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Äneas erzählt Trojas Untergang. Die zum Schein abziehendem Griechen lassen im Lager ein hölzernes Roß, welches die Troer, durch Sinons Betrug und Laokoons Tod bewogen, in die Stadt aufnehmen. Während des nächtlichen Überfalls ermahnt Hector im Traum den Äneas, mit den Götterbildern zu entfliehen. Äneas stürzt dennoch in den Kampf, aber umsonst. Tod des Priamus. Auf der Venus Geheiß kehrt Äneas zum Vater zurück, rettet die Götter und die Seinigen und verliert im Getümmel seine Gattin.
Rings war alles verstummt, und gespannt hielt jeder das Antlitz. Drauf vom erhabenen Polster begann der Vater Äneas: Unaussprechlichen Gram, o Königin, soll ich erneuern; |
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5 | Danaer warfen in Staub; was ich selbst anschaute des Elends, Wessen ich selbst nicht wenig ertrug. Wer, solches erzählend, Myrmidon' und Doloper sei's, und des grimmen Ulixes Kriegsfreund, hemmte die Thrän'? Auch eilt die tauige Nacht schon Himmelab, und es laden die sinkenden Sterne zum Schlummer. |
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10 | Aber verlangt dich so sehr, zu hören von unseren Leiden, Um ihn kurz zu vernehmen, den endenden Jammer von Troja, Wie auch der Geist vor des Grames Erinnerung schaudernd zurückfährt, Will ich gehorchen dem Wunsch. Kriegssatt, und gehemmet vom Schicksal, Harrten die Danaerfürsten so viel hingleitende Jahre, |
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15 | Ein bergähnliches Roß, durch göttliche Kunst der Minerva, Bauen sie jetzt und zimmern mit tannenen Bohlen die Rippen: Als ein Weihegeschenk für die Heimkehr; solch ein Gerücht geht. Hierin bergen sie heimlich vom Los erkorene Helden, Eingesperrt in der Seite Verschluß, und die Höhlungen ringsum |
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20 | Durch den geräumigen Bauch sind voll von gewappneten Kriegern.
Abreichbar dem Gesicht ist Tenedos, einst ein berühmtes |
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25 | Wir auch wähnen, sie flohn, und segelten heim gen Mycenä: Und ganz Teukria löset das Herz von der langen Betrübnis. Offen stehen die Thor'; aus fliegt man, das dorische Lager Und die verlassenen Orte zu schaun und den einsamen Meerstrand. Hier der Doloper Zelt', und hier des grausen Achilles; |
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30 | Hier war die Flotte gereiht; hier kämpften sie oft in der Feldschlacht. Über der Jungfrau Pallas Geschenk, das verderbliche, staunt man, Wie unbändiger Größe das Roß. Und vor allen Thymötes Rät, in die Mauern geführt, auf die Höhe der Burg es zu stellen; Sei's durch Verrat, sei's weil schon nahete Ilions Schicksal. |
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35 | Capys jedoch, und wer von besserem Sinne beseelt ist, Will der Danaer schlauen Betrug und verdächtige Gabe Rasch in die Wogen versenken, wenn nicht, verbrennen mit Feuer, Oder den Bauch ihm durchbohren und die heimlichen Winkel erforschen. Unstät schwanket die Meng' in widerstrebender Neigung. |
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40 | Jetzo vor allen zuerst in dem Schwarm nachströmenden Volkes, Rennt, vom Eifer erglüht, Laokoon hoch von der Burg her. Elende, ruft er von fern, welch rasender Wahn, o ihr Bürger? Glaubt ihr hinweggefahren den Feind? und hofft ihr, betruglos Komme vom Danaervolk ein Geschenk? So kennt ihr Ulixes? |
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45 | Hier sind entweder geheim in dem Holz verschlossen Achiver, Oder das Rüstzeug ward auf unsere Mauern gezimmert, Hoch in die Häuser zu schaun und der Stadt zu nahen von oben; Oder es birgt sonst Tücke. Dem Roß nicht getrauet, o Teukrer! Was es auch sei, mir bangt vor dem Danaer, bring' er Geschenk auch! |
