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Nach Bestattung seiner Amme Cajeta fährt Äneas das Land der Circe vorbei und läuft in den Tiberis, an dessen östlichem Ufer, im Lande des laurentischen Königs Latinus, er aussteigt. Des Latinus Tochter Lavinia war vom Schicksal einem Fremdlinge bestimmt, aber von der Mutter Amata dem Tutulerkönige Turnus verheißen worden. Die Weissagung der Harpyien wird erfüllt. Äneas bittet, während er sich verschanzt, durch Gesandte den Latinus um Aufnahme in sein Reich; der König bewilligt das Gesuch, und beut ihm die Tochter zur Gemahlin. Allecto, von Juno gereizt, entflammt die Amata und den Turnus zur Wut, und erregt einen Kampf der Troer und der laurentischen Hirten. Umsonst widersetzt sich Latinus der Kriegserklärung; Juno selbst entriegelt die Januspforten, und mit Turnus vereinigen sich die benachbarten Völker. Verzeichnis derselben.
Du auch hast, Cajeta, du Pflegerin einst des Äneas, Unsre Gestad' im Tode mit ewigem Ruhme verherrlicht. Jetzt noch bewahret den Sitz die Verherrlichung, und die Gebeine Zeichnet, wenn Ehre das ist, im hesperischen Lande dein Name. |
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Doch als der fromme Äneas nach Fug die Bestattung vollendet |
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10 | Nah jetzt werden gestreift des circäischen Landes Gestade: Wo Sols prangende Tochter die unzugänglichen Haine Immerdar mit Gesange durchhallt und in stolzer Behausung Brennt zu nächtlichem Lichte die balsamduftende Ceder, Emsig das feine Gespinnst mit rasselndem Kamme durchwebend. |
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15 | Dorther schallt dumpfdröhnend der Zorn unbändiger Löwen, Welche, der Band' unfroh, aufbrülleten spät in der Dämmrung; Auch hochborstige Säu' und eingestallete Bären Wüteten; laut auch heulten die Bildungen mächtiger Wölfe: Die aus Menschengestalt die mit Giftkraut schaltende Göttin |
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20 | Circe gräßlich verwandelt' in zottigen Wuchs des Gewildes. Daß nicht ähnliche Gräuel erduldeten biedere Troer, Eingesteurt in die Bucht, und genaht den entsetzlichen Ufern, Füllete jetzt Neptunus mit günstigem Hauche die Segel, Schnellte die Flucht und trug sie die brandenden Watten vorüber. |
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Schon erglänzt' in Röte das Meer, am erhabenen Äther |
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30 | Fernher, welchem entrollt der liebliche Strom Tiberinus, Ungestüm mit Gewirbel und gelb von wallendem Sande Stürzt in das bläuliche Meer. Vielartig umher und darüber Schweben, gewöhnt an die Bord' und das flutende Bette, die Vögel, Die mit Gesang' durchschwirren die Luft, und die Lauben des Haines. |
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35 | Seitwärts lenken den Lauf und zum Land' andrehen die Schnäbel, Heißt er, und kehret erfreut in die schattige Mündung des Stroms ein. Auf nun, welche Gebieter, o Erato, welcherlei Zeiten, |
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40 | Meld' ich, und rufe zurück den Beginn des ersten Gefechtes. Du gieb, Göttin, dem Seher Begeisterung. Grausige Kriege Sing' ich, der Schlacht Heerspitzen, und Könige, stürmend in Blutdurst, Und tyrrhenische Macht, und das ganz in Waffen empörte Italerland. Mir enthüllt sich größere Folge der Thaten, |
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45 | Größeres Werk wird gewagt.
