines kleinen Kreises stattfinden können. Der gewöhnliche Gang aller Armadille ist ein langsamer Schritt, die größte Beschleunigung, deren sie fähig sind, ein etwas schnellerer Wechsel der Beine, welcher sie immerhin so rasch fördert, daß ein Mensch sie nicht einholen kann. Sätze zu machen oder sich schnell und gewandt herum zu drehen, sind ihnen Dinge der Unmöglichkeit. Ersteres verwehrt die Schwerleibigkeit, das letztere der enge Anschluß des Panzers. So können sie also, wenn sie ihren Lauf auf das äußerste beschleunigen wollen, nur in gerader Richtung oder in einem sehr großen Bogen dahintrollen, und sie würden ihren verschiedenen Feinden geradezu widerstandslos preisgegeben sein, wenn sie nicht andere Kunststücke verständen. Was ihnen an Gewandtheit gebricht, wird durch ihre große Muskelkraft ersetzt. Diese zeigt sich besonders in der Schnelligkeit, mit welcher sie sich in die Erde eingraben, und zwar an Stellen, wo eine Haue nur mit Mühe eindringt, z. B. am Fuße von Termitenhügeln. Ein ausgewachsener Tatu, welcher einen Feind in der Nähe wittert, braucht nur drei Minuten, um einen Gang zu graben, dessen Länge die seines Körpers schon um ein beträchtliches übertrifft. Beim Graben kratzen die Gürtelthiere mit den Nägeln der Vorderfüße die Erde auf und scharren mit den Hinterfüßen den aufgelockerten Theil derselben hinter sich. Sobald sie sich über Körperlänge eingegraben haben, ist selbst der stärkste Mann nicht mehr im Stande, sie, am Schwanze sie packend, rückwärts aus dem Gange herauszuziehen. Da ihre Höhlen niemals größer sind, als zum Einschlüpfen eben erforderlich, brauchen sie nur ihren Rücken etwas zu krümmen, dann leisten die Ränder der Binden nach oben und die scharfen Klauen nach unten hin so starken Widerstand, daß alle Manneskraft vergeblich ist, ihn zu bewältigen. Azara sah, daß man ohne Erfolg einem Tatu, um ihn leichter herauszuziehen, ein Messer in den After stieß: das Thier hielt sich krampfhaft fest und grub dann weiter. Oft befreien sie sich auch, wenn man sie bereits aus der Höhle herausgezerrt hat, indem sie sich plötzlich zusammenbiegen und einer Springfeder gleich, wieder ausstrecken. Hensel bestätigt diese Angabe älterer Forscher und fügt hinzu, daß der gefangene Tatu sich absichtlich verstelle, scheinbar voller Entsagung in sein Schicksal ergäbe, sofort aber zu befreien suche, falls er fühle, daß der eiserne Druck der Hand nachgelassen habe.
Je nach dem Zeitpunkte der Begattung wirft das Weibchen im Winter oder im Frühjahre, trotz seiner geringen Zitzenzahl, vier bis sechs Junge und hält sie während einiger Wochen sorgsam in seiner Höhle versteckt. Die Jungen lassen sich schwer unterscheiden, und die Brasilianer glauben deshalb, daß alle eines Wurfes desselben Geschlechtes seien. Wahrscheinlich dauert die Säugezeit nicht lange; denn man sieht die Jungen bald im Felde umherlaufen. Sobald sie einigermaßen erwachsen sind, geht jedes seinen eigenen Weg, und die Alte bekümmert sich nicht im geringsten mehr um ihre Sprößlinge. Ueberhaupt findet man die Gürtelthiere immer einzeln und höchstens die Mutter mit ihren saugenden Jungen in einem und demselben Baue.
Man jagt den Tatu gewöhnlich bei Mondscheine. Der Jäger bewaffnet sich mit einem dicken Stocke von hartem Holze, welcher am Ende spitz oder auch keulenförmig zuläuft, und sucht mit einigen Hunden das Wild auf. Bemerkt der Tatu die Hunde noch rechtzeitig, so flieht er augenblicklich nach seiner eigenen Höhle oder gräbt sich so schnell als möglich und zwar viel lieber, als er in einem fremden Baue seine Zuflucht sucht, eine neue. Kommen ihm die Hunde aber auf den Leib, ehe er die Höhle gewinnt, so ist er verloren. Da sie ihn mit den Zähnen nicht anpacken können, halten sie ihn mit der Schnauze und den Pfoten fest, bis der Jäger hinzukommt und ihn durch einen Schlag auf den Kopf erlegt. Geübte Hunde suchen, laut Hensel, den laufenden Tatu mit der Nase umzuwenden, um ihn an der Unterseite angreifen zu können, und zerreißen ihn, sobald dies geschehen ist, augenblicklich im buchstäblichen Sinne des Wortes, wobei der Panzer unter ihren Zähnen kracht, als wenn Eierschalen zerdrückt werden. Ein Tatu im Baue entgeht den Hunden immer, weil ein Nachgraben von ihrer Seite stets erfolglos bleibt, auch wenn der Bau nicht tief ist; denn das Gürtelthier gräbt schneller weiter, als die größeren Hunde folgen können. Wenn es von den Hunden gepackt ist, denkt es nie daran, sich irgendwie zu vertheidigen, obgleich es augenscheinlich mit seinen Krallen bedeutende Verletzungen beibringen könnte. Azara sagt, daß es durchaus kein streitbares Wesen habe, sondern im Gegentheil friedlicher noch sei als selbst das Opussum, welches, so feig es sich auch anstelle, doch zuweilen tüchtig beiße. Hat sich der Tatu aber noch rechtzeitig in seine Höhle geflüchtet, so wird dieselbe von dem Jäger mit einem Stocke solange vergrößert, bis sie weit genug ist, daß der Mann das Gürtelthier beim Schwanze ergreifen kann. Dann packt er diesen mit der einen Hand und stößt mit der andern das Messer in den After des unglücklichen Geschöpfes. Der heftige Schmerz hindert es gewöhnlich, sich gegen die Wände anzustemmen, und gibt es seinem grausamen Feinde Preis. Nach Hensel und Tschudi bedarf es eines solchen Verfahrens nicht. Es genügt, wenn zwei Jäger sich vereinigen und der eine den Tatu am Schwanze so fest wie möglich hält und der andere mit seinem Messer die Erde etwas entfernt, so daß er im Stande ist, ein Hinterbein zu fassen. Sobald dies geschehen ist, gibt der Tatu nach. Laut Tschudi führt es schon zum erwünschten Ziele, wenn man ihn mit einem Strohhalme unter dem Schwanze kitzelt oder an der nämlichen Stelle leicht mit einer brennenden Cigarre berührt, weil er in beiden Fällen seinen Widerstand aufgibt. Hält er sich in einem tiefern Baue auf, so läßt sich dieses Verfahren freilich nicht anwenden; denn hier liegt er nicht weit von der Mündung des Baues auf einem Lager von Blättern und flieht nicht, auch wenn die Hunde schon am Loche an zu arbeiten beginnen. Erst wenn man durch dasselbe einen Halm oder Stock steckt, eilt er brummend und polternd in die Tiefe. Hat man Wasser in der Nähe, so füllt man oft erfolgreich die Röhre mit diesem an und nöthigt das Thier dadurch, den Bau zu verlassen; oder richtet an der Mündung derselben eine Falle her, welche es beim Heraustreten erschlägt.