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Sprach's, und erhob mit Gewalt die ungeheuere Lanze, |
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55 | Hätt' er bewegt, sie zu schänden mit Stahl, die argolische Lauer; Troja, du ständest annoch, du dauertest, Priamus Felsburg. Sieh' einen Jüngling indes, die Händ' auf dem Rücken gefesselt |
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60 | Daß dies schlau er bewirkt', und öffnete Troja den Grajern, Selbst darbot, hochtrotzig von Geist, und zu beidem gerüstet, Ob zu zerrütten durch Trug, ob sicherem Tode zu allen. Rings in Begierde zu schaun ergießt sich die troische Jugend Stürmisch umher, und sie eifern im Hohn des gefangenen Grajers. |
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65 | Jetzo der Danaer Tücke gemerkt, und aus einer Verschuldung Lerne das sämtliche Volk. Denn, wie im schauenden Kreise verwirrt, unbewaffnet, er dastand, Und mit den Augen die Scharen der Phrygier rings umschaute: Welch ein Gefild', ach, rief er, gewähret mir, welch ein Gewässer |
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70 | Zuflucht? oder was bleibet zuletzt mir Elenden übrig, Welchen das Danaervolk ausstößt, und welchem dazu noch Selbst hier Strafe mit Blut die erbitterten Dardaner androhn? Dieses Geseufz wandt' allen den Sinn und bändigte allen |
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75 | Was er bring', und welches Vertraun der Gefangene habe.
Alles will ich dir, König, und was auch folge, nach Wahrheit, |
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80 | Wenn durch Sage vielleicht vor deinem Ohre der Name Belus Sohn Palamedes ertönete und des Berühmten Herrlichkeit, welchen, um Schein unwahren Verrats, die Pelasger Schuldlos ganz, auf schnöde Verleumdung hin, weil er den Krieg nicht Wollte, zum Tode verdammt, und jetzt den Entschlafnen betrauern: |
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85 | Ihm zum Waffengenossen, verwandt durch Nähe des Blutes, Sandt' in früherer Jugend mich her mein dürftiger Vater. Als ungekränkt im Gebot er stand und im Rat der Gebieter Blühete, trugen auch wir noch etwas Namen und Ansehn. Aber nachdem durch den Neid des ränkevollen Ulixes |
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90 | (Was ich erzähl', ist bekannt) die obere Welt er verlassen; Schleppt' ich niedergebeugt mein dunkeles Leben in Schwermut Und ich gedacht' unwillig des schuldlos fallenden Freundes. Auch nicht schwieg ich, der Thor, nein, gönnt' es je das Geschick mir, Kehret' ich je obsiegend zurück in die heimische Argos, |
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95 | Bot ich zum Rächer mich dar und erbitterte jenen durch Drohung. Nun mir zuerst der Verfall ins Weh; nun stets von Ulixes Neuer Beschuldigung Schrecken gehäuft; nun dunkles Gezische Unter die Menge verstreut, und tückische Waffen gesuchet! Nicht auch ruhet' er ja, bis zuletzt mit Hilfe des Calchas – |
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100 | Doch was erneur' ich umsonst so widriger Dinge Gedächtnis, Was noch gesäumt? Wenn alle für eins die Achiver ihr achtet, Und das allein zu hören genügt; flugs übet die Strafe, Dies ja des Ithakers Wunsch, dies lohnen euch reich die Atriden. Jetzo glühn wir entbrannt, zu erspähn und zu forschen die Ursach, |
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105 | Unvertraut mit so frevlem Betrug' und pelasgischer Arglist. Ängstlich verfolgt er die Red' und spricht mit heuchelnder Seele: Oftmals wollten in Flucht von Troja scheiden die müden |