Der bejahrtere König Latinus |
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50 | Keinen Sohn mehr gönnte, noch männlichen Erben, dem König Göttergeschick; er verwelkt' in zuerst aufblühender Jugend. Einsam hielt ihm das Haus und die räumige Wohnung die Tochter, Schon dem Manne gereift und schon volljährig zur Ehe. Viel' auch warben um jen' aus Latium und der Ausonen |
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55 | Ganzem Bezirk; doch warb vor den anderen allen der Schönste, Turnus, von edelen Ahnen entsproßt, den des Königes Gattin Sich als Eidam wünschte gesellt voll heftiger Sehnsucht. Doch das hemmen die Götter mit vielfach schreckenden Wundern. Mitten stand im Palast, umringt von Sälen, ein Lorbeer, |
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60 | Heiligen Laubs, und geschont seit langen Jahren mit Ehrfurcht. Diesen fand, da zuerst er die Burg aufbaute, Latinus, Meldet die Sag', selbst weiht er ihn dann dem Apollo, der Vater, Und gab Namen von ihm den laurentinischen Bürgern. Diesen umschwärmt' einmal (o wunderbar!) Bienengewimmel, |
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65 | Das mit lautem Gesumm herzog durch heiteren Äther, Und auf den Wipfel sich senkt', und die Füß' aneinander geklammert, Hing urplötzlich der Schwarm an dem laubigen Zweige herunter. Alsobald der Prophet: Vom Ausland, ruft er, vom Ausland Kommt, wir sehn es, ein Mann, und der Zug von der selbigen Seite |
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70 | Dringt zu der selbigen ein, und herrscht in der oberen Festung.
Darauf, als den Altar er gehellt mit heiligem Kiene, |
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75 | Brennend das königlich prangende Haar, und brennend das Stirnband Samt dem hellen Gestein; und von Dampf und gelblichem Lichte Eingehüllt, durch das Haus vulcanische Glut zu verbreiten. Dies nun ward ein grauses und schreckliches Wunder geachtet: Denn zwar herrlich durch Ruhm und Schicksale, sagten die Deuter, |
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80 | Werde sie selbst, doch dem Volke verkünde sie Kriegesverheerung.
Aber der König erschrak ob der Schau, und zu Faunus Orakel |
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85 | Wo der Italer Stamm' und rings die önotrischen Lande, Wenn sie in Not, Antworten erspähn. Wann Gaben der Priester Dartrug, und in der Stille der Nacht auf geopferter Schafe Ausgebreitete Vließ' hinsank und pflegte des Schlummers, Siehet er schweben umher viel seltsame Wundererscheinung, |
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90 | Und er vernimmt vielfaches Getön und hält mit den Göttern Hehres Gespräch, und redet zum Acheron tief im Avernus. Hier nun holt Orakel sich selbst der Vater Latinus, Hundert weiht' er der Schafe nach Fug, rechtaltrig und fehllos, Und auf der dunsenden Schicht der gebreiteten Flausche gelagert, |
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95 | Ruhet' er. Plötzlich erscholl aus dem innersten Haine der Ausruf:
Suche nicht für die Tochter latinischer Ehe Vereinung, |
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100 | Alles sich unter dem Fuß, so weit Sol steigend und sinkend Schaut des Oceanus Enden, beherrscht einst sehn und geordnet! Diesen Bescheid, den Faunus, der göttliche Vater, ihm warnend |
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105 | Fliegend die Sag': als jetzt die laomedontische Jugend Band die gelandete Flott' am grasigen Walle des Ufers. Dort Äneas, die Fürsten des Volks, und der schöne Iulus |
