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Siehe, geschleppt ward jetzo des Priamus Tochter Cassandra, Fliegenden Haars, vom Tempel und Heiligtum der Minerva, Hoch zum Himmel gewandt die flammenden Augen, vergebens: |
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405 | Augen allein, denn es hemmte die zärtlichen Hände die Fessel. Nicht trug, solches zu schaun, in rasender Seele Coröbus, Und ein Verzweifelnder sprang er zum Tod in die Mitte des Zuges. Alle wir rennen ihm nach in das dichteste Waffengetümmel. Hier umstürmt uns zuerst vom erhabenen Dache des Tempels |
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410 | Unserer Freunde Geschoß, und klägliches Morden erhebt sich, Weil der Waffen Gestalt sie täuscht und der griechische Helmbusch. Dann auch die Danaer zürnen, im Schmerz der entrissenen Jungfrau, Und rings wüten geschart sie heran: der verwegene Ajax, Atreus Doppelgeschlecht, und der Doloper ganzes Geschwader. |
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415 | Wie wenn gewandt aufeinander die Wind aus berstendem Wirbel Kämpfen, mit Zephyrus Notus zugleich, und von östlichen Rossen Eurus geführt, laut sauset der Wald, und es tobt mit dem Dreizack Nereus umschäumt, und erregt aus dem untersten Grunde die Meerflut. Jene sogar, die wir im dunkelen Schatten der Nacht wo |
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420 | Scheuchten mit unserem Trug' und umher durch die Veste verjagten, Kommen hervor; und zuerst erkennen sie unsre gefälschten Waffen und Schild' und bemerken des Munds fremdartige Klänge. Alles vorbei! uns erdrücket die Zahl. Coröbus zuerst nun, Durch Peneleos Hand, am Altar der gewappneten Göttin, |
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425 | Stürzet in Blut; es erliegt Rhipeus, der Gerechteste vormals Aller im teucrischen Volk, und zumeist auf Billigkeit achtend. Anders der Götter Beschluß! Auch Hypanis sanken und Dymas, Niedergebohrt von Genossen; auch dich hingleitenden Panthus, Schützte die Frömmigkeit nicht und der heilige Schmuck des Apollo. |
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430 |
Asche der Ilierstadt, und endende Flamme der Meinen, |
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435 | Iphitus geht, und Pelias schwer von Ulixes Verwundung), Stracks dorthin, wo Geschrei zu Priamus Wohnung uns abruft. Dort nun welch ein Getümmel des Kampfs, als tobete nirgends |
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440 | Schauen wir, und um die Schwelle den Sturm des ziehenden Schilddachs! Leitern haften gelehnt an die Wänd', auch unter die Pfosten Strebt man die Stufen hinan; abwehrende Schild' an den Linken Beut man dem Wurfe gedeckt, und ergreift mit den Rechten die Giebel. Aber die Dardaner ringen, die Thürm' und der Wohnungen Dächer |
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445 | Aufzurütteln umher; hiermit, da das Ende sie absehn, Trachten sie, als mit Geschoß, sich im äußersten Tode zu wehren. Auch goldstrahlende Balken, die Pracht uralter Erzeuger, Wälzt man herab; doch andre verteidigen unten den Eingang, Blinkenden Stahl vorstreckend, und stehn in gedrängeter Heerschar. |
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450 | Neu jetzt hebt sich der Mut, den Palast zu schirmen des Königs, Und mit erleichternder Hilfe die Kraft der Besiegten zu stärken. Schwell' und heimliche Thüre war dort, ein häuslicher Durchgang, |
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455 | Ohne Geleit die arme Andromache oft zu den Schwähern Pflegte zu gehn und dem Ahnen das Kind Astyanax mitnahm. Dort nun steig' ich hinauf zum Giebel des obersten Daches, Wo ihr eitles Geschoß herwarfen die elenden Teucrer. Jäh empor stand schwindelnd ein Turm, auf der Spitze der Wohnung |
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460 | Hoch zu den Sternen geführt, woher ganz Troja gesehn ward, Auch der Danaer Schiff', und weit das achäische Lager: Den, mit umwühlendem Eisen genaht, wo das obere Stockwerk Wackelnde Fugen gewährt', entrüttelten wir dem erhabnen Stand' und drängten ihn fort; der gelockerte sinket und plötzlich |
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465 | Kracht er im Sturz, und herab auf der Danaer Tausende weithin Schmettert' er. Doch zum Ersatz drohn andere. Weder Gestein auch Rastet indes, noch sonstiges Wurfwerk. Selber am Eingang nun und der vordersten Schwelle, da stolzet |
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470 | Wie wenn ans Licht die Schlange, mit schädlichem Kraute genähret, Die in der Erde geschwollen den Frost ausharrte des Winters, Jetzo, der Hüll' entkleidet, und neu im Glanze der Jugend, Mit aufstrebender Brust herrollt den schlüpfrigen Rücken, Bäumend zur Sonn', und dem Maul dreispaltige Zungen entschimmern. |