Bei der Unmasse von Höhlen, welche man da findet, wo die Thiere häufiger sind, würde es schwer sein, die bewohnten von den verlassenen zu unterscheiden, wüßten die geübten Indianer nicht kleine Anzeichen zu deuten. Nach den bewohnten Höhlen hin sieht man eine eigenthümliche Spur im Sande verlaufen, eine kleine seichte Rinne nämlich, welche von dem nachschleppenden Schwanze gezogen wird. Vor der Höhle findet man auch gewöhnlich den Koth des Bewohners, weil dieser nie im Innern des Baues abgelegt wird, und endlich bemerkt man in allen Höhlen, welche gerade Tatus beherbergen, eine Menge von Stechmücken schwärmen, – jedenfalls in der Absicht, dem wehrlosen Panzerträger an den nichtgeschützten Theilen seines Leibes Blut abzuzapfen. Diese Anzeichen genügen erfahrenen Jägern vollständig. Alle Gürtelthiere sind den Südamerikanern verhaßte Geschöpfe, weil sie vielfache Unglücksfälle verschulden. Die kühnen Reiter der Steppen, welche den größten Theil des Lebens auf dem Pferde zubringen, werden durch die Arbeit der Gürtelthiere hier und da arg belästigt. Das Pferd, welches in gestrecktem Galopp dahinjagt, tritt plötzlich in eine Höhle und wirft den Reiter ab, daß er in weitem Bogen dahinschießt, bricht auch wohl ein Bein bei solchen Gelegenheiten. Deshalb verfolgen die Eigenthümer aller Meiereien die armen Panzerträger auf das erbittertste und grausamste. Außer den Menschen stellen ihnen die größeren Katzenarten, der brasilianische Wolf und der Schakalfuchs nach; doch scheinen ihnen alle diese Feinde nicht eben viel Schaden zu thun, da sie an den Orten, wo der Mensch sie in Ruhe läßt, immer in großer Anzahl vorkommen.
Selten werden in Paraguay Tatus aufgezogen. Sie sind zu langweilige und ihres Grabens wegen auch zu schädliche Hausgenossen, als daß der Mensch sich besonders mit ihnen befreunden könnte. Uebertages halten sie sich in einem Winkel ihres Käfigs ganz ruhig, ziehen die Beine unter ihren Panzer zurück und senken die spitzige Schnauze gegen den Boden; bei einbrechender Nacht dagegen beginnen sie umherzulaufen, nehmen die ihnen vorgelegte Nahrung zu sich und versuchen von Zeit zu Zeit mit ihren Nägeln ein Loch auszuscharren. Läßt man sie in einem Hofe frei sich bewegen, so wühlen sie sich zuweilen schon bei Tage, gewiß aber in der ersten Nacht in die Erde ein und leben dann wie im Zustande der Freiheit, d. h. zeigen sich bloß bei Nacht und graben sich alle drei oder vier Tage eine neue Höhle. Niemals beweisen sie durch irgend eine Handlung, daß sie erheblichen Verstand besitzen. Den Menschen scheinen sie kaum von anderen Geschöpfen, mit denen sie leben, zu unterscheiden; doch gewöhnen sie sich daran, von ihm berührt und herumgetragen zu werden, während sie vor Hunden und Katzen zu fliehen suchen. Erschreckt man sie durch einen Schlag oder starken Laut, so springen sie einige Schritte weit fort und versuchen sogleich ein Loch zu graben. In ihrem Laufe achten sie weder aus leblose Gegenstände noch auf lebende Thiere, welche ihnen im Wege liegen, sondern rennen über alles hinweg. Unter ihren Sinnen steht der Geruch oben an, das Gehör ist schwächer, und die Augen werden vom hellen Sonnenscheine vollständig geblendet, sind auch in der Dämmerung nur zum Beschauen ganz nahe liegender Gegenstände befähigt.
