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Unter den Thieren der Schaubuden finden sich regelmäßig einige, denen sich, dank den Erläuterungen des trinkgeldheischenden Thierwärters, die besondere Aufmerksamkeit der Schaulustigen zuzuwenden pflegt. Der Erklärer verfehlt nie, diese Thiere als wahre Scheusale darzustellen, und dichtet ihnen die fürchterlichsten Eigenschaften an. Mordlust, Raubgier, Grausamkeit, Blutdurst, Hinterlist und Tücke ist gewöhnlich das geringste, was der Mann ihnen, den Hiänen, zuschreibt; er lehrt sie regelmäßig auch noch als Leichenschänder und Todtenausgräber kennen und erweckt sicherlich ein gerechtes Entsetzen in den Gemüthern aller naturunkundigen Zuschauer. Die Wissenschaft hat es bis jetzt noch nicht vermocht, solchen Unwahrheiten zu steuern, diese haben sich vielmehr, allen Belehrungen zum Trotze, seit uralter Zeit frisch und lebendig erhalten.
Es gibt wenige Thiere, deren Kunde mit so vielen Fabeln und abenteuerlichen Sagen ausgeschmückt worden wäre wie die Geschichte der Hiänen. Schon die Alten haben die unglaublichsten Sachen von ihnen erzählt. Man behauptete, daß die Hunde Stimme und Sinne verlören, sobald sie der Schatten einer Hiäne träfe; man versicherte, daß die scheußlichen Raubthiere die Stimme des Menschen nachahmen sollten, um ihn herbeizulocken, dann plötzlich zu überfallen und zu ermorden; man glaubte, daß ein und dasselbe Thier beide Geschlechter in sich vereinige, ja selbst nach Belieben das Geschlecht ändern und sich bald als männliches, bald als weibliches Wesen zeigen könne. »Der leyb«, sagt der alte Geßner, »gantz scheutzlich, voller blawer fläcken, hat scheutzliche augen, welcher farb sich ohn vnderlaß änderet nach seinem gefallen: hat ein starret vnbeweglich gnick gleych dem Wolff oder Löuwen: in seinem grind wirdt ein edelgstein gefunden, edler tugend. Etlich schreybend daß sich seine augen nach seinem tod in stein verwandlend. Hat bey der nacht ein scharpff gesicht, so er doch bey tag derselbigen schier beraubet ist: kann mit seiner Stimm nachuolgen vnd sich vergleychen der stimm der menschen. Speyß sind allerley todte cörper, sy seynd der thieren oder der menschen: sol auch den gräberen nachhalten, so begirig ist er über das fleisch der menschen. Hat eine so starcke krafft zu entschläffen, daß er auch die menschen so er sunst schlaffen findt, dermassen entschläfft, daß sie on empfindlichkeit ligend zu dem raub bereitet.« Das merkwürdigste bei der Sache ist, daß diese Fabelei Wiederklang findet bei allen Völkerschaften, welche die Hiänen kennen lernten. Namentlich die Araber sind reich an Sagen über diese Thiere. Man glaubt steif und fest, daß Menschen von dem Genusse des Hiänengehirnes rasend werden, und vergräbt den Kopf des erlegten Raubthieres, um bösen Zauberern die Gelegenheit zu übernatürlichen Beschwörungen zu nehmen. Ja, man ist sogar fest überzeugt, daß die Hiänen selbst nichts anderes sind als verkappte Zauberer, welche bei Tage in Menschengestalt umherwandeln, bei Nacht aber die Hiänenmaske annehmen, allen Gerechten zum Verderben. Ich selbst bin mehrere Male von meinen arabischen Dienern herzlich und dringend gewarnt worden, auf Hiänen zu schießen, und schauerliche Geschichten wurden mir über die Gewalt der verlarvten, höllischen Geister mitgetheilt.
»Diese verzauberten Menschen, die von Allah, dem Erhabenen, Verdammten«, so sagte mir mein Diener Aali, »können durch den bloßen Blick ihres bösen Auges das Blut in den Adern des Gottseligen zum Stocken und das Herz zum Stillstehen bringen, die Eingeweide austrocknen und den Verstand verwirren. Einer unserer Herrscher, Churschid Pascha, ließ viele von den Dörfern verbrennen, – Gott segne ihn dafür! – in denen sich solche Zauberer befanden, und dennoch ist ihre Anzahl immer noch groß genug, und sie sind übermächtig, zum Schaden der Gläubigen. Zwar wird sie Allah in den tiefsten Pfuhl der Hölle schleudern; allein während sie leben, thut der Gläubige wohl, ihnen aus dem Wege zu gehen und den Bewahrer zu bitten, daß er ihn vor den aus seinem Himmel herabgeschleuderten Teufeln in Gnaden bewahre. Jener Fürst starb eines frühen Todes, denn er verfuhr hart gegen alle Zauberer, und wahrlich! – nur der Blick des bösen Auges hat ihn unter die Erde gebracht. Glaube mir, ich selbst war in großer Gefahr; nur der Allmächtige hat mir geholfen und mein Herz gutem Rathe geöffnet. Meine Ohren waren bereit, die Stimme des Warners zu meinem Herzen zu führen. Ich wollte mit einem meiner Brüder Jagd anstellen auf jene nächtlichen Geister der Hölle, welche sich gar heftig auf dem Leichnam eines Kameles stritten, allein noch zur rechten Zeit wurde ich durch den Sohn eines weisen Schëich davon abgehalten. »Hört, o Ihr Gläubigen, auf die Stimme der Wesen, welche Ihr für Hiänen haltet; gleicht sie wohl der Stimme eines Thieres? Sicherlich nicht! Gleicht sie nicht vielmehr dem Weherufe eines jammernden Menschen? Gewiß! O, so glaubet mir, daß diese, welche Ihr für Thiere haltet, nichts anderes als große Sünder sind, welche über ihre entsetzliche Missethat jammern und klagen. Und wird diese Stimme nicht zugleich dem Gelächter eines Teufels gleich? So glaubet, daß der Verworfene aus ihnen spricht! Wisset, daß von diesen Zauberwesen schon großes Unheil gestiftet worden ist. Ich kenne einen jungen Mann, der eine Hiäne tödtete. Er fühlte sich am anderen Tage schon vollkommen entmannt: er war zu einem Weibe gewandelt worden. Ich kenne einen anderen, dessen Gebein von Stunde an vertrocknete, nachdem er einen solchen Zauberer getödtet hatte. Laßt ab, meine Brüder!« Wir thaten es, und die ganze Nacht hindurch hörte ich das Heulen der Hiänen. Es war, als ob sich die Diener des Teufels (Gott schütze uns vor ihm!) gestritten hätten. Das waren keine Thiere, das waren wirkliche Zauberer, das waren die Söhne des Verfluchten. Meine Glieder zitterten vor Schrecken, meine Zunge ward dürr; meine Augen dunkelten, ich schlich mich unter Zagen hinweg und suchte mein Lager. So glaube auch Du mir, daß Du Uebles thust, wenn Du Dein Gewehr auf jene abfeuerst, die Du für Thiere hältst. Zwar sind sie, die höllischen Zauberer, verflucht und die Söhne des Verfluchten; ihnen wird nie das Glück blühen: sie werden nimmermehr die Freuden des Vaters genießen und besäßen sie einen Harêm gleich dem des Sultans; sie werden das Paradies nie zu sehen bekommen, sondern in der tiefsten Nacht der Hölle wimmern und ewig verloren sein: aber dem Frommen ist es nicht zuträglich, sie aufzusuchen, und Dich, o Herr, habe ich als gerechten Mann erkannt; darum vernimm denn meine Warnung!«
