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Solches bemerkt angstvoll die erschrockene Heldin Juturna; Mitten aus seinem Geriem des Turnus Lenker Metiscus |
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470 | Schüttelt sie ab und läßt den entglittenen fern von der Deichsel; Selbst dann besteigt sie den Sitz und lenkt die wallenden Zügel, Völlig an Laut und Gestalt und Rüstungen gleich dem Metiscus. So wie schwarz durch das große Gebäu des begüterten Eigners Fliegt und im hohen Gemach die Fittige reget die Schwalbe, |
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475 | Winzige Kost auflesend, dem schwätzigen Neste zur Atzung, Und in den Hallen nunmehr, den geräumigen, nun um des Teiches Wallungen schwirrt: so treibt durch wimmelnde Feinde Juturna Rasch das Gespann und umfliegt im reißenden Wagen das Feld rings. Bald hier trägt sie zur Schau, bald dort den prangenden Bruder; |
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480 | Doch nicht läßt sie den Kampf ihn bestehn; weit flieget sie abwegs. Auch Äneas verfolgt die gewundenen Kreise begegnend; Ringsum späht er den Mann und laut durch zertrümmerte Scharen Rufet er. Aber so oft er den Feind in die Augen gefasset Und in dem Lauf einholte den Sturm der geflügelten Rosse, |
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485 | Ebenso oft entzieht ihm den fliehenden Wagen Juturna. Ach was zu thun? Unstät in mancherlei Wallungen wogt er, Oft hin rufen und her sein Herz vielseitige Sorgen. Doch Messapus, wie zwei der geschmeidigen Speer' in der Linken, |
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490 | Wirbelt' er einen davon, und schnellt in sicherem Aufschwung. Plötzlich steht Äneas und sammelt sich unter die Rüstung, Niedersenkend das Knie; doch die Spitze des Helmes enttrug ihm Stürmend der Speer und schwang den oberen Busch von dem Scheitel. Jetzo fürwahr wächst jenem der Zorn, und empört von der Arglist, |
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495 | Als er gesehn, wie entfernt dort Ross' und Wagen zurückflohn, Ruft er den Zeus und ruft des entweiheten Bundes Altar' an; Und nun rennet er, nun ins Gedräng', und mit helfendem Mavors Fürchterlich tobt er umher und erregt' ohn' jegliche Schonung Grausamen Mord und löset die sämtlichen Zügel des Eifers. |
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500 |
Welch ein Gott nun mag mir die Schrecknisse, wer im Gesang rings |
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505 |
Sieh, Äneas ereilt den Rutuler Sucro (zuerst hob |
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510 | Wandelt entgegen zu Fuß, und ihn mit der ragenden Lanze Tötet er, ihn mit dem Schwert; die abgehauenen Häupter Hängt an den Wagen er beid', und die blutabtröpfelnden führt er. Der streckt Talos und Tanais hin und den starken Cethegus, Drei in dem selbigen Sturm, und den schwermutsvollen Onytes, |
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515 | Den Peridia die edle gebar dem Helden Echion. Dieser aus phöbischem Land, aus Lycia kommende Brüder, Und, der umsonst die Kriege gehaßt, den Jüngling Menötes, Arkaderstamms; der einst um fischbare Fluten der Lerna Kunst und ärmliche Hütte gehabt; nie Schwellen der Großen |
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520 | Hatt' er gekannt; es säte gemieteten Boden der Vater. Wie von entgegenen Enden gesendete Glut in des Waldes Dorrende Trift und in Sträuche, die laut aufkrachen von Lorbeer, Oder wie reißenden Sturzes herab von luftigen Berghöhn Rauschen ergossene Ströme mit Schaum und zur Ebene rollen, |