Die Nahrung der gefangenen Gürtelthiere, welche man auch häufig nach Europa bringt und in den meisten Thiergärten mit den Affen zusammensperrte, besteht aus Würmern, Kerbthieren, Larven und rohem oder gekochtem Fleische, welches letztere man ihnen aber in kleinen Stücken vorwerfen muß, weil sie von größeren nichts abbeißen können. Sie ergreifen die Speise mit den Lippen oder mit ihrer sehr ausdehnbaren Zunge. Bei einigermaßen entsprechender Pflege halten sie sich im besten Wohlsein jahrelang, dienen willig oder willenlos den Affen zu Reitthieren und Spielkameraden, lassen sich alles gefallen, gewöhnen sich an Spaziergänge bei Tage und schreiten auch wohl zur Fortpflanzung. Junge, welche im Londoner Thiergarten geboren wurden, kamen blind zur Welt, und ihre noch weiche Haut zeigte alle Falten und Felder des erwachsenen Thieres. Ihr Wachsthum ging außerordentlich schnell vor sich; eines hatte in Zeit von zehn Wochen 52 Unzen an Gewicht gewonnen und 25 Centim. an Größe zugenommen. Im Kölner Thiergarten warf ein Weibchen zweimal je zwei Junge, »Ueber die Fortpflanzungsgeschichte dieser merkwürdigen Thiere«, schreibt mir Bodinus, »bin ich, trotzdem ich die Gefangenen täglich vor Augen habe, noch ziemlich im Dunkel geblieben. Ich kann nur sagen, daß die Begierde des Männchens zur Begattungszeit geradezu ungezügelt ist. Es überfällt sein Weibchen in jeder Lage und treibt es lange umher. Die Geburt der Jungen überraschte mich; denn die Geschlechter sind schwer zu unterscheiden, und ich hatte durchaus keine Aenderung in dem Umfange des Weibchens wahrgenommen. Ihre verhältnismäßig sehr großen Jungen wurden halbtodt vor Kälte in der Streu des Käfigs gefunden. Das Weibchen bemühte sich, dort sie zu verscharren. Dabei stieß es die Jungen in der rohesten Weise umher, kratzte und schlug mit seinen Nägeln auf die armen Geschöpfe los, daß sie blutrünstig wurden, und erneuerte dieses Verfahren immer wieder, nachdem die Jungen, als sie fortgenommen und wieder erwärmt worden waren, hingelegt wurden, um sich saugend an der Mutter zu ernähren. Daran war aber nicht zu denken. Es war mir unmöglich, irgend eine Spur von Milch zu entdecken; die Milchdrüsen waren auch nicht im geringsten angeschwollen.
»Was die Mutter zu so unerträglichem Verfahren gegen die Jungen veranlaßt, konnte ich bis jetzt nicht ergründen, und fernere Beobachtung wird nöthig sein. Sobald es mir gelingt, den trächtigen Zustand des Weibchens wahrzunehmen, will ich eine eigene Vorkehrung treffen, um dem Thiere in einer mit warmem Sande ausgelegten Holzröhre ein möglichst naturgemäßes Geburtslager zu bereiten.«
Der Nutzen der Gürtelthiere ist nicht unbedeutend. Bei reichlicher Weide werden die Thiere so feist, daß der ganze Leib gleichsam in Fett eingewickelt scheint. Die Indianer essen deshalb das Fleisch aller Arten leidenschaftlich gern, die Europäer dagegen bloß das von zwei derselben. Rengger versichert, daß gebratenes und mit spanischem Pfeffer und Citronensaft versetztes Gürtelthierfleisch eines der angenehmsten Gerichte sei. Alle übrigen Reisenden stimmen hiermit überein. »Das Fleisch des Tatu«, sagt Hensel, »ein Leckerbissen, ist zart und weiß wie das der Hühner, und das reichliche Fett gleicht im Geschmack vollständig dem von den Nieren des Kalbes.« Seine Zubereitung geschieht, laut Tschudi, in höchst einfacher Weise. Man schneidet den Bauch des Thieres auf, nimmt die Eingeweide sorgfältig heraus, reibt Salz, Pfeffer und andere Gewürze ein und bratet den Tatu über Kohlen in seinem Panzer, bis dieser ziemlich versengt ist; dann lößt sich der Panzer leicht von dem garen Fleische ab. Wahrscheinlich der etwas abenteuerlichen Gestalt des Thieres halber essen es die Brasilianer nicht oft; die Neger hingegen lieben es sehr und stellen allen Gürtelthieren deshalb eifrig nach. Im übrigen weiß man mit dem erlegten Tatu wenig anzufangen. Die Indianer Paraguays verfertigten aus dem Panzer kleine Körbe, die Botokuden aus dem abgestreiften Schwanzpanzer Sprachrohre; früher benutzte man die Panzerstücke auch wohl, um daraus Guitarrenböden zu machen.
Apar oder Matako nennen die Eingebornen, Bolita die Spanier eine noch wenig bekannte Art der Gruppe, unser Kugelgürtelthier ( Dasypus tricinctus, D. und Tatusia apar, T. und Tolypeutes tricinctus), Vertreter einer Untersippe, von welchem behauptet wurde, daß die erste Beschreibung von einem zusammengesetzten Balge herrühren sollte. Azara gibt jedoch eine so klare Schilderung, daß an dem Vorhandensein des betreffenden Thieres gar nicht gezweifelt werden kann. Er sagt, daß sich der Matako nicht in Paraguay vorfinde, sondern erst ungefähr unter dem sechsunddreißigsten Grade südl. Breite vorkomme. »Einige nennen ihn Bolita, weil er der einzige unter allen Tatus ist, welcher, wenn er sich fürchtet oder gefangen werden soll, den Kopf, den Schwanz und die vier Beine versteckt, indem er aus dem ganzen Leibe eine Kugel bildet, welche man wie einen Ball nach allen Richtungen rollen kann, ohne daß sie sich auflöst. Man kann die Kugel auch nur mit großer Gewalt aufrollen. Die Jäger tödten das Thier, indem sie es heftig gegen den Boden werfen. Ich habe bloß einen einzigen gesehen, welcher mir geschenkt wurde; aber er war so schwach und krank, daß er schon am andern Tage starb. Er hielt sich beständig in einer sehr zusammengezogenen Stellung, gleichsam kugelartig, und lief tölpisch, ohne seinen Leib auszustrecken, erhob dabei kaum die Beine und trat, anstatt auf die Sohlen, auf die Spitzen der größeren