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110 | Düstere Woge sie ab und die gehenden schreckte der Südwind. Aber zumeist, als schon aus Ahornbalken gezimmert Stand dies Roß, scholl rings platzregnender Sturm in dem Äther. Ratlos senden wir nun den Eurypylus, welcher Apollos Ausspruch forscht, und vom Gotte die traurigen Worte zurückbringt: |
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115 | Blut versöhnt' euch die Wind', und eine geopferte Jungfrau, Als zu der ilischen Küste zuerst ihr Danaer ausgingt: Blut gewähre nunmehr Heimfahrt, und ein Leben von Argos Sei die Entsündigung! – Schnell, wie das Volk anhörte den Ausspruch, Staunten sie alle bestürzt, und es schauderte eisiger Schrecken |
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120 | Durch ihr Gebein: wen fordre der Gott, wen meine das Schicksal. Aber der Ithaker schleppt den zukunftahnenden Calchas Unter das Volk mit Tumult, was doch dies Göttergebot sei, Fordert er. Jetzo bereits weissagten mir viele des Frevlers Grausame List auf mich, und sahn in der Stille, was ankam. |
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125 | Zweimal fünf durchschweigt er der Tag' und weigert verdeckt sich, Irgend wen zu verraten durchs Wort und dem Tode zu stelle. Kaum von dem großen Geschrei des Ithakers endlich getrieben, Öffnet er nach dem Vertrage das Wort und bestimmt dem Altar mich. Beifall riefen ihm all', und, was selbst jeder gefürchtet, |
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130 | Sahn auf des Einzigen Haupt, des Elenden, gern sie gewendet. Schon war der Tag des Fluches genaht; mir drohte das Opfer, Mir das gesalzene Schrot und die heilige Bind' um die Schläfen. Aber dem Tod, ich bekenn' es, entriß ich mich, sprengend die Fessel, Und im morastigen Sumpfe die Nacht, von Schilfrohr bedecket, |
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135 | Lag ich, bis jene die Segel, wofern sie's thäten, gespannet. Nie jetzt hoff' ich zu schauen der Heimat alte Gefilde, Nie die trautesten Kinder und ihn, den ersehneten Vater. Ach, an ihnen vielleicht wird grausame Strafe geübt sein Meines Entfliehns, und die Schuld mit der Elenden Tode gesühnet. |
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140 | Drum bei den Oberen dort und den waltenden Mächten der Wahrheit, Bei, wenn einige noch den Sterblichen irgendwo nachblieb, Bei unverletzlicher Treu, Erbarmung fleh' ich dem Jammer, Diesem, Erbarmung dem Herzen, das so Unwürdiges duldet! Ihm dem Weinenden geben wir Gnad' und erbarmen uns auch noch. |
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145 | Priamus selbst nun heißet zuerst ablösen des Mannes Fessel und engende Band' und mit freundlicher Rede beginnt er: Wer du auch bist, gleich bann' aus dem Sinn die verlorenen Grajer; |
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150 | Welches der Zweck? Ein Weihegeschenk? Ein kriegrisches Rüstzeug?
Priamus so. Doch jener, voll Trug und pelasgischer Arglist, Ihr, o ewige Feuer, mit nie zu verletzender Obmacht, |
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155 | Die ich geflohn, und o Binden, die mich Sühnopfer geschleiert. Mir ist erlaubt, der Grajer geheiligte Rechte zu lösen; Mir, zu hassen das Volk und frei zu verkündigen alles, Was es verhehlt; mich halten nicht mehr die Gesetze der Heimat! Du nur bleib' in dem Wort, und, erhaltene Troja, erhalt' mir |
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160 | Glauben und Treu, wenn Wahres ich bring' und große Vergeltung.