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525 | Vor sich jeder verwüstend die Bahn: nicht säumiger jetzo Rennen Äneas und Turnus durch Mord und Entscheidungen; nun, nun Woget der Zorn in der Brust, nun schwellt unbezwungene Kühnheit Beiden das Herz, jetzt stürzt man mit aller Gewalt in die Wunden. Jetzt den Murranus, der Urahnherrn altrühmlicher Ahnherrn |
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530 | Tönt, und hinauf das Geschlecht durch die Könige führt der Latiner, Schmettert der Held mit dem Schwunge des ungeheueren Felsens Häuptlings hinab auf den Boden entlang; ihn wälzen die Räder Unter dem Joch und Geriem, und oben mit stampfendem Hufschlag Malmt das wilde Gespann, uneingedenk des Besitzers. |
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535 | Jener, wie Hyllus im Sturm unermeßlichen Mutes daherbraust, Rennet hinan und schnellt auf die goldenen Schläfe den Wurfstahl, Daß durch Helm und Gehirn die geheftete Lanze hervorstand. Weder entraffte dem Turnus, o Cretheus, tapferster Grajer, Dich dein Arm; noch schützten die eigenen Götter Cupencus, |
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540 | Als ihm Äneas erschien: kühn bot er dem Eisen die Brust dar; Doch nichts frommte dem Armen des ehernen Schildes Verspätung. Dich auch, Äolus, sahen die laurentinischen Felder Sterben, und weit die Erde mit mächtigem Leibe bedecken. Wehe, du sinkst, den nicht argolischer Jünglinge Schlachtreihn |
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545 | Strecken gekonnt, noch das Graun des priamischen Reiches, Achilles; Hier dein endendes Ziel; hoch ragte das Haus dir am Ida; Hoch in Lyrnessus das Haus, im laurentischen Boden das Grabmal; Ganz nun kämpfen die Heer' anwärts, und alle Latiner, Alle die Dardaner nun: Mnestheus, und der kühne Serestus, |
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550 | Auch Messapus der reisige Held, und der tapfre Asilas Auch die tuskische Macht, und Euanders Arkaderscharen. Was ein Mann nur vermag, strengt jeder mit äußerster Macht an. Nirgendwo Rast noch Verzug; voll großer Besserung strebt man. Jetzo gab dem Äneas die herrliche Mutter den Ratschluß, |
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555 | Daß zu den Mauern er geh' und der Stadt zulenke den Heerzug, Stürmischer Eil', und verwirrte durch schleunige Not die Latiner. Jener, wie auf und ab durch die Ordnungen spähend dem Turnus Überall er den Blick umwendete, schauet die Stadt dort Frei vom Jammer des Kriegs, in ungefährdeter Ruhe. |
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560 | Plötzlich entbrennt in der Seele das Bild des größeren Kampfes. Mnestheus wird und Sergestus bestellt und der tapfre Serestus; Und mit den Feldherrn eilt er zur Höh'; auch anderer Teucrer Heerschar strömet heran; nicht Schild' und Speer' im Gedränge Legen sie ab. Er mitten vom ragenden Hügel beginnt so: |
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565 |
Ohne Verzug mir geschafft, was ich fordere! Juppiter steht hier! |
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570 | Traun, abwarten zuvor, bis unseren Kampf zu erdulden Turnus belieb' und von neuem zu stehn der besiegte geneigt sei! Hier das Haupt, hier, Bürger, des frevelen Krieges Entscheidung! Brände mir rasch, und zurück den Vertrag mit Flammen gefordert! Also der Held, und alle mit gleich wetteiferndem Herzen |
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575 | Ordnen den Keil und stürmen in dichtem Gedräng' an die Mauern. Schnell sind Leitern gestellt, und plötzliches Feuer entlodert. Andre berennen die Thor' und haun die Begegnenden nieder, Andre, den Stahl umdrehend, verdunkeln die Luft mit Geschossen. Selbst nun unter den Ersten erstreckt Äneas die Rechte |
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580 | Gegen die Stadt, anklagend mit lautem Ruf den Latinus, Und er bezeugt die Götter, zum Kampf sei er wieder genötigt, Zweimal Feind der Auson', und verlebt das andere Bündnis. Aber die ängstlichen Bürger verwirrt mißhellige Zwietracht. |
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585 | Dardanus Volk', und sie drängen ihn selbst auf die Mauern den König; Andere tragen Gewehr, und Verteidiger gehn sie der Festung. Wie wenn verschlossene Bienen im viel durchlöcherten Bimsstein Ausgefunden ein Hirt und mit bitterem Rauche gefüllet; Jene, darin voll Angst und Furcht durch das wächserne Lager, |
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590 | Laufen umher und schärfen mit heftigem Sumsen den Unmut; Schwarzer Geruch durchrollet das Haus, und von blindem Gemurmel Tönt inwendig der Fels, hoch zieht in die Lüfte der Rauchdampf. Noch dies Schicksal begegnet den abgehärmten Latinern, |
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595 | Als die Königin schaute den kommenden Feind von den Dächern, Rings die Mauern berannt, und Glut zu den Wohnungen fliegend, Nirgends Rutuler gegengestellt, noch Scharen des Turnus; Ach, da wähnet die Arm' im entscheidenden Kampfe den Jüngling Ausgetilgt; und das Herz von plötzlichem Grame verwildert, |
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600 | Nennt Ursache sie sich und Schuld und Quelle des Unheils; Und da sie viel in Verzweiflung und Wut wahnsinnig geredet, Reißt sie, zu sterben gefaßt, ihr Purpurgewand auseinander, Hoch an Gebälk dann knüpft sie die Schnur des entstellenden Todes. So wie das Wehe gehört die bekümmerten Fraun der Latiner, |
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605 | Rauft die Tochter zuerst mit der Hand ihr blühendes Haupthaar, Rauft die rosigen Wangen Lavinia; klagend umher dann Wütet der Schwarm; weit hallet von Leid und Klagen die Wohnung. Ganz durch die Stadt nun brütet der traurige Ruf sich, und alle Senken den Mut; es geht in zerrissenem Schmucke Latinus, |
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610 | Tief von der Gattin Geschick und dem Falle der Stadt wie zerrüttet Und sein grauendes Haar mit schmutzigem Staube entstellend, Vielfach klagt er sich an, daß nicht von selbst den Äneas Er, den Dardanier, gleich in die Stadt als Eidam berufen. Jener im äußersten Raum des Gefilds, der streitbare Turnus, |
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615 | Jagt den Zerstreueten nach, den wenigen, säumiger jetzo, Und schon minder und minder vermögender Rosse sich freuend. Wehende Luft nun brachte mit blindem Schrecken ihm fernher Dies vielfache Geschrei; und es traf die gespanneten Ohren Hall der verwirreten Stadt und unerfreuliches Murmeln. |
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620 |
Wehe mir, was doch lärmet so bang' in den Mauern der Leidruf? Ihm darauf, wie die Schwester, dem Wagenlenker Metiscus |
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625 | Gab sie die Worte zurück: Hier laß uns, Turnus, verfolgen Trojas Volk, wo zuerst Viktoria Bahn uns geöffnet, Andere sind, die die Häuser mit Kraft zu verteidigen wissen. Italer drängt des Äneas Gewalt, der Schlachtengewühl mischt: Schaffen auch wir mit dem Arm entsetzliche Morde den Teucrern! |
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630 | Weder geringer an Zahl noch an Kriegsruhm wirst du hinweggehn.