Zehen, welche er senkrecht stellte (also auf die Spitzen der Nägel), hielt auch den Schwanz so, daß er beinahe den Boden berührte. Die Hände und Füße sind viel schwächer als bei allen anderen und die Nägel nicht eben günstig zum Scharren. Deshalb zweifle ich auch, daß er sich Höhlen gräbt; wenn er wirklich in solche eintritt, sind sie wahrscheinlich von anderen seiner Sippschaft gemacht. Ich habe mich darnach erkundigt, und alle behaupteten, daß man den Matako immer auf dem Felde finde. Es ist geradezu unmöglich, seinen Leib gegen seinen Willen auszustrecken, wie ich es oft bei anderen Thieren gethan, um sie zu messen. Die Maße, welche ich gebe, habe ich von dem getödteten genommen. Seine Länge von der Schnauzenspitze bis zum Schwanzende beträgt 45 Centim., und der Schwanz mißt 7 Centim., er ist unten an der Spitze rund oder kegelförmig, an der Wurzel dagegen breitgedrückt. Die Schuppen sind auch nicht wie bei den übrigen, sondern ähneln mehr dicken Körnern und ragen weit hervor; der Harnisch der Stirne aber ist oben viel stärker als bei den übrigen und zusammengesetzt aus Schilderreihen und unregelmäßigen Stücken. Die Ohren erreichen, obgleich sie 2,5 Centim. messen, nicht die Höhe des Harnisches, welcher ganz bedeutend den eigentlichen Kopf überragt. Das Rückenschild ist 6,5 Centim. hoch und zeichnet sich durch eine bemerkenswerthe Spitze an jeder Seite aus, mit welcher das Thier nicht bloß sein Auge, sondern auch den größten Theil des Kopfes bedecken und schützen kann (wahrscheinlich wenn es sich zusammenrollt). Die drei Binden, welche der Matako besitzt, sind auf dem Rücken 1,7 Centim. lang, verschmälern sich aber nach den Seiten zu, das Kreuzschild ist 15 Centim. hoch. Alle einzelnen Schuppen der Schilder und Binden sind unregelmäßig, rauh, holprig, und jede ist wieder aus einer Menge kleinerer, unregelmäßiger Stückchen zusammengesetzt. Die Färbung des ganzen Thieres ist dunkelbleigrau, glänzend oder bräunlich, die Haut zwischen den Binden weißlich, an der Unterseite aber dunkel. Hier findet man kaum Schildchen, aber dieselben sind sehr dicht und groß auf den Außenseiten der vier Beine und an den Seiten, wo sich die Binden vereinigen. Dort bemerkt man auch die Muskeln, welche die Schilder zusammenziehen, um eine Kugel daraus zu gestalten. Die einzelnen Pfoten sind schuppenlos, obgleich sie einzelne Schildchen zeigen.«
Andere Reisende erzählen ebenfalls von diesem Gürtelthiere und heben namentlich hervor, daß die Hunde dasselbe mit großer Wuth angreifen, weil sie nicht im Stande sind, den Panzer zu zerbeißen und umsonst versuchen, das zusammengerollte Thier fortzuschleppen. Wenn sie die Bolita von der einen Seite packen, entschlüpft die große, glatte Kugel ihren Zähnen, und der Ball rollt auf den Boden, ohne Schaden zu nehmen. Dies erbittert alle Hunde aufs höchste, und ihre Wuth steigert sich mehr und mehr, je weniger ihre Bemühungen von erwünschtem Erfolg sind, gerade so wie es bei unserem Igel auch der Fall ist.
Anton Göring erhielt eine lebende Bolita aus San Luis, ihrer eigentlichen Heimat oder derjenigen Gegend, wo sie am häufigsten vorkommt. Dort lebt das Thier, ganz wie Azara angibt, im freien Felde, ob auch in selbst gegrabenen Höhlen, konnte Göring nicht erfahren. Die Eingebornen nehmen es beim Fange der anderen Gürtelthiere, welche, wie bemerkt, eine Lieblingsspeise der Gauchos bilden, gelegentlich mit und tödten es, falls sie es verzehren wollen, noch heute in der Weise, wie Azara es angegeben hat. Weil aber der Matako ein niedliches Geschöpf ist, findet er gewöhnlich Gnade vor ihren Augen und wird für die Gefangenschaft erhalten. Da spielen dann die Kinder des Hauses mit ihm, kugeln ihn hin und her oder lassen ihn auf einem Brete weglaufen und erfreuen sich an dem Geklapper, welches er durch sein sonderbares Auftreten hervorbringt. Göring wurde oft besucht und gebeten, seinen Gefangenen den Leuten vorzuführen. Obgleich das Thier noch nicht lange in der Gefangenschaft gewesen war, zeigte es sich doch vom ersten Augenblick an zutraulich und nahm ohne weiteres das Futter, welches ihm vorgehalten wurde, aus der Hand. Es fraß allerlei Früchte und Blätter, namentlich Pfirsichen, Kürbisse und Salat, zwar nur, wenn man es ihm vorhielt, aber mehrmals am Tage, so oft man ihm etwas gab. Die Nahrung mußte man ihm, seiner kleinen Mundöffnung wegen, in dünne Stückchen schneiden; diese nahm es dann sehr zierlich zu sich. Es schlief ebensowohl bei Tage als bei Nacht. Dabei streckte es die Vorderbeine gerade vor sich hin, zog die Hinterbeine ein und legte sich auf sie und den Bauch, bog den Kopf herab und verbarg ihn zwischen den Vorderbeinen. Der Rücken zeigte sich in jeder Stellung sehr gewölbt: das Thier war nicht im Stande, sich eigentlich auszustrecken. Obgleich es in Gegenwart von mehreren Personen ganz ruhig fraß und umherlief, zog es sich doch augenblicklich zusammen, sobald man es berührte, wenn man es drückte, so stark, daß es zur fast vollendeten Kugel wurde. Ließ man von ihm ab, so streckte es sich allmählich wieder aus und setzte seine Wanderung fort. Auch wenn man die Kugel in die flache Hand legte, mit dem Rücken nach unten, rollte es sich langsam auf und streckte alle vier Beine gerade nach oben vor sich hin, zuckte auch manchmal mit dem Kopfe und den Vorderbeinen, machte aber sonst keine Anstrengung, sich zu befreien. Berührte man es an der Brust, so schnellte es die Vorderbeine hin und her; am Kopfe dagegen ließ es sich betasten, ohne dabei sich zu bewegen.
