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Die Heimkehr des Schäfers aus Spanien
So verging der erste Tag; spät in der Nacht brachte Waller sein großes idyllisches Gedicht in Hexametern: die Heimkehr des Schäfers aus Spanien. Die Idyllendichter, sagte er, sind zum Spott geworden an der ökonomischen Ausbildung des Menschengeschlechts; ich will ihnen durch ein genaues Anschließen an die höchste Ökonomie ein neues Interesse geben: hier durch die Berührung mit der Verbesserung der Schafzucht durch spanische Merinos. Die Schäferwelt ist uns so wenig untergegangen, als die Kreuzzüge; sie lebt nicht bloß in ein Paar Schriftlein, die uns ein großes Schicksal übrig gelassen, es leben alle Zeiten in unsrer ganzen Ausbildung, in dem Gedränge des Mannigfaltigen noch fort, das unsre Zeit bezeichnet. Dies hat mich oft getröstet, wo ich mich einsam mit einem Paar tausend Sternen in der dunkeln stürmischen Nacht betrauerte, nachdem die Kriegsfurie mir helle Augen vorgehalten hatte, die mehr blenden als erleuchten, und ich fühle dies noch jetzt, umgeben von den Zerschmetterten, so lange ich mich selbst stark und gesund fühle. Nur die Übeltat der Schwäche ist unheilbar, die sich aufgibt, weil ein andrer ihr nie ganz helfen kann, den sie nun darum haßt; alle anderen Versehen unserm Volke zu schulmeisterlich verrechnen, ist eben so anmaßend als leer; viele haben sich geopfert und die übrigen werden durch sie leben. Wenn Einer im glühenden Abendrot das Volk versammelte, und schritte auf Stelzen über dasselbe einher, und versicherte den Leuten, er sei unser Herr Gott, und die Leute glaubten nicht daran und könnten nicht zum Entschlusse kommen, ihren Kopf wegzuziehen, freilich da würde er ihn manchem einschlagen, indem er über alle hinfiele; machen sie ihm aber Platz, so geht er die wenigen Schritte, die er auf Stelzen zu gehen hat, ruhig fort, und muß dann doch herunter, und ist dann ein Mensch wie alle; nur hafte keiner an der Erdscholle, wo er geboren, lieber werfe er damit auf ihn. Völker müssen wandern, müssen steigen und sinken. In der Tätigkeit Schweigt der Jammer, und der Jammer ist das ärgste Übel. Darum hasse ich alle politischen Laubfrösche, die sich prophetisch schreiend verkriechen, wenn ein Ungewitter naht, und sich das als Weisheit anrechnen: jene ewigen gleich falschen Drehorgeln, die auf allen Messen klagen. Wer den Finger hebt zur wirklichen Hülfe, ist mehr wert. Jene aber sind ganz des Teufels, die ihr Zeitalter in eine philosophische Abteilung schrauben, und es nachher durch und durch verdammen. Achten wollen wir um so höher, was in uns, was in der Zeit die Probe bestanden, denn die Probe war hart. –
Bei diesen Worten fiel der Graf Wallern um den Hals und drückte ihm beide Hände. Waller fuhr mit neuem Eifer fort. –
Eine spanische Schafherde, die in vielen Jahren aus einem Paare aufgebracht ist, das mühsam den weiten Weg geführt wurde, hat einen größeren Einfluß auf die Zukunft, als eine gewonnene Schlacht, die doch nie in ihren Folgen ersetzen kann, was die Menge gemordeter Menschen hätte schaffen können. Überhaupt ist alles Zerstören ganz leer und unbedeutend, aber das Schaffen ist des Höchsten Werk; auch gibt es kein herrlicheres Gefühl, als dieses Schaffen und Erfinden, sei es in Taten oder in Gedanken: es ist ein heiliges Ehebett mit der ganzen Welt. In heiliger Ehe lebe ich mit jedem meiner Werke, wir lernen von einander, und es ergreift mich, ehe ich zu einem die Feder ansetze, oder ehe ich zum Vorlesen desselben übergehe, eine Furcht, ob es auch die rechte Zeit, ob meine Wahl auch glücklich sei, und so versäume ich leicht die Zeit....
Wirklich erinnerte auch die Gräfin gähnend, daß es spät sei. ... wirklich ist es auch heute zu spät, der schönen Gräfin noch meine Schäfer-Odyssee vorzulesen. Der schöne gewogene Takt meiner Hexameter brächte sie ganz zum Schlafe; es sind die besten die je in deutscher Sprache verfaßt worden. Ich habe ein eigenes Ohr dafür, selbst Voß hat mir längst den Preis zuerkannt; kraft sechzig destillierter Eierschnäpse bin ich hinter das Geheimnis dieses Pfiffes gekommen. Sie glauben nicht, wie unterhaltend die Reise des Schäfers durch Spanien Frankreich und Deutschland, wie lächerlich er alles in seiner Einfalt faßt, wie wunderlich er sein Haus wiederfindet, wo unterdessen der Feind gehaust. – Mit diesen Worten ging er zur Türe, blickte aber noch einmal mit seinen verdrehten Augen zurück, und sagte: ein Glas Punsch hätte ich gerne getrunken. – Lieber Waller antwortete der Graf, warum sagten sie das nicht zur gehörigen Zeit, jetzt schlafen alle meine Leute. – Nun, es schadet auch nichts weiter, rief er, und ging fort. Der Graf konnte sich doch nicht enthalten, auszurufen, als er bedachte, wie viel der Mensch so bedeutsam geallerleit und doch sogar nichts gegeben; dieser sei eigentlich kein Fantast, sondern ein Faselant, der mit einer ganzen Möbelkammer alter Fantasien herum hausiere.