Alles Vertraun der Achäer und jegliche Hoffnung des Krieges, |
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165 | Tempel zu ziehn, nach Ermordung der burgaufsehenden Hüter, Weggerafft ihr hehres Gebild, und mit blutigen Händen Frech an der heiligen Macht jungfräulichen Schleier getastet; Seitdem schwankt' und sank rückflutend der Danaer Hoffnung, Brach zusammen die Kraft und ward feindselig die Göttin. |
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170 | Nicht mit bezweifelten Winken erklärt' uns Tritonia solches. Kaum war gestellt im Lager das Bild; da entloderte schimmernd Ihrem gehobenen Blicke die Glut und die Glieder herab rann Salziger Schweiß, und sie selbst, dreimal von dem Boden (o Wunder!) Sprang sie empor, mit dem Schilde bewehrt und der zitternden Lanze. |
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175 | Schleunig in Flucht zu versuchen das Meer, heißt Calchas der Seher: Pergamus steh' unbezwinglich argolischen Waffen, wofern nicht Neuen Bescheid sie in Argos geholt und die Götterentscheidung Heimgeführt, mit welcher sie ausgeschifft in die Meerflut. Jetzo, im Wind absegelnd zur väterlichen Mycene, |
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180 | Holen sie Wehr und Göttergeleit; bald wieder die Flut durch Kommen sie plötzlich daher. So ordnet die Deutungen Calchas. Für das Palladium nun und für die beleidigte Gottheit Stellten sie dieses Gebild, um gewarnt zu sühnen die Blutschuld. Aber so ganz unmäßig gebot aus verflochtenem Kernholz |
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185 | Calchas zu türmen den Bau und empor in den Himmel zu leiten: Daß kein fassendes Thor einführt' in die Mauern das Bildnis, Noch ihm vertraute das Volk in dem altenden Dienste der Göttin. Denn wenn euere Hände verletzt die Geschenke Minervas, Dann würd' arges Verderb (o himmlische Mächt', auf den Deuter |
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190 | Wendet es!) Priamus Reich' und dem Phrygiervolke bevorstehn. Doch wenn euere Händ' in euere Stadt es geführet, Selbst würd' Asia dann zu des Pelops Mauern mit Kriegsmacht Kommen, und unsere Enkel beträf' einst dieses Verhängnis. So arglistigem Truge des meineidschwörenden Sinon |
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195 | Wurde geglaubt, und es fielen durch Ränk' und erzwungene Thränen Sie, die nicht der Tydid', und der Larissäer Achilles, Nicht zehn kämpfende Jahre bezähmt, nicht tausend der Schiffe. Noch ein größerer jetzt und noch graunvollerer Anblick |
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200 | Priester, gezogen durch Los, war Laokoon dort dem Neptunus, Dem den gewaltigen Stier an dem Festaltare er weihte. Siehe von Tenedos her, zwiefach durch stille Gewässer Nahn (ich erzähl' es mit Graun) unermeßlich kreisende Schlangen, Über das Meer sich dehnend und eilen zugleich an das Ufer; |
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205 | Denen die Brust, in den Wellen emporgebäumt, und die Mähne Blutrot aus dem Gewog' aufragt; ihr übriger Leib streift Hinten die Flut, und sie rollen unendliche Rücken in Wölbung. Laut mit Geräusch her schäumet die Flut; jetzt drohn sie gelandet, Und, die entflammeten Augen mit Blut durchströmet und Feuer, |
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210 | Zischen sie beid' und umlecken mit regerer Zunge die Mäuler. Alle entfliehn vor der Schau blutlos. Doch sicheren Schwunges Gehn sie Laokoon an; und zuerst zwei schmächtigen Söhnlein Dreht um den Leib ringsher sich das Paar anringelnder Schlangen, Schnüret sie ein, und, – o Jammer – zernagt mit dem Bisse die Glieder. |
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215 | Drauf ihn selbst, der ein Helfer sich naht und Geschosse daherträgt, Fassen sie schnell und knüpfen die gräßlichen Windungen: und schon Zweimal mitten umher, zweimal um den Hals die beschuppten Rücken geschmiegt, stehn hoch sie mit Haupt und Nacken gerichtet. Jener ringt mit den Händen, hinweg die Umknotungen drängend, |