Es war ungemein zierlich und jede seiner Bewegungen, trotz ihrer Sonderbarkeit, wirklich anmuthig. Der Gang auf den Spitzen der gegen drei Centim. langen, gebogenen Nägel hatte etwas höchst überraschendes und verfehlte nie, die Verwunderung aller Zuschauer zu erregen. Wenn man es frei ließ, versuchte es so eilig als möglich zu entfliehen; kam ihm aber ein Verfolger, z. B. ein Hund, auf die Fersen, so rollte es sich zur Kugel zusammen. Wenn man diese Kugel auf der Erde hinkollerte, blieb sie fest geschlossen; sobald aber die Bewegung aufhörte, wickelte das Thier sich auf und lief davon. Die Hunde bewiesen keine größere Erbitterung gegen die Bolita als gegen alle übrigen Gürtelthiere. Diese hassen sie freilich womöglich noch mehr als unsern Igel und fallen sie mit Wuth an, wo sie dieselbe erblicken. Man kann jeden Hund ohne alle Abrichtung zum Fange der Gürtelthiere benutzen; sein natürlicher Haß treibt ihn von selbst zur Jagd derselben an.
Die letzte Art der Gruppe, auf welche wir noch flüchtig einen Blick werfen wollen, das Riesengürtelthier, von den Brasilianern Tatu-Canastra, von den Botokuden Kuntschung-gipakiu, von den Paraguanern der große Tatu der Wälder genannt, bewohnt Brasilien. Prinz von Wied erhielt in allen Gegenden, welche er bereiste, Nachricht von ihm, bekam es aber niemals zu Gesicht. Er glaubt, daß es über den größten Theil von Brasilien verbreitet, ja vielleicht in ganz Südamerika zu treffen ist. In den großen Urwaldungen fanden seine Jäger oft Höhlen oder Baue, namentlich unter den Wurzeln der alten Bäume, und man konnte von deren Weite einen Schluß auf die Größe des Thieres fällen. Die eingebornen Jäger versicherten, daß es hierin einem starken Schweine gleichkomme, und die Baue und noch mehr die Schwänze, welche der Prinz bei den Botokuden fand, schienen diese Aussage nur zu bestätigen. Am Rio grande de Belmonte fand letzterer unter den Botokuden Sprachrohre, welche geradezu »Tatuschwanz« genannt wurden, von 36 Centim. Länge und von 8 Centim. Durchmesser an der Wurzel. Azara bemerkt, daß das Riesengürtelthier sehr selten in Paraguay wäre und keinen eigentlichen Namen habe. »Man findet es«, sagt er, »bloß in den ungeheuren Wäldern des nördlichen Theiles unseres Landes. Wenn einer von den Tagelöhnern, welche in der Gegend arbeiten, wo das Riesengürtelthier sich aufhält, stirbt und, der Entfernung von Friedhöfen wegen, an Ort und Stelle eingegraben werden muß, sind, wie man erzählt, die ihn zur Erde bestattenden Leute genöthigt, das Grab mit starken und doppelten Stämmen auszulegen, weil sonst der Riesentatu den Leichnam ausgrabe und zerstückle, sobald er durch den Geruch an das Grab geführt werde.
»Ich selbst habe das Riesengürtelthier nur ein einziges Mal gesehen, und zwar zufällig. In einem Landhause erkundigte ich mich nach den Thieren der Umgegend und erfuhr von einem Alten, daß einige Nächte vorher die Knechte seines Hauses nahe am Walde einen großen Packt[???] entdeckt hatten, vor dem sich die Pferde entsetzten. Einer der Burschen stieg ab und erkannte im Scheine des Vollmondes einen Tatu, welcher grub. Er packte ihn am Schwanze, erhob ihn, band ihm seine und seines Gefährten Wurfschlinge um den Leib und schleppte ihn vermittels dieser nach Hause. Dort aber erhoben die Weiber aus Furcht ein Geschrei und ruhten nicht eher, bis die beiden Fänger ihre Beute getödtet hatten. Am folgenden Tage erschienen dann die Nachbarn, um das merkwürdige Geschöpf zu sehen. Man zerstückelte seinen Leib, und der eine nahm den Harnisch mit sich, in der Absicht, Geigen- oder Guitarrenböden daraus zu fertigen, der andere die Klauen.