Turnus darauf: |
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635 | Sandte dich denn und gebot so drückende Mühe zu tragen? Etwa daß sterben du sähst den unglückseligen Bruder? Denn was beginn' ich? und welches Geschick noch bürget Errettung? Selbst mit eigenen Augen erblickt' ich ihn, welcher mich anrief, Meinen Freund Murranus, den teuersten aller, die lebten; |
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640 | Ach der mächtige sank, von mächtiger Wunde bewältigt. Ufens auch, der Arme, versank, um unsere Schmach nicht Anzuschaun; und die Teucrer erbeuteten Leichnam und Rüstung. Soll ich Vertilgung der Stadt (dies einzige fehlte dem Unglück!) Dulden, und nicht mit dem Arme das Wort abweisen des Drances? |
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645 | Soll ich entfliehn? soll schauen den flüchtigen Turnus das Land hier? Ist denn so gar Elendes der Tod? Ihr seid mir, o Manen, Gütig und hold, dieweil ja der Oberen Wille gewandt ist. Ein unsträflicher Geist, unbefleckt von solcher Verschuldung, Steig' ich zu euch, niemals unwert der erhabenen Väter! |
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650 |
Kaum dies hatt' er gesagt; da fliegt durch die Mitte der Feinde Turnus, auf dir ruht endlich das Heil; o erbarm dich der deinen! |
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655 | Festungen droht er hinab zum Untergange zu schmettern! Bränd' umfliegen die Dächer bereits. Dich schaun die Latiner, Dich mit erwartendem Blick. Selbst fragt sich der König Latinus, Wen er zum Eidam wähl' und wem zuwende das Bündnis. Ja die Königin auch, die treu dein waltete, selber |
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660 | Starb sie durch eigene Hand, und das Licht, die Bekümmerte, floh sie. Nur allein Messapus erträgt und der tapfre Atinas Dort an den Thoren die Schlacht. Ringsher um diese geschart stehn Dichte Reihn, und es starret von ausgezogenen Schwertern Eiserne Saat. Du drehst im verlassenen Grase den Wagen. |
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665 |
Tief nun erstaunt, unstät durch wechselnder Bilder Erscheinung |
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670 | Wendet er gegen die Stadt die entflammeten Kreise der Augen, Unruhvoll, aus dem Wagen die Königesveste betrachtend. Schaue nunmehr, mit Flammen von Stockwerk rollend zu Stockwerk, Strudelte hell zum Himmel der Schwall und beherrschte den Turm rings: Jenen Turm, den er selber empor aus Balken gezimmert, |
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675 | Räder darunter gefügt und hoch ihm Brücken geleget.
Nun siegt, Schwester, o nun das Geschick; nicht halte mich länger! |
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680 | Schauen hinfort! Nur laß mich zuvor auswüten die Wut hier!
Sprach es und schwang vom Wagen den hurtigen Sprung auf die Erde; |
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685 | Niederstürzt, ob gerafft vom Orkan, ob stürmischer Guß ihn Spülete, oder durch Jahr' ablöst' hingleitendes Alter Ungestüm von den Höhen entrollt das gewaltige Berghaupt, Prallend vom Boden empor, und Waldungen, Herden und Männer Wälzt es hinunter im Fall: so stürzt durch vernichtete Scharen |
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690 | Turnus einher zu den Mauern der Stadt, wo am meisten das Erdreich Trieft von vergossenem Blut und schwirret die Luft von Geschossen. Zeichen der Hand nun giebt er und ruft mit mächtigem Ausruf: Schont nun, Rutuler, schont, und hemmt die Geschosse, Latiner! |
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695 | Auszubüßen für euch den Vertrag und mit Stahl zu entscheiden!
