Deutsche Balladen
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Gotentreue

(Felix Dahn, 1834 – 1912)

        Erschlagen war mit dem halben Heer
der König der Goten, Theodemer.
Die Hunnen jauchzten auf blutiger Wal,
die Geier stießen herab zu Tal.
Der Mond schien hell, der Wind pfiff kalt
die Wölfe heulten im Föhrenwald.
Drei Männer ritten durchs Heidegefild,
den Helm zerschroten, zerhackt den Schild.
Der erste über den Sattel quer
trug seines Königs zerbrochenen Speer.
Der zweite des Königs Kronhelm trug,
den mittendurch ein Schlachtbeil schlug.
Der dritte barg im treuen Arm
ein verhüllt Geheimnis im Mantel warm.
So kamen sie an den Ister tief;
und der erste hielt mit dem Roß und rief:
»Ein zerhau'ner Helm, ein zerhackter Speer,
von dem Reich der Goten blieb nicht mehr.«
Und der zweite sprach: »In die Welt dort
versenkt den traurigen Gotenhort.
Dann springen wir nach dem Uferrand –
was säumest du – Meister Hildebrand?« –
»Und tragt ihr des Königs Helm und Speer,
ihr treuen Gesellen; ich trage mehr!«
Auf schlug er seinen Mantel weich:
»Ich trage der Goten Hort und Reich!
Und habt ihr gerettet Speer und Kron –
ich habe gerettet – des Königs Sohn!
Erwache, mein Knabe! Ich grüße dich:
du König der Goten – Jung Dieterich.«

 


 


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