Nachdem ich dies gehört, versuchte ich zu erhalten, was ich konnte, und fand, daß die Vögel und Würmer fast alles Fleisch gefressen hatten, und daß auch der Kopf und der Schwanz bereits vollständig in Fäulnis übergegangen waren; doch sah ich noch außerdem ein Stück des Panzers, und zwar das Schulter- und Kreuzschild und die Schilder dazwischen, an welchen freilich viele Platten ihren Glanz verloren hatten. Nach diesen Resten habe ich meine Beschreibung entworfen.«
Aus später gemachten Untersuchungen ergibt sich, daß das Riesengürtelthier ( Dasypus gigas, D. giganteus, Prionodos und Prionodontes oder Cheloniscus gigas), Vertreter einer besondern Untersippe, eine Leibeslänge von einem Meter und darüber erreicht, und der Schwanz etwa halb so lang wird. Stirn und Schädel werden von sehr unregelmäßigen Knochentafeln bedeckt. Der Schulterpanzer besteht aus zehn Gürtelreihen, zwischen denen sich hinten an den Seiten noch eine Reihe einschiebt; bewegliche Binden sind zwölf bis dreizehn vorhanden; der Hüftpanzer enthält sechzehn bis siebzehn Reihen. Die Schilder sind vier- oder rechteckig, auch fünf- oder sechseckig, die hinteren Reihen des Hüftpanzers unregelmäßig; der Schwanz wird von viereckigen und unregelmäßigen Knochentafeln gedeckt. Ueberall drängen sich kurze Borsten hervor. Die Ohren sind kurz, breit, stumpf und mit runden Knochenwärzchen bedeckt. Die Färbung des Körpers, mit Ausnahme des weißlichen Kopfes, Schwanzes und einer Seitenbinde, ist schwarz. Gewaltige Krallen verstärken die kurzen, unbeweglichen Zehen. Die mittlere Klaue der fünfzehigen Vorderfüße ist ungemein groß; die Zehen der Hinterfüße dagegen tragen breite, flache, fast hufförmige Nägel. Die Halswirbel verwachsen theilweise so, daß auf den ersten Blick nur ihrer fünf vorhanden zu sein scheinen. Die Wirbel tragen hohe, breite, unter einander sich berührende Dornen zur Stütze des schweren Panzers. Die zwölf Kreuzwirbel verschmelzen unter einander und mit dem Hüft- und Sitzbeine. Die zwölf Rippen sind sehr breit; das Brustbein besteht aus sechs Stücken. Der Oberarm ist stark gedreht, Schienen- und Wadenbein sind oben und unten innig verbunden. Das merkwürdigste am ganzen Thiere dürfte jedoch das Gebiß sein. In der obern Reihe finden sich je 24 bis 26, in der untern Reihe je 22 bis 24 Zähne, wovon jedoch häufig mehrere ausfallen; immerhin aber enthält das Gebiß 90 bis 100 Zähne oder wenigstens Werkzeuge, welche die Zähne vertreten. In der vordern Hälfte der Reihen sind es nämlich bloß dünne Platten, und erst nach hinten zu werden sie allmählich dicker, eiförmig, rundlich und cylindrisch. Manche der vorderen Zahnplatten scheinen aus zwei Zähnen zusammengeschmolzen zu sein. Dem Stoff nach ähneln sie denen der übrigen Gürtelthiere. Was das Riesengürtelthier mit dieser Masse von Zähnen anfängt, ist geradezu unerklärlich, da es sich, so viel man bis jetzt weiß, in der Nahrung durchaus nicht von den übrigen Arten unterscheidet.
Der Amerikaner Harlan entdeckte im Jahre 1824 unweit Mendoza, einer Stadt am westlichen Ende der Pampas in dem Freistaate Rio de la Plata, und zwar zu dem höchsten Erstaunen der Landeseinwohner, welche von dessen Dasein kaum Kunde hatten, ein höchst merkwürdiges Mitglied der Familie, die Gürtelmaus ( Chlamydophorus truncatus ). Nur einige wenige wußten ihr einen Namen zu geben, sie nannten sie Bicho ciego (blindes Thierchen). Lange Zeit kannte man bloß zwei Stücke, welche in den Sammlungen von Philadelphia und London aufbewahrt wurden, glücklicherweise aber aufs genaueste untersucht werden konnten. Später erhielt Hyrtl noch einige, und somit konnte der innere Leibesbau und die äußere Beschreibung des Thieres vollständig gegeben werden. Die Gürtelmaus wird mit Recht als Vertreterin einer eigenen Sippe angesehen, denn sie unterscheidet sich himmelweit von den übrigen Gürtelthieren.
Fitzinger gibt nach eigenen Untersuchungen folgende Beschreibung von dem noch in allen Museen seltenen Thiere: »Das chilesische Mantelgürtelthier oder, wie es einige Naturforscher auch nennen, der Schildwurf oder die Gürtelmaus zeigt eine der abweichendsten Gestalten in der Ordnung der Scharrthiere und gehört rücksichtlich der höchst eigenthümlichen Bildung seines den Körper deckenden, fast lederartigen Hornpanzers zu den merkwürdigsten Schöpfungen der ganzen Thierwelt. Dieses sonderbare Wesen, welches mit den Gürtelthieren noch die größte Aehnlichkeit hat, ist gegen dieselben und im Verhältnisse selbst zu den kleinsten bis jetzt bekannten Arten von wahrhaft zwerghafter Gestalt, während es anderseits sowohl in Bezug auf seine Form als noch mehr auf seine Lebensweise lebhaft an die Maulwürfe erinnert. Sein Kopf, welcher ganz und gar zum Wühlen geschaffen zu sein scheint, ist kurz, in der hintern Hälfte breit, in der vordern aber zugespitzt und endigt in eine ziemlich kurze, abgestumpfte Schnauze, mit knorpeliger, fast schweinähnlicher Nasenkuppe, an deren vorderem und unterem Rande die nach abwärts gerichteten kleinen, rundlichen Nasenlöcher liegen, die an ihrem Innenrande mit sehr kurzen, steifen Härchen besetzt sind und durch einen daselbst hervortretenden kleinen Höcker beinahe vollständig geschlossen werden können. Die Augen sind klein und liegen unter den über dieselben herabhängenden Haaren verborgen. Die nahe hinter den Augen stehenden Ohren haben keine äußere Ohrmuschel, der enge Gehörgang ist bloß von einem erhöhten Hautrande umgeben und wird gleichfalls durch das Haar völlig überdeckt. Die Mundspalte ist klein, reicht bei weitem nicht bis unter die Augen, und