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Eine Mutter

»So kostbar seltne Beute, wie sie kein Aug' noch sah –
Ward heute uns gewonnen in blut'ger Razzia;
Mein jüngstes Vollblut gäb' ich, mein treu arabisch Roß,
Den schönsten Damaszener, mein köstlichstes Geschoß –
Wär' dieser Fang mein eigen. Bringt her sie an den Thron!
Drei Frankenweiber, jede mit ihrem einz'gen Sohn!«
»Blick' auf, mein Fürst! und sage, was wundervoller sei:
Die weißen Frauenleiber – oder das Knaben-Drei!
Uns kostet die Bescherung nun freilich edles Blut
Von hundertfünfzig Männern – doch der Preis zahlt es gut:
Drei Rosen, wie noch niemals geschmückt sie dein Serail,
Drei Knaben, wie noch keine gefällt das Opferbeil!«
So sprach zu seinem Häuptling der Afrikanerheld
Und winkte die Gefangenen herein ins prächt'ge Zelt.
In Ketten Füß' und Hände, gelöst das braune Haar –
Doch Trotz und Mut im Auge, so naht die edle Schar;
Drei Mütter mit den Söhnen – als anmutvoller Schild,
Ihr Kleinod jede bergend: der höchsten Liebe Bild.
Ein machtlos Wesen jede, doch jede – Königin,
So traten vor den Häuptling die Frauen schweigend hin.
Der prüfte lang, versunken in ihre Schönheit ganz,
Halb zaudernd und halb trunken von ungewohntem Glanz,
Die rührenden Gestalten. Sein blühend Auge brach
An ihren bleichen Zügen sich, und der Wilde sprach:
»Es ist die Hand des Henkers vom Beileschwingen matt,
Es ist schon längst die Wüste vom Frankenblute satt,
Drum schenk' ich euren Knaben das arme Leben gern;
Sie sollen mir als Knechte wohl dienen ihrem Herrn.
Doch jene nur der Frauen geht aus dem Lager frei,
Die zeigt, daß sie von allen die beste Mutter sei!« –
Die erste sprach: »Mehr lieb' ich den Sohn als Mann und Haus,
An seiner Seite zog ich ins Schlachtgefild hinaus;
Den Mann verließ ich blutend im Sande hingestreckt;
Mein Söhnlein hab' ich flüchtend mit eigenem Leib gedeckt.«
Die zweite sprach: »Mein Leben gab ich wohl hundertfach,
Erkauft hab' ich den Sohn mir mit namenloser Schmach:
Nicht treulos – doch verhandelt, entehrt – und dennoch rein –
Das kann doch nur die höchste, die Mutterliebe sein!«
Die dritte aber leise heran zum Feinde schlich,
Entreißt den Dolch ihm, zücket ihn auf den Sohn und sich,
Und spricht: »Hast du zum Sklaven bestimmt den freien Sohn,
Soll er mit mir verbluten, o Scheik, vor deinem Thron!«
Die Menge rings erstarrte, lautlos die Kriegerschar,
Gebannt blieb jedes Auge auf dieses Heldenpaar.
Es zuckte keine Fiber im Kindesangesicht,
Das Weib stand todesmutig – sein Arm erbebte nicht; –
Der Häuptling aber gebietet: »Die Ketten sprengt entzwei –
Die geht aus meinem Lager samt ihrem Sohne frei!«

Ludwig Foglar.


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