Das Märchen und die Sage sucht sich immer seine Gestalten. Ein Thier, von welchem so viel wunderbares berichtet oder geglaubt wird, muß irgend etwas absonderliches in seiner Gestalt zeigen. Dies finden wir denn auch bei den Hiänen ( Hyaenidae) bestätigt. Sie ähneln den Hunden und unterscheiden sich gleichwohl in jedem Stücke von ihnen; sie reihen sich an jene Familie an und stehen vereinzelt für sich da. Ihr Anblick ist keineswegs anmuthig, sondern entschieden abstoßend. Alle Hiänen sind häßlich, weil sie bloß Andeutungen von einer Gestalt sind, welche wir in vollendeterer Weise kennen. Einzelne Forscher sehen sie als Zwittergestalten zwischen Hund und Katze an; wir aber können dieser Anschauung nicht beipflichten, weil die Hiänen eine ganz eigenthümliche Gestalt für sich selbst haben. Der Leib ist gedrungen, der Hals dick, der Kopf stark und die Schnauze kräftig und unschön. Die krummen, vorderen Läufe sind länger als die hinteren, wodurch der Rücken abschüssig wird, die Füße vierzehig. Die Lauscher sind nur spärlich behaart und unedel geformt; die Seher liegen schief, funkeln unheimlich, unstet, und zeigen einen abstoßenden Ausdruck. Der dicke, scheinbar steife Hals, die buschig behaarte Lunte, welche nicht über das Fersengelenk hinabreicht, und der lange, lockere, rauhe Pelz, welcher sich längs des Rückens in eine schweinsborstenähnliche Mähne verlängert, die düstere, nächtige Färbung der Haare endlich: dies alles vereinigt sich, den ganzen Eindruck zu einem unangenehmen zu machen. Zudem sind alle Hiänen Nachtthiere, besitzen eine widerwärtige, mißtönende, kreischende oder wirklich gräßlich lachende Stimme, zeigen sich gierig, gefräßig, verbreiten einen üblen Geruch und haben nur unedle, fast hinkende Bewegungen, offenbaren auch gewöhnlich etwas ganz absonderliches in ihrem Wesen: kurz, man kann sie unmöglich schön nennen. Die vergleichende Forschung findet noch andere ihnen eigenthümliche Merkmale auf. Das Gebiß kennzeichnet den ausschließlichen Fleischfresser. Die außerordentliche Stärke der plumpen Zähne setzt das Thier in den Stand, die Ueberbleibsel der Nahrung anderer Fleischfresser noch für sich nutzbar zu machen und die stärksten Knochen zu zerbrechen. Beim Hunde bilden die Schneidezähne in ihrer Reihe einen Kreisabschnitt, bei den Hiänen stehen sie in einer geraden Linie und werden dadurch Ursache zu der vorn breiten, abgeplatteten Schnauze. Die Schneidezähne sind sehr entwickelt, die Eckzähne stumpfkegelig, die Lückzähne durch ihre stark eingedrückten Kronen, die Backenzähne durch ihre Massigkeit ausgezeichnet. Vierunddreißig Zähne bilden das Gebiß; es stehen, wie beim Hunde und anderen Raubthieren, drei Schneidezähne und ein Eckzahn in jeder Kieferhälfte; dagegen trägt der Oberkiefer jederseits nur fünf, der Unterkiefer nur vier Backenzähne. Von diesen wird oben wie unten bloß der letzte nicht gewechselt, ist demnach als der einzige wahre Backenzahn aufzufassen und erscheint im Oberkiefer als kleiner Höckerzahn, während der letzte Zahn des Unterkiefers als Fleischzahn ausgebildet ist. Das Milchgebiß enthält in jeder Kieferhälfte nur drei Backenzähne. Am Schädel sind bemerkenswerth: der breite und stumpfe Schnauzentheil, der enge Hirnkasten, die starken und abstehenden Jochbögen und Leisten, im übrigen Gerippe die sehr kräftigen Halswirbel, von denen die Alten glaubten, daß sie zu einem einzigen Stücke verschmölzen, die breiten Rippen etc. Mächtige Kaumuskeln, große Speicheldrüsen, die hornigbewarzte Zunge, eine weite Speiseröhre und eigenthümliche Drüsen in der Aftergegend kennzeichnen die Thiere noch anderweitig.
Der Verbreitungskreis der Hiänen ist ein sehr ausgedehnter. Sie finden sich in dem größten Theile Süd- und Westasiens bis zum Altai; besonders häufig sind sie jedoch in ganz Afrika, welcher Erdtheil deshalb auch als ihr eigentliches Vaterland angesehen werden muß. Bei Tage sieht man sie nur, wenn sie durch einen Zufall aufgescheucht wurden; freiwillig verläßt keine Hiäne ihren Schlupfwinkel. Die Nacht muß schon vollständig hereingebrochen sein, ehe sie daran denken, ihre Raubzüge zu beginnen. In stark bewohnten Gegenden wagen sie sich selten bis in die Nähe der Menschen heran; in dünner bevölkerten Landstrichen aber kommen sie auf ihren nächtlichen Wanderungen dreist bis in das Innere der Ortschaften herein. Etwa eine Stunde nach Sonnenuntergang vernimmt man in den einsamsten Gebirgs- oder Waldgegenden, in der Steppe oder selbst in der Wüste das Geheul der einzeln oder in kleinen Gesellschaften umherschweifenden Thiere. In den Urwäldern Mittelafrikas und namentlich in den Uferwaldungen des Blauen Flusses bilden diese Heuler einen förmlichen Chor; denn sobald die eine mit ihrem abscheulichen Nachtgesange beginnt, stimmen die anderen augenblicklich ein. Das Geheul der gewöhnlichen (gestreiften) Hiäne ist sehr mißtönend, aber nicht so widerlich, als man gesagt hat. Ich und meine ganze Reisegesellschaft sind durch dasselbe stets in hohem Grade belustigt worden. Es ist sehr verschieden. Heisere Laute wechseln mit hochtönenden, kreischende mit murmelnden oder knurrenden ab. Dagegen zeichnet sich das Geheul der gefleckten Art durch ein wahrhaft fürchterliches Gelächter aus, ein Lachen, wie es die gläubige Seele und die rege Phantasie etwa dem Teufel und seinen höllischen Gesellen zuschreibt, scheinbar ein Hohnlachen der Hölle selbst. Wer diese Töne zum ersten Male vernimmt, kann sich eines gelinden Schauders kaum entwehren, und der unbefangene Verstand erkennt in ihnen sofort einen der hauptsächlichsten Gründe für die Entstehung der verschiedenen Sagen über unsere Thiere. Es ist sehr wahrscheinlich, daß sich die Hiänen mit ihren Nachtgesängen gegenseitig zusammenheulen, und soviel sicher, daß die Musik augenblicklich in einer Gegend verstummt, sobald einer der Heuler irgendwelchen Fraß gefunden hat. Besondere Erscheinungen, welche Verwunderung erregen oder Schrecken verursachen, werden von der gestreiften Hiäne immer mit Geheul, von der gefleckten mit Gelächter begrüßt. So erschien, als wir in der Neujahrsnacht von 1850 zu 1851 mitten im Urwalde am Blauen Flusse ein großes Feuer angezündet hatten, um nach unserer Weise das Fest zu feiern, auf der Höhe des steilen Uferrandes eine gestreifte Hiäne, trat so weit vor, daß sie grell von den Flammen beleuchtet und hierdurch Allen sichtbar wurde, begann ein wahrhaft jämmerliches Geheul, blieb aber ganz fest stehen und starrte in das Feuer. Erst die Antwort, welche wir ihr durch ein schallendes Gelächter gaben, vertrieb sie von ihrem Schauplatze und jagte sie in das Dunkel der Wälder zurück. Das Hiänengeheul ist geradezu unzertrennlich von einer Nacht im Urwalde, weil immer das tonangebende, welches die einzelnen anderen Stimmen gleichsam begleitet; denn die übrigen Raub- oder Nachtthiere des Waldes, wie Löwe, Panther, Elefant, Wolf und Nachteule, stimmen bloß zuweilen in das endlose Nachtlied der Hiänen ein.
