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Das Strumpfband

(Leicht erneuert)

Du sanftes Band, das meinen Geist umstrickt
Und meine Freiheit bindet,
Ich werde stets durch frische Glut entzündet,
Sooft mein Aug auf deine Schönheit blickt.
Ich liebe dich, nicht weil du seiden bist,
Noch weil die Kunst des Webers dich geschlagen,
Nein, sondern weil dein Atlas würdig ist,
Daß Philis ihn an ihrem Knie getragen.

Ich löste dich, da mir das Glücke rief,
Von ihren zarten Waden,
Die die Natur mit warmem Schnee beladen,
Ob ich schon selbst in mein Verderben lief.
Ihr Fuß ward frei und meine Hand verschränkt,
Ja, was noch mehr, mein Herz war selbst gefangen!
Doch freut es sich, wenn es an dich gedenkt,
Und wünschet nur, in deinem Schmuck zu prangen.

Ich halte dich nun höher als Demant,
Als Perlen und Rubinen,
Du mußt des Nachts mir statt des Kissens dienen,
Des Tages trag ich dich an meiner Hand;
Im Traume red ich einzig nur von dir,
Und wach ich auf, so bist du mein Ergetzen.
Denn ohne dich und deiner Philis Zier
Kann sonst mich nichts so in Vergnügung setzen.

(T.E., um 1650)

Absage

(Leicht erneuert)

Ich muß es wohl gestehn, verliebte Salimene,
Du tust zur Linderung der angenehmen Pein,
Die ich dir jetzt geklagt, mit mir jetzt ziemlich schöne:
Du räumest mir dein Herz zu meinem Lager ein –

Es ist ein süßer Ort. Allein, verbuhlte Seele,
Ich sag es glatt heraus: es steht mir nun nicht an.
Es liegen andre schon in dieser Rosenhöhle,
Die Lieb und Eifersucht nicht um sich leiden kann.

Noch kürzlich hab ich dich zwar oft darum gebeten,
Als mich ein starker Trieb zu deinen Knieen riß;
Da seufzt ich: laß mich einst zu diesen Rosen treten
Und öffne meiner Hand dein schönes Paradies.

Nun aber mag ich nicht in diesen Garten kommen,
Es sind schon andre da, die haben zweifelsohn
Die besten Blumen längst vom Stocke weggenommen.
Und also bau ich mir da keinen Wollustthron.

Der Ort, wo himmlisch sich mein Herze soll vergnügen,
Muß stets verschlossen sein und mir nur offen stehn.
Wo andrer Wohnung ist, da mag ich niemals liegen.
Mein Schatz muß ganz allein mit mir zu Bette gehn.

(Aus dem Schlesischen Helikon, A.B., um 1670)

Streit der fünf Sinne

(In Sprache und Rhythmus erneuert)

Die Sinne hatten einen Streit
Von nicht geringer Wichtigkeit.
Sie wollten gerne wissen,
Wen Venus könnte missen.

Das Sehen trat zuerst herfür
Und sprach: Der Rang gebühret mir!
Wer mich nicht hat, sieht nimmer.
Ob schön ein Frauenzimmer.

Das Schmecken sprach: Was hilft das Sehn,
Wenn gar kein Küßchen darf geschehn?
Wird ohne mich man wissen,
Wie lieblich schmeckt das Küssen?

Das Riechen sagte darauf gleich:
Ich setze mich noch über euch!
Will man zum Mädchen kriechen.
Muß man zuvor sie riechen.

Das Hören sagte: Das ist Tand!
Wer riecht, obs Mädchen angebrannt?
Was hilft Geschmack und Sehen,
Bleibt taub sie unserm Flehen?

Das Fühlen lachte überlaut
Und fragte: Was nützt eine Braut,
Mit der im Bett wir spielen.
Wenn wir den Reiz nicht fühlen?

(Le Pansif,um 1700)

Das Jungfern-Abc

Nur zwei Buchstaben hat das Jungfern-Abc:
Der erste heißet G, der andre heißet W.

Wenn man sie küssen will, so spricht das Mündchen G!
Wenn man sie stechen will, so schreit das Dingchen W!

(Le Pansif, um 1700)

An Arismene

(Gekürzt und erneuert)

Warum wird die Frucht des Lebens,
Schönster Engel, mir versagt?
Lieb ich denn so gar vergebens?
Darf kein Griff mehr sein gewagt?

Soll als träger Sklave rasten
Mein so heißentbrannter Sinn?
Darf ich nicht mit Fingern tasten
Mich ans Land der Lüste hin?

Kann man unbescheiden nennen.
Was die treue Hand verübt?
Die zum Opfer sich verbrennen,
Hat man immer doch geliebt.

Ist es nicht des Schoßes Ehre,
Wenn sie krönet meine Hand?
Weil ich ihm ganz angehöre.
Grüß ich gern das schöne Land.

Wo sind wohl die zarten Wellen,
Die des Lebens Perlen taun.
Und der Wollust Lagerstellen,
Als in ihrem Schoß zu schaun?

Er ist Pharos, Port und Leuchte
Und das schöne Morgenland,
Seine angenehme Seichte
Macht des Glückes Strand bekannt.

