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Auf öder Heide ragt das Hochgericht
gespenstig in die Nacht hinein,
erhellt vom zweifelhaften Mondenlicht,
dreibeinig auf einem Kranz von Stein.
Und klappernd an dem hölzernen Gestell,
vom Winde hin und her geschwenkt,
ist hoch hinauf ein schlotternder Gesell,
an hanfgedrehtem Strick gehenkt.
Kein Auge ward bei seinem letzten Gang
von einer stillen Trän' betaut.
Bevor er von der Leitersprosse sprang,
hat flehend noch sein Aug geschaut.
Es stand ringsum ein dichtes Menschenheer,
soweit, soweit er traurig sah;
da ward dem armen Burschen das Herz so schwer,
kein einz'ger Freund war fern noch nah.
Nicht Vater und Mutter, nicht Schwesterlein,
kein Bruder und kein treues Lieb,
kein einz'ger Freund in all den dichten Reihn,
der treu im Unglück ihm verblieb.
Da hat er, statt zu beten, wild geflucht,
dem Vater geflucht, der ihn gezeugt,
da hat er, statt zu beten, wild geflucht,
der Mutter geflucht, die ihn gesäugt.
Geflucht des Tages goldnen Sonnenstrahl,
des blauen Himmels frischer Luft,
geflucht dem Waldgrün und dem Wiesental,
dem Vogelsang und Blumenduft.
Der Pfaffe sprach zu ihm vom güt'gen Gott
und seiner Allbarmherzigkeit;
das dünkte dem jungen Blute Hohn und Spott:
»Barmherzigkeit, wie bist du weit!«
Die Zeit ist um, noch einen einz'gen Blick
auf alles Leben um ihn her,
ein Stoß hinab, vollbracht ist sein Geschick,
und ringsum war es still und leer.
So hing er droben schon ein ganzes Jahr,
von Regen und von Tau gebleicht;
um ihn herum die finstre Rabenschar
mit heisrem Krächzen kreisend streicht.
So hing er heute bis zur Mitternacht,
als über die Heide die Windsbraut sprang,
daß im Gefüge das Gerüste kracht
und schritt zerriß der morsche Strang.
Zu Boden stürzte das Gerippe zerschellt,
der Schädel rollte von Stein zu Stein,
und durch den Sturm ein wilder Wehruf gellt,
als fluchte wieder das Klapperbein. |