Solange die Nacht währt, sind die umherstreifenden Thiere in steter Bewegung, und erst gegen den Morgen hin ziehen sie sich wieder nach ihren Ruheplätzen zurück. In die Städte und Dörfer kommen sie, nach meinen Beobachtungen, selten vor zehn Uhr nachts, dann aber auch ohne Scheu, selbst ohne sich durch die Hunde beirren zu lassen. In der Stadt Sennâr am Blauen Flusse traf ich, von einem Gastmahle heimkehrend, um Mitternacht eine sehr zahlreiche Gesellschaft von Hiänen an und hielt sie, weil mich die Thiere sehr nahe an sich herankommen ließen, zuerst für Hunde, bis mich der kreischende, heisere Laut, den die eine ausstieß, belehrte, mit welchen Gästen ich es zu thun hatte. Ein einziger Steinwurf verjagte sie augenblicklich, und sie stoben nun wie dunkle Geister nach allen Seiten hin durch die Straßen der Stadt.
Bei ihren Wanderungen werden die Hiänen ebensowohl durch den Geruch wie durch das Gehör und Gesicht geleitet. Ein stinkendes Aas versammelt regelmäßig zwei oder mehrere von ihnen. Ebenso werden die häßlichen Gesellen durch eine eingezäunte Herde von Schafen, Ziegen oder Rindern herbeigelockt und umschleichen dann mit lüsternen Blicken, bezüglich mit unheimlich grünlichfunkelnden Augen ärgerlich die dichte Umzäunung, welche sie nicht zu durchdringen vermögen, und setzen durch ihr Geheul die eingeschlossenen Hausthiere in gewaltigen Schrecken. Die wachsamen Hunde jener Gegenden treiben sie stets ohne große Mühe zurück; sie sind trefflich eingeschult, augenblicklich nach der Seite hinzustürzen, von welcher ihren Schutzbefohlenen eine Gefahr drohen könnte. Es kommt niemals vor, daß eine Hiäne den muthigen Wächtern Stand hielte; sie ergreift vielmehr immer die Flucht vor der Meute, kommt aber nach sehr kurzer Zeit wieder zurück. Sobald sie eine Beute gewittert hat, verstummt sie und trottet nun, so leise sie kann, – denn zum Schleichen bringt sie es nicht, – in kurzen Absätzen näher und näher, äugt, lauscht und wittert, so oft sie stillsteht, und ist jeden Augenblick bereit, die Flucht wieder zu ergreifen. Die gefleckte Art ist etwas muthiger als die gestreifte, verhältnismäßig zu ihrer Größe aber immer noch erbärmlich feig und furchtsam. Alle Hiänen greifen nur Thiere an, welche sich gar nicht wehren, namentlich Schafe, Ziegen, Antilopen, junge Schweine und dergleichen, und auch diese regelmäßig von der Seite. Einen Ochsen oder ein Pferd zerreißen sie äußerst selten, und häufig genug sind Fälle vorgekommen, daß sogar ein muthiger Esel sie in die Flucht geschlagen hat. Sie richten also bloß unter den schwächeren Hausthieren Schaden an. In diesem Kreise aber sind die Verwüstungen, welche sie verursachen, sehr bedeutend. Auf eine wirkliche Jagd lassen sie sich da, wo der Eingeborene Viehzucht betreibt, nicht ein. Sie erscheinen inmitten der nicht genügend geschützten Herde, würgen ein Thier nieder und fressen es auf, verfahren so aber auch nur dann, wenn sie kein Aas finden. Anders ist es in allen Ländern Afrikas, in denen der halbwilde Mensch noch als Jäger auftritt. Hier werden sie, wie Schweinfurth im Lande der Njamnjam erfuhr, zu wirklichen Jagdthieren, verfolgen und hetzen des Nachts Antilopen, reißen sie nieder, wie Wölfe ihre Beute, würgen sie ab und fressen sie auf. Solche Jagden müssen jedoch als Ausnahmen angesehen werden. Am liebsten ist es ihnen unter allen Umständen, wenn sie ein Aas finden. Um dieses herum beginnt regelmäßig ein Gewimmel, welches kaum zu schildern ist. Sie sind die Geier unter den Säugethieren, und ihre Gefräßigkeit ist wahrhaft großartig. Dabei vergessen sie alle Rücksichten und auch die Gleichgültigkeit, welche sie sonst zeigen. Man hört es sehr oft, daß die Fressenden in harte Kämpfe gerathen; es beginnt dann ein Krächzen, Kreischen und Gelächter, daß Abergläubische wirklich glauben können, alle Teufel der Hölle seien los und ledig. Durch die Aufräumung des Aases werden sie nützlich; der Schaden, welchen sie den Herden zufügen, übertrifft jedoch jenen geringen Nutzen weit, weil das Aas auch durch andere, viel bessere Arbeiter aus der Klasse der Vögel und der Kerbthiere weggeschafft werden würde. Im tiefen Innern Afrikas sind die Hiänen noch heutigen Tages die Bestatter der Leichname armer oder unfreier Leute, welche ihnen gleichsam zum Fraße vorgeworfen werden, und noch während der türkischen Herrschaft war es gar nichts seltenes, daß in Sennâr und Obëid während der Nachtzeit menschliche Leichname von ihnen gefressen wurden. In Südostafrika graben sie die nur leicht verscharrten Leichen der Hottentotten aus, und hierauf mögen sich alle die bösen Nachreden gründen, an denen sie noch jetzt zu leiden haben. Den Reisezügen durch Steppen und Wüsten folgen sie in größerer oder geringerer Zahl, gleichsam, als ob sie wüßten, daß ihnen aus solchen Zügen doch ein Opfer werden müsse. Im Nothfalle begnügen sie sich mit thierischen Ueberresten aller Art, selbst mit trockenem Leder und dergleichen. Auf den Schlachtplätzen, welche im Innern Afrikas immer vor der Ortschaft liegen, raffen sie das am Boden vertrocknete stinkende Blut gierig auf und verschlingen dabei häufig eine Menge von Erde oder Straßenschmutz; um die Kothhaufen der Dorfbewohner sieht man sie regelmäßig beschäftigt.
Von der Beute, welche eine Hiäne gefaßt hat, läßt sie sich nicht wieder abtreiben. Sie nimmt wenigstens ein Stück derselben mit, und was sie einmal im Rachen trägt, gibt sie lebendig nicht wieder her, selbst wenn sie geschlagen oder sonstwie gemißhandelt werden sollte. Vielfach ist hin- und hergestritten worden, ob die Hiänen auch den Menschen angreifen oder nicht. Die gestreifte thut es ganz entschieden nicht, die gefleckte aber greift Kinder oder schlafende Erwachsene wirklich an und schleppt sie mit sich weg; denn ihre Kraft ist so groß, daß sie bequem einen Menschen forttragen kann. An erwachsene Männer wagt aber auch sie sich wohl nur äußerst selten, und deshalb fürchtet niemand die leibliche Stärke des Thieres.
Um die Zeit, in welcher es die meiste Beute gibt, im Innern Afrikas also zu Anfang der Regenzeit und im Norden im Frühlinge, wölft die Hiäne in einer selbstgegrabenen kunstlosen Röhre oder Felsenhöhle auf den nackten Boden drei bis sieben Junge, welche sie, solange diese klein und schwach sind, zärtlich liebt und mit vielem Muthe vertheidigt, später aber, nachdem die Jungen größer geworden, feig verläßt, sobald Gefahr droht. Die Jungen haben eine dichte, feine, aschgraue Behaarung mit einem schwarzen Streifen auf der Firste des Rückens, von welcher gleichgefärbte auf die Seite herablaufen, und zwischen denen sich zerstreutstehende Flecken befinden.