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110 | Legen sie unter die Kost (so wollte es Juppiter selber) Dann auf den Grund der Ceres erhöhen sie ländliche Baumfrucht. Als sie verzehrt nun hatten das andere, und in der Ceres Winzige Gabe den Zahn hinwendete Mangel der Speise, Zwingend mit Hand zu verletzen und eifrigem Zahne die Ründung |
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115 | Schicksaltragender Krust', und des Teigs vielrautigen Umfang: Weh doch! selbst ja die Tische verzehren wir! saget Iulus, Und nichts weiter, im Scherz. Dies Wort, dies brachte den Hörern Ende zuerst der Not, und zuerst aus des Redenden Munde Rafft' und hemmt' es der Vater, erstaunt ob den Wegen der Gottheit. |
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120 |
Heil dir, rief er sofort, o du Land, mir verheißen vom Schicksal! |
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125 | Einst nach geschmälerter Kost gar zwingt zu verzehren die Tische, Dann erwarte den Sitz, du Ermüdeter, und an dem Orte Gründe zuerst mit der Hand, und befestige Häuser mit Erdwall. Dies war also der Hunger, der uns am Ende bevorstand, Der dem Verderben ein Ziel nun setzt. |
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130 | Auf denn, und fröhlich sogleich mit der Sonn' aufleuchtendem Schimmer, Was für Ort' und Bewohner doch sein, wo die Mauern des Volkes, Laßt uns spähn, und vom Hafen umher in die Gegenden wandern. Jetzo sprengt aus Schalen dem Zeus und ruft den Anchises, Unseren Vater, mit Flehn, und Wein stellt wieder zum Mahl auf. |
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135 |
Dieses gesagt, umflicht er mit laubigem Zweige die Schläfen; |
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140 | Ruft er, und beid' im Himmel und Erebus waltende Eltern. Doch der allmächtige Zeus dreimal aus heiterem Himmel Donnert er laut, und ein Strahlengewölk, das im Lichte des Goldes Funkelte, zeiget' er selbst mit erschütternder Hand von dem Äther. Plötzlich läuft das Gerücht durch die Dardanerscharen verbreitet, |
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145 | Angenaht sei der Tag, zu erbaun die verheißenen Mauern. Eifrig erneun sie das Mahl, und mit herrlicher Vorbedeutung Stellen sie froh Mischkrüge zum Schmaus und kränzen die Becher. Als die folgende Frühe zuerst mit der Fackel den Ländern |
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150 | Spähen sie ringsumher: dort sumpfe der Quell des Numicus, Dort sei der Thybrisstrom, dort Wohnungen tapfrer Latiner. Aber der Sohn des Anchises erwählt aus der sämtlichen Ordnung Hundert Frohnbotschafter, zur stattlichen Feste des Königs Hinzugehn, sie all' in der Hand Ölzweige der Pallas, |
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155 | Daß sie Geschenk' ihm bringen und Frieden bringen den Teucrern. Jen' ungesäumt vollziehn den Befehl, und geschwungenen Schrittes Eilen sie. Selbst ummarkt er mit niedrigem Graben den Anbau, Und befestigt den Ort: und den ersten Sitz am Gestade, Gleich wie ein Lager des Kriegs, umschanzt er mit Zinnen und Erdwall. |
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160 |
Schon durchmaßen den Weg die Jünglinge, und der Latiner |
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165 | Spieß' in der Hand, da reizen mit Schlag sie einander und Wettlauf. Jetzt auf beschleunigtem Roß zu des altenden Königes Ohren Trägt ein Bote die Kund', es sei'n großmächtige Männer, Fremd an Kleidung, genaht. Er heißt sie herein in die Wohnung Laden, und sitzt, von den Seinen umringt, auf dem Throne der Väter. |
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170 |
Groß und feierlich stand, von hundert Säulen erhöhet, |
