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Die Mutter

Tief in den Alpen, im halmigen Ried,
Da sitzt auf einem Stein
Ein armes greises Mütterlein
Und sieht und sieht
In einen dunkelgrünen See.

Dies Auge, wie ringt es im strömenden Weh,
Dies Herz, ach wie schmachtet es tief nach Erbarmen!

Im See sind Nixen mit blanken Armen,
Die kamen geschwommen
Und haben der Mutter den warmen,
Den blühenden Sohn genommen.

Die Nixen kommen
Und reihen sich dicht
Um ihren Fuß
Und blicken licht.
Andere winken,
Wallen und blinken
Und nahen gewinnend und bringen Gruß,
Mit silbernen Lippen klingenden Kuß,
Doch bringen sie nicht
Den geliebten Sohn.
Die Mutter weinet. –

Wie schmerzlich ihr Busen im Sehnen schwillt,
Wie heiß die heilige Träne quillt –
Die Nixen schwimmen,
Sinken und glimmen
Vor ihrem Gesicht
Mit jammerndem Ton,
Sie bringen ihr nicht
Den geliebten Sohn.

Die Monden, die Jahre flohn,
Die jungen Tage blühn
Und spiegeln sich rosig in See's Grün,
Die Mutter weint –
Die Sonne scheint,
Die Sonne sinkt,
Die Mutter weint und weint und weint. –

Fercher von Steinwand.


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