Seine dunkeln Opferhallen,
Die ein Myrtenwald umgibt,
Sind gezieret mit Korallen,
Deren Schmuck ein jeder liebt. –

Seid zu streng nicht, Arismene!
Ach, hegt doch Barmherzigkeit,
Seid so gütig als ihr schöne.
So wird meine Brust erfreut.

Wollet meinen Sinnen gönnen
Diesen angenehmen Port,

Daß sie freudig sagen können:
Dieses ist der schönste Ort,

Weil sich täglich dort aufs neue
Liebliches Ergötzen regt
Und, was Mann und Weib erfreue.
Dort gehegt wird und gepflegt!

(Erlander, d.i.: Joh. Georg Gressel, um 1700?)

An eine Braut

(Gekürzt)

Ei du angenehmes Weibchen,
Setze nur das nette Häubchen
Auf dein noch weit nettres Haar.
Unter tausend süßen Küssen
Wirst du nun mit Lust genießen,
Was dir gestern fremd noch war.

Gelt, das Mannsvolk weiß die Sachen
So vergnügt, so gut zu machen,
Man kriegt kaum des Dinges satt.
Freilich, nach dem Schlafengehen
Lernt ein Mädchen erst verstehen.
Was ihr noch gemangelt hat.

Kehre dich nur an kein Lachen,
Fragt man tausend dumme Sachen
Von der überstandnen Nacht:
Ach, sie suchen durch viel Fragen
Dir die Röte rauszujagen,
Die dich noch viel schöner macht.

Rede, wenn die Zeit wird kommen;
Ward dir gestern was genommen,
Glaube nur: es schadt dir nicht.
Wer die Perle nur kann finden,
Wird den Schaden leicht verwinden.
Wenn die Muschel auch zerbricht.

(Aus den Deliciae Poeticae, um 1700)

An Fleuretten

Was quälest du die kleinen Dinger
Und schnürst sie ins Gefängnis ein?
Erlaube dem barmherzigen Finger,
Daß er darf ihr Erlöser sein.

Mit Unrecht hast du sie verdammet,
Sie haben dir ja nichts getan,
Nicht geile Glut hat sie entflammet,
Sie gehn noch auf der Unschuld Bahn.

In dieser engebrüstigen Klause
Hat sich ihr Leben ganz versteckt
Und unter der vermummten Krause
Mit Angst und Seufzern zugedeckt.

Sie sind von Traurigkeit geschwollen,
Sie wanken zitternd hin und her,
Und wenn sie Atem schöpfen wollen,
Wie drückt sie dann das Gitter schwer.

O laß die süßen Trauben schauen,
Laß sie aus ihrer Kelter gehn,
Trifft sie verliebter Blicke Tauen – –
Was gilts? Sie reifen doppelt schön!

(Crescentius Koromandel, N. N. Wittekind, um 1720)

Fastnacht

(Feiner Almanach)

Die Fastnacht bringt uns Freuden zwar,
Viel mehr denn sonst ein ganzes halbes Jahr.
Ich mach mich auf und tät spazierengehen,
An einen Tanz,
Mir ward ein Kranz
Von Blümlein Glanz,
Des erfreut ich mich gar sehr.

Ich bot der Jungfrau meinen Gruß,
Ganz freundlich trat sie mir auf meinen Fuß,
Sie sprach: »Gut Gesell, wenn ich dir sagen sollt,
Wenn du nur wollt,
Ich wär dir hold!
Kein Silber und Gold
Ist meiner Lieb ein Sold.

Hinter meines Vaters Hof steht ein Tür,
Da ist weder Schloß noch Riegel dafür,
Da geh hinein, daß man dich nicht seh noch spür,
Sie ist geschmiert,
Daß sie nicht klirrt,
Kein Mensch dich irrt,
Tritt fröhlich hinein zu mir.«

Des Nachts hob sich ein Wetter groß,
Das über Berg und tiefe Tal herfloß.
Desselben Wegs mich nie keinmal verdroß;
Ich stahl mich aus,
Still wie ein Maus,
Und kam ins Haus
Und lebt im Saus
Mit der Lieben die ganze Nacht.

Das säuberliche Mägdelein

Wo find ich deines Vaters Haus,
Säuberliches Mägdlein?
Geh das Gäßlein ab und aus,
Schweig still und laß dein Fragen sein.

Wo bellet dann das Hündlein dein: Säub. usw.
Ruf den Wächter leise ein: Schweig usw.

Wo knarret dann das Türlein dein: Säub. usw.
Nimm den Haspen in die Hand: Schweig usw.

Wo find ich dann das Kämmerlein: Säub. usw.
Bei der Küche an der Wand: Schweig usw.

Wo schimmert dann das Feuer dein: Säub. usw.
Geuß ein wenig Wasser drein: Schweig usw.

Wo leg ich hin dein Hemdelein: Säub. usw.
Weißt dus nit, so nimms nicht rein: Schweig usw.

Wie soll ich auf den Morgen tun: Säub. usw.
Zieh dich an und geh davon: Schweig usw.