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175 | Hier dem heiligen Mahle der Sitz; nach geopfertem Widder Saßen allhier die Väter an langgereiheten Tafeln. Auch vormaliger Ahnen gestellte Bilder in Ordnung, Alt aus der Ceder gehaun, mit Italus, Vater Sabinus, Pflanzer des Weins, dem die Hippe gekrümmt hängt unter dem Bildnis, |
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180 | Auch Saturnus der Greis, und der doppelstirnige Janus, Standen am Eingang vorn, und andere Fürsten des Ursprungs, Und wer im Heimatskampf mavortische Wunden erduldet. Auch viel Kriegesgerät, an den heiligen Pfosten geheftet, Hängt mit eroberten Wagen herab und gebogene Äxte, |
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185 | Wallende Büsche des Helms, und der Thor' unmäßige Schlösser, Schild' und blinkende Speer', und dem Kiel entstümmelte Schnäbel. Selber saß er geschmückt mit quirinalischem Krummstab In kurzschößigem Mantel, und führt' an der Linken die Tartsche, Picus, der reisige Held: den, voll von Begierde, die Buhlin |
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190 | Circe mit goldenem Stab anrührt' und mit Säften des Zaubers Wandelnd zum Vogel erschuf und bunt ihm sprengte die Flügel. In so stattlichem Tempel der Himmlischen, dort auf dem Erbthron Thronte Latinus, und lud die Teucrer herein in das Obdach; Als sie genaht, da sprach er zuerst mit ruhigem Antlitz: |
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195 |
Saget mir, Dardaner ihr, (denn fremd ist weder die Stadt uns, |
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200 | (Welcherlei oft dem Schiffer im offenen Meere begegnet) Hier in die Ufer des Stroms eingingt und im Hafen euch setztet; Unverzagt herberget bei uns, und verkennt die Latiner Nicht, des Saturnus Geschlecht, das zwanglos Billigkeit ausübt, Und freiwillig sich hält in der Sitte des altenden Gottes. |
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205 | Noch gedenk' ich im Geist, (das Gerücht ist dunkel von Jahren) Daß auruncische Greis' erzähleten: Hier aus der Gegend Drang einst Dardanus fern zu Phrygias Städten am Ida Und zur thracischen Samos, die nun Samothracia heißet. Hier vom tyrrhenischen Sitz in Corythus wanderte jener, |
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210 | Den auf dem Thron goldhell der Pallast des sternigen Himmels Jetzo empfäht' und als Gott die Altäre der Himmlischen mehret. Jener sprach's; und sogleich antwortet Ilioneus also: |
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215 | Noch auch täuscht' ein Gestirn von der Bahn noch krümmendes Ufer. Nein mit Vorsatz nahen wir all' und willigem Herzen Dieser Stadt, aus dem Reiche verdrängt, das einst so gewaltig Schaute der kommende Sol vom östlichen Rand des Olympus. Juppiter ist Urheber des Stamms; ja dem Dardanervolk ward |
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220 | Juppiter Ahn; und der König aus Juppiters oberstem Urstamm, Trojas Held Äneas, entsandt' in deinen Palast uns. Welch ein Kriegsunwetter, gestürzt aus der grausen Mycene, Durch idäische Felder getobt, wie erregt von dem Schicksal Asia wild mit Europa und Welt mit Welt sich begegnet: |
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225 | Solches vernahm, auch wen an Oceanus weiter Umströmung Fernet das äußerste Land, auch wen absondert im Mittel Vier umgürtender Räume der Raum unerträglicher Sonne. Jener Verheerung entflohn durch unendliche Wüsten des Meeres, Bitten wir mäßigen Sitz für die heimischen Götter und harmlos |
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230 | Bergenden Strand, und, was allen gemein ist, Luft und Gewässer. Nicht wird unser sich schämen das Reich, noch geringe sich heben Euer Ruhm, und verschwinden der Dank so großen Verdienstes; Nie wird, Troja zu hegen im Schoß, die Ausonier reuen. Traun, bei dem großen Geschick und der mächtigen Hand des Äneas, |
