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Unglückselige Dido, so hat mir wahre Verkündung, Daß du geschieden, erzählt, und vom eigenen Stahle gefallen? Ach, und des Wehs Urheber war ich? Bei den Sternen beschwör ich, Und bei den Oberen, ja, wenn Bekräftigung unter der Erd' ist: |
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460 | Sehr ungern von deinem Gestad', o Königin, schied ich. Aber der Götter Befehl, der jetzt durch Schatten zu wandern, Moore hindurch und Moder mich zwingt und Tiefen des Nachtgrauns, Hat mit strenger Gewalt mich gescheucht. Nicht glauben ja konnt' ich, Daß so heftigen Schmerz ich dir aufregte durch Trennung. |
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465 | Hemme den Schritt und entferne dich nicht aus unserem Anblick! Fliehst du? o wen? Heut gönnt mir zuletzt Anrede das Schicksal. Also versucht Äneas, da wild und düster sie schaute, |
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470 | Nicht wird mehr ihr Gesicht vom begonnenen Worte beweget, Als wenn harter Granit dastand' und marpesischer Marmor. Endlich rafft sie sich auf und entflieht erbittert von dannen Tief in den schattigen Hain, wo der vorige Gatte Sychäus Ihr vollherzige Lieb' und zärtliche Sorgen erwidert. |
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475 | Doch nicht minder Äneas, gerührt von dem traurigen Unfall, Blickt mit Thränen ihr nach und beklagt die Scheidende innig. Fort nun strebt er die Bahn des Geschicks; und die äußerste Flur schon |
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480 | Parthenopäus der Held, und das Bild des bleichen Adrastus, Hier auch, viel dort oben beweint, die im Streite gesunkne Dardanerschar; die all' in die Läng' hin jener betrachtend Seufzete: Glaucus zugleich, und Thersilochus, auch Polyphötes, Ceres geweiht, auch Medon, zusamt drei Söhnen Antenors, |
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485 | Auch Idäus, der noch das Gespann, noch Waffen behauptet. All' umstehn ihn die Seelen, sich rechtsher drängend und linksher. Nicht einmal ihn zu sehen genügt, froh weilt man beständig, Froh auch gesellt man den Schritt und forscht, weswegen er ankam. Aber der Danaerhäupter, und alles Gewühl Agamemnons, |
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490 | So wie sie schauten den Mann und die blinkenden Waffen im Dunkel, Bebten sie bang' und erschrocken umher: teils wandten den Rücken, Wie sie vordem zu den Schiffen entflohn; teils huben der Stimme Zarten Laut: es versagt das Geschrei den geöffneten Kehlen. Jetzt auch des Priamus Sohn, dem zerfleischt die ganze Gestalt war, |
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495 | Schaut er, Deïphobus dort, wie zerfetzt unmenschlich das Antlitz, Antlitz und Hand' er erhub, wie beide verwundete Schläfen Ohrenlos, und die Nase von schändender Wunde gestümmelt. Kaum erkennt er sogar den Verschüchterten, welcher die grause Marter bedeckt, und redet mit traulicher Stimme zuerst an: |
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500 |
Teucrus erhabener Sproß, Deïphobus, Edler des Kampfes! |
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505 | Selbst dann häuft' ich empor am rhöteischen Ufer ein leeres Rasengrab und den Geist dreimal anrufend begrüßt' ich. Nam' und Waffen behaupten den Ort. Dich, Trauter, vermocht' ich Nicht zu erspähn, noch scheidend in heimische Erde zu betten. Hierauf Priamus Sohn: Nichts hast du, o Trauter, verabsäumt; |
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510 | Alles geschah für des kalten Deïphobus Geist, was dir oblag. Doch mich hat mein Geschick und der frevlen Laconerin Unthat In dies Leiden versenkt; das ließ mir jene zum Denkmal. Denn wie die äußerste Nacht wir unter trüg'rischen Freuden Hingeschwärmt, das weißt du, zu laut nur ruft die Erinnrung. |