Seitwärts wichen sie all' und gewähreten Raum in der Mitte. |
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700 | Jubelnd vor Lust und erregt die graunvoll donnernde Rüstung: Groß wie Athos, wie Eryx sich hebt, wie selber, umzittert Von Steineichengeräusch, mit beschneietem Haupte der Vater Froh in die Luft aufragt, der gewaltige Apenninus. Aber die Rutuler jetzt um die Wett', und die Troer, und alle |
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705 | Italer wandten die Augen dahin, wer oben die Festung Schirmete, wer mit dem Widder den Grund anbohrte der Mauern; Und sie enthüllten des Erzes den Leib. Hin staunt auch Latinus, Sie großmächtig an Wuchs, von verschiedenen Enden der Welt her, Sich zum Kampfe die Männer genaht, und des Stahles Entscheidung. |
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710 |
Jene, sobald sich geöffnet in räumiger Ebne die Felder |
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715 | Wie im unendlichen Silagehölz und dem hohen Taburnus, Wenn zwei mutige Stiere, zu feindlichem Kampf sich begegnend, Stirn anrennen auf Stirn, die erschrockenen Hirten zurückflohn; Alles Vieh steht schweigend in Furcht, stumm harren die Rinder, Wer obherrsche dem Forst, wem ganz nachfolge die Herde; |
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720 | Sie dort mischen die Wunden mit Kraft und Gewalt um einander, Beide gestemmt einbohrend das Horn, und in strömendem Blute Baden sie Hals sich und Bug; von Gebrumm rings hallet die Waldung: So der daunische Held, so rennt der Troer Äneas, Schild anstoßend auf Schild, und Gekrach durchschmettert den Äther. |
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725 |
Juppiter selbst nun hebt zwei gleich abwägende Schalen Turnus schwingt sich anjetzt, ungestraft es wähnend, mit ganzem |
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730 | Haut dann. Auf schrein Troer zugleich und verzagte Latiner, Beiderlei Heer' unmäßig gespannt. Doch das Schwert, der Verräter, Kracht, und zerschellend verläßt es den Glühenden mitten im Schlagen; Wenn nicht Flucht Aushilf' ihm gebracht; er entflieht wie der Ostwind, Als er das Heft, nicht seines, und wehrlos schaute die Rechte. |
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735 | Denn man sagt, da er rasch zum beginnenden Kampf die geschirrten Rosse bestieg, da hab' er die Vaterklinge verlassend, Hastig den Stahl sich gerafft von dem Wagenlenker Metiscus. Lang' auch, während den Rücken zersprengt ihm boten die Teucrer, G'nügte ihm der: jetzt kam's zu des Gottes vulkanischer Rüstung; |
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740 | Sieh, und die sterbliche Klinge, wie nichtiges Eis, in dem Anschwung Sprang sie entzwei; hell blinken im gelblichen Sande die Trümmer. Ratlos wendet den Fuß und entflieht durch die Ebenen Turnus; Und bald hier, bald dort unsichere Kreise betritt er. Denn rings schloß ihn umher der Dardaner dichtes Gedräng' ein; |
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745 | Und dort weites Gesümpf, dort türmende Festung umgiebt ihn.
Aber nicht minder Äneas, wiewohl, von dem Pfeile gehemmet, |
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750 | Einschloß, oder die Scheu der purpurnen Feder umzäunte, Nahe der Jäger mit Lauf und der Hund mit Gebelle verfolget, Er, vom gestellten Truge geschreckt und der Höhe des Ufers, Tausendmal rennt er dahin und daher; doch der wackere Umbrer Haftet und schnappt, gleich hält er ihn, gleich, und dem haltenden ähnlich |
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755 | Klirrt er mit zahnigem Maul und täuscht sich in eitelem Anbiß. Jetzo erschallt endloses Geschrei, daß Ufer und Teiche Rings antworten umher, und von Aufruhr donnert der Himmel. Jener zugleich, wie er flieht, so ermahnt er die Rutuler alle, Namentlich jeden genannt und verlangt sein trauliches Schwert her, |
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760 | Aber es dräut Äneas den Tod und das grause Verderben Jedem sogleich, der heran sich gewagt; und die Zagenden schreckt er, Drohend Vertilgung der Stadt, und dringt, der Verwundete, näher. Fünfmal kreist in die Rund' ihr Lauf, fünfmal der Zurücklauf Hier und dort. Nicht wahrlich um leichter Belohnungen Spielpreis |
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765 | Werben sie, sondern es gilt hier Blut und Leben des Turnus.