Gastlichkeit des Winters

(Mündlich)

Der Winter ist ein scharfer Gast,
Das merkt ich an dem Dache;
Mein Lieb gab mir ein Kränzelein,
Von Perlen fein.
Das hab von ihr ich tragen
An meinem Bart und Kragen.

Der Sommer ist ein sanfter Gast,
Es tröpfelt von dem Dache;
Mein Lieb gab mir ein Kränzelein,
Im Sonnenschein,
Da ist es aufgetauet,
Von Eis war es erbauet.

Ja traue nur dem Schleicher nicht.
Viel lieber scharfe Worte;
Der Sommer gibt wohl Kränzelein,
Von Blumen fein,
Zu ihr kann ich nicht gehen,
Vom langen Tag gesehen.

Zu Ostern, als die Fasten aus,
Da längerten die Tage;
Mein Lieb gab mir zum Unterpfand
Zween Ärmlein blank,
Darin sollt ich mich rüsten
Zu unsers Winters Lüsten.

Was acht ich der Waldvöglein Sang
Und aller Kläffer Zungen;
Lieg ich in ihren Armlein blank,
Weiß ich ihr Dank,
Ich kann von ihr dann träumen;
Wie lange wird sie säumen?

Kupido die Fledermaus

Als ich verwichen lag in sanfter Ruh,
Da klopft an meiner Tür
Und kommet auch zu mir
Ein kleiner Bue!

Schneeweiß ist er gekleidt, von Angesicht blind,
Er stellt sich an die Wand,
Ein Fackel in der Hand,
Das lose Kind!

Was das bedeuten soll, schrie ich darauf,
Schweig still, es geschieht dir nichts!
Schweig still, ich tu dir nichts.
Sprach er darauf.

Er geht zum Bette hin, der kleine Fratz,
Er bittet mich gar schön,
Sollt aus dem Wege gehn.
Sollt machen Platz.

Ei, du verdammtes Kind! Was bildst dir ein,
Willst schon im Bette liegen?
Gehörst noch in die Wiegen,
In die Wickel hinein.

Scher dich vom Bett und geh nach Haus,
Anstatt der Liebesglut
Gehört dir noch die Rut,
Du Fledermaus!

Wer wird geküßt?

Zu tändeln und zu scherzen,
Gefällt den Weiberherzen,
Doch wird nur der geküßt,
Der küssenswürdig ist.
Das Weib versüßt das Leben,
Kann Lieb um Liebe geben.
Das Weib wacht für den Mann,
Ist treu ihm zugetan.

Zu tändeln und zu scherzen,
Gefällt den Weiberherzen,
Doch wird nur der geküßt.
Der küssenswürdig ist.
Will einer Lieb erzwingen,
So wirds ihm nicht gelingen,
Wir lassen ihn gar schön
Mit langer Nase gehn.

Mein Herz

Seit ich so viele Weiber sah,
So schlägt mein Herz so warm,
Es summt und brummet hier und da
Als wie ein Bienenschwarm,
Und ist ihr Feuer meinem gleich,
Ihr Auge schön und klar.
So schläget wie der Hammerstreich
Mein Herzchen immerdar:
Bum, bum, bum.

Ich wünschte tausend Weiber mir,
Wenns recht den Göttern wär,
Da tanzt ich wie ein Murmeltier,
Ins Kreuz und in die Quer.
Das war ein Leben auf der Welt,
Da wollt ich lustig sein.
Ich hüpfte wie ein Has durchs Feld,
Mein Herz schlug immer drein:
Bum, bum, bum.
Wer Weibern nicht zu schmeicheln weiß,
Ist weder kalt noch warm,
Und liegt gleich wie ein Brocken Eis
In eines Mädchens Arm.
Da bin ich ganz ein andrer Mann,
Ich spring um sie herum,
Mein Herz klopft froh an ihrem an
Und machet stets pum, pum!
Bum, bum, bum.

Die Mutter und die Tochter

Beschattet von blühenden Ästen,
Gekühlet von schmeichelnden Westen,
Lag Rosilis am Bache hier
Und Hylas neben ihr.
Sie sangen sich scherzende Lieder;
Sie warf ihn mit Blumen, er wieder.
Sie neckte ihn, er neckte sie,
Wer weiß, wie lang und wie.

Vom Lenz und von Liebe gerühret,
Ward Hylas zum Küssen geführet,
Er küßte sie, er brückte sie – –
Daß sie um Hilfe schrie!
Die Mutter kam eilend und fragte:
Was Hylas für Frevel hier wagte?
Die Tochter rief: Es ist geschehn!
Ihr könnt nun wieder gehn.

Der dumme Hermann

Hermann auf der Treppe saß,
Hermann weinte sehr,
Sprach zu ihm das Mägdlein rot:
»Hermann, was ist deine Not?
Oh, du goldner Hermann.«

»Daß ich möchte sitzen
In dem Stübchen dein«;
Sprach zu ihm das Mägdlein sein:
»Hermann, das kann auch wohl sein.
Oh, du goldner Hermann.«

Hermann in dem Stübchen saß,
Hermann weinte sehr,
Sprach zu ihm das Mägdlein rot:
»Hermann, was ist deine Not?
Oh, du goldner Hermann.«

»Daß ich möchte küssen
Deinen roten Mund«;
»Küß du unsern Pudelhund
Von dem Schwanz bis auf den Mund,
Oh, du dummer Hermann.«

Himmelsboten zu Liebchens Ruhebett

Der Mondschein, der ist schon verblichen,
Die finstre Nacht ist hingeschlichen;
Steh auf, du edle Morgenröt,
Zu dir all mein Vertrauen steht.