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515 | Als das Verhängnisroß sich hereinschwang über die hohe Pergamos und schwer trug die gewappneten Streiter im Bauche; Heuchelte jene den Chor und führt' im bacchantischen Taumel Phrygische Weiber umher; selbst hielt sie die Flamm' in der Mitte, Lichter Loh', und rief von der obersten Burg die Achäer. |
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520 | Mich indes, den Sorge des Tags und Ermüdung belastet, Hielt das unheilvolle Gemach, und den Ruhenden drückte Sanft unerwecklicher Schlaf, dem friedsamen Tode vergleichbar. Aber die treffliche Gattin entfernt aus dem Hause die Waffen Alle, nachdem mir zum Haupte das biedere Schwert sie entwendet, |
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525 | Ruft in das Haus Menelaus herein und öffnet die Schwellen: Hoffend fürwahr, das werde dem Liebenden großes Geschenk sein, Und so könne sie tilgen den Ruf der vorigen Frevel. Was noch gesäumt? Man stürmt ins Gemach; auch fügt als Genoß sich Äolus Sohn, Anrater des Gräuls. Gebt, Götter den Griechen |
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530 | Solches zurück, wenn fromm mein Mund die Vergeltungen fordert! Doch was hat für ein Los dich Lebenden (melde mir wieder!) Hergebracht? Wie, kommst du, vom stürmischen Meere verschlagen? Oder auf Göttergeheiß? O welch Unheil doch verfolgt dich, Daß du zum Graun sonnloser, so starrender Wohnungen eingingst? |
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535 |
Bei dem Wechselgespräch hatt' Aurora mit rosigem Vierspann Drängt doch die Nacht, Äneas, und wir verweinen die Stunden! |
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540 | Hier ist der Ort, wo der Weg in zwei Abwege sich scheidet. Rechtshin, welcher zu Dis, des gewaltigen, Mauern hinanführt, Hierauf gehen wir fort in Elysium: jener zur Linken Quält die Verbrecher mit Straf', in den frevelen Tartarus führend. Drauf Deïphobus so: Nicht eifre, große Prophetin. |
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545 | Scheid' ich denn, und ergänze die Zahl, und kehre zum Dunkel. Geh, geh, unsere Zier, und erfreue dich besseres Schicksals! Also redete jener und dreht' in dem Worte den Fußtritt. |
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550 | Wo sich der Phlegethon rings mit dem Sturz aufstrudelnder Flammen Windet, des Tartarus Strom, und tosende Steine daherrollt. Vorn die gewaltige Pfort', und Gesäul aus gediegenem Demant: Daß nicht Männergewalt, nicht selbst der Unsterblichen Angriff Durchzubrechen vermag. Hoch ragt ein eiserner Turm auf. |
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555 | Aber Tisiphone sitzt, den blutigen Mantel geschürzet, Nacht und Tag schlaflos, und bewahrt die Schwelle des Eingangs. Dorther scholl Wehklag' und Geseufz, und wütende Geißeln Schwirrten empor, auch Eisengeklirr und gezogene Ketten. Stehen bleibt Äneas und horcht mit Entsetzen dem Aufruhr: |
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560 |
Welche Gestalt der Verbrechen? o Jungfrau, rede, mit welcher Wieder begann die Prophetin: Erhabener Dardanusenkel, |
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565 | That sie der Ewigen Strafe mir kund und führte mich ringsum. Hier übt harte Befehle der Gnosierheld Rhadamanthus, Züchtiget streng' und verhört den Betrug und zwingt zum Bekenntnis, Wenn in der oberen Welt, der leeren Verheimlichung fröhlich, Einer zum Tode die Buß' aufschob des, was er gesündigt. |