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235 | Ob durch Bund, ob einer in Krieg sie erprobet und Waffen: Viel der Völker bereits, ja viel (nicht sein wir verachtet, Weil wir von selbst vortragen das Laub und bittende Worte!) Haben gewünscht und begehrt, uns eng zu verbinden sich selber. Aber der Götter Geschick hat, euer Land zu erforschen, |
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240 | Uns getrieben mit Zwang. Von hier kam Dardanus, hierher Rufet er uns, her drängt der erhabne Befehl des Apollo Zum tyrrhenischen Thybris und sumpfenden Quell des Numicus; Ferner entbeut er dir vom vorigen Glück ein geringes Ehrengeschenk, Nachbleibsel aus Trojas Brande gerettet. |
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245 | Hier aus dem Gold' hat einst Anchises gesprengt am Altare; Dies war Priamus Tracht, so oft er versammelten Völkern Recht aussprach; dies Scepter der Macht, die geweihte Tiara, Und kunstreiche Gewänder von ilischen Frauen. Also redete dort Ilioneus; aber Latinus |
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250 | Hält sein Antlitz gesenkt und schaut unverrückt auf den Boden, Oft sein starrendes Auge gewandt. Nicht Purpur und Stickwerk Rühret so sehr, nicht also des Priamus Scepter den König, Als sein Herz ob der Ehe der Tochter Lavinia nachsinnt, Und das Orakel erwägt des altehrwürdigen Faunus: |
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255 | Dieser durch Schicksalsmacht von dem Ausland wandernde Fremdling Sei als Eidam bestimmt und dem Reich zu gemeinsamer Obhut Auserwählt; dem werd' ein Geschlecht aufblühen, durch Tugend Herrlich und hehr, das völlig mit Kraft einnehme den Erdkreis. Froh nun ruft er: Gesegnet, ihr Ewigen, unser Beginnen, |
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260 | Eurer Winke Gebot! Dein Wunsch soll, Troer, gewährt sein, Und unverschmäht das Geschenk. Niemals, weil herrschet Latinus, Soll reichschwellender Grund, noch Trojas Segen euch mangeln. Selbst nur Äneas, wohlan, wenn uns so begierig er zustrebt, Wenn Gastrecht zu vereinen er dringt und Genoß mir zu heißen, |
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265 | Komm' er daher, und tret' ungescheut vor das Antlitz des Freundes. Heiliger wird mir der Bund, wenn die Hand ich gedrücket dem König. Auf nun, eurem Gebieter auch mein Anliegen gemeldet. Eine Tochter ist mir, die in unserem Volk zu vermählen, Nicht das Vaterorakel erlaubt, noch himmlischer Warnung |
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270 | Häufige Schau: Eidame vom Ausland kommen mir, dies sei Latiums Los, weissagt man, die einst bis zum Äther durch Abstamm Unseren Namen erhöhn. Daß ihm andeute das Schicksal, Glaub' ich, und, hat vom Wahren mein Herz Vorahnungen, wünsch' ich's. So der Vater und wählte sich Ross' aus der sämtlichen Anzahl. |
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275 | Schau, drei Hunderte glänzten, gepflegt an erhabenen Krippen. Jeglichem Teucrer sofort daherzuführen gebeut er Flüchtige Rosse, mit Purpur gedeckt und schönen Schabracken, Glanzvoll hangen von Golde herab an den Brüsten die Kettlein, Goldgeschirrt käun alle das rötliche Gold mit den Zähnen. |
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280 | Einen Wagen mit Doppelgespann dem entfernten Äneas, Feuerschnaubende Renner, gezeugt von ätherischem Samen, Jenes Geschlechts, das dem Vater die schlauberückende Circe Heimlich entwandt, Bastarde von untergeschobener Mutter. So mit Geschenk und Worten des Königes gehen die Troer |
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285 | Hoch auf Rossen zurück und verkündigen Frieden und Freundschaft.