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475 | Periphas trotzet gesellt, Automedon auch, des Achilles Lenker und Waffengenoß, und ganz die scyrische Jugend, Die zum Palast andringen und Glut aufwerfen zum Giebel. Unter den ersten er selbst mit geschwungenem Beile durchschmettert Rasch die gediegenen Schwellen und wühlt aus der Angel die Pfosten, |
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480 | Starr von Erz; nach zerhacktem Gebälk nun höhlt er der Bohlen Festes Verschloß und öffnet die weit aufgaffende Mündung. Hell steht drinnen das Haus, und hell die langen Gemächer, Wo einst Priamus weilt' und die Könige grauender Vorzeit; Und Wehtragende schaut man gestellt an der Schwelle des Eingangs. |
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485 | Aber das innere Haus durchstürmt Wehklagen und Aufruhr Jammervoll; tief hallet im Inneren hohler Gemächer Weibliches Trauergeheul; zu den goldenen Sternen erschallt Lärm, Mütter in Angst durchirren die ungeheueren Säle, Halten die Pfosten umfaßt und ruhn mit gehefteten Küssen. |
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490 | Pyrrhus drängt mit des Vaters Gewalt; nicht Riegel und selbst nicht Hemmen die Hüter fortan. Von dem häufigen Stoße des Widders Wackelt die Pfort', und es stürzen gesprengt aus der Angel die Pfosten. Waffengewalt bahnt den Weg; ein bricht und ermordet die ersten Stürmender Danaer Schwarm, und rings von Gewappneten wimmelt's. |
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495 | Nicht so, wann hochschäumend der Strom aus gebrochenen Dämmen Austrat und mit Gestrudel des Baus Abwehren besiegte, Rollt er in Wut auf die Ebnen gedrängt, und durch alle Gefilde Raffet er Ställ' und Herden hinweg. Neoptolemus sah ich Selbst, wie er tobte zum Mord, und des Atreus Söhn' an der Schwelle; |
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500 | Hecuba sah ich, und hundert der Schnür', und Priamus blutend Auf dem Altar entweihen die selbstgeweiheten Feuer. Fünfzig Ehegemächer, die blühende Hoffnung der Enkel, Mit barbarischem Gold und Siegsraub prangende Pfosten Sanken dahin; es beherrscht, was Feuer verschont, der Argiver. |
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505 |
Auch sein Schicksal vielleicht, des Priamus, möchtest du wissen. |
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510 | Gürtet er sich und rennt wie zum Tod in die dichtesten Scharen. Mitten im Raum des Palastes, dem kreisenden Äther geöffnet, Stand ein großer Altar, und zunächst ein gealteter Lorbeer, Der, zum Altare geneigt, mit Schatten umfing die Penaten. Hecuba hier und die Töchter, umsonst um des Herdes Erhöhung, |
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515 | Wie aus nachtendem Sturme mit Angst herschießende Tauben, Saßen dicht sie gedrängt und der Ewigen Bilder umfassend. Doch da sie Priamus selbst in des Jünglinges Waffen gerüstet Schauete: Welch ein Gedanke des Grauns, unglücklicher Gatte, So dich zu gürten in Wehr? O wohin doch eilest du? rief sie. |
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520 | Nein, nicht solcherlei Hilf' und solche Verteidiger fordert Jetzo die Zeit; nein, wenn er auch selbst da wäre, mein Hector! Hierher rette dich doch! der Altar wird alle beschirmen; Oder wir sterben zugleich! – So sprach sie laut, und empfing ihn Neben sich und setzte den Greis an die heilige Stätte. |
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525 |
Aber o schau, wie entschlüpfend aus Pyrrhus Morde Polites, |
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530 | Als er zuletzt vor die Augen entfloh und das Antlitz der Eltern, Sank er dahin und verströmte mit vielem Blute das Leben. Priamus jetzt, obgleich schon finsterer Tod ihn umringet, Doch nicht hielt er sich länger, der Stimm' und des Zornes zu schonen. Ha! dir Scheusal, rufet er aus, unmenschlicher Frevler, |
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535 | Müssen, wenn Huld im Himmel noch wohnt, die solches beachtet, Würdigen Dank die Götter verleihn und Lohn dir erwidern, Der dir gebührt! du, der du des Sohns Ermordung mich selbst hier Anschaun ließt und dem Vater durch Mord entweihtest das Antlitz. Doch nicht jener, von dem du erzeugt dich lügest, Achilles |
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540 | That an Priamus also, dem Feind; Scheu trug er und Ehrfurcht Vor demütigem Flehn und gab den verbluteten Leichnam Hectors wieder der Gruft und entsandte mich selbst in die Herrschaft. Also zürnte der Greis und warf ohnmächtigen Schwunges |
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545 | Prallt' und gelähmt dahing an des Schilds vorragendem Nabel.