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570 | Stracks die Schuldigen dann, mit rächender Geißel gerüstet, Schlägt Tisiphone höhnend, und streckt in der Linken gewundne Schlangen daher und ruft den grausamen Zug der Geschwister. Jetzt auf rasselnder Angel erklirrt und breitet die hehre Doppelpforte sich auf. Du siehst, wie drohend am Eingang |
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575 | Sitzet die Hut, und welche Gestalt die Schwelle bewahret. O die entsetzliche Hyder mit fünfzig dunkelen Schlünden Hat noch drohender innen den Sitz. Und der Tartarus selber Streckt zweimal so tief sich hinab in die Schatten des Abgrunds, Als durch den Himmel der Blick zu ätherischen Höhn des Olympus. |
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580 | Dort ist der Erd' uraltes Geschlecht, die titanische Jugend, Welche, vom Donner versenkt, am untersten Grunde sich wälzet. Auch des Aloeus Söhne, die Zwillinge, gräßlichen Wuchses, Schauet' ich, die mit den Armen den Bau des erhabenen Himmels Aufzureißen gewagt und Juppiter selber zu stürzen. |
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585 | Auch den Salmoneus sah ich, der schwer dem Juppiter büßte, Als er den Blitz nachahmt' und den Donnerhall des Olympus. Jener, von vier Zugrossen geführt und die Fackel erschütternd, Flog durch Grajer einher und die Stadt der bevölkerten Elis, Stolz im Triumph und für sich der Unsterblichen Ehre verlangt' er, |
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590 | Rasender, welcher den Strahl und die unnachahmbaren Donner Hatte mit Erz und Gestampf hornfüßiger Rosse geähnlicht! Doch der allmächtige Vater hervor aus dichtem Gewölk nun Schwang er Geschoß, nicht Brände daher, noch dampfenden Kienes Leuchtungen, häuptlings hinab in unendlichem Wirbel ihn schmetternd. |
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595 | Tityos auch, den Zögling der allgebärenden Erde, Schaute mein Blick, der ganz durch neun Feldhufen den Leib hin Ausdehnt, weil krummschnablig ein überschwänglicher Geier Ihm die unsterbliche Leber zerhackt, und erneueten Strafen Sprossendes Fleisch einwühlet nach Schmaus und unter der Brust tief |
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600 | Wohnet und niemals Ruhe vergönnt nachwachsendem Fleische. Meld' ich annoch den Lapithen Pirithous und den Ixion? Denen ein dunkeler Fels, stets drohend den Fall, und dem nieder Schmetternden gleich, obschwebet: den festlich erhabenen Polstern Strahlt ein goldnes Gestühl, und bereiteter Schmaus vor dem Antlitz |
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605 | Prangt in Königespomp; der Furien älteste lieget Beiden gesellt und verwehrt zu strecken die Hand nach den Tafeln, Hebt sich empor mit der Fackel und droht aus donnerndem Munde. Hier, wer Haß dem Bruder gehegt, solange er lebte, Oder den Vater verstieß, wer mit Trug umstrickte den Schutzfreund, |
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610 | Auch wer brütend allein oblag dem erkargeten Reichtum Und kein Teil den Seinen verlieh – zahlreiches Gewimmel; – Wer in des Ehbruchs Schlichen erlag, wer frevelnden Waffen Folgete, wer ungescheut Treulosigkeit übte für Wohlthat: All' erwarten sie Straf' im Verschloß. Nicht heische Belehrung, |
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615 | Welche Straf' und in welcher Gestalt sie belaste das Unheil. Großes Gestein wälzt dieser, und der an den Speichen der Räder Schwebt auseinander gespannt, hier sitzt und ewig hinfort sitzt Theseus unglücksvoll, und Phlegyas warnet im Elend All' umher und bezeugt sie mit lautem Ruf durch die Schatten: |
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620 | Lernet gewarnt recht thun und nicht mißachten die Götter! Dieser verkaufte für Gold sein Volk, willkürliche Herrschaