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Großer Streit zwischen dem Grafen und der Gräfin
Es war allerdings etwas Scherz in dem Eifer; aber der Graf fühlte doch wirklich so eine Art wunderlicher Eifersucht gegen diesen geistigen Verführer, ungefähr so wie mancher einfache Mann gegen die gelehrten Bekannten seiner gelehrten Frau. Die Gräfin versicherte ihm, sie halte ihn für hypochondrisch krank; den ganzen Tag habe er nichts getrieben, als ihr jedes Vergnügen abzudisputieren, und jetzt wäre er sogar eifersüchtig auf einen Mann, dessen breites glänzendes Gesicht sie gar nicht ansehen möchte; ob denn nicht jeden Tag schönere Männer in zierlicher Uniform bei ihnen durchmarschierten? – Der Vorwurf krank zu sein brachte den Grafen ganz auf, der sich von Kopf bis zu Fuß kerngesund fühlte; der Ärger wollte sich Luft machen: Siehst du, fiel er ein, ob ich nicht recht habe, eifersüchtig zu sein, also siehst du doch nach schönen Männern und eine züchtige Frau muß eigentlich gar nicht wissen, ob ein andrer Mann als der ihre schön ist; auch nach Uniformen siehst du; es ist merkwürdig, wie ein Paar bunte Farben, ein Paar Tressen, alle Weiber bestechen, derselbe Mensch in Uniform ist ihnen nicht mehr derselbe. – Du bist unerträglich, sagte die Gräfin, wenn Leute von so schlechten Sitten, von so törigtem Argwohn, wie du, in der Uniform wären, wir Frauen würden sie schon zu unterscheiden und zu meiden wissen. – Ich will dir zuvorkommen, sagte der Graf, sprang fort in sein Zimmer, und die Gräfin weinte stille vor sich; ihr beleidigendes Wort war ihr leid, denn es war ihr erster großer Streit; aber sie war zu stolz um ein besserndes Wort nachzurufen. Der Graf war aufs Feld gelaufen und die Gräfin aß allein zu Nacht, und ließ die tolle Ilse dann zu sich kommen, die ihr lächerliche Geschichten erzählte, wie sie einmal einen Schäfer, der mit seinem Mädchen in einem Schäferwägelchen geschlafen, vom Berge herab in einen kleinen Teich habe rollen lassen, daß die beiden notgedrungen in ein kühles Bad hätten gehen müssen: und tausende dieses Schlages, die sie an der Schnur hatte; sie mußte die Gräfin ins Schlafzimmer begleiten, als es spät wurde, und der Graf noch immer nicht heimkehrte.
Der Graf hatte in seinem Ärger allerlei Geschäfte gemacht, auch manchen Arbeiter sehr unverdient gescholten. Er wollte es nicht sich selbst gestehen: die vielversprechende Ehestandsglückseligkeit, die nach seiner Überzeugung alle Unruhe aus seinem Herzen tilgen sollte, fand sich doch in gewissen Stunden unwirksam; auch sie war kein fest bestehender Zustand, sondern mußte immer neu wiedergewonnen werden; er sah ein, daß wohl manches in seiner Frau zu berichtigen sei, was er längst für ausgemacht in ihr gehalten; dagegen fand er aber auch für manche ihrer Äußerungen eine bessere Deutung. Ganz verzeihen konnte er doch ihre letzte Beleidigung nicht; als er spät nach Hause kam, wollte er sich deswegen nicht gleich zu ihr begeben; sicher meinte er, sie würde ihn aufsuchen, nachdem sie ihm vom Meiden gesprochen. Er wartete, aber sie kam nicht, ungeachtet er noch Licht im Schlafzimmer sah; wäre er dahin gegangen, so wäre er vielleicht heftig gegen sie geworden. Er blieb also zum erstenmale von ihr weg, streckte sich auf sein Sopha, deckte den Mantel über sich hin, und schlief erst spät ein.