Siehe, von Argos zurück, der inachischen, eilete jetzo |
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290 | Schon arbeitet er Häuser empor, schon traut er dem Lande, Schon sind die Schiffe versäumt. Still hält die Betroffene schmerzvoll; Dann, mit geschütteltem Haupt, entströmt sie dem Busen die Worte: Ha, das verhaßte Geschlecht, und unserem Schicksal entgegnes |
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295 | War das gefangene selber zu fahn? in der flammenden Troja, Brannt' es mit auf? Durch die Mitte der Schlacht und die Mitte der Feuer Fanden die Männer den Weg! Doch nun liegt meine Gewalt wohl Endlich erschöpft? nun, ganz von dem Hasse gesättiget, ruh' ich? Nein, die dem Vatergefild' ich entjagt, die verfolgt' ich durch Wogen |
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300 | Feindlich umher, und stellte den Flüchtlingen rings in der Flut mich! Ganz sind verwandt auf die Teucrer die Kräft' aus Himmel und Abgrund! Was hat die Syrte gefrommt? was Scylla mir? was der Charybdis Grausiger Schlund? Ein gehn sie nach Wunsch in das Bette des Thybris, Sorglos all des Gewoges und mein! Mars hat zu vertilgen |
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305 | Ungeheure Lapithen vermocht? In den Zorn der Diana Ließ auch der Ewigen Vater die altende Calydon schwinden: Welches Vergehn der Lapithen so sehr und Calydons rächend? Doch ich hohe Gemahlin des Zeus, die nichts ungewaget Ich Unselige ließ, die selbst ich zu allem mich wandte, |
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310 | Bin von Äneas besiegt! Wohlan, ist meine Gewalt nicht Mächtig genug, was zweifl' ich, sie mir zu erflehen, woher auch! Bleiben die Oberen mir unbewegt, in den Acheron stürm' ich! Nicht ist vergönnt, ihm zu wehren (es sei!) die latinische Herrschaft; Und unwandelbar bleibt durch Geschick Lavinia Braut ihm: |
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315 | Aber Verzug ist erlaubt, und so herrlicher Dinge Verzögerung! Aber erlaubt, zu vertilgen den Königen beiden die Völker! So zu der Ihrigen Heil verbünde sich Schwäher und Eidam! Brautschatz sei der Trojaner und Rutuler Blut dir, o Jungfrau; Und Bellona der Eh' Einweiherin! Nicht mit der Fackel |
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320 | War nur Hecuba schwanger und rang die Feuergeburt aus; Gleich so wird auch der Venus ihr Sproß, und ein anderer Paris, Und zum zweiten Mal stürzt in Pergamus Brand der Verwesung! Also redete jen' und zur Erd' hin lenkte sie graunvoll. |
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325 | Ruft sie und tief aus den Nächten herauf, der traurige Fehde, Zorn, nachstellender Groll und arge Beschuldigung Freud' ist. Selbst dem Pluto verhaßt und selbst den tartarischen Schwestern Ist das Scheusal verhaßt: so wechselt sie gräßliche Bildung, So graunvolle Gestalt, so schwarz strotzt jene von Nattern! |
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330 | Ihr nun schärft sie die Wut, und beginnt, die herrschende Juno:
Eigne mir dieses Bestreben, o nachtentsprossene Jungfrau, |
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335 | Du kannst waffnen zum Streit einträchtige Brüder und machtvoll Häuser zerrütten durch Haß, du trägst in die Wohnungen Geißeln, Du die Fackel des Todes, du, Tausendnamige, kennest Tausend Künste des Leids. Nun schüttle die furchtbare Brust auf! Trenne das Band des geschlossen Vereins; streu Hader des Krieges! |
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340 | Waffen begehr' und fordre zugleich und ergreife die Jugend!