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220 | Ganz von Eiter die Bind' und schwärzlichem Gifte besudelt; Und graunvolles Geschrei hochauf zu den Sternen erhebt er: So wie Gebrüll auftönt, wann blutend der Stier vom Altare Floh und die wankende Axt dem verwundeten Nacken entschüttelt. Aber sie beid' entrollen zum oberen Tempel, die Schlangen, |
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225 | Schlüpfrigen Gangs, und ereilen die Burg der erzürnten Tritonis, Wo sie unter die Füß' und des Schildes Wölbung sich bergen. Jetzo fürwahr durchbebet das Herz des betroffenen Volkes |
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230 | Schändete, und in den Leib einbohrt' die entweihende Lanze. Nun zum Tempel geführt das Bild, und die mächtige Göttin Angefleht, ruft alles. Stracks sind die Mauern getrennt, und der Stadt Bollwerke geöffnet. Aufgeschürzt ist alles zum Werk; hinrollende Räder |
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235 | Unter die Füße gelegt und hanfene Taue dem Halse Angestrengt. Nun steiget der Unglücksbau zu den Mauern, Schwanger von Wehr. Rings Knaben und noch unbräutliche Mägdlein Singen zum Fest und freun sich das Seil mit den Händen zu rühren. Vor rückt jener und stürzt hochdrohend hinein in die Festung. |
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240 | Ilion, Stadt der Götter! o Heimat, waffenberühmte Burg des Dardanerstamms! viermal an der Schwelle des Thores Blieb er stehn, und im Bauch scholl viermal Waffengerassel. Doch fort dringen wir, unachtsam und geblendet von Wahnsinn, Bis in der heiligen Burg wir gestellt das leidige Graunbild. |
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245 | Jetzo entschließt auch Cassandra den Mund annahendem Schicksal, Der, auf des Gottes Gebot, nie sprach, daß glaubten die Teucrer. Wir durchjubeln die Stadt, wir Elenden, welchen zuletzt nun Strahlte der Tag und kränzen mit festlichem Laube die Tempel. Um nun dreht sich der Himmel, und her vom Oceanus dringt Nacht, |
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250 | Ganz in dunkele Schatten den Pol und die Erde verhüllend, Und den pelasgischen Trug. Die Dardaner rings in der Festung Liegen verstummt, und Schlummer umfängt die ermüdeten Glieder. Schon in gerüsteten Schiffen von Tenedos kam der Argiver |
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255 | Her zum bekannten Gestad': als hoch um des Königes Steuer Flammt' anzeigender Glanz, und geschützt durch feindliche Götter, Sinon geheim die im Bauche verschlossenen Danaerhelden Löst' und das fichtne Verschloß. An die Luft giebt jetzo geöffnet Jene das Roß: froh eilen, des hohlen Gebäus sich entkerkernd, |
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260 | Sthenelus und Thessandrus der Fürst, und der grause Ulixes, Gleitend am Seile herab; auch Acamas mutig, und Thoas, Neoptolemus auch der Pelid', dann folgte Machaon, Auch Menelaus, und selbst des Betrugs Werkmeister Epeos. Und sie bestürmen die Stadt, die von Wein und Schlafe betäubt lag. |
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265 | Niedergehaun sind die Wächter; herein durch entriegelte Thore Strömen die Freund', und es gehn mitkundige Scharen vereinigt. Noch war die Zeit, da Ruhe zuerst mühseligen Menschen |
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270 | Schien mir vor Augen zu stehn und bittere Thränen zu weinen: So wie vordem vom Gespanne geschleift, in des blutigen Staubes Schwärze gehüllt, und mit Riemen die schwellenden Füße durchzogen. Wehe mir, welche Gestalt! wie ganz verändert von jenem Hector, der stolz heimkehrt' in erbeuteter Wehr des Achilles, |
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275 | Oder wann phrygische Glut in der Danaer Flott' er geschleudert! Rauh von Wuste den Bart, geronnenem Blute sein Haupthaar, Rings mit den Wunden genarbt, die zahllos jener um Trojas Heimische Mauern empfing. Selbst nun als Weinender wähnt' ich Anzureden den Mann, die traurigen Worte beginnend: |
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280 |
O Dardanias Licht, o treueste Hoffnung der Teucrer, |
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285 | Heiteres Antlitz entstellt? Warum dort seh' ich die Wunden?