Phöbus, ihr Vorbot wohlgeziert,
Hat schon den Wagen angeschirrt;
Die Sonnenroß sind vorgespannt,
Der Zügel ruht in seiner Hand.

Ihr Vorbot, der Don Lucifer,
Schwebt allbereits am Himmel her,
Er hat die Wolken aufgeschlossen,
Die Erd mit seinem Tau begossen.

O fahrt vor ihr Schlafkämmerlein,
Weckt leis die süße Liebste mein;
Verkündet ihr, was ich euch sag,
Mein Dienst, mein Gruß, ein guten Tag.

Doch müßt ihr sie fein züchtig wecken,
Dabei mein heimliche Lieb entdecken;
Sollt sagen, wie ihr Diener wacht
So kummervoll die ganze Nacht.

Schaut an für mich die gelben Haar,
Ihr Hälslein blank, ihr Äuglein klar,
Küßt ihr für mich den roten Mund
Und wenn sies leidt, die Brüstlein rund.

Amor in allen Ecken

Amor ist in allen Ecken.
Hübsche Frauen,
Die nach jungen Leuten schauen,
Aber sich vor ihm verstecken,

Weiß er listig zu entdecken
Und durch seine List zu necken,
Amor ist in allen Ecken.

Amor ist in allen Ecken.
Mädchen glühen
Heimlich hinter Jalousieen,
Amor weiß doch, wo sie stecken;
Lauscht nur hinter Rosenstöcken,
Amor wird euch schon entdecken,
Amor ist in allen Ecken.

Amor ist in allen Ecken.
Junge Frauen
Sollen aber ihm vertrauen
Und sich nicht vor ihm verstecken,
Mögen durch die Rosenhecken
Frei das süße Antlitz stecken,
Amor wird sie nicht erschrecken.

Die Brombeeren

Es wollt ein Mädl wohl früh aufstehn,
Wollt gehn in den Wald;
Wollt gehn in den Walde,
Hum hum! ja ja! ja Walde,
Wollt Brombeer brocken ab.

Und wie sie zu dem Wald hingeht,
Begegnet ihrs Jägers Knecht:
»Ei Mädl, pack dich aus dem Walde,
Hum hum! ja ja! ja Walde,
Meinm Herrn, dem ists nicht recht.«

Und als sie in den Wald neinkam,
Begegnet ihrs Jägers Sohn:
»Ei Mädl, willst du Brombeer brocken?
Hum hum! ja! ja! ja brocken?
Brock dir dein Körberl an.«

Da gabs so viele Brombeer,
Sie brockt wohl bis in d Nacht,
»Ei Mädl, sinds nicht recht süße?
Hum, hum! ja ja! ja süße!
Doch nimm dich für sie in acht!«
Es stund kaum an ein Vierteljahr,
Die Brombeer wurden groß;
Es stund kaum an ein halbes Jahr,
Hum hum! ja ja! drei Vierteljahr –
Ein Kind saß ihr auf dem Schoß.

Und als der Jäger zur Tür reinkommt,
Ihre Augen wurden naß! –
»Ei Mädl, sind das die Brombeer,
Hum hum! ja ja! die Brombeer,
Die wir abbrockt uns habn?«

Und der ein ehrlichs Mädl will habn,
Der schick sie nicht in Wald;
Der schick sie um keine Brombeer,
Hum hum! ja ja! ja Brombeer,
Verführet sind sie bald!

Michel

Weiß nicht recht, ob ich darf trauen
Michel, meinem großen Knecht,
Denn ich merk, bei meiner Frauen
Ist der Schlingel eben recht;
Sie setzt ihm oft mein Mützchen auf
Und küßt ihn wohl noch obendrauf! –
Das sind freilich ganz unschuldige Späße: indessen
Taugts doch nicht und ist nicht recht,
Daß meine Frau nicht leben kann
Ohne Michel, ihren Knecht.

Wenn sie bleichet in dem Garten
Oder Zeug gewaschen rein,
Muß ihr Michel stets aufwarten
Und allzeit der nächste sein;
Das kränket mich ins Herz hinein,
Daß Michel soll mein Schwager sein! –
Ich habe zwar sonst gegen seine Schwagerschaft nichts
auszusetzen, denn er ist ein tüchtiger Kerl: indessen
Taugts doch nicht und ist nicht recht,
Daß meine Frau nicht leben kann
Ohne Michel, ihren Knecht.

Als ich neulich von der Reise
kam, um späte Mitternacht,
Hatte sich, nach alter Weise,
Michel zu der Frau gemacht;
Und als ich wollt hinein zu ihr,
Stand Michel vor der Kammertür! –
Der Teufel kann wissen, ob der Kerl heraus oder hinein
wollte: indessen
Taugts doch nicht und ist nicht recht,
Daß meine Frau nicht leben kann
Ohne Michel, ihren Knecht.

