Deutsche Balladen
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König Hakons letzte Meerfahrt

(Karl Gottfried von Leitner, 1800 – 1890)

nach einer Sage um den norwegischen König Hakon (1277 – 1263)

        »Was sitzest du, gelehnt ans Schwert,
mein König, hier auf dem Stein
und neigst das edle Haupt zur Erd'
und schaust so finster drein?

Liegt Erich nicht erschlagen im Tal,
floh nicht Jorund davon,
und sitzt dir jetzt nicht noch einmal
so fest die Königskron?«

»Liegt Erich gleich im Tal der Schlacht,
flog gleich Jorund davon,
mir sinket doch noch vor der Nacht
vom Haupt die Königskron'!«

»O Hakon, edler König mein,
wie sollte das geschehn?
Schon bricht gemach der Abend ein,
und läßt kein Feind sich sehn.«

»Wohl Abend wird's wohl naht die Nacht,
reich deinen Mantel mir;
der Kampf hat mir so heiß gemacht,
daß nun ich fast erfrier.«

»Nimm hin, mein König, er ist nicht weich,
doch wärmt er dich zur Not.
Doch weh, o weh! – wie wirst du bleich,
wie wird mein Mantel rot!«

»Mag sein, mag sein, was kümmert's dich,
die Farb ist echt und gut,
und spottet einer drob, so sprich:
's ist König Hakons Blut!«

»O weh, mein König, wert und lieb,
so bist du todeswund!
Und ich geringer Dienstmann blieb
von Kopf zum Fuß gesund.«

»Laß gut sein, Alter, trockne schnell
die Träne dir vom Bart;
des Königs Hakon Kriegsgesell
sei nicht so weicher Art.

Hör jetzt in meiner letzten Stund'
mein letzt Gebot noch an
und richt' es treulich aus jetzund,
wie du es stets getan.

Wenn kalt mein Herzschlag nimmer sich
im Panzer regt, so lad'
auf deine treuen Schultern mich
und trag mich ans Gestad!

Bemanne das beste Schiff im Reich
mit jenen Toten der Schlacht
und mitten hinein setz meine Leich'
in schwarzer Eisentracht.

Drauf stecke lustig den Bord in Brand
und hisse die Segel auf
und laß vom teuern Schwedenstrand
dem Kiele freien Lauf.

Gebeut dann über dies Reich Jorund,
den ich im Kampf besiegt:
gebeut er doch nicht über den Grund,
drin König Hakon liegt!«

Und stolz erhebt er noch einmal
das Haupt und zuckt vor Schmerz
und seufzt und sinket schlaff und fahl
an seines Dieners Herz.

Der drückt die Augen, so lind er kann,
ihm zu mit harter Hand
und trägt auf seinen Schultern dann
hinab ihn an den Strand.

Er setzt die Toten steif und blaß
an Bord mit Schild und Speer,
die glotzen da wohl grimmig und graß
hinaus ins dunkle Meer.

Er setzt den König auf dem Verdeck
mit Speer und Schild zu Thron,
als zieh er, wie sonst der Feinde Schreck,
zu Schlacht und Sieg davon.

Er steckt den Bord in hellen Brand,
er hißt die Segel auf
und läßt dann los von finstern Strand
das lodernde Schiff zum Lauf.

Es schweift hinaus, und strahlt und blinkt
noch her aus weiter Fern',
bis mit dem Helden es untersinkt
wie ein verlöschender Stern.

 


 


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