Pyrrhus darauf: So melde denn dies und mit Botschaft |
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550 | Hin zum Altar, wie er schwankt' in vielem Blute des Sohnes; Flocht in die Linke das Haar, mit der andern hub er das blanke Mordschwert und bis zum Hefte hinab in die Seite verbarg er's. So war Priamus letztes Geschick, so führte zum Ausgang |
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555 | Pergamus; der, so viel einst Land' und Völker beherrschend, Asias Obmacht trug! Groß liegt am Gestade der Leichnam, Rumpf und Haupt, von der Schulter getrennt, unnennbar und namlos. Mich nun wahrlich zuerst umdrang ein entsetzlicher Schauer; |
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560 | Als ich an grausamer Wunde den ihm gleichaltrigen König Sah aushauchen den Geist; und das Bild der verlassnen Creusa, Auch das geplünderte Hans und das Los des kleinen Iulus. Rückwärts schau' ich, zu spähn, was noch um mich für Gewalt sei. All' entzogen sich müde dem Kampf, teils sprangen sie mutlos |
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565 | Nieder zur Erd', und teils mit verzweifelndem Schmerz in die Flammen.
Schon war dort ich übrig allein, da die Schwelle der Vesta |
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570 | Jene, die feindlichen Grimm um Pergamus Sturz von den Teucrern, Auch der Danaer Straf' und den Zorn des verlassenen Gatten Fürchtete, sie Fluchgöttin für Troja zugleich und die Heimat, Hatte sich heimlich entfernt und saß, den Altären ein Abscheu. Rasch entbrennt mir die Seele von Glut, und ich wünsche zu rächen |
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575 | Unser gefallenes Reich in des frevelnden Weibes Bestrafung. Diese fürwahr soll Sparta noch schaun und Mycene die Heimat, Heil und gesund, und in nahem Triumph als Königin wandeln? Ehbund soll sie noch sehen und Haus und Väter und Kinder, Stolz in troischer Fraun und phrygischer Diener Begleitung? |
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580 | Priamus läge vom Stahle gewürgt? auf loderte Troja? Blutvoll hätte so oft dardanisches Ufer geströmet? Nicht also! denn obgleich nicht gar denkwürdigen Namen Weibliche Strafe gewährt und arm an Lobe der Sieg ist; Dennoch den Gräuel getilgt und bestraft zu haben, wie billig, |
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585 | Unfug, werd' ich gelobt! auch das Herz in glühender Rachgier Sättigen, bringt Labsal, und die Asche der Meinigen sühnen! Also stürmte die Seel', und ich flog, wie rasenden Mutes: |
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590 | Herrlich und hehr, als Göttin, wie schön sie den Himmlischen jemals, Und wie hoher Gestalt sie erscheint. An der Rechten mich fassend, Hemmete jen' und freundlich mit rosigem Munde begann sie: Sohn, wie so heftiger Schmerz empört unbändigen Zorn dir? |
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595 | Willst du zuvor nicht schaun, wo matt von lastendem Alter Blieb dein Vater Anchises? ob lebt die Gemahlin Creusa, Auch ob Ascanius lebt? Sie all' umwühlet der Grajer Schlachtengewühl ringsher; und wenn nicht meine Beschirmung Waltete, raffte die Flamme bereits und vertilgender Mordstahl. |
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600 | Nicht die verhaßte Gestalt der Laconerin, Tyndarus Tochter, Noch der gescholtene Paris; o nein, ungütige Götter, Götter zerstörten die Macht, und schmetterten Troja zu Boden. Schau umher! denn alles Gewölk, das jetzo verdunkelnd Dir den sterblichen Blick abstumpft und mit dunstigem Nebel |
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605 | Dick umflort, entreiß' ich dem sehenden. Du, unerschrocken, Höre der Mutter Befehl und leist' ihr willig Gehorsam. Dort, wo zertrümmerte Lasten des Bau's und von Felsen gerissne Felsen du siehst, und wogen mit wirbelndem Staube den Rauchdampf, Zuckt Neptunus die Mauern und hebt mit gewaltigem Dreizack |
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610 | Aufgerüttete Gründ', und die sämtliche Stadt aus dem Lager Wühlt er empor. Dort wütet, gestellt auf dem scäischen Thore, Juno voran, und wild den verbündeten Schwarm von den Schiffen Ruft sie, umgürtet mit Stahl. Schon auf den Zinnen der Burg, schau her, wie Tritonia Pallas |