In frühester Kindheit eingefangene Hiänen kann man sehr leicht zähmen; sie halten auch die Gefangenschaft sehr gut und dauernd aus, werden aber meistens im Alter staarblind.
Des Schadens wegen, welchen diese Raubthiere anrichten, werden sie von den europäischen Ansiedlern und auch von einigen anderen Völkerschaften ziemlich regelmäßig und lebhaft verfolgt. Man schießt sie, fängt sie in Fallen oder Fallgruben, vergiftet sie und greift sie lebendig. Letztere Fangart wird namentlich in Egypten angewandt, und ich kann sie den übereinstimmendsten Nachrichten vieler glaubwürdigen Männer zufolge verbürgen. Der Hiänenfänger begibt sich mit einem wollenen Teppiche an einen Felsspalt des Gebirges, in welchen er Hiänen zu finden hoffen darf, weil ihm derselbe als Schlupfwinkel seit Jahren bekannt ist. Vorsichtig weiterschreitend oder, wenn es eine Höhle ist, kriechend, dringt er nach dem Lager des Thieres vor, bis die grünlichfunkelnden Augen ihm seine Beute verrathen. Sobald er sich nähert, zieht sich die Hiäne zornig kreischend zurück, soweit sie kann. Am hinteren Ende der Höhle endlich macht sie Halt; der Fänger nähert sich ihr, wirft ihr den Teppich über den Kopf und sich dann selbst auf ihn und die Hiäne, sucht, das Thier soviel als möglich in denselben zu verwickeln und bringt es dahin, daß der wüthende Nächtling sich im Teppiche festbeißt. Dann hat jener leichtes Spiel: er bindet die Beine zusammen und wirft schließlich eine Schlinge über den Hals, um daran die Hiäne zu erdrosseln, oder auch bloß auf die Schnauze, um diese zuzuschnüren. Ist dies einmal geschehen, so wird die Hiäne, so sehr sie sich auch sträubt, leicht wehrlos gemacht. Die Mohammedaner benutzen keinen einzigen Theil einer Hiäne, weil das ganze Thier mit Recht als unrein gilt. Bei den kriegerischen Stämmen der Wüste hält man es sogar für entehrend, sich mit einer Hiäne in Kampf einzulassen, und jede Waffe, welche gebraucht worden ist, ein solches Thier zu tödten, hat damit in der Meinung der Krieger eine Scharte erhalten, welche niemals wieder ausgewetzt werden kann; sie gilt wenigstens zum ferneren Gebrauche der Krieger für unfähig. Deshalb benutzten die Araber des Westens, wie Jules Gerard erzählt, eine ganz eigenthümliche Waffe gegen die Hiänen, welche wohl sonst niemals mehr angewendet werden dürfte. Sie fassen nämlich eine Hand voll feuchten Schlamm oder einen ähnlichen Stoff und stellen sich damit vor die liegende Hiäne, strecken ihre Hand aus und sagen spottend: »Sieh, mein Thierchen, wie schön ich dich schmücken will mit dieser Henna!« (Bekanntlich die rothfärbenden Blätter eines Strauches, welche die arabischen Weiber benutzen, um sich ihre Nägel und inneren Handflächen roth zu färben.) Sobald dann die Hiäne sich erhebt, werfen sie ihr geschickt die Salbe in die Augen, hüllen sie in den Teppich, fesseln sie, bevor sie wieder vollkommen zu Sinnen gekommen ist, bringen sie in ihre Dörfer und überantworten sie hier den Frauen und Kindern, welche sie zu Tode steinigen.
In der Vorwelt waren die Hiänen über einen weit größeren Theil der Erde verbreitet als gegenwärtig und fanden sich auch in Deutschland ziemlich häufig, wie die vielfach aufgefundenen Knochen der Höhlen- und Vorweltshiänen hinlänglich beweisen. Gegenwärtig leben, so viel man weiß, vier Arten der Gruppe, drei echte und eine vierte, welche als ein vermittelndes Bindeglied zwischen Hiänen und den Zibetkatzen angesehen werden darf.
Die Tüpfel- oder gefleckte Hiäne, Tigerwolf der Kapländer ( Hyaena crocuta, Canis crocutus, Hyaena capensis und maculata, Crocuta maculata), unterscheidet sich durch ihren kräftigen Körperbau und den gefleckten Pelz von der viel häufiger als sie zu uns kommenden Streifenhiäne und dem einfarbigen Strandwolfe. Auf weißlichgrauem, etwas mehr oder weniger ins Fahlgelbe ziehendem Grunde stehen an den Seiten und an den Schenkeln braune Flecken. Der Kopf ist braun, auf den Wangen und auf dem Scheitel röthlich, die Standarte braun geringelt und ihre Blume schwarz; die Branken sind weißlich. Diese Färbung ändert nicht unbedeutend ab: man findet bald dunklere, bald hellere. Die Leibeslänge des Thieres beträgt etwa 1,3 Meter, ihre Höhe am Widerriste ungefähr 80 Centim.
Die Tüpfelhiäne bewohnt das südliche und östliche Afrika vom Vorgebirge der guten Hoffnung an bis zum 17. Grade nördlicher Breite und verdrängt, wo sie häufig vorkommt, die Streifenhiäne fast gänzlich. In Abessinien und Ostsudân lebt sie mit dieser an gleichen Orten, wird aber nach Süden hin immer häufiger und schließlich die einzig vorkommende. In Abessinien ist sie gemein und steigt in den Gebirgen sogar bis 4000 Meter über die Meereshöhe hinauf. Ihre ganze Lebensweise ähnelt der ihrer Verwandten; sie wird aber ihrer Größe und Stärke halber weit mehr gefürchtet als diese und wohl deshalb auch hauptsächlich als unheilvolles, verzaubertes Wesen betrachtet. Die Araber nennen sie Marafil. Viele Beobachter versichern einstimmig, daß sie wirklich Menschen angreife, namentlich über Schlafende und Ermattete herfalle. Dasselbe behaupten, wie wir von Rüppell erfahren, die Abessinier. »Die gefleckten Hiänen«, sagt genannter Forscher, »sind von Natur sehr feige, haben aber, wenn sie der Hunger quält, eine unglaubliche Kühnheit. Sie besuchen dann selbst zur Tageszeit die Häuser und schleppen kleine Kinder fort, wogegen sie jedoch nie einen erwachsenen Menschen angreifen. Oft wissen sie, wenn abends die Herde heimkehrt, eines der letzten Schafe derselben durch einen Sprung zu erhaschen, und meist gelingt es ihnen, trotz der Verfolgung der Hirten, ihre Beute fortzuschleppen. Hunde werden hier nicht gehalten. Die Einwohner fingen für uns mehrere große Hiänen lebendig in Gruben, die in einem von Dornbüschen umgebenen Gange angebracht werden, an dessen Ende eine nach ihrer Mutter blökende Ziege angebunden wird. Man muß sie möglichst bald tödten, weil sie sich sonst einen Ausweg aus dem Gefängnisse wühlen.« Ich habe die Tüpfelhiäne in den von mir durchreisten Gegenden überall nur als feiges Thier kennen gelernt, welches dem Menschen scheu aus dem Wege geht.
