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In des Morgens grauem Schleier
kehrt heim zum Felsenschloß,
wo die feile Wage schwebte,
wo die Unschuld jammernd bebte,
Wolfenschieß auf seinem Roß.
Auf der Wies' am Erlenbache,
wo sie bei dem Morgensang
häuslich ihre Gewebe tränkte
sah er Adelheid und lenkte
schnell den Pfad zu ihr entlang.
Adelheid, der Weiber schönste,
Roß und Lilie, Wang und Brust,
blau ihr Auge, Krokosblüten
ihre Locken. Plötzlich glühten
Wut in ihm und Frevellust.
Blickte dir der jungen Frühe
Unschuld nicht ins Angesicht?
Lispelten des Sees Lüfte
dir nicht? noch des Tales Düfte?
Sang dir Lerch und Drossel nicht?
Ihm, dem Wüterich? Sonn und Sterne
schaut nicht, Mond und Berg und See,
der die Unschuld kränkt, die Kette
Freien schmiedet, der das Bette
höhnt der Jungfrau und der Eh!
»Ha! willkommen! nicht vergebens
find ich, schönes Weib! dich hier;
mit mir in des Baches Welle
steigst du, und der Freuden Quelle –
kommt! – ergeußt sich mir und dir.
Säumst du? meines Fürsten Rechte
sind mit seinem Schlosse mein!
Widerstrebst du mir, so fließet
deines Mannes Blut, so schließet
dich des Zwingers Kerker ein.«
Sprach's und warf den Mantel nieder,
riß den Purpurwams sich ab:
»Tue, Weib, wie ich, enthülle
deiner Schönheit ganze Fülle,
komm mit mir ins Bad hinab!«
»Ach, nicht hier im Strahl des Tages!
Weiber schmückt, wie euch der Mut,
Zucht und Scham; die Welle webe
mir den Schleier; Schatten bebe
auf die stillverborgne Flut!
Harr' im Bade, wo das Bächlein
schlängelnd unter Haseln schlüpft.«
Sprach's und auf der Eile Flügel
war sie, wo ihr Mann am Hügel
nebenan die Stäbe knüpft.
»Komm sei unserer Schande Rächer!«
Wenig Worte taten's kund,
doch Erröten und Erbleichen,
Tränen und des Busens Keuchen
sprachen lauter als der Mund.
Harre, Wolfenschieß, es nahet
Adelheid! – Des Frevlers Stahl
hebt sie aus dem Haselschatten,
fleht zu Gott, gibt ihn dem Gatten –
blutig fleußt der Bach ins Tal. |