Er kein Wort; nicht gab er dem Eiteles Fragenden Säumnis, Fleuch, o der Göttin Sohn, und entreiß dich, ruft er, den Flammen! |
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290 | Gnug ist für Heimat gethan und Priamus! Könnte mit Händen Troja verteidiget sein, so hätten es diese gerettet! Heiligtum und Penaten vertraut dir Ilios: sie sein Deines Geschicks dir Begleiter, für sie such' andere Mauern, Herrliche, die nach Irren durch Meerflut endlich du aufbaust. |
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295 |
Sprach's, und trug mit den Binden zugleich die gewaltige Vesta, Hier und dort wogt schon durch die Mauern verworrener Jammer. |
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300 | Tönt der schwellende Hall, und näheres Waffengeklirr droht. Und ich entfahre dem Schlaf; zu dem obersten Giebel des Daches Klimme ich schleunigst empor und stehe mit lauschenden Ohren. Wie wenn in Saatengefilde die Glut mit der tobenden Windsbraut Einfällt, oder ein jäher, vom Berg abtaumelnder Sturzbach |
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305 | Acker verschwemmt, Fruchtpflanzen verschwemmt und Werke der Rinder, Und abschüssige Wälder entrafft; unkundig erstaunet, Hoch das Getös' anhörend, vom Felsengipfel der Berghirt. Nun war, nun handgreiflich der Glaub' und der Danaer Arglist Aufgedeckt. Schon krachte Deiphobus räumige Wohnung |
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310 | Unter dem Brand des Vulkanus in Schutt; auch Ucalegon nächst ihm Lodert empor; weit glänzen sigeische Sunde dem Feuer. Furchtbar tönt dort Männergeschrei, dort Klang der Trompeten. Waffen ergreif' ich betäubt, und es fehlt ein Plan bei den Waffen. Doch mit gesammelter Macht in den Streit eindringen und hilfreich |
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315 | Rennen zur Burg, das brennt mir im Geist. Wut spornt und Erbittrung Blindlings die Seel', und herrlich erscheint's in den Waffen zu sterben. Schaue doch, Panthus anjetzt, den Geschossen entflohn der Achiver, |
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320 | Schleppt er mit eigener Hand und enteilt sinnlos zu der Schwelle.
