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Wilhelm Kunze (1848-1926)

Schwerenöter

So manches Mädchen hab ich keck
Zum Kuß in meinen Arm genommen;
Ich wählte stets den rechten Fleck,
Und niemals ist mirs schlecht bekommen.

Sie waren meist nicht sehr erstaunt
Ob meiner dreisten Liebestaten
Und alle wirklich gut gelaunt,
Denn keine hat mich je verraten.

Doch spricht man in bekanntem Kreis
Einmal von einem Schwerenöter,
So nicken manche Damen leis,
Und ihre Wangen werden röter.

(Originalbeitrag)
Wilhelm Kunze

Wie die Rosen dicht sich drängen ...

Wie die Rosen dicht sich drängen
Auf der alten Gartenmauer
Und so lockend niederhängen! –
Mich ergreift ein Jugendschauer,
Und ich denk an jene Stunden,
Als ich, Lieb, vor deinem Garten
Mich im Frühling eingefunden,
Um auf deine Huld zu warten.

Hört ich deine Füßchen gehen,
Fuhr ich angstvoll erst zusammen.
Konnt ich deine Augen sehen,
Stand mein Herz in lichten Flammen.
Ach, das war ein Küssen, Kosen
Auf des Parks verschwiegner Brücke:
Du – die Königin der Rosen,
Ich – der wahre Hans im Glücke!

(Originalbeitrag)

Logik

Ach, wie bald die Zeit verrinnt!
Schnell verblühn die Rosen.
Darum komm, mein liebes Kind,
Laß uns herzen, kosen.

Reich mir deinen roten Mund –
Zwingt dich nicht ein Müssen?
Doch ich will auch ohne Grund
Herzlich gern dich küssen.

Logik macht das Denken klar.
Steht mit Recht in Ehren,
Doch die Liebe kann fürwahr
Sie getrost entbehren.

(Originalbeitrag)

Geheilt

In deinem Herzen sprudelt
Ein Liebeswunderquell,
Und wer daraus getrunken,
Dem wird das Leben hell.

Ich hab den Quell gefunden
Und trank mich ganz gesund.
Zur Nachkur muß ich küssen,
Lieb Herzchen, deinen Mund!

(Originalbeitrag)


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