Wenn der Pfarrer sie im Guten
Nicht auf andre Wege bringt,
Wird mans sehn und nicht vermuten,
Was für Unheil draus entspringt;
Und eh sie sichs werden versehn,
So werd ich vor der Kammertür stehn! –
Und werde sagen: Kinder, um Gottes willen laßt doch
die dummen Streiche bleiben, denn es:
Taugt doch nicht und ist nicht recht,
Daß meine Frau nicht leben kann
Ohne Michel, ihren Knecht.

Merkt euch das, ihr Junggesellen,
Die ihr einst heiraten wollt:
Michel pflegt sich einzustellen,
Ist ihm nur die Frau erst hold;
Drum nehmt euch einen solchen Knecht,
Der krumm und bucklicht, schief und schlecht! –
Ich will gerade nicht sagen, daß solche Knechte zur Arbeit
die besten sind: indessen
Taugts doch nicht und ist nicht recht,
Daß meine Frau nicht leben kann
Ohne Michel, ihren Knecht.

Nordpolidyll

»Eskimo,« sprach Eskima, »mich verdreußt das Treiben;
Willst du keinen Abend denn hier zu Hause bleiben?
Treue wird und Eheglück überm Tran vergessen
Und im 'Seehund' freventlich Nacht für Nacht versessen.«

»Teures Weib, gebiete,« sprach Eskimo, »den Tränen;
Nach der Tranbank, Eskima, geht mein feurig Sehnen.
Eheglück? Der Weise weiß, daß es nur ein Wahn ist:
Glücklich ist der Eskimo nur, wenn er im Tran ist.«

(Aus der Allg. deutschen Stub.-Zeitung)

Die Vogelhochzeit

Ein Vogel wollte Hochzeit halten
Wohl in dem grünen Walde,
Wozu auch eingeladen waren
Die Vöglein jung und alte.
Der Sperber, der Sperber,
Das war der Hochzeitswerber.
Vidirallala, vidirallala.

Die Amsel, seine Braute,
Trug einen Kranz von Raute.
Die Lerche, die Lerche,
Die führt die Braut zur Kerche.
Die Schneppe, die Schneppe,
Die trug der Braut die Schleppe.
Vidirallala, vidirallala.

Der Auerhahn, der Auerhahn,
Der war dabei der Herr Kaplan.
Der Rotschwanz kocht das Hochzeitsmahl
Und fraß die besten Brocken all.
Die Gänse und die Unten,
Das waren die Musikanten.
Vidirallala, vidirallala.

Die Puten, die Puten,
Die machten breite Schnuten.
Die Eule, die Eule,
Die hatte Langeweule.
Der Pfau mit seinem langen Schwanz
Macht mit der Braut den ersten Tanz.
Vidirallala, vidirallala.

Das Finkelein, das Finkelein,
Das führt die Braut ins Kämmerlein.
Das Schnepfelein, das Schnepfelein,
Das bringt der Braut ein Töpfelein.
Der Uhuhu, der Uhuhu,
Der macht die Fensterladen zu.
Vidirallala, vidirallala.

Der Hahn dann krähte Gutenacht,
Da ward die Lampe ausgemacht.
Der Stiegelitz, der Stiegelitz
Macht erst noch einen faulen Witz!
Da sprach der Specht: Das ist nicht recht,
So faule Witze macht man necht!
Vidirallala, vidirallala.

Des andern Tags sagt der Uhu:
Die Läden sind noch immer zu.
Des Nachmittags, es war halb vier,
Da machten sie erst auf die Tür.
Der Stare, der Stare,
Der flocht der Braut die Haare.
Vidirallala, vidirallala.

Die Taube, die Taube,
Die bracht der Braut die Haube.
Die Vöglein all, die Vöglein all
Gratulierten zum ersten Sündenfall.
Nun ist die Vogelhochzeit aus.
Vielleicht ist schon der Storch im Haus.
Mama, Papa, Mama, Papa!
Vidirallala, vidirallala.

(Aus Mitteldeutschland u. der Mark Brandenburg)

Des Mädels Ding

(Altrheinisches Volkslied)

Och Modr, ich well en Ding han!
»Wat för en Ding, ming Hetzenskind?«
En Ding, en Ding!
»Wells de dann e Pöppchen han?«
Nä, Moder, nä!
Ehr sitt kein gode Moder,
Ehr künnt dat Ding nit rode,
Wat dat Kind förn Ding well han,
Dingderlingdingding!

Och Modr, ich well en Ding han!
»Wat för en Ding, ming Hetzenskind?«
En Ding, en Ding!
»Wells de dann e Ringelchen han?«
Nä, Moder, nä!
Ehr sitt kein gode Moder,
Ehr künnt dat Ding nit rode,
Wat dat Kind förn Ding well han,
Dingderlingdingding!

Och Modr, ich well en Ding han!
»Wat för «n Ding, ming Hetzenskind?«
En Ding, en Ding!
»Wells de dann e Kleidchen han?«
Nä, Moder, nä!
Ehr sitt kein gode Moder,
Ehr künnt dat Ding nit rode,
Wat dat Kind förn Ding well han,
Dingderlingdingding!

