Achim von Arnim
Armut, Reichtum, Schuld und Buße der Gräfin Dolores
Achim von Arnim

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Drittes Kapitel

Versöhnung beider und Hochzeit

Die Briefe waren schnell zerrissen, er eilte die geliebte Dolores wieder zu begrüßen; er glaubte, sie werde ihm einige Worte der Entschuldigung sagen, aber sie lächelte, als er eintrat, und sie lächelte so schön, daß er über die schöne Bosheit entzückend hätte verzweifeln mögen. Er wollte sich ihr erklären, aber sie mied die Gelegenheit, sie zog ihn auf über seine Lust, ein Jesus zu werden, wie sie es nannte, aber so artig, daß er nicht böse werden konnte; ernsthaft warf sie ihm seinen plötzlichen Unwillen vor, scherzend verzieh sie ihm; er umfaßte sie und seufzte, und doch ward ihm dabei so wohl, daß er sein Schicksal dem ihren ergab und dieser Tag entschied ihre künftige Herrschaft über sein besseres Selbst. Ihre eigene Unruhe lähmte seine eigene Tätigkeit, seine eignen Beschäftigungen; sie beschäftigte ihn mit ihrem Nichts und seine höhere Bestimmung, sein Streben nach Reinheit und Vollendung in allem, was er trieb, ward ihr ein Scherz müßiger Stunden, und wurde er einmal ernstlich böse, so brauchte sie nur von einer Reise nach Sicilien vor ihrer Verheiratung zu denken, um ihn zu besänftigen. Ihr frischer Reiz ihre unendliche Anmut, selbst in allem dem, was sie gegen seine Gesinnung tat, vermochten noch jedes aufsteigende Mißverhältnis wie junge Zweige zur Laube zusammen zu beugen, die Versöhnung war immer noch reicher als der Streit, und jede neue Vertraulichkeit weckte noch immer heftigere Neugierde; aber je stärker diese äußere Gewalt sie jetzt noch zusammenhält, desto mächtiger wird alles aus einander sprengen, wenn sich diese innere Verschiedenheit erst ganz kennen gelernt. Dolores liebte wirklich manches in dem Grafen, aber sie konnte keinen Menschen im Ganzen lieben mit allen Eigentümlichkeiten, sich selbst etwa ausgenommen. Er verehrte und pflegte ihre Besonderkeiten mit solcher Liebe, daß er sich häufig überredete ihre Fehler und Unarten seien auch verkappte, ihr eigentümliche Trefflichkeiten, er schätzte Fehler, die sie bei einer freundlichen Vorstellung gern abgelegt hätte und die eigentlich nur von irgend einer Gesellschafterin angenommen, seit ihr guter Engel Klelia sie nicht mehr bewachte. So schien sie zuweilen leidenschaftlich zu spielen, eigentlich nur um eine leere Stunde zu töten, der Graf aber überredete sich, nachdem er sie ganz ohne Eitelkeit gegen alle Arme freigebig gefunden, darin eben zeige sich ihr höherer Charakter, daß sie gern ihr Glück versuche; sie fühle sich dem Schutze der höheren Mächte näher. Oft übte sie böse Nachrede, bloß weil andern das gefiel, er achtete es als eine besondere Stärke der Beobachtung, als eine besondere Reinheit in ihr, die nichts Böses in ihrer Nähe litte. War er einmal streitig mit ihr, so gedachte er des alten Sprichworts: was sich liebt das neckt sich; kurz es gibt ein Labyrinth von Gedanken, wie er in sich alles an ihr als gut und weislich auszulegen bemüht war. Mitten in diesen Kometenbahnen der Liebe rückte das planetarische Jahr zu seinem Ende, das seine Minderjährigkeit beschlossen hatte; er verzieh den Vormündern wegen ihres guten Willens, wo sie ihm geschadet hatten und übernahm selbst die Verwaltung seiner Güter. Lange genug von eigennützigen Verwaltern nach der Strenge des Gesetzes bewirtschaftet, fanden seine Leute in ihm eine väterliche Unterstützung zu allem Guten; der Schulen nahm er sich selbst an; von der künftigen Zeit hoffte er alles, darum wollte er sie selbst unterrichten, wenigstens zuweilen zu Aufsicht seiner Schullehrer; da ward nicht soviel darauf gesehen, ob die Bursche schreiben konnten, aber das Andenken deutscher Ehre, heiliger und großer Menschen, das ward in ihr Herz geschrieben. Nach diesen ersten Einrichtungen, zu denen auch die Verzierung seines Landschlosses gehörte, kehrte er zu Dolores zurück, beladen mit einer prachtvollen Aussteuer. Erst war es sein Plan, sie auf sein altes Stammschloß zu führen, um dort die Hochzeit zu feiern, aber sie wußte ihn so rührend an ihr erstes Erkennen zu erinnern, daß er von den Summen, die während der Vormundschaft gesammelt worden, ihren väterlichen Palast sich zum Eigentum kaufte; er bekam ihn wohlfeil von den Schuldnern, obgleich teurer, als sie ihn jedem andern würden gelassen haben. Der unerwartete Todesfall eines reichen Lehnsvetters setzte den Grafen in den Besitz eines großen Vermögens, indem er seine Güter in angenehmer Nähe, um das Dreifache vermehrte. Schnell richtete er sich recht artig ein; eine große Hochzeit weihete das herrliche Haus zu beider Glücke ein, wie sie hofften, wie ihnen von allen Gästen vorausgesagt wurde, die in einem artigen Schäferspiele die Geschichte des Grafen und der Gräfin, wie er sie oft erzählt hatte, darstellten. Was sie beide dabei fühlten, was sie in ihrem Herzen gelobten, was ihnen blieb für ein Glück, nachdem die Gesellschaft auseinander gegangen, können wir weder ermessen noch beschreiben; sie waren beide sorgenlos und jung und hatten lange des Tages und der Nacht geharret.


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