Deutsche Balladen
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Blaubart

(Franz Graf Pocci, 1807 – 1876)

            Es lebt ein Ritter viel bekannt
auf seiner Burg im Frankenland,
Raoul der Blaubart wohl genant:
ja Blaubart – denn sein Bart war blau.
Er nahm sich manche schöne Frau;
doch war sein Herz so wild und rauh,
daß von sechs wunderholden Fraun
jedwede, die sich ihm ließ traun,
bald war nicht lebend mehr zu schaun.

Man sagte sich im ganzen Land,
er morde sie mit eigner Hand
und hing die Leichen an die Wand!
So war es auch; denn jedes Weib
nahm er sich nur zum Zeitvertreib;
bald tötet er den schönen Leib.
So waren denn sechs Weiber dort
erlegen schon dem schnoden Mard,
verborgen an geheimem Ort.
Die Siebente freit' er nun bald,
und gleich aus Volkes Mund erschallt:
»Nicht lang währt's, ist auch diese kalt!«

Als einstmals er von Hause ritt,
nahm er sein junges Weib nicht mit
und heuchelt' eine süße Bitt:
»Da geb ich einen Schlüssel dir,
der sperrt das Schloß des Zimmers hier;
und nun, lieb Weob, gelobe mir,
daß du die Neugier wohl bezähmst
und dich darob nun gar nicht grämst,
wenn du in dies Gemach nicht kämst.
Betritt es nicht – ich warne dich –
die Strafe wäre fürchterlich!
Nur wahr das Schlüsselchen für mich.
Leb wohl, ich kehre bald zurück;
verscherze nicht dein Lebensglück,
den Schlüssel nicht ins Schlößlein drück!«

So sprach er und bestieg sein Roß
und flog mit seinem Knappentroß
schenell durch das Tor hinaus zum Schloß.
Da stund die Frau nun ganz allein,
in ihrer Hand das Schlüsselein,
und das Verbot ward bald zur Pein.
»Was birgt wohl jene Kammer doch,
in die ich nie gekommen noch?
Ei was, ich guck durchs Schlüsselloch!
Durchs Schlüsselloch? – Ist's denn wohl gut?
mir scheint's fürwahr nicht Übermut,
vielleicht schau ich verborgen Gut!«
Da ward der Kopf etwas gedruckt,
ein bißchen durch das Loch geguckt
und endlich auch am Schloß geruckt.

Nun nahm die Neugier immer zu
und ließ der Armen keine Ruh:
Sie dachte spät und dachte fruh
nur an Herrn Blaubarts hart Verbot;
sie nannt es eine grause Not,
da er sogar mit Strafe droht'.
Allmählich hiert sie's nicht mehr aus.
Sie lief umher im ganzen Haus,
als wie die Katze nach einer Maus;
ja endlich eines Tages doch –
es graute kaum, der Morgen noch –
steckt sie den Schlüssel in das Loch
und dreht und dreht – o welch Geschick! –
die Tür geht auf, was sieht ihr Blick:
Viel Blut lag auf dem Boden dick,
welchs Weiberleichen an der Wand!
Da fiel der Schlüssel auf der Hand,
und Ohnmacht ihre Sinne band.
Als sie noch halb beträubet stund,
da weckt sie ganz des Wächters Mund,
der blies vom Turm zu grüher Stund!
»O weh, o weh, da kommt mein Mann!
Was fang ich armes Weib nun an?
O Himmel, wie's geschehen kann!«

 


 


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