Och Modr, ick well en Ding han!
»Wat för en Ding, ming Hetzenskind?«
En Ding, en Ding!
»Wells de dann ene Mann han?«
Jo, Moder, jo!
Ehr sitt en gode Moder,
Ehr kunnt dat Ding wohl rode,
Wat dat Kind förn Ding well han,
Dingderlingdingding!

Phyllis und die Mutter

Ihren Schäfer zu erwarten, tralle-ra-ri, tirallerala.
Schlich sich Phyllis in den Garten, trallerari, tirallerala;
In dem dunkeln Myrtenhain
Schlief das lose Mädchen ein, trallerari, tirallerala.

Ihre Mutter kam ganz leise, trallerari, tirallerala;
Nach der alten Mütter Weise, trallerari, tirallerala,
Nachgeschlichen o wie fein!
Fand das Mädchen ganz allein, trallerari, tirallerala.

Ihrem Schlummer halb entrissen, trallerari, tirallerala,
Von den zarten Mutterküssen, trallerari, tirallerala,
Rief die Kleine: »O Damöt!
Warum kommst du heut so spät?« Trallerari, tirallerala.

»Ei, so hast du mich belogen? Trallerari, tirallerala.
Deine Unschuld ist betrogen! Trallerari, tirallerala.
Ihm zur Schmach und dir zur Pein
Sperr ich dich ins Kloster ein!« Trallerari, tirallerala.

»Kloster ist nicht mein Verlangen, trallerari, tirallerala.
Du bist selbst nicht neingegangen, trallerari, tirallerala.
Und wenns allen so sollt gehn,
Möcht ich mal die Klöster sehn!« Trallerari, tirallerala.

Schreibstunde

Es bat ein Bauer ein Töchterlein,
Daß es doch täte den Willen sein;
Er bot ihr Silber und rotes Gold,
Daß sie ihn lieb hätt und heiraten sollt.
Gar öffentlich.

Als ein Studente das hat erhört,
Er seinem Haus den Rücken kehrt;
Kam vor der Jungfrauen ihre Tür,
Und klopft mit seinem Finger dafür
Gar heimlich.

Die Jungfrau im Arm auf dem Bette lag
Und zum Studenten ganz leise sprach:
Ist jemand draußen, begehret mein,
Der zieh das Schnürlein und komm herein
Gar heimlich.

Als das der Bauer doch hat gehört.
Dem Hause sein er den Rücken kehrt;
Und kam vor der Jungfrauen Tür,
Er klopft mit seinem Stiefel dafür
Gar öffentlich.

Die Jungfrau war in Freuden wach
Und zu dem Bauern da lachend sprach:
Ist jemand da, der begehrt hinein,
Der such sich ein ander Jungfräulein
Gar heimlich.

Wer ists, der heut uns dies Liedlein sang?
Ein freier Studente ist er genannt;
Er lehrt der Jungfrau Lesen und Schreiben,
Braucht dazu weder Feder noch Kreiden,
Gar heimlich.

Und wenn das Mädchen erst schreiben kann,
Dann reist er wieder, wird Doktor dann;
Und sitzt bei Büchern und bei dem Wein,
Ihr Brieflein tröstet ihn doch allein.
Gar heimlich.

Buhlerliedchen

(nach einem Liede aus dem Venusgärtlein [1656] frei übertragen vom Herausgeber)

Wir zwei sind hier alleine,
Und niemand kann uns sehn;
Komm, Liebchen, komm, du feine;
Zur Stund, zur Stund, zur Stund,
Damit ich küsse deinen roten Mund.

Ach, es ist viel zu späte,
Mit mir ein Ding zu tun,
Die Mutter lauscht, die stete,
Und dann, und dann, und dann
Ich nicht in Ruhe bei dir liegen kann.

Willst du die Tür verschließen
Und draußen lassen mich,
So muß michs wohl verdrießen,
Zu gehn, zu gehn, zu gehn,
Eh daß mit dir mein Wille mir geschehn.

Nun gut, so komm nach innen,
Daß du zufrieden bist.
Was willst mit mir beginnen?
Bleib stehn, bleib stehn, bleib stehn,
Denn was du willst, darf nimmermehr geschehn.

Warum so lang sich zieren,
Ein Kuß ist bald geküßt;
Ich kann dir wohl hofieren,
Gib acht, gib acht, gib acht,
So süße Sachen sind gar bald gemacht.

O weh, nun ists geschehen,
Du tust mir gar so weh;
O Gott, was muß ich sehen,
O mein, o mein, o mein,
Was tust du mir dadrin so große Pein?

Ich tu nichts andres machen,
Als einst dein Vater tat.
Horch da den Hahn erwachen;
Gut Nacht, gut Nacht, gut Nacht,
Mein schönes Lieb, hab ichs nicht gut gemacht?

Ein Wortspiel

Ein Bräutlein wollt nicht gehn zu Bett,
Vielleicht, daß sie s verschworen hätt.
Ihr Bas, die sprach: Geh, leg dich zu!
Und wenn er dich nicht läßt in Ruh,
So ruf nur mir; ja, Kind, das tu.