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615 | Leuchtend droht mit hellem Gewölk und entsetzlicher Gorgo. Selbst entflammt die Achäer mit Mut und helfenden Kräften Juppiter; selbst erregt er auf Dardanerwaffen die Götter. Sohn, o beschleunige Flucht und mach ein Ende der Arbeit. Nirgend dir fern, werd' ich sicher zur Vaterschwelle dich leiten. |
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620 |
Venus sprach's und verschwand in der Nacht tiefschattendes Dunkel. |
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625 | Wie, wenn hoch in Gebirgen die stattlichste Orne der Vorzeit Rings mit Eisen umhaun und schmetternden Äxten, und eifernd Jetzt aus der Erd' aufwühlen die Ackerer, wie sie beständig Droht und erbebt an den Ästen, und schwankt mit taumelndem Wipfel; Bis, von entwurzelnden Wunden besiegt allmählich, noch einmal |
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630 | Laut sie erseufzt und schmetternd, den Höhn entrottet, hinabkracht. Nieder steig' ich, von Göttern geführt, und durch Flammen und Feinde Geh' ich einher; Raum beut das Geschoß, und die Flammen entdrehn sich. Aber nachdem ich zur Schwelle der Vaterwohnung gelangt war, |
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635 | Wünschte den Vater zuerst, und zuerst aufsuchte den Vater; Weigert er fortzuleben, da Troja niedergestürzt lag, Und in Verbannung zu gehn. Ihr, rufet er, denen das Blut noch Jugendlich ist, und gestrengt in eigener Stärke die Nerven, Ihr da beratet die Flucht! |
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640 | Wenn die Unsterblichen mir ein längeres Leben bestimmet, Hätten sie wohl mir erhalten das Haus. O genug und zu vieles Sah ich an einer Zerstörung, und blieb der eroberten Stadt nach! So, so leget den Leib, und: Friede dir! saget zum Abschied. Selbst mit der Hand mir find' ich den Tod. Auch der Feind, sich erbarmend, |
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645 | Wird nur nehmen die Wehr. Leicht ist der Verlust der Bestattung. Schon vorlängst, ein Verhaßter den Ewigen, frist' ich die Jahre Kümmerlich; seit mich der Götter und Sterblichen Obergebieter Mit anwehendem Strahle gerührt und der Flamme des Donners. Also sprach er gefaßt und beharrete drob unerschüttert. |
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650 | Doch wir Thränenden flehn, ich selbst und die Gattin Creusa, Auch Ascanius fleht, und das Haus rings, daß er nicht alles Mit ausrotte, der Vater, und streb' in das drängende Schicksal. Jener versagt, und besteht, im Entschluß und im Orte geheftet. Wieder zum Kampf entstürm' ich, den Tod mir Elenden suchend. |
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655 | Denn welch anderer Rat, und welches Geschick noch erbot sich? Ha, zu entheben vermöcht' ich den Fuß, dich, Vater, verlassend? Hofftest du das? So Finstres entsank dem Munde des Vaters? Soll nach der Götter Entschluß nichts mehr von der mächtigen Stadt sein, Und fest haftet der Sinn, du gesellst der zerfallenden Troja |
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660 | Dich und die Deinen mit Lust; dem ist geöffnet der Zugang! Bald von dem strömenden Blute des Priamus nahet sich Pyrrhus, Der vor dem Vater den Sohn, am Altar hinmordet den Vater. Das war's, göttliche Mutter, warum durch Geschosse, durch Feuer, Du mich entrafft, daß ich mitten den Feind in den innersten Kammern, |
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665 | Daß ich Ascanius hier und den Vater zugleich und Creusa, Abgewürgt den einen im Blute des anderen sähe? Waffen herzu, bringt Waffen! uns ruft der besiegende Tag ab! Männer, zurück in den Kampf! laßt wieder mich schaun die gedrängten Danaer! Nie doch sinken wir all' ungerächet dem Tode! |
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670 |
Wieder mit Stahl umgürt' ich den Leib, und gefaßt in der Linken Wenn du zu sterben gewillt, o nimm zu allem auch uns mit! |
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675 | Doch wenn genommenen Waffen du kundiger etwas vertrauest, Schirme zuerst dies Haus! Wem bleibt dein kleiner Iulus, Wem dein Vater zurück, und die einst Gattin du nanntest? Also jammerte sie, mit Geschrei rings füllend die Wohnung; |