Einst, dem Faunus geweiht, stand dort ein wildernder Ölbaum, |
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770 | Aber die Dardaner hatten den heiligen Stamm ohne Schonung Weggeräumt, um freier im offenen Felde zu kämpfen. Hier nun stand dem Äneas der Speer; hier hatte der Schwung ihn Hergeführt; fest hielt den gehefteten zähes Gewurzel. Aufgelehnt will jetzt mit der Hand ausringen das Eisen |
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775 | Trojas Held und verfolgen mit Wurf ihn, den er im Lauf nicht Fassen gekonnt. Doch Turnus, betäubt von Schrecken und angstvoll: Faunus, ruft er, erbarme dich mein, und, o Segnerin Erde, Hemme den Stahl, wenn stets ich mich eurer geheiligten Stätte Annahm, die Äneas Geschlecht mit Waffen entweiht hat. |
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780 |
Sprach's, und die Hilfe des Gottes erschien nicht leerem Gelübde. |
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785 | Läuft sie, und reicht dem Bruder das Schwert, die daunische Göttin. Venus, gekränkt, daß solches der mutigen Nymphe vergönnt sei, Eilet daher und reißt das Geschoß aus der Tiefe der Wurzel. Beide nunmehr hochsinnig, an Mut und Waffen erneuert, Dieser vertrauend dem Schwert, der trotzig und kühn mit der Lanze, |
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790 | Stehn auf einander gewandt in des keuchendem Kampfes Entscheidung.
Aber zur Juno beginnt des allmachtvollen Olympus Welch ein Ende zuletzt? was bleibt noch übrig, o Gattin? |
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795 | Bald dem Himmel geweiht, zum Gestirn erheb' ich das Schicksal. Was denn beginnst, was hoffst du, im kalten Gewölke verweilend? Ziemt' es wohl, daß ein Gott von des Sterblichen Wunde verletzt ward? Daß sein entrissenes Schwert (was ohne dich könnte Juturna?) Wieder dem Turnus sie gab, und die Kraft dem besiegeten anwuchs? |
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800 | Endige jetzt einmal, und beuge dich unseren Bitten. Nicht so nage der Gram dich Schweigende, laß nicht aus deinem Süßen Munde so oft die traurigen Sorgen mich hören. Maß und Ziel ist erreicht. Durch Land' umtreiben und Wasser Hast du die Troer gekonnt, graunhaft anzünden die Kriegsglut, |
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805 | Schänden ein glänzendes Haus und mischen mit Gram die Vermählung. Weitre Versuche verbiet' ich dir jetzt. – Dies Juppiters Worte. Also Saturnia drauf, gesenkt ihr Antlitz, die Göttin: |
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810 | Traun, nicht sähest du jetzo mit Fug mich dulden und Unrecht Einsam auf luftigem Sitz; dort ständ' ich, mit Flammen umgürtet, Selbst in der Schlacht, und zöge zu feindlichen Kämpfen die Teucrer. Zwar, daß dem leidenden Bruder mit Hilf' annahte Juturna, Riet ich, und daß für das Leben sie größeres wagte, gefiel mir; |
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815 | Doch nicht, daß ein Geschoß noch Stahl von der Senne sie schnellte. Beim unsühnbaren Haupte der stygischen Quelle beschwör' ich's: Welcher einzige Schwur die oberen Götter verbindet; Gern entweich' ich nunmehr und scheid' aus dem Kampfe mit Abscheu. Nur um eines, was nicht durch Schicksalssatzung beschränkt ist, |
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820 | Bitt' ich für Latium dich und die Herrschaftswürde der deinen. Wann nun Frieden (es sei!) durch segensvolle Vermählung Jene gemacht, wann nun sie Gesetz und Bündnis geeinigt, Heiß nicht ändern den Namen die eingebornen Latiner, Noch zu troischem Volk sich erneun und Teucrer genannt sein, |
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825 | Oder die Sprach' umtauschen und vorige Kleidungen wandeln. Latium sei; sei fürder albanischer Könige Folge; Sei der romanische Stamm durch Italertugend gewaltig. Hin sank, hin sei gesunken zugleich mit dem Namen auch, Troja. Lächelnd erwiderte ihr der Erzeuger der Welt und der Menschen: |