Am Kap bezeichnet man diese Art mit dem Namen Tigerwolf. »Sie ist dort«, sagt Lichtenstein, »bei weitem das häufigste unter allen Raubthieren und findet sich selbst noch in den Schluchten des Tafelberges, sodaß die Pächtereien ganz in der Nähe der Kapstadt nicht selten von ihr beunruhigt werden. Im Winter hält sie sich auf den Berghöhen, im Sommer aber in den ausgetrockneten Stellen großer Ebenen auf, wo sie in dem hohen Schilfe den Hasen, Schleichkatzen und Springmäusen auflauert, welche an solchen Stellen Wasser, Kühlung oder Nahrung suchen. Die Güterbesitzer in der Nähe der Kapstadt stellen fast jährlich Jagden an. Es gibt dort mehrere solche mit Schilfrohr bewachsene Niederungen; eine jede derselben wird umzingelt und an mehreren Stellen unter dem Winde in Brand gesteckt. Sobald die Hitze das Thier zwingt, seinen Hinterhalt zu verlassen, fallen es die ringsum aufgestellten Hunde an, und der Anblick dieses Kampfes ist der Hauptzweck der ganzen Unternehmung. Inzwischen bringen die Hiänen in der Nähe der Stadt weniger Schaden als Nutzen; sie verzehren manches Aas und vermindern die Anzahl der diebischen Paviane und der listigen Ginsterkatzen. Man hört es sehr selten, daß die Hiäne in diesen dichter bewohnten Gegenden ein Schaf gestohlen; denn sie ist scheu von Natur und flieht vor dem Menschen, und man weiß kein Beispiel, daß sie jemanden angefallen hätte. Den Kopf trägt sie niedrig mit gebogenem Nacken; der Blick ist boshaft und scheu. Fast auf jeder Pächterei findet man in einiger Entfernung von dem Wohnhause eine Hiänenfalle, ein von Stein roh aufgeführtes Gebäude von zwei bis drei Meter im Geviert mit einer schweren Fallthür versehen, die von innen ganz nach Art einer Mausefalle mit der Lockspeise in Verbindung steht und zuschlägt, sobald das Raubthier das hingelegte Aas von der Stelle bewegt. Aehnliche Fallen werden auch den Pardern gestellt, doch unterscheiden sich diese dadurch, daß sie von oben durch aufgelegtes Gebälk geschlossen sind, dahingegen die Tigerwolfsfallen oben offen sind, weil dies Thier weder springt noch klettert. In manchen Gegenden stellt man den Raubthieren auch wohl Selbstschüsse, die besonders geschickt angelegt sind. Man gräbt nämlich eine tiefe Rinne, in welcher das Gewehr liegt und der Strick bis zu der Lockspeise fortläuft. Diese selbst liegt am Ende der Rinne, da wo sie in einen breiten Graben ausläuft, sodaß das Thier nicht anders dazu gelangen kann, als gerade an der Stelle, wohin die Kugel treffen muß. Nur dem listigen und gewandten Schakal gelingt es zuweilen, das Fleisch von der Seite herauszuholen und dem Schusse auszuweichen. In der Gegend vom Olifantsflusse pflegt man die Hiänen mit vergiftetem Fleische zu tödten.«
Noch zu Sparrmanns Zeiten (1780) kamen sie, wie gegenwärtig im Sudân, in das Innere der Städte und verzehrten hier alle thierischen Abfälle, welche auf den Straßen lagen. Wahrhaft schrecklich sind die Erzählungen, welche Strodtmann in seinen südafrikanischen Wanderungen gibt. Er erfuhr, daß die nächtlichen Angriffe dieser Thiere vielen Kindern und Halberwachsenen das Leben kosteten, und seine Berichterstatter hörten in wenigen Monaten von vierzig solchen verderblichen Ueberfällen erzählen. Die Mambukis, ein Kafferstamm, behaupten, daß die Hiäne Menschenfleisch jeder anderen Nahrung vorziehe. Ihre Häuser haben die Gestalt eines Bienenkorbes von sechs bis sieben Meter im Durchmesser. Der Eingang ist ein enges Loch und führt zunächst in eine rinnenförmige Abtheilung, welche des Nachts zur Bewahrung der Kälber dient, und erst innerhalb dieser Abtheilung befindet sich ein erhöhter Raum, auf welchem die Familie zu ruhen pflegt. Hier schlafen die Mambukis, im Kreise um ein Feuer gelagert. Die eingedrungenen Hiänen sind nun, wie man versichert, immer zwischen den Kälbern hindurchgegangen, haben das Feuer umkreist und die Kinder unter der Decke der Mütter so leise herausgezogen, daß die unglücklichen Eltern ihren Verlust erst dann erfuhren, als das Wimmern des von dem Unthiere gepackten Kindes aus einer Ferne zu ihnen gelangte, wo Rettung nicht mehr möglich war. Shepton, welcher diese Geschichten verbürgt, bekam ein Paar Kinder zur Heilung, welche von dem Raubthiere fortgeschleppt und fürchterlich zugerichtet, glücklicherweise aber ihm dennoch wieder abgejagt worden waren. Das eine der Kinder war ein zehnjähriger Knabe, das andere ein achtjähriges Mädchen. Schlingen, Gruben und Selbstschüsse werden nach diesem Berichterstatter nur mit geringem Erfolge angewendet, weil die listigen Hiänen die Fallen merken und ihnen ausweichen.
Manches im vorstehenden Berichte mag übertrieben sein; in der Hauptsache werden wir ihn als richtig gelten lassen müssen. Ein und dasselbe Thier tritt unter veränderten Verhältnissen in verschiedener Weise auf. In Nordostafrika bieten die zahlreichen Herden der Tüpfelhiäne so viele Nahrung, daß sie sich nicht viel auf Räubereien zu legen braucht; in Südafrika wird es anders sein. Dort fehlt es ihr selten an Aas, hier wird sie oft vergeblich nach solchem suchen müssen; Hunger aber thut weh und ermuthigt auch Feiglinge. Ein Diener von Fritsch wagte sich aus Furcht vor den Hiänen niemals in dichte Gebüsche, und seine Furcht war, wie genannter Naturforscher, ein durchaus zuverlässiger Beobachter und tüchtiger Jäger, bemerkt, nicht ganz unbegründet. Als jener Diener einstmals des Nachts allein die Steppe durchreiten mußte, wurde er von Hiänen verfolgt und verbrannte einen Theil seiner Decke und Lumpen, um sie fern zu halten, bis er endlich ein Haus erreicht hatte. »Die Dreistigkeit dieser Thiere«, versichert Fritsch, »ist in der Nacht außerordentlich; und wenn auch wenig Beispiele bekannt sind, daß sie erwachsene Menschen angefallen haben, so vergreifen sie sich doch an Kindern und ebenso an Pferden, wovon mir damals mehrere Beispiele vorkamen.« Raubsucht und Muth dürfte ihnen also nicht gänzlich abgesprochen werden können.
Die gefleckte Hiäne ist diejenige Art, mit welcher sich die Sage am meisten beschäftigt. Viele Sudânesen behaupten, daß die Zauberer bloß deshalb ihre Gestalt annehmen, um ihre nächtlichen Wanderungen zum Verderben aller Gläubigen auszuführen. Die häßliche Gestalt und die schauderhaft lachende Stimme der gefleckten Hiäne wird die Ursache dieser Meinung gewesen sein. Auch wir müssen dieser Hiäne den Preis der Häßlichkeit zugestehen. Unter sämmtlichen Raubthieren ist sie unzweifelhaft die mißgestaltetste, garstigste Erscheinung; zu dieser aber kommen nun noch die geistigen Eigenschaften, um das Thier verhaßt zu machen. Sie ist dümmer, böswilliger und roher als ihre gestreifte Verwandte, obwohl sie sich vermittels der Peitsche bald bis zu einem gewissen Grade zähmen läßt. Wie es scheint, erreicht sie jedoch niemals die Zahmheit der gestreiften Art; denn die Kunststücke in Thierschaubuden sind eben nicht maßgebend zur Beurtheilung hierüber, und andere Leute, als solche herumziehende Thierkundige, machen sich schwerlich das Vergnügen, sich mit ihr zu beschäftigen. Sie ist allzuhäßlich, zu ungeschlacht und zu unliebenswürdig im Käfige! Stundenlang liegt sie auf einer und derselben Stelle wie ein Klotz; dann springt sie empor, schaut unglaublich dumm in die Welt hinaus, reibt sich an dem Gitterwerke und stößt von Zeit zu Zeit ihr abscheuliches Gelächter aus, welches, wie man zu sagen pflegt, durch Mark und Bein dringt. Mir hat es immer scheinen wollen, als wenn dieses eigenthümliche und im höchsten Grade widerwärtige Geschrei eine gewisse Wollust des Thieres ausdrücken sollte; wenigstens benahm sich die lachende Hiäne dann auch in anderer Weise so, daß man dies annehmen konnte.