Panthus, wie steht gegründet das Heil? wo schützet ein Hort uns? Da ist der Tag des Verderbs, der unfliehbare, Dardanus Kindern! |
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325 | Strahlender Ruhm! Grimmvoll hat Juppiter alles gen Argos Übergeführt! In den Gluten der Stadt obwalten Argiver! Hoch in der Mitte der Burg steht dort, und gewappnete Männer Schüttet das Roß; und es schürt Mordbrand der Eroberer Sinon, Trotzigen Muts. Einströmen durch zwiefachoffene Thore |
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330 | Tausende, so viel je uns gesandt die große Mycene. Andere halten besetzt die engenden Wege mit Kriegswehr Gegengestellt; scharf raget der Stahl, mit schimmernder Klinge Zuckend, zum Morde bereit. Kaum wagen des Kampfes Versuch noch Vordere Hüter der Thor', in blindem Gefecht sich erwehrend. |
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335 |
So durch Panthus erregt und die Macht der unsterblichen Götter, |
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340 | Und an die Seit' uns häufen sie Macht; auch der Jüngling Coröbus, Mygdons Sohn. Erst neulich zum troischen Lande geführet Durch sein Geschick, denn ihn trieb unsinnige Lieb' um Cassandra, Bracht' er als Eidam Hilfe dem Priamus und den Trojanern: Unglückseliger, der, was die warnende Braut ihm geweissagt, |
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345 | Nicht vernahm! Als ich diese geschart und den Kampf zu wagen gefaßt sah, Füg' ich Ermahnung hinzu: O Jünglinge, Herzen, umsonst noch Tapfer und kühn! wenn euch das Äußerste mit zu versuchen Treibet der Mut; (wie jetzt das Geschick entscheide, das seht ihr: |
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350 | Weg sind die Götter geflohn aus Heiligtum und Altären, Alle, wodurch dies Reich sich erhob; bei springt ihr der ringsum Brennenden Stadt!) auf, sterben, und stracks in die Waffen gestürzet. Nur ein Heil ist Besiegten, durchaus kein Heil zu erwarten! Rief's, und in Wut entbrannten die Jünglinge. Drauf, wie die Wölfe |
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355 | Gehn durch düstere Nebel nach Raub, wann rasenden Hungers Ungetüm sie wie blind umtreibt, und mit trockenen Kehlen Harrt im verlassenen Lager die Brut: so durch Waffen, durch Feinde Wandeln wir, sicherem Tode geweiht, und zur Mitte der Stadt hin Strebet der Gang; schwarz hüllet der Nacht umschwebendes Dunkel. |
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360 |
Wer kann jenes Gemetzel der Nacht, wer alle die Morde |
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365 | Wohnungen. Doch nicht allein sinkt blutiger Rache der Teucrer: Oft auch kehrt dem Besiegten ins Herz anringende Tugend; Und der besiegende Danaer fällt. Dort schrecket und dorther Jammer und Angst und Gestalten des vielfach würgenden Todes. Jetzt von den Feinden zuerst, in dem Schwarm nachströmenden Volkes, |
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370 | Beut sich Androgeos dar, für Danaerscharen uns haltend; Und er begrüßt' unwissend uns selbst mit freundlichen Worten: Rasch, ihr Männer, geeilt! Was doch für säumende Trägheit |
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375 |
Sprach's; und sofort (denn es kam nicht Antwort, welche genug ihn |
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380 | Während sie Drohungen hob und mit bläulichem Hals emporschwoll: Also entzitterte dort Androgeos scheu vor dem Anblick. Doch wir stürzen hinan mit dicht umströmenden Waffen, Und die Erstarrten in Furcht, und des Orts Unkundigen ringsum Strecken wir hin. So lächelt das Glück dem Beginne der Arbeit. |
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385 |
Jetzt des Erfolgs frohlockt mit feurigem Mute Coröbus: |
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390 | Waffen verleihen sie selbst! – So redet er; dann mit dem Roßbusch Ihn, des Androgeos Helm, und des Schilds auszeichnenden Feldschmuck Leget er an und hängt das argivische Schwert an die Hüfte. Rhipeus auch, und Dymas zugleich, und die sämtliche Jugend Wappnet sich froh, und schlüpft in die frisch erbeutete Rüstung. |
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395 | Wir durchgehn der Pelasger Gewühl, von Göttern verlassen; Und viel blutige Kämpf', in blinder Nacht uns begegnend, Heben wir an, und senden der Danaer viele zum Orcus. Andere fliehn zu den Schiffen hinab und ereilen des Meeres Sicheren Strand; selbst Mancher erklimmt vor schmählicher Zagheit |
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400 | Wieder das mächtige Roß und birgt sich im traulichen Schoße. Ach vertraue dem Schutz feindseliger Götter doch niemand! |