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Es sitzen drei Schwestern im Schlosse drinnen,
sie können nicht Ruh und Rast gewinnen,
zweihundert Jahr schon müssen sie spinnen,
sie müssen spinnen ihr eisgraues Haar,
bis daß vergangen dreihundert Jahr –
dreihundert Jahr – dreihundert Jahr.
Die erste hat den Vater erschlagen,
die andre hat ihre Mutter erschlagen,
die jüngste, die faßte die Toten bei den Haaren,
bei ihrem schneeweißen Lockenhaar,
und stürzte die Leiber in den Brunnen gar –
in den Brunnen gar – in den Brunnen gar.
In ihrer Hand verblieben die Locken.
Da läuteten traurig alle Glocken;
zwei Schwestern wandten sich um erschrocken,
die jüngste wand mit ihrer Hand
die schneeweißen Locken ums Spindelband –
ums Spindelband – ums Spindelband.
»Laßt sausen die Glocken, wir hausen hier innen!
es soll uns so wenig abgewinnen,
als ich dies schneeweiße Haar werd spinnen.
Sind wirs im Hause itzt nicht die Herrn?
Trutz, wer uns will Hochzeit verwehrn!
Hochzeit verwehrn – Hochzeit verwehrn!«
Sie hielten Hochzeit mit großem Schalle,
es eilten der Gäste viel zur Halle,
zu erlustieren sich nach Gefallen;
Drommeten und Geigen riefen herein,
es ward ein groß Rumor und Schrein –
Rumor und Schrein – Rumor und Schrein.
Drei güldne Kronen trugen die Bräute,
als sie den Weg zur Kirche beschreiten,
alle Glocken huben von selbst an zu läuten:
Da kam ein starker Donnerschlag,
wie Nacht so schwarz ward da der Tag –
ward da der Tag – ward da der Tag.
Das Schloß versank im Erdengrunde,
der Teufel schrie mit feurigem Munde:
»Sollt ruhn und rasten nicht Tag, nicht Stunde,
bis ihr versponnen euer eisgraues Haar,
bis abgelaufen dreihundert Jahr –
dreihundert Jahr – dreihundert Jahr!«
Alljährlich an dem gleichen Tage
die Glocken von selber zusammenschlagen,
der Berg eröffnet seinen Kragen,
man sieht die Schwestern spinnen dar,
bis daß vergangen dreihundert Jahr –
dreihundert Jahr – dreihundert Jahr!... |