Ungeachtet solcher Unzüchtigkeiten kommt es selten vor, daß sich ein Hiänenpaar im Käfige fortpflanzt. Hierbei muß freilich in Betracht gezogen werden, daß es ungemein schwer hält, ohne handliche Untersuchung Männchen und Weibchen zu unterscheiden, solche Untersuchung aber wegen der Störrigkeit, Bosheit und Wehrhaftigkeit des Thieres nicht immer ohne Gefahr ausgeführt und somit nicht bestimmt werden kann, ob man ein Paar oder Zwei eines und desselben Geschlechtes zusammensperrt. Wo ersteres geschehen, hat man auch Junge erzielt, so beispielsweise im Londoner Thiergarten. Ueber die Art und Weise der Begattung sowie die Dauer der Trächtigkeit weiß ich nichts zu sagen. Die Jungen sind mit einem kurzen harthaarigen Pelze von einförmig braunschwarzer, im Gesichte lichterer Färbung bekleidet; von den Flecken bemerkt man noch keine Andeutung.
Mit ihresgleichen vertragen sich gefangene Tüpfelhiänen nicht immer so gut, als es scheinen will. Stärkere überfallen, wenn sie wähnen, gereizt zu sein, schwächere, beißen sie todt und fressen sie auf, ganz, wie sie während ihres Freilebens mit verwundeten oder getödteten Artgenossen verfahren.
Die Schabrakenhiäne oder der Strandwolf ( Hyaena brunnea, H. villosa und fusca) zeichnet sich besonders durch die lange, rauhe, breit zu beiden Seiten herabhängende Rückenmähne vor den übrigen Verwandten aus. Die Färbung der überhaupt langen Behaarung ist einförmig dunkelbraun bis auf wenige braun und weiß gewässerte Stellen an den Beinen, der Kopf dunkelbraun und grau, die Stirn schwarz mit weißer und röthlichbrauner Sprenkelung. Die Haare der Rückenmähne sind im Grunde weißlichgrau, übrigens schwärzlichbraun gefärbt. Die Art ist bedeutend kleiner als die gefleckte Hiäne, und wird höchstens so groß wie die gestreifte Art.
Das Thier bewohnt den Süden von Afrika und zwar gewöhnlich die Nähe des Meeres. Es ist überall weit weniger häufig als die gefleckte Hiäne, lebt so ziemlich wie diese, jedoch hauptsächlich von Aas, zumal von solchem, welches vom Meere an den Strand geworfen wird. Wenn den Strandwolf der Hunger quält, fällt er auch die Herden an und wird deshalb ebenso gefürchtet wie die anderen Arten seiner Sippe. Man glaubt, daß er weit listiger sei als alle übrigen Hiänen, und versichert, daß er sich nach jedem Raube weit entferne, um seinen Aufenthalt nicht zu verrathen.
Neuerdings sieht man die Schabrakenhiäne öfters in Thiergärten und Thierbuden. In ihrem Betragen im Käfige ähnelt sie am meisten der Streifenhiäne. Sie ist sanfter als die größere Verwandte, hat auch, soviel ich bis jetzt beobachten konnte, nicht das häßliche lachende Geschrei von dieser.
Die Streifenhiäne ( Hyaena striata, Canis Hyaena, Hyaena vulgaris, orientalis, antiquorum, fasciata und virgata) endlich ist das uns wohlbekannte Mitglied der Thierschaubuden. Sie kommt, weil sie uns am nächsten wohnt und überall gemein ist, auch am häufigsten zu uns und wird gewöhnlich zu den beliebten Kunststücken abgerichtet, welche man in Thierbuden zu sehen bekommt. Eine Beschreibung des Thieres erscheint seiner Allbekanntschaft halber kaum nöthig, läßt sich mindestens auf wenige Worte beschränken. Der Pelz ist rauh, straff und ziemlich langhaarig, seine Färbung ein gelbliches Weißgrau, von welchem sich schwarze Querstreifen abheben. Die Mähnenhaare haben ebenfalls schwarze Spitzen, und der Vorderhals ist nicht selten ganz schwarz, die Standarte bald einfarbig, bald gestreift. Der Kopf ist dick, die Schnauze verhältnismäßig dünn, obgleich immer noch plump genug; die aufrechtstehenden Lauscher sind groß und ganz nackt. Die Jungen ähneln den Alten. Ein Meter, etwas mehr oder weniger, ist das gewöhnliche Maß der Leibeslänge.
Das Verbreitungsgebiet der Streifenhiäne erstreckt sich von der Sierra Leona an quer durch Afrika und fast ganz Asien, östlich bis zum Altai. Sie bewohnt Nordafrika, Palästina, Syrien, Persien und Indien, ebenso die meisten Länder Südafrikas, tritt nirgends selten, an menschenleeren Orten sogar außerordentlich häufig auf; aber sie ist auch die am wenigsten schädliche unter allen und wird deshalb wohl nirgends besonders gefürchtet. In ihrer Heimat gibt es gemeiniglich so viel Aas oder wenigstens Knochen, daß sie nur selten durch den Hunger zu kühnen Angriffen auf lebendige Thiere gezwungen wird. Ihre Feigheit übersteigt alle Grenzen; doch kommt auch sie in das Innere der Dörfer herein und in Egypten wenigstens bis ganz nahe an dieselben heran. Aus dem Aase, welches wir auslegten, um später Geier auf ihm zu schießen, erschienen des Nachts regelmäßig Hiänen und wurden uns deshalb lästig. Wenn wir im Freien rasteten, kamen sie häufig bis an das Lager geschlichen, und mehrmals haben wir von unserer Lagerstätte aus, ohne aufzustehen, auf sie feuern können. Bei einem Ausfluge nach dem Sinai erlegte mein Freund Heuglin eine gestreifte Hiäne vom Lager aus mit Hühnerschroten. Trotz ihrer Zudringlichkeit fürchtet sich kein Mensch vor ihr, und sie wagt wirklich niemals auch nur Schlafende anzugreifen. Ebensowenig gräbt sie Leichen aus, es sei denn, daß diese eben nur mit ein wenig Sand oder Erde überdeckt seien; an den schauerlichen Erzählungen also, welche man in Schaubuden von ihr hört, ist sie unschuldig. In ihrer Lebensweise ähnelt sie übrigens den vorhin genannten Arten vollständig und bedarf deshalb einer besonderen Schilderung nicht; dagegen kann ich aus eigener Erfahrung einiges über gezähmte mittheilen, welche ich in Afrika längere Zeit besaß.
