Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Hochzeit des Lorenz und der Rosalie
Die Glocken läuteten schon, als alles kaum angeordnet war und die drei Wagen voll Stiftsfräuleins und die Bauern im besten Sonntagsstaate anlangten. Jetzt sah er erst wie hübsch Rosalie von der Gräfin aufgeputzt war; hier neben den alten steifen großgenaseten, höckrigen Stiftsfräuleins schien das leichte Kind im weißen Atlaskleide mit Rosabändern, mit ihrer schönen Myrtenkrone: wie aus einem überirdischen Geschlechte herabgestiegen, und als hätten jene ihr boshaft die Flügel abgeschnitten, um sie unter sich zu bewahren; und doch verschwand sie wieder so ganz neben Dolores, daß er ihr ohne allen bösen Willen auf ein auszuübendes Herrenrecht einen Kuß geben konnte. Auch Lorenz, der arme Edelknabe, nahm sich in seiner Jägertracht recht gut aus; so frisch, frei, sicher, als hätte er diese Gunst lange voraus<ge>sehen; das war ihm noch von dem Glücke seines Standes geblieben, als ihm der Krieg Eltern und Vermögen entrissen. Sein Zwillingsbruder Otto, der schon längere Zeit Jäger auf einem entfernten Vorwerke des Grafen geworden, traf kurz vor dem Beginn der Feierlichkeiten ein; er schien sehr verstört und sprach mit seinem Bruder ganz heimlich; dann ging er zu dem Grafen und sagte ihm, daß er Soldat geworden und daher seinen Dienst verlassen müsse; der Graf drang darauf, die Ursache zu wissen, aber er beschwor, daß er sie nicht angeben könne, er sei unschuldig daran. Wolf, der Schreiber, erklärte dem Grafen nachher, daß Rosalie erst diesem älteren Bruder Hoffnung auf ihre Hand gemacht, so wie sie es ihm auch schon getan habe; er wolle aber kein Narr sein, davon zu gehen, wer wüßte was ihm noch für Glück würde. Der Graf ermahnte ihn zum Bessern und benutzte beide Charaktere für den Schluß eines Gesanges, den er zur Nacht eingerichtet hatte. – Wir wollen uns nicht mit der Beschreibung des feierlichen Zuges nach der Kirche aufhalten; die zwölf Fräulein gingen mit einer Andacht der Braut nach, als könnte es hier wohl noch nach dem alten Gebrauche der Hochzeiten gehen, der hundert künftige bei einer wirklichen verspricht. Die Rede des Geistlichen war wohl gedacht, und ermahnte sie zur Treue gegen ihre Gutsherrschaft, der sie ihr Glück dankten; dann fuhr er fort: Belehret einander, denn ihr werdet künftig im Walde (er war zum Förster ernannt) einsam leben. Du Mann schlage nicht, (hiebei schob er dem Bräutigam die Faust in die Rocktasche) du Weib schmähe nicht (dabei legte er ihren Finger in ihren Mund) denk daß ein Höherer dich sonst auf den Mund schlägt. Betrachtet oft den Ehering an euerem Finger; er verklagt euch, wenn ihr aufhöret einander zu liebenDie ganze Trauungsrede ist zu finden in dem braven Buche von Sailer: An Heggelins Freunde, München Lentner 1803. . Auf dem Rückwege schallte allen ein frohes Lied, das der Graf zu Hochzeiten eingeführt; es wurden Blumen gestreut und das ganze Fest wurde mit einem sehr kunstreichen Volkstanze der Gegend eröffnet, der vom Walzer ausgehend und wieder dahin zurückkehrend die wachsende Zärtlichkeit zwischen den Paaren auf tausend Arten durch Bewegung und Gesang ausdrückte; dann traten zweie hervor die wie Braut und Bräutigam gekleidet waren; der Graf selbst aber erzählte vortretend, wo ihr mimisches Spiel nicht ganz zu verstehen war.
Der Graf | Ei du lustiger Edelknecht! Wie spricht die Welt von dir so schlecht, Du machst dir gar nicht viel daraus; Du trittst zu Liebchens Tür hinaus, Von ihr noch alles düftet, Dein Wämslein ist gelüftet. O du seliger Edelknecht! O du schläfriger Edelknecht! Ei du schnarchender Edelknecht! Ei du lässiger Edelknecht! Und du listiges Jungfräulein! |
Das Jungfräulein | Ich fühl mich umwinden Von eilenden Winden, Aus träumender Nacht Mir alles erwacht! O Lautenschlag, Du Liebesschlag, Schlags nicht in den Wind. Komm Amor süß Kind, Dir will ichs verkünden, Du sollst uns verbinden. |
Der Graf | Ei du heimliches Jungfräulein, Was flog von deinem Hütelein? Jetzt scheint es blaß gleich wie der Mond, Der Morgens noch am Himmel wohnt. Wars Amor? Wars die Taube? Schütz deinen Kranz vorm Raube. |
Das Jungfräulein | O Sonnenschein helle, Du trittst auf die Schwelle, Aus träumender Nacht, Aus Wolken erwacht. O frommes Glück! Der Liebe Blick; Was zeigest du mir, Er ruht an der Tür, Die Hand unterm Haupte, Im Tuch, das er raubte. Ei du schelmischer Edelknecht! |
Der Edelknecht | O ich seliger Edelknecht! Den Liebchen und Sonne erwecken recht; Kaum kann ich sehen, so lichterloh Glänzt es in meine Augen froh; Wie dien ich doch so willig, Die Herrschaft ist so billig. |
Der Graf | Ich höre die Bronnen Mit spiegelnden Sonnen Im ruhenden Hof; Die Fenster im Schloß Sind alle noch zu In Liebesruh; Am Giebel so fein Manch Stimmelein klein; Die Beiden das Becken Erfüllen mit Necken. Mit Blumen sies streuen, »Nun Jüngferlein spröde, Wie soll ichs beschreiben, O du seliger Edelknecht! |
Der Edelknecht | Die liebe Zeit vom Kranze! |