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Christian Fürchtegott Gellert (1715-17S9)

Der gute Rat

Ein junger Mensch, der sich vermählen wollte,
Und dem man manchen Vorschlag tat,
Bat einen Greis um einen guten Rat,
Was für ein Weib er nehmen sollte.
»Freund,« sprach der Greis, »das weiß ich nicht.
So gut man wählt, kann man sich doch betrügen.
Sucht Ihr ein Weib bloß zum Vergnügen:
So wählet Euch ein schön Gesicht;
Doch liegt Euch mehr an Renten und am Staate
Als am verliebten Zeitvertreib:
So dien ich Euch mit einem andern Rate,
Bemüht Euch um ein reiches Weib;
Doch strebt Ihr durch die Frau nach einem hohen Range:
Nun, so vergeht, daß beßre Mädchen sind,
Wählt eines großen Mannes Kind
Und untersucht die Wahl nicht lange;
Doch wollt Ihr mehr für Eure Seele wählen
Als für die Sinnen und den Leib:
So wagts, um Euch nach Wunsche zu vermählen,
Und wählt Euch ein gelehrtes Weib.«
Hier schwieg der Alte lachend still.
»Ach!« sprach der junge Mensch, »das will ich ja nicht wissen;
Ich frage, welches Weib ich werde wählen müssen,
Wenn ich zufrieden leben will.
Und wenn ich, ohne mich zu grämen –«
»Oh!« fiel der Greis ihm ein, »da müßt Ihr keine nehmen.«


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