wird von harten, rauhen und aufgetriebenen Lippen umschlossen; die ziemlich lange, fleischige Zunge hat kegelförmige Gestalt und trägt auf ihrer Oberfläche kleine Wärzchen. Der Zahnbau ist einfach. Vorder- und Eckzähne fehlen gänzlich, und die Backenzähne, von denen jederzeit sowohl im Ober- als Unterkiefer acht sich vorfinden, sind von einer Schmelzschicht umgeben, ohne Wurzeln und in der untern Hälfte hohl, haben eine walzenförmige Gestalt und erscheinen, mit Ausnahme der beiden vordersten in jedem Kiefer, welche etwas spitzig sind, auf der Kaufläche abgeflacht. Sie nehmen von vorne nach rückwärts bis zum vierten Zahne an Größe allmählich zu, werden von diesem an bis zum letzten aber wieder kleiner. Der Hals ist kurz und dick, der Leib langgestreckt, hinten am breitesten, an den Schultern schmäler und in der Mitte längs der Seiten etwas eingezogen. Die ganze vordere Hälfte des Körpers ist weit kräftiger als die hintere gebaut. Die Beine sind kurz, die vorderen Gliedmaßen sehr stark, plump und kräftig und beinahe maulwurfartig gebildet, die hinteren dagegen weit schwächer als die vorderen, mit langem und schmalem Fuße. Beide sind fünfzehig, die nur unvollkommen beweglichen Zehen an den Vorderfüßen bis zur Krallenwurzel mit einander verbunden, an den Hinterfüßen aber frei. An den Vorderfüßen ist die zweite Zehe am längsten, die Außenzehe am kürzesten und an ihrer Wurzel mit einer hornigen Scharrplatte versehen. An den Hinterfüßen dagegen ist die dritte Zehe am längsten, während die Außenzehe wie an den Vorderfüßen die kürzeste ist. Alle Zehen tragen stumpfspitzige Krallen, von denen die sehr großen und starken der Vorderfüße mächtige Scharrwerkzeuge bilden. Sie sind durchgehends lang, stark zusammengedrückt, schwach gekrümmt und am äußern Rande scharf, nehmen von der zweiten bis zur Außenzehe an Breite allmählich zu, so daß diese am breitesten erscheint, sowie sie auch am Außenrande scharfschneidig und beinahe schaufelförmig ist. Die Krallen der Hinterfüße dagegen sind bedeutend kleiner, fast gerade und abgeflacht. Der Schwanz, welcher am untern Rande des den Hintertheil des Körpers deckenden Panzers zwischen einer Auskerbung desselben angeheftet ist, macht plötzlich eine Krümmung nach abwärts und schlägt sich längs des Unterleibes zwischen den Hinterbeinen zurück, so daß er völlig am Bauche aufliegt. Er ist kurz, vollkommen steif und fast ohne alle Bewegung, an der Wurzel dicker, dann allmählich verschmälert und zusammengedrückt und gegen das Ende plötzlich in eine längliche, plattgedrückte Scheibe erweitert, welche an ihren Rändern eingekerbt ist und beinahe spatelförmig erscheint. Die ganze Oberseite des Körpers wird von einem fast lederartigen, hornigen Schildpanzer bedeckt, welcher ziemlich dick und weniger biegsam als Sohlenleder ist, auf dem Kopfe nahe an der Schnauzenspitze beginnt, über den ganzen Rücken bis auf den Hintertheil sich erstreckt und daselbst senkrecht abfällt, wodurch das Thier wie abgestutzt und gleichsam wie verstümmelt erscheint. Dieser Panzer, welchen meist regelmäßige Querreihen oder Gürtel von größtentheils rechteckigen, zum Theil aber auch rautenförmigen und selbst unregelmäßigen höckerartigen Schildern zusammensetzen, ist keineswegs so wie bei den Gürtelthieren allenthalben fest mit der Körperhaut verbunden, sondern liegt größtentheils nur lose auf derselben auf, indem er bloß längs seiner Mitte an den Dornfortsätzen der Wirbelsäule mittels einer Haut befestigt und auch am Scheitel nur mittels zweier Schilder an den beiden halbkugeligen Vorragungen des Stirnbeines angeheftet ist, daher er auch an den Seiten des Körpers klafft und aufgehoben werden kann. Dagegen ist er am Vordertheile des Kopfes fest mit den Knochen verbunden und ebenso am Hintertheile des Körpers, wo er eine abgestutzte Fläche bildet. Der nicht bewegliche Theil des Kopfpanzers enthält nur fünf Querreihen von Schildchen, deren Zahl in den beiden vordersten Reihen vier, in den drei hinteren fünf beträgt. Der Rückenpanzer dagegen, dessen vorderste Gürtel das Hinterhaupt decken und dasselbe äußerlich nicht unterscheiden lassen, ist aus vierundzwanzig, meist regelmäßigen Querreihen zusammengesetzt, von denen die beiden dem Kopfe zunächst liegenden Reihen aus sieben bis acht unregelmäßigen, höckerartigen Schildchen verschiedener Größe bestehen, während die übrigen Reihen durchaus regelmäßige rechteckige Schildchen enthalten, deren Anzahl von 15 oder 17 bis 24 steigt und in den drei hintersten Reihen bis auf 22 herabfällt. Alle diese Querreihen oder Gürtel sind durch eine Haut von einander geschieden, welche unter und über den einzelnen Schilderreihen so angewachsen und zurückgeschlagen ist, daß der Vorderrand jeder Reihe unter dem Hinterrande der vorangehenden liegt. Obgleich die Zwischenräume, welche hierdurch entstehen, nicht besonders groß sind, so gestatten sie doch den einzelnen Gürteln einen ziemlichen Grad von Beweglichkeit, welche sogar auf die Fähigkeit des Thieres schließen läßt, seinen Leib kugelförmig zusammenrollen zu können. Der vollkommen unbewegliche, mit dem Schwanze bloß durch eine Haut verbundene Panzer des Hintertheils endlich, welcher in einem rechten Winkel von dem Körper abfällt und völlig flach ist, besteht aus fünf bis sechs halbkreisförmig gestellten Reihen von Schildchen, theils rechteckiger, theils rautenförmiger Gestalt, und zeigt an seinem untern Rande einen Ausschnitt, zwischen welchem der Schwanz an den Körper angeheftet ist. Die erste oder oberste dieser Reihen enthält zwanzig, die letzte aber nur