Aber Alecto sofort, von gorgonischen Giften durchdrungen, |
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345 | Weibliche Sorgen in Glut und des Zorns Aufwallungen kochten. Rasch wirft eine der Schlangen vom bläulichen Haare die Göttin Ihr in das Busengewand, an das Herz inwendig gezielet, Daß, von dem Scheusal rasend, sie rings aufstöre die Wohnung. Jen', ihr zwischen die Kleider geschmiegt und die Glätte des Busens, |
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350 | Drehet sich ohne Berührung einher, und der Rasenden fühllos Atmet sie Natternhauch: jetzt ringelndes Gold um den Hals ihr Wird die unendliche Schlang', jetzt Band an dem hangenden Schleier, Bald durchflicht sie das Haar und irrt um die Glieder geschmeidig. Weil im beginne die Pest mit feucht einschleichendem Gifte |
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355 | Noch die Sinn' ihr umschleicht, und Glut anschürt den Gebeinen, Und nicht ganz ihr Busen mit lodernder Flamme sich anfüllt; Redet sie sanfter annoch, in gewöhnlichem Tone der Mütter, Viel der Tochter Geschick und die Phrygierehe beweinend: Weg zum Weibe geschenkt wird Lavinia flüchtigen Teucrern, |
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360 | O du Vater, und jammert dich nicht der Tochter und deiner? Jammert der Mutter dich nicht, die treulos, hebt sich der Nord nur, Jener verläßt, der Räuber, ins Meer wegführend die Jungfrau? Wohl nicht also besuchte der phrygische Hirt Lacedämon, Der zum Troergebiet die ledäische Helena raubte! |
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365 | Wo dein heiliges Wort? wo die frühere Sorg' um die Deinen, Und die dem Turnus so oft gegebene Rechte, dem Blutsfreund? Soll ja von fremdem Volk ein Eidam sein den Latinern, Steht dies fest und drängt dich des Vaters Faunus Verheißung, Jedes fürwahr, das frei nicht unserem Scepter gehorchet, |
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370 | Acht' ich für äußeres Land, und daß so es verstehen die Götter. Turnus auch, steigst du empor zum ersten Beginn des Geschlechtes, Stammt von Inachus her und Acrisius, grad' aus Mycene. Als mit solcherlei Worten umsonst den Latinus versuchend, |
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375 | Schlüpfte das Furienübel der Schlang', und völlig sie einnahm; Jetzt, ach Elende! wild von entsetzlicher Wunder Erscheinung, Tobt endlos durch die Räume der Stadt sie im Taumel des Wahnsinns. So wie oft, von dem Schlage geschnellt, umflieget ein Kreisel, Den in gewaltigem Kreis um offene Flächen des Hofes |
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380 | Knaben, zum Spiele geschart, umdrehn; da die Schnur ihn entsendet, Rollt er gewirbelte Läufe dahin; unkundig von oben Starrt der kindliche Schwarm, und staunt das bewegliche Holz an, Streich beseelt ihn auf Streich: nicht trägeren Laufes, denn jener, Stürmt sie die wimmelnden Städte hindurch und die trotzigen Völker. |
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385 | Ja in die Waldungen selbst, wie berauscht vom Geiste des Bacchus, Größeren Gräul angehend, zu größerer Wut sich erhebend, Fliegt sie hinaus und verbirgt in laubigen Bergen die Tochter; Daß sie entraffe die Braut und die Hochzeit zögre den Troern. Euö! tönt sie, o Bacchus, allein dich würdig der Jungfrau |
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390 | Nennet sie. Aber daß dir weichlaubige Stäbe sie trage, Dich umschwärme mit Reihn, dir heilige Locken ernähre, Breitet der Ruf: und von Wut in der Brust aufflammende Mütter Treibt gleich rasendes Toben, sie all' in Gewölbe des Forstes; Alle verließen ihr Haus; in den Wind stürmt Nacken und Haupthaar. |
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395 | Andere füllen die Luft mit lallenden Tönen des Jubels, Rennen gegürtet in Fell' und erhöhn weinlaubige Schafte. Jen' in der Mitte des Schwarms, glutvoll, die entflammete Fackel Hebt sie, und singt der Tochter, und singt dem Turnus ein Brautlied, Blutrot funkelnde Blicke gerollt; schnell düsteren Auges |
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400 | Ruft sie: Io, ihr alle, vernehmt, o latinische Mütter, Wenn noch in zärtlichen Herzen der unglücksel'gen Amata Lieb' euch wohnt, wenn Sorge für Mutterrecht euch erbittert; Auf, so entschleiert die Locken zugleich, feiert Orgien mit mir! |