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830 | Und du Schwester des Zeus, du anderer Sproß des Saturnus, Rollst in der Tiefe der Brust so gewaltige Wogen des Zornes? Aber wohlan, und gezähmt die umsonst ausstürmende Unruh. Was du willst, sei gewährt; ich füge mich gerne und willig Bleibe hinfort den Ausonen die Sprach' und die Sitte der Heimat, |
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835 | Bleib' auch der Name, wie sonst, nur gemischt zum Leibe des Volkes Soll einwohnen der Teucrer; die Satzungen heiligen Dienstes Füg' ich hinzu, und schaffe sie alle gesamt zu Latinern. Deren Geschlecht, das gemischt mit ausonischem Blute hervorgeht, Ragt einst über die Menschen an Frömmigkeit, über die Götter; |
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840 | Und kein Volk wetteifert so sehr in deiner Verehrung
Juno nickte dazu und wendete froh die Gesinnung; Dieses geschah; und ein andres erwägt mit sich selber der Vater, |
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845 |
Zwei unholde Geschwister, verderbliche, nennen sie Diren, |
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850 | Halten sie Dienst und schärfen die Angst mühseligen Menschen, Wann im Zorn Krankheiten und Tod der Gebieter der Welt Zeus Austeilt oder mit Krieg aufschreckt die verschuldeten Städte. Eine davon nun sandt' aus ätherischer Höhe der Vater, Daß sie rasch der Juturna erschien als drohende Vorschau. |
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855 | Jene fliegt und zur Erd' in beschleunigtem Wirbel enteilt sie. Anders nicht, wie durch Wolken geschnellt von der Senne der Rohrpfeil, Den mit des grausamen Gifts scharfbeizender Galle der Parther, Parther, oder Cydon, die unheilbare Waffe, geschwungen, Schwirrenden Flugs, unbemerkt das beschleunigte Dunkel durchstürmet: |
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860 | Also schwang sich die Tochter der Nacht hinab auf die Erde.
Als sie das ilische Heer nun erblickt und die Scharen des Turnus, |
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865 | Diesem geähnlicht schwinget sich vor Turnus Antlitz das Unheil Hin und her mit Getön und schlägt ihm den Schild mit den Flügeln. Jenem entspannt die Gelenke befremdenden Schreckes Erstarrung, Aufwärts hob sich vor Grauen das Haar, und es stockte der Laut ihm. Aber da fern sie der Dira Geräusch und die Fittige wahrnahm, |
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870 | Schmerzlich rauft sich Juturna die fliegenden Haare, die Schwester, [Wild die Brust mit Fäusten entstellt und die Wange mit Nägeln]: Was kann nun, o Turnus, annoch dir helfen die Schwester? |
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875 | Schon, schon laß ich das Feld. Nicht schreckt mich Zagende länger, Ihr graunvollen Gevögel. Den Schlag der Fittige kenn' ich, Und dies Todesgetön. Nicht täuscht mich der herrische Ausspruch Des hochsinnigen Zeus. So lohnt er entrissene Keuschheit? Wozu ewiges Leben geschenkt? Warum doch des Todes |
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880 | Los mir entwandt? Ich könnte doch endigen solcherlei Jammer Jetzt und dem elenden Bruder gesellt durch die Finsternis wandeln. Ich die Unsterbliche? Ach, kann süß mir vom meinigen etwas Ohne dich, Bruder, noch sein? Wo spaltet sich tief in den Abgrund Mir das Land und versenkt zu den untersten Manen die Göttin? |
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885 |
Jene sprach's, und das Haupt ins blaue Gewand sich verhüllend, Aber Äneas der Held dringt machtvoll ein, und erschüttert Was noch lange Verzug, und warum nun sträubst du dich, Turnus? |
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890 | Nicht mit dem Lauf, nein nahe mit wütenden Waffen gekämpfet! Wandle dich selbst in alle Gestalt, und sammele, was nur Irgend an Mut und an Kunst du vermagst! Zu erhabenen Sternen Schwinge den Flug und schlüpf' in der Erd einhegenden Abgrund! Er dann, schüttelnd das Haupt: Nicht schreckt dein flammendes Wort mich, |
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895 | Trotziger, mich schreckt Göttergewalt, und Juppiter, feind mir.