Wenige Tage nach unserer ersten Ankunft in Charthum kauften wir zwei junge Hiänen für eine Mark unseres Geldes. Die Thierchen waren etwa so groß wie ein halb erwachsener Dachshund, mit sehr weichem, feinem, dunkelgrauem Wollhaare bedeckt und, obschon sie eine Zeitlang die Gesellschaft der Menschen genossen hatten, noch sehr ungezogen. Wir sperrten sie in einen Stall, und hier besuchte ich sie täglich. Der Stall war dunkel; ich sah deshalb beim Hineintreten gewöhnlich nur vier grünliche Punkte in irgend einer Ecke leuchten. Sobald ich mich nahte, begann ein eigenthümliches Fauchen und Kreischen, und wenn ich unvorsichtig nach einem der Thierchen griff, wurde ich regelmäßig tüchtig in die Hand gebissen. Schläge fruchteten im Anfange wenig; jedoch bekamen die jungen Hiänen mit zunehmendem Alter mehr und mehr Begriffe von der Oberherrschaft, welche ich über sie erstrebte, bis ich ihnen eines Tages ihre und meine Stellung vollkommen klar zu machen suchte. Mein Diener hatte sie gefüttert, mit ihnen gespielt und war so heftig von ihnen gebissen worden, daß er seine Hände in den nächsten vier Wochen nicht gebrauchen konnte. Die Hiänen hatten inzwischen das Doppelte ihrer früheren Größe erreicht und konnten deshalb auch eine derbe Lehre vertragen. Ich beschloß, ihnen diese zu geben, und indem ich bedachte, daß es weit besser sei, eines dieser Thiere todtzuschlagen, als sich der Gefahr auszusetzen, von ihnen erheblich verletzt zu werden, prügelte ich sie beide so lange, bis keine mehr fauchte oder knurrte, wenn ich mich ihnen wieder näherte. Um zu erproben, ob die Wirkung vollständig gewesen sei, hielt ich ihnen eine halbe Stunde später die Hand vor die Schnauzen. Eine beroch dieselbe ganz ruhig, die andere biß und bekam von neuem ihre Prügel. Denselben Versuch machte ich noch einmal an dem nämlichen Tage, und die stöckische biß zum zweiten Male. Sie bekam also ihre dritten Prügel, und diese schienen denn auch wirklich hinreichend gewesen zu sein. Sie lag elend und regungslos in dem Winkel und blieb so während des ganzen folgenden Tages liegen, ohne Speise anzurühren. Etwa vierundzwanzig Stunden nach der Bestrafung ging ich wieder in den Stall und beschäftigte mich nun längere Zeit mit ihnen. Jetzt ließen sie sich alles gefallen und versuchten gar nicht mehr, nach meiner Hand zu schnappen. Von diesem Augenblicke an war Strenge bei ihnen nicht mehr nothwendig; ihr trotziger Sinn war gebrochen, und sie beugten sich vollkommen unter meine Gewalt. Nur ein einziges Mal noch mußte ich das Wasserbad, bekanntlich das beste Zähmungsmittel wilder Thiere überhaupt, bei ihnen anwenden. Wir hatten nämlich eine dritte Hiäne gekauft, und diese mochte ihre schon gezähmten Kameraden wieder verdorben haben; indessen bewiesen sie sich nach dem Bade, und nachdem sie von einander getrennt worden waren, wieder freundlich und liebenswürdig.
Nach Verlauf eines Vierteljahres, vom Tage der Erwerbung an gerechnet, konnte ich mit ihnen spielen wie mit einem Hunde, ohne befürchten zu müssen, irgendwelche Mißhandlung von ihnen zu erleiden. Sie gewannen mich mit jedem Tage lieber und freuten sich ungemein, wenn ich zu ihnen kam. Dabei benahmen sie sich, nachdem sie mehr als halberwachsen waren, höchst sonderbar. Sobald ich in den Raum trat, fuhren sie unter fröhlichem Geheul auf, sprangen an mir in die Höhe, legten mir ihre Vorderpranken auf beide Schultern, schnüffelten mir im Gesichte herum, hoben endlich ihre Standarte steif und senkrecht empor und schoben dabei den umgestülpten Mastdarm gegen fünf Centimeter weit aus dem After heraus. Diese Begrüßung wurde mir stets zu theil, und ich konnte bemerken, daß der sonderbarste Theil derselben jedesmal ein Zeichen ihrer freudigsten Erregung war.
Wenn ich sie mit mir auf das Zimmer nehmen wollte, öffnete ich den Stall, und beide folgten mir; die dritte hatte ich infolge eines Anfalles ihrer Raserei todtgeschlagen. Wie etwas zudringliche Hunde sprangen sie wohl hundertmal an mir empor, drängten sich zwischen meinen Beinen hindurch und beschnüffelten mir Hände und Gesicht. In unserem Gehöfte konnte ich so mit ihnen überall umhergehen, ohne befürchten zu müssen, daß eine oder die andere ihr Heil in der Flucht suchen würde. Später habe ich sie in Kairo an leichten Stricken durch die Straßen geführt zum Entsetzen aller gerechten Bewohner derselben. Sie zeigten sich so anhänglich, daß sie ohne Aufforderung mich zuweilen besuchten, wenn einer meiner Diener es vergessen hatte, die Stallthüre hinter sich zu verschließen. Ich bewohnte den zweiten Stock des Gebäudes, der Stall befand sich im Erdgeschoß. Dies hinderte die Hiänen aber gar nicht; sie kannten die Treppen ausgezeichnet und kamen regelmäßig auch ohne mich in das Zimmer, welches ich bewohnte. Für Fremde war es ein ebenso überraschender als unheimlicher Anblick, uns beim Theetische sitzen zu sehen. Jeder von uns hatte eine Hiäne zu seiner Seite, und diese saß so verständig, ruhig auf ihrem Hintern, wie ein wohlerzogener Hund bei Tische zu sitzen pflegt, wenn er um Nahrung bettelt. Letzteres thaten die Hiänen auch, und zwar bestanden ihre zarten Bitten in einem höchst leisen, aber ganz heiserklingenden Kreischen und ihr Dank, wenn sie sich aufrichten konnten, in der vorhin erwähnten Begrüßung oder wenigstens in einem Beschnüffeln der Hände.
Sie verzehrten Zucker leidenschaftlich gern, fraßen aber auch Brod, zumal solches, welches wir mit Thee getränkt hatten, mit vielem Behagen. Ihre gewöhnliche Nahrung bildeten Hunde, welche wir für sie erlegten. Die große Menge der im Morgenlande herrenlos umherschweifenden Hunde machte es uns ziemlich leicht, das nöthige Futter für sie aufzutreiben; doch durften wir niemals lange an einem Orte verweilen, weil wir sehr bald von den Kötern bemerkt und von ihnen gemieden wurden. Auch während der dreihundert Meilen langen Reise von Charthum nach Kairo, welche wir allen Stromschnellen des Nils zum Trotze in einem Boote zurücklegten, wurden unsere Hiänen mit herrenlosen Hunden gefüttert. Gewöhnlich bekamen sie bloß den dritten oder vierten Tag zu fressen; einmal aber mußten sie freilich auch acht Tage lang fasten, weil es uns ganz unmöglich war, ihnen Nahrung zu schaffen. Da hätte man nun sehen sollen, mit welcher Gier sie über einen ihrer getödteten Verwandten herfielen. Es ging wahrhaft lustig zu: sie jauchzten und lachten laut auf und stürzten sich dann wie rasend auf ihre Beute. Wenige Bisse rissen die Bauch- und Brusthöhle auf, und mit Wollust wühlten die schwarzen Schnauzen in den Eingeweiden herum. Eine Minute später erkannte man keinen Hiänenkopf mehr, sondern sah bloß zwei dunkle, unregelmäßig gestaltete und über und über mit Blut und Schleim bekleisterte Klumpen, welche sich immer von neuem wieder in das Innere der Leibeshöhle versenkten und frisch mit Blut getränkt auf Augenblicke zum Vorschein kamen. Niemals hat mir die Aehnlichkeit der Hiänen mit den Geiern größer scheinen wollen als während solcher Mahlzeiten. Sie standen dann in keiner Hinsicht hinter den Geiern zurück, sondern übertrafen sie womöglich noch an Freßgier. Eine halbe Stunde nach Beginn ihrer Mahlzeiten fanden wir regelmäßig von den Hunden bloß noch den Schädel und die Lunte, alles übrige, wie Haare und Haut, Fleisch und Knochen, auch die Läufe, waren verzehrt worden. Sie fraßen alle Fleischsorten mit Ausnahme des Geierfleisches. Dieses verschmähten sie hartnäckig, selbst wenn sie sehr hungrig waren, während die Geier selbst es mit größter Seelenruhe verzehrten. Ob sie, wie behauptet wird, auch das Fleisch ihrer eigenen Brüder fressen, konnte ich nicht beobachten; Fleisch blieb immer ihre Lieblingsspeise, und Brod schien ihnen nur als Leckerbissen zu gelten.
