Deutsche Balladen
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Die Wettersäule

(August Kopisch, 1799 – 1853)

            Vom Meere wirbelt´s auf wie Rauch,
und aus der Wolke senkt sich auch
der finstre Hang.
Die Wettersäule stürmt ums Riff
und faßt bereits des Helden Schiff:
da trotzet Swend
und ruft: »Ein Feenwirbelwind!«
und wirft danach sein Messer geschwind –
da tönt ein Schrei!
Da faßt das Wirbeln ihn allein, –
die andern sollen gerettet sein; –
er aber fliegt
mit den wirbelnden Wassern ans End´ der Welt:
auf öder Insel er niederfällt,
da liegt er betäubt. –
Und wie er aufs neu zum Leben erwacht,
hell leuchtet´s um ihn mit Wunderpracht:
auf blicket Swend –
und sieht halbschwebend vor sich stehn
die schönste der lichten Meeresfeen:
die weinet sehr! –
Durch Tränen blickt die holde Gestalt.
Da ergreift ihn der Liebe Zaubergewalt;
sie aber spricht:
»Send Alf, zu Kühner, was hast du getan?
sieh meine Seite, die blutet, an!« –
Da schreit er auf
und windet zu Füßen ihr sich in Schmerz
und ruft: »Das traf mein eigen Herz,
süßholde Frau!
Wie soll ich sühnen, was ich gefehlt?«
Der kühne Swend liebt lieb-entseelt
in tiefem Weh. –
Die Huld der Fee nicht lange weilt:
»Traf es dein Herz, so ist geheilt
mein herbes Leid.
Oh sieh, es schwindet der Wunde Spur
und Schmerz wird süße Sehnsucht nur
von Herz zu Herz.
Sieh, blumigen Rasen schwellt zur Stund`
des vormals dürren Eilands Grund
und ladet zur Ruh –
und laubige Schatten hüllen uns ein
zu liebseligem Huldverein.«
Da küßt sie ihn,
da küßt er sie, schlingt liebewarm
um die wonneschwere Gestalt den Arm,
der kühne Swend.
Rings dunkelt Nacht, – den Strand entlang
tönt wallender Wogen Brautgesang
und Kühlungen wehn;
und Nachtigallen mit süßem Schall
ziehn dichter im Wald allüberall
das Liebesnetz.
Allseelige Tage lebt der Held
und entzückende Nächte, fern der Welt,
der kühne Swend.
Und jeder Wunsch wird ihm erfüllt,
und jedes Sehnen scheint gestillt
dem kühnen Swend.
Sie reicht ihm die hehre Speise der Fein,
sie selbst kredenzt ihm den Purpurwein
im Kelch von Kristall.
In prächtiger Grotte wohnt das Paar,
umglüht von Gesteinen wunderbar,
von Bernsteingold,
von Muscheln, Korallen und Perlen licht!
Allein die Ruhe behaget ihm nicht:
er sehnt sich fort,
säh lieber seiner Hütte Rauch
und seine kühnen Genossen auch
am Silter Strand.
Und wie die Meerfei schlief einmal,
er ihren Zaubergürtel stahl,
der kühne Swend.
Er dreht einen Ring – da fliegt er hoch,
den zweiten – da fliegt er schneller noch
ob Land und Meer.
Er fliegt, wo er nur hin begehrt,
und als er nah der Heimat fährt,
da jauchzt er laut!
Er hat die Türme schon erkannt
und hört bereits die Stimmen am Land:
laut bellt sein Hund! –
Da dreht er vor Freude den dritten Ring;
doch wunderbar es ihm erging –
ihn hebt ein Sturm,
der wirbelt tausend Meilen von dort
besinnungsraubend den Kühnen fort,
zurück, zurück.
Er fliegt hoch über Land und Meer
in Zauberkreisen wild umher
zurück, zurück –
zurück bis wieder zur Meeresfrau,
schon sieht er den Strand, die Höhle genau:
wild stürmt´s ihn hin.
Und Blitze fliegen und Donner erschallt:
die Frei reißt alles hinab mit Gewalt
ins untre Meer.
Swend kehrt nicht mehr zu der Menschen Land,
und die Sonne wird ihm unbekannt:
in blauer Nacht,
hoch über ihm der Fische Heer,
im wallenden, erdumdonnernden Meer
wehklaget Swend.
Gern säh er seiner Hütte Rauch
und seine kühnen Genossen auch
am Silter Strand! –

 


 


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