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680 | Denn uns zwischen den Händen, im Anblick trauernder Eltern, Siehe da scheint leicht her von der oberen Scheitel Iulus Spitzig zu leuchten ein Glanz, und rings, unschädlich berührend, Leckt um die weichlichen Locken die Flamm' und umwallet die Schläfen. Wir die Erschrockenen zittern vor Angst, und das brennende Haupthaar |
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685 | Schütteln wir aus und löschen mit Flut die heiligen Feuer, Aber der Greis Anchises erhob zu den Sternen die Augen, Fröhlichen Muts und streckte die Hand' ausrufend gen Himmel: Juppiter, o wenn dich ein Gebet, Allmächtiger, rühret, |
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690 | Gieb doch Hilf', o Vater, und kräftige solche Verkündung!
Kaum hatt' also geredet der Greis, und mit plötzlichem Krachen |
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695 | Sehen wir klarumstrahlt im idäischen Walde sich bergen, Und hell zeichnen die Bahn, denn die quer hinstreifende Furche Leuchtet entlang, und rings die Gegenden dampfen von Schwefel; Jetzo hebt er besiegt sein Haupt zu den Lüften, der Vater, Ruft die Himmlischen an und grüßt dem hehren Gestirn nach: |
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700 |
Nun nicht länger gesäumt! ich folg' euch, Götter der Väter, Jener sprach's, und lauter bereits schallt Flammengeprassel |
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705 | Durch die Gebäud', und es nahn heißwogende Gluten des Brandes.
Teuerster, jetzo wohlan! auf den Nacken mir setze dich, Vater! |
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710 | Gehe gesellt an der Hand, und neben mir gehe die Gattin. Ihr, o Genossen des Hauses, vernehmt, was ich sage, mit Sorgfalt. Außer der Stadt ist ein Hügel, worauf ein bejahrterer Tempel Steht der verlassenen Ceres, und nah' ein alter Cypreßbaum, Des in heiliger Furcht Jahrhunderte schonten die Väter. |
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715 | Dorthin wollen wir all' auf verschiedenen Wegen uns sammeln. Trag' in der Hand, du o Vater, das Heilige samt den Penaten. Mir, der aus blutigem Streit herkommt und frischem Gemetzel, Ist sie zu fassen verwehrt, bevor mich lebende Wasser Abgespült. |
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720 |
Also sprach ich, und, neigend den Hals und die mächtigen Schultern, |
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725 | Und mich, welchen noch jüngst kein fliegender Sturm der Geschosse Kümmerte, oder entgegen getummelte Scharen der Grajer, Schreckt nun jedes Gesäusel der Luft, regt jedes Geräusch auf, Daß ich im Gang oft stutze, für Bürde besorgt und Begleitung. Und schon naht' ich den Thoren der Stadt, und glaubte des Weges |
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730 | Schrecknissen allen entfloh; da ein plötzlicher Laut zu den Ohren Rasch wie von kommenden Tritten erscholl, und der Vater, im Dunkel Spähend. O Sohn, ausrief, o entfleuch, Sohn! schaue, da nahn sie! Funkelnde Schild' und der Erz' anzuckende Schimmer erkenn' ich! – Mir nun, ich weiß nicht welch' unfreundliche Götter entrückten |
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735 | Schnell den verworrenen Geist mir Erzitternden! Denn da ich abwegs Lenke den Lauf, ausbeugend bekannterem Raume der Gassen, Blieb mir Armen das Weib, ob entrafft vom Schicksal, Creusa Blieb mir zurück, ob vom Wege verirrt, ob müde sich setzend, Ach wer weiß! Nie ferner erschien sie unseren Augen! |
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740 | Auch nicht wandt' ich den Blick zur Verlorenen, noch die Besinnung, Ehe den Hügel und Sitz der altertümlichen Ceres Schon wir erreicht. Hier endlich, wie alle sich sammelten, fehlet Sie allein, die Genossen und Sohn und Gatten betrübend. Wen nicht klaget' ich an, so Götter und Sterbliche, sinnlos? |
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745 | Was in der fallenden Stadt, o was Grausameres sah ich? Unseren Sohn, und Anchises den Greis, und die Teucrerpenaten Geb' ich den Freunden zur Hut, im gewundenen Thale sie bergend; Selber enteil' ich zur Stadt, und gürte mir leuchtende Wehr um. Fest bleibt's, alle Gefahr zu erneun, durch alle Verwüstung |
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750 | Trojas wieder zu gehn, und das Haupt zu bieten dem Unheil.