Unter sich hielten meine Gefangenen gute Freundschaft. Manchmal spielten sie lange Zeit nach Hundeart miteinander, knurrten, kläfften, grunzten, sprangen übereinander weg, warfen sich abwechselnd nieder, balgten, bissen sich etc. War eine von der anderen längere Zeit entfernt gewesen, so entstand jedesmal großer Jubel, wenn sie wieder zusammenkamen; kurz, sie bewiesen deutlich genug, daß auch Hiänen heiß und innig lieben können.
Der Erdwolf oder die Zibethiäne ( Proteles Lalandii, P. cristatus, Viverra hyaenoides ) stellt sich als ein Bindeglied zwischen den Hiänen und den Schleichkatzen dar und gilt deshalb mit Recht als Vertreter einer eigenen Sippe. In seiner äußeren Erscheinung ähnelt das im ganzen noch wenig beobachtete Thier auffallend der gestreiften Hiäne; denn es hat ebenfalls die abgestutzte Schnauze, hohe Vorderbeine, abschüssigen Rücken, Rückenmähne und buschigen Schwanz; doch sind die Ohren größer, und die Vorderpfoten tragen einen kurzen Daumen nach Art der Afterzehen bei manchen Hunden. Das Gebiß ist sehr auffällig. Die durch weite Lücken getrennten Backenzähne, deren Anzahl zwischen zwei und fünf wechselt, sind, laut Dönitz, winzige Spitzen; die Schneidezähne stehen wie bei den Hiänen fast in gerader Reihe neben einander und lassen die Schnauze um so breiter erscheinen, als der Kiefertheil, welcher die Backenzähne trägt, bei der Kleinheit dieser nur schwach ist. Aus dem Gebisse läßt sich kein Anhalt für die systematische Stellung des Thieres gewinnen. Der Bau der übrigen Theile des Gerippes nähert sich ebensowohl dem der Hiänen wie dem der Hunde. Während nämlich die Wirbel und die Knochen der Gliedmaßen fast noch schlanker und zierlicher gebaut sind als bei den Schakalen, besitzen sie doch vielfach so stark vorspringende Muskelansätze, daß sie in dieser Beziehung denen der Hiänen sich anreihen, deren sämmtliche Knochen bekanntlich durch ihre Plumpheit sich auszeichnen. Aus der Anzahl der Wirbel läßt sich kein Rückschluß auf die Stellung des Thieres ableiten, da die Zahlen bei den nächsten Verwandten dem größten Wechsel unterworfen sind. Die Zibethiäne hat 15 rippentragende Brust-, 5 Lenden-, 3 Kreuz- und 23 Schwanzwirbel, und diese Zahlen stimmen weit mehr mit den entsprechenden der Hiänen als mit denen der Hunde überein.
Bis jetzt ist die Zibethiäne die einzige bekannte Art ihrer Sippe. Ihre Gesammtlänge beträgt 1,1 Meter, die des Schwanzes 30 Centim. Der Pelz, welcher aus weichem Wollhaare und langen starken Grannen besteht, zeigt auf blaßgelblichem Grunde schwarze Seitenstreifen. Der Kopf ist schwarz mit gelblicher Mischung; die Schnauze, das Kinn und der Augenring sind dunkelbraun, die Ohren innen gelblichweiß, außen braun; die Unterseite hat weißlichgelbe und die Endhälfte des Schwanzes schwarze Färbung. Vom Hinterkopfe an längs des ganzen Rückens bis zur Schwanzwurzel verlängern sich die Grannen zu einer Mähne, welche in dem buschigen Schwanze ihre Fortsetzung findet. Diese Mähne ist schwarz und ebenfalls gelblich gemischt. Die Seiten der Schnauze sind sehr kurz behaart, die Schnurren aber lang und stark, die Nasenkuppe und der Nasenrücken nackt.
Der Erdwolf ist ein Bewohner des Kaplandes. Er wurde schon von früheren Reisenden mehrfach erwähnt, doch erst von Isidor Geoffroy genauer beschrieben. Den lateinischen Artnamen erhielt er zu Ehren seines Entdeckers, wenn auch dessen Begleiter, Berreaux, das meiste von dem wenigen mittheilt, was wir über die Lebensweise des Thieres wissen. Sparrmann meint unter seinem »grauen Schakal«, mit welchem die holländischen Ansiedler am Vorgebirge der guten Hoffnung das Thier zu bezeichnen pflegen, wahrscheinlich die Zibethiäne. Levaillant fand im Lande der Namaken nur die Felle zu Mänteln verarbeitet, ohne das Thier selbst erlangen zu können. Seine Begleiter bezeichneten ihm den Erdwolf aber später als einen der nächtlichen Besucher seines Lagers, da sie dessen Stimme von der seiner Verwandten, der gefleckten Hiänen und der Schakale, unterschieden.
Aus allen Angaben, welche sich auf unser Thier beziehen lassen, geht hervor, daß es nächtlich lebt und sich bei Tage in Bauen verbirgt, welche mit denen unserer Füchse Aehnlichkeit haben, aber ausgedehnter sind und von mehreren Erdwölfen zugleich bewohnt werden. Verreaux trieb die drei, welche von der Gesellschaft erlegt wurden, mit Hülfe seines Hundes aus einem Baue, wenn auch nicht aus derselben Röhre heraus. Sie erschienen mit zornig gesträubter Rückenmähne, Ohren und Schwanz hängend, und liefen sehr schnell davon; einer suchte auch in aller Eile sich wieder einzugraben und bewies dabei eine merkwürdige Fertigkeit. Die Untersuchung des Baues ergab, daß alle Röhren in Verbindung standen und zu einem großen Kessel führten, welcher wohl zeitweilig die gemeinsame Wohnung für alle bilden mochte. Der genannte Beobachter gibt an, daß die Nahrung unserer Thiere hauptsächlich aus Lämmern besteht, daß sie aber auch ab und zu ein Schaf überwältigten und tödten, von ihm aber hauptsächlich bloß den fetten Schwanz verzehren. Wenn dies der Fall ist, würden sie allerdings kein starkes Gebiß brauchen. Das übrige Leben des Erdwolfs ist vollkommen unbekannt.
Es ist wahrscheinlich, daß der Verbreitungskreis weiter reicht, als man gewöhnlich annimmt. Wenigstens hat de Joannis in Nubien eine Zibethiäne todt gefunden, welche der am Kap lebenden vollkommen gleich zu sein schien.
Neuerdings gelangten mehrere Erdwölfe lebend in den Londoner Thiergarten. Sie halten anscheinend die Gefangenschaft recht gut aus, lassen sich also leicht ernähren. Ueber ihr Wesen und Betragen habe ich nichts in Erfahrung bringen können.