Dies nur gesagt, schaut jener zum ungeheueren Stein um, |
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900 | So wie jetzo den Wuchs der Sterblichen zeuget die Erde. Jener mit hastiger Hand ergriff ihn und schwang auf Äneas, Höher empor sich streckend und schnell anlaufend, der Heros. Aber so wenig im Lauf, wie im Gang, erkennt er sich selber, Noch in der Hebung des Arms und im Schwung des gewaltigen Felsens; |
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905 | Unter ihm wanken die Knie', und das Blut starrt kalt in den Adern. Sieh des Mannes Gestein, durch luftige Leere gerollet, Weder den Raum vollendet' es ganz, noch trug es den Schlag hin. Und wie im Traum oftmals, wann schläfernde Ruhe die Augen Deckte bei Nacht, wir mit eitler Begier ausdehnen zu wollen |
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910 | Scheinen den Lauf, und mitten im strebenden Wunsche die Kraft uns Hinsinkt; weder die Zunge vermag, noch hebet die Glieder. Regsame Stärke wie sonst, auch Stimm' und Worte versagen. So, wie immer auch Turnus sich Bahn durch Tapferkeit suchte, Weigert die gräßliche Göttin Erfolg. In der stürmenden Brust nun |
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915 | Wogt vielfaches Gefühl. Die Rutuler schaut er, die Stadt auch: Saumhaft stutzt er vor Angst und erbebt anzielendem Speerwurf; Weder den Weg zu entfliehn, noch Kraft zu begegnen dem Feinde, Sieht er, noch einige Wagen umher, noch die lenkende Schwester. Gegen den Säumenden regt die Verhängniswaffe der Troer, |
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920 | Glücklichen Wurf abmessend im Anblick; mit des Leibes Gewalt dann Fernher dreht er den Schwung. Niemals vom belagernden Feldstück Saust so gegen die Mauer ein Fels, noch vom Strahle des Donners Knallt so schmetternder Schlag. Ab fliegt wie die nachtende Windsbraut, Grauses Verderb hintragend, der Speer, und zerreißet des Panzers |
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925 | Rand und die äußersten Kreise des siebenfältigen Schildes; Grad' in die Hüft' ihm bohrt sich der klirrende, und von dem Stoße Fällt mit gekrümmetem Knie erdwärts der gewaltige Turnus. Auf stehn alle mit Klagen die Rutuler; ganz das Gebirg' auch Tönt ringsum, wie den Ruf die erhabene Waldung zurückhallt. |
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930 |
Jener gebeugt, demütig den Blick und die bittende Rechte |
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935 | Gieb mich, oder den Leib, wenn du willst, nach geraubetem Leben, Sieger, den meinen zurück. Daß besiegt ich streckte die Hände, Sah der Ausonier Heer. Dir ist Lavinia Gattin. Weiter hinaus nicht strecke den Haß! – Wutvoll in den Waffen Stand Äneas und rollte den Blick, noch hielt er den Arm an. |
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940 |
Mehr und mehr allmählich begann zum Zweifel die Red' ihn |
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945 | Als in das Aug' er gefaßt des empörenden Schmerzes Erinnrung, Ach, des Geliebtesten Tracht, da entbrannt' er von Grimm und in Unmut Fürchterlich: Du, du solltest, geschmückt mit der meinigen Beute, Jetzt von hier mir entfliehn? Nein Pallas opfert dich, Pallas Durch dies Schwert und läßt mit dem Blut, dem verruchten, dich büßen. |
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950 |
Sprach's und bohrt zornglühend das Schwert in die zu ihm gekehrte |
Ende.