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Sonett an meine Mutter

Voll Sehnen denk' ich oft der Wirrnis jener reinen Tage,
Da mir die Mär vom Kindleinsteich in klirre Scherben fiel,
Wie ein Erlöser trat der Zweifel in mein kindlich Spiel,
Berauschend meine Seele mit der scheuen Frage:

Ist's wahr, geliebte Mutter, oder ist es leere Sage,
Daß in dir trieb neun Monde meines Schiffleins sanfter Kiel?
Empfing mein Leben damals Richtung schon und Ziel,
Bestimmt von deines Herzens hochgeschwungnem Schlage?

Heut weiß ich, daß wir nie so innig uns verbunden,
Geliebte Mutter, als in jenen sel'gen Monden,
Da ich – in deines Leibes dunkle Zelle eingefangen –

Von deinem Herzschlag Ziel und Weg empfangen:
Von allen Dingen, die in deinem Blute wohnten,
Bebt in mein Sein ein Nachklang jener heil'gen Stunden.

Karl Willy Straub.


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