sechs Schildchen. Der ganze Schilderpanzer ist auf seiner Oberseite sowohl, wie auch an seiner freien Unterseite unbehaart und völlig glatt; nur an den unteren Rändern desselben befinden sich zahlreiche und ziemlich lange, seidenartige Haare. Dagegen ist die Haut des Thieres allenthalben und selbst unterhalb des Panzers, mit alleiniger Ausnahme des Schwanzes, der Sohlen, der Schnauzenspitze und des Kinnes, welche vollkommen nackt sind, ziemlich dicht von langen, feinen und weichen, fast seidenartigen Haaren bedeckt, welche viel länger als bei den Maulwürfen, aber keineswegs so dicht wie bei diesen stehen. Am längsten sind die Haare an den Seiten und den Beinen, am kürzesten und spärlichsten auf der Oberseite der Füße, wo sie zwischen einigen hornartigen, warzenförmigen Erhabenheiten hervortreten. Der Schwanz wird von einer lederartigen Haut umhüllt, welche auf der Oberseite ziemlich glatt ist und vierzehn bis sechzehn fast schildähnliche Querwülste zeigt, während er auf der Unterseite mit zahlreichen warzenartigen Rauhigkeiten besetzt ist. Die beiden Zitzen liegen auf der Brust. Die Farbe des Bandes wie der Haare ist schmuzig gelblich-weiß, auf der Unterseite des Körpers etwas heller. Die Augen sind schwarz. Die Länge des Körpers beträgt 13 Centim., die des Schwanzes 3,5 Centim., die Höhe am Widerrist 5 Centim.«
In den Werken über Thierkunde findet sich über die Lebensweise des Schildwurfs bloß folgendes: Das Thier lebt in sandigen Ebenen und gräbt sich, ganz wie unser europäischer Maulwurf, lange Gänge unter dem Boden, vermeidet es sorgsam, diesen Palast unter der Erde zu verlassen und kommt wahrscheinlich bloß durch Zufall an die Oberfläche herauf. Es soll mit der größten Schnelligkeit den Boden durchwühlen oder wie der Maulwurf geradezu durchlaufen, auf der Oberfläche der Erde dagegen langsam und ungeschickt sich bewegen. Höchst wahrscheinlich jagt es Kerfen und Würmern nach, vielleicht nimmt es auch mit zarten Wurzeln vorlieb. Ueber die Fortpflanzung weiß man nur soviel, daß die Vermehrung eine geringe ist. Die Eingebornen behaupten, das Weibchen trage seine Jungen versteckt unter der Gürteldecke.
Man sieht, wie dürftig diese Mittheilungen und wie viele von ihnen bloße Vermuthungen sind. Um so angenehmer war es mir, von meinem Freunde Göring noch einiges zu erfahren. »Der Schildwurf«, so berichtet er mir, »lebt nicht bloß in der Provinz Mendoza, sondern auch in San Luis, und zwar nach den Versicherungen eines alten glaubwürdigen Landwirtes in weit größerer Anzahl als in Mendoza, obwohl er hier bekannter ist, jedenfalls weil die Naturforscher öfter nach ihm gefragt haben. Die Spanier nennen ihn Bicho ciego, weil sie glauben, daß er ganz blind wäre; einzelne aber geben ihm den Namen Juan calado (Hans mit Spitzenbesatz). Unter ersterem Namen kennt ihn jeder Mendozino, welcher sich einigermaßen um die Thiere seiner Heimat bekümmert.
»Das Thierchen bewohnt sandige, trockene, steinige Gegenden, hauptsächlich solche, welche mit dornigem Gestrüpp und Kaktus bewachsen sind. Den Tag über hält es sich stets im Innern der Erde versteckt; nachts aber erscheint es auch auf der Oberfläche, und namentlich bei Mondscheine läuft es außen umher, am liebsten unter Gebüschen. Nach allen sicheren Angaben verweilt es niemals lange vor seinem Baue und entfernt sich auch immer nur auf wenige Schritte von der Mündung der Höhle. Die Fährte, welche es zurückläßt, ist so eigenthümlich, daß man unsern »Spitzenhans« augenblicklich daran erkennen kann. Der Gang ist nämlich nur ein Fortschieben der Beine; das Thier vermag es nicht, die schwerbewaffneten Füße hoch genug zu erheben, und schleift sie bloß auf dem Boden dahin. So bilden sich zwei neben einander fortlaufende Streifen im Sande, welche noch besonders dadurch sich auszeichnen, daß sie immer in den mannigfaltigst verschlungenen Windungen sich dahinziehen. Die Mündungen des Baues sind auch noch an Einem kenntlich: Der Schildwurf schleudert beim Herausgehen, wahrscheinlich mit den nach außen gedrehten Vorderpfoten, wohl nach Art des Maulwurfes, die Erde weg, welche ihn hindert, und diese fällt in zwei kleinen Häufchen zu beiden Seiten hin, so daß in der Mitte gewissermaßen ein Gang bleibt. Kein anderer Höhlenbauer Südamerikas verfährt in dieser Weise.«
Ueber die Fortpflanzung weiß man gar nichts. Man jagt das Thier nirgends regelmäßig, sondern fängt es nur zufällig, vorzugsweise beim Auswerfen der Bewässerungsgräben, welche man da zieht, wo man Felder anlegen will. Einige Male ist es auch beim Fange anderer Gürtelthiere mit gefunden worden. In der letztern Zeit hat man, der häufigen Nachfragen wegen, sich etwas mehr Mühe gegeben, Bicho ciegos zu erlangen; doch muß dies sehr schwer sein, da Göring, welcher sich sieben Monate dort aufhielt, trotz aller Anstrengungen und der lockendsten Versprechungen nicht ein einziges lebend oder frisch getödtet erhalten konnte. Noch heutigen Tages bildet der Bicho ciego einen Gegenstand der Bewunderung der Eingeborenen. Man läßt jeden Gefangenen so lange leben, als er leben kann, und bewahrt ihn dann als große Merkwürdigkeit auf, sogut es eben gehen will, wie es überhaupt den Südamerikanern eigen ist, Thiere, welche ihnen merkwürdig vorkommen, in der Gefangenschaft zu halten, ohne daß sie jedoch daran dächten, sie auch zu pflegen. Da die Leute das Abbälgen und Ausstopfen nicht verstehen, findet man Schildwürfe als Mumien in ihren Händen, und zwei solcher Mumien erhielt auch Göring, beziehentlich Burmeister, während der genannten Zeit des Aufenthaltes in Mendoza.