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Eugen Reichel (1853–1817)

Nachtidyll

Noch ruht im Dorfe jung und alt,
Am Himmel stehn die Sterne;
Der Morgen dämmert florumwallt
Unmerklich in der Ferne.

Da wird ein Türlein aufgemacht
Mit Fürsicht übermaßen;
Ein Blondchen schleicht mit Vorbedacht
Heraus und längs der Straßen.

Die Füße nackt und groß und braun.
Das runde Köpfchen glühend;
Verzaustes Haar – durchs Linnen schaun
Die Brüstchen prall und blühend.

Sie blickt noch einmal ringsherum.
Als wie verscheucht ein Mäuschen;
Dann reckt sie sich und lächelt stumm
Und schlüpft in eins der Häuschen.

Gerettet

Im Herzen tobte die Liebe mir
Und zerrte mich hin zum Flusse.
»Nun« – rief ich – »Ärmster, ins Wasser hier!
Komm schnell zum letzten Entschlusse.

So schön, wie jene, die dich verriet,
Ist keine; wer sie besessen,
Der kann, auch wenn er sie nicht mehr sieht,
Im Leben sie nicht vergessen.

So stirb denn, stirb!« – Und ich wollte schon
Kopfüber ins Wasser stürzen –
Da dacht ich: wär es nicht ärgster Hohn,
Das Leben sich so zu kürzen?

Ich mußte lachen – und schnell gefaßt
Versenkt ich die Liebe statt meiner.
Da war ich frei von der Herzenslast –
Und froher als ich war keiner.

(Originalbeitrag)

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