Als nun der Bräutigam auf gut Glück
Vollenden wollt sein Meisterstück,
Da schrie die Braut: O Bas, o Bas,
O Bas, schrie sie ohn Unterlaß.
Der Bräutigam dachte: was ist das?

Und sprach in seiner Brünstigkeit:
Ich kanns nicht baß, bei meinem Eid!
Denn es vermeint der junge Mann,
Er hätt der Sach genug getan –
Denn jeder machts so gut er kann.

Darum ward er sehr ausgelacht,
Und die Geschicht für wahr ich acht,
Weil man auch wohl im Sprichwort spricht:
Viel seltsams Ding im Ehbett gschicht;
Das macht, jung Ehleut ruhen nicht!

(Aus Hans Leo Haßlers Lustgarten neuer teutscher Gesang, 1601)

Das Bräutlein

(Spielart des vorigen)

Als ein Bräutgam die erste Nacht
Sein Bräutlein hat zu Bett gebracht,
Wollt er solch Scherzen treiben,
Wie es hier üblich ist und gilt;
Das Bräutlein aber, ziemlich wild,
Sagt, er solls lassen bleiben.

Er aber wüßt bald Rat dazu,
Sprach: »Wenn du bangst, daß weh dirs tu,
Sollst mich in Finger beißen.
Den ich dir leg hier in den Mund.«
Drauf bald zu scherzen er begunnt,
Und tat sich baß befleißen.

Und als der Handel war vollendt,
Der Bräutgam fragt sein Bräutlein behend:
»Sag mir mit gutem Gewissen,
Ob ich dir jetzt hab weh getan?«
»O nein« – sagts – »lieber Bräutigam,
Hab dich auch drum nicht bissen!«

Das reuige Mägdlein

Auf Erden alle Stund
Bin ich dein und du bist mein,
Du schwarzbraunes Mägdelein,
Und trag mich mit Geduld.

Er küßt sie, er nahm sie
Bei der schneeweißen Hand,
Er führt sie schnell und bald
Durch einen grünen Wald,

Bis daß er an ein Wirtshaus kam:
Frau Wirtin, Frau Wirtin,
Zapft ihr brav Bier und Wein?
Wohl auf des Mägdleins Kleide,
Sie sind von Sammet und Seide
Und müssen vertrunken sein.

Und als das Mägdlein die Red vernahm.
Da weinet es so sehre.
Ei, weinst du um deinen stolzen Mut,
Oder weinst um deines Vaters Gut,
Oder weinst um deine Ehre? –

Ich wein nicht um meinen stolzen Mut,
Ich wein nicht um meines Vaters Gut,
Ich wein um meine Ehre.
Ich habe was verloren.
Ach! wär ich nie geboren,
Ich find es nimmer mehre.

(Originalbeitrag, X. N. Z.)

Der Töpfer

Der Töpfer zieht von Haus zu Haus:
Mädels, macht auf die Türen!
Wie siehts mit euern Öfchen aus?
Habt ihr nichts auszuschmieren?
Juchheißassa, potz Kachel und Lehm,
Ein Töpfer im Haus ist angenehm –
Drum herein!

Da kommt Babettchen angerannt
Mit sehr erfreuter Miene:
Herein! schon lang ein Loch sich fand
In meiner Kochmaschine.
Juchheißassa, potz Kachel und Lehm,
Ein Töpfer im Haus ist angenehm –
Drum herein!

Schön-Elschen kommt, das Kleid gerafft:
Mein Ofen ist nichts nütze!
In seinen Vorderkacheln klafft
Noch immer eine Ritze!
Juchheißassa, potz Kachel und Lehm,
Ein Töpfer im Haus ist angenehm –
Drum herein!

Auch Röschen kommt herab den Gang
Und ruft: Sieh da, mein Lieber!
Gut, daß du kommst, mir fehlt schon lang
An meinem Herd ein Schieber!
Juchheißassa, potz Kachel und Lehm,
Ein Töpfer im Haus ist angenehm –
Drum herein!

Ein altes Weib kommt auch gerannt:
Ich brauche dich für zweie! –
Der Töpfer aber hebt die Hand
Und spricht: Hübsch nach der Reihe!
Juchheißassa, potz Kachel und Lehm,
Ein Töpfer im Haus ist angenehm –
Drum herein!

Die Mädchen – so ist mein System –
Muß man zuerst kurieren:
Und bleibt mir dann noch etwas Lehm,
Will ich auch Euch verschmieren!
Juchheißassa, potz Kachel und Lehm,
Ein Töpfer im Haus ist angenehm –
Drum herein!

(Originalbeitrag, X. Y. Z.)

Die Jungfer

Ein Knabe hat geschworen eh,
Wenn er einmal tät freien:
Er würde keine andre nehm,
Es müßt ein Jumpfer seien.

Kathrinchen, kumm mit mir ins Holz,
Wir wollen Blümel brechen. –
Ins Holz da geh ich nit hinein,
Leicht künnt a Dorn mich stechen.