Flugs zu den Mauern zuerst und der dunkelen Schwelle des Thores |
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755 | Dann zu dem Haus, ach wäre vielleicht, ach wäre sie drinnen! Wander' ich. Voll war ganz vom Danaerschwarme die Wohnung. Alles vorbei! Es ersteigt die verzehrende Flamme den Giebel, Rollend im Wind'; hoch strudelt die Loh' und brauset zur Luft auf. Vorwärts geh' ich, und schaue die Burg und Priamus Wohnung. |
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760 | Schon in verödeten Hallen am Heiligtume der Juno War als Hut mit Phönix bestellt der grause Ulixes, Daß sie bewahrten den Raub. Ringsher alttroischer Reichtum, Schätze, den brennenden Tempeln entrafft, und Tische der Götter, Krüg' aus lauterem Gold, und erobertes Feiergewand wird |
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765 | Aufgehäuft. Auch Knaben und zagende Mütter umher stehn Langgereiht. Tollkühn wagend sogar den Laut zu erheben im Dunkel, Füllt' ich die Gassen entlang mit Geschrei, und traurig Creusa Rief umsonst von neuem und stets von neuem mein Ausruf. |
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770 | Während ich sucht', um die Häuser der Stadt ungebändiget rasend; Schien der Elenden Bild, und die eigne Gestalt der Creusa, Mir vor den Augen zu stehn, in höherem Wuchse, denn vormals. Und ich erstaunt', es sträubt sich das Haar, und es stockte der Laut mir. Sie nun redete so, die tröstenden Worte beginnend: |
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775 |
Was ist so unmäßig dem Schmerz nachhangen für Labsal, |
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780 | Bis du Hesperia findest, das Land, wo ein Lydier fette Männergefilde durchrollt, sanftwallenden Zuges, der Thybris. Dort wird heiteres Glück, Herrschaft und fürstliche Gattin Dir zum Los. Nicht länger geweint um die teure Creusa! Nicht ja der Myrmidonen und Doloper stolze Besitzung |
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785 | Werd' ich schaun, noch zum Dienste der grajischen Mütter hinweggehn, Dardanus Tochter, und Schnur der Idalia! Nein, mich hemmet allhier die erhabene Mutter der Götter. Lebe nun wohl und erhalte des Sohns, des gemeinsamen, Liebe! Als sie die Worte gesagt, und ich weint', und vieles zu reden |
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790 | Trachtete, floh sie hinweg und verschwand in wehende Lüfte. Dreimal strebt' ich hinan, um den Hals ihr die Arme zu schlingen; Dreimal vergeblich gefaßt entfloh aus den Händen ihr Bild mir, Wie leichtwehende Wind' und geflügeltem Schlafe vergleichbar. Also schwand mir die Nacht, und zurück zu den Meinigen kehr' ich. |
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795 |
Neue Gefährten daselbst in unermeßlicher Anzahl |
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800 | Jetzo entstieg glanzvoll den erhabenen Spitzen des Ida Lucifer, bringend den Tag; und die Danaer hielten umlagert Alle Thor', und versagt war jegliche Hoffnung des Heiles. Weichend dem Los, erhub ich und trug zum Gebirge den Vater. |