Kathrinchen, kumm ins Holz hinein,
Ich wollt dich gerne freien. –
Die Mutter sagt, dös darf ich nit,
Ich sei da noch zu kleien. –

Er nahm sie bei der weißen Hand,
Führt sie zum grünen Walde.
Macht ihr ein Bett aus Gras und Klee
Wohl an der grünen Halde. –

Kathrinchen, bistu Jumpfer noch,
Dann wollt ich ja dich freien. –
Jawoll bin ich ein Jumpfer noch,
Es kann nit anders seien.

Kathrinchen, das kann jeder sag,
Ich möcht es ehe wissen.
Da kam es, daß der Dorn sie stach,
Sie hat sich dran gerissen.

Hans, da ich noch ein Jumpfer bin,
So wirst mich nu doch freien? –
Du bist ja nu kein Jumpfer mehr,
Nu kann ich dich nit freien.

(originalbeitrag, X. Y. Z.)

Wann Fillis wehr zu Hause blieben, so wehr sie nicht umb ihr Ehren-Kräntzlein kommen.

Fillis saß in einem Böttchen,
Coridon pfiff auff dem Flottchen,
dort an jenem Wasser-Strand,
so hell das auch Fillls eben,
ließe beyde Ruder schweben,
daß das Boht trieb auff den Sand.

So das Fillis nicht mehr künde,
ob sie sich gleich unterstunde,
mit der Arbeit viel zu thun,
wurden ihr doch Arm und Hände,
also müde, daß am Ende,
Sie rieff, ach, wer hilfft mir nun?

Coridon dort stund und lachte,
heimlich bey sich so gedachte,
ey das Spiel wird feyn vor mich,
Fillis hat mich vor verachtet,
und das Sprichwort nie betrachtet,
das Blat kan eins wenden sich.

Fing drauff an also zu singen,
nie kundt ich zu wegen bringen,
Flllis so viel Gnad von dir,
daß du ein gut Wort mir geben,
aber nun schickt sichs gar eben,
daß du Hülff begehrst von mir.

Fillis andern Raht nicht wuste,
als daß sie ihn bitten muste,
jedoch fast halb Athem loß.
Coridon kom her gewaden,
hilff mir aus Gefahr und Schaden,
und mein Bodt vom Lande stoß.

Coridon der lose Bube,
seine Pfeiff in Sack einschobe,
schürzte seine Kleider hoch,
kam durchs Wasser hergegangen,
ließ die Pfeiff unwissend hangen,
etwan durch ein Hosenloch.

Fillis sprach, verfluchtes Flötgen,
du machst daß ich und mein Bötgen,
sind gebracht in die Gefahr,
Coridon viel Macht anlegte,
und das Böttgen so lang regte,
Biß es von dem Grunde war.

Als es nun fortschwam gar linde,
schwang sich Coridon geschwinde,
in das Schifflein nein zu ihr,
sprach nun Fillis wirst du müssen,
zehen mal dich lassen küssen,
das sol sein mein Lohn von dir.

Fillis sprach, jedoch vergebens,
nun bin ich die Zeit meins Lebens,
nie gewesen so verirt,
als jetzt, da mir solche Possen
ohngefehr zu Händen flossen,
in dem hertzte sie der Hirt.

Und da er küst ihre Lippen,
fing das Böttgen an zu wippen,
weil ein grosser Sturm entstund,
hab hab he gings auff und nieder,
warff die beyden hin unnd wieder,
Fillis schrie wir gehn zu grund.

Coridon mit seinem Stabe,
langte tieff ins Meer hinabe.
sprach. Oho, es hat nicht Noht,
hier ist noch kein grund zu fühlen,
ob die Wellen gleich was spielen,
sind wir drumb noch weit vom Tod.

Bald wird sich das Wetter legen,
drumb mir nun versprich dagegen,
wenn ich bringe dich zu Land,
daß du meiner wilst gedencken,
unnd mir deine Liebe schencken,
drauff gib Fillis mir die Hand.

Fillis wollte zwar nicht gerne,
aber weils mit ihr so ferne,
kommen war, sie bey sich nun,
(daß er gut war) wol bedachte,
sie ihr gute Rechnung machte,
er würd allzeit gutes thun.

Drumb sprach sie, es mag geschehen,
bat ihn aber zu zusehen,
daß sie nur beym Leben blieb,
Ach ja sprach er, und ergriffe,
seine Flött, und so lang pfiffe,
biß das Boht zu Lande trieb.

Als sie nun zu Lande kamen,
sie den Weg zu Pusch einnahmen,
nach dem sah ich sie nicht mehr,
Seht wie Amor doch kan machen,
Aus gar kleinen grosse Sachen,
Unnd doch alles ohngefehr.

Noch ist wahr das Sprichwort hewer,
Vorwitz macht die Jungfern thewer,
wehre Fillis nicht auffs Meer,
kommen, unnd dem Flöttgen eben,
nicht genaw Gehör gegeben,
Vielleicht sie noch Jungsraw wehr.

Und Gelegenheit macht Diebe,
Coridon mit seiner Liebe,
hätt es nicht so weit gebracht,
als da Flllis wolte Schiffen,
daß er damals gleich gepfiffen,
und sie so zur Braut gemacht.

(Dieses Volkslied von 1840 wird hier in der ursprünglichen Fassung
gegeben, um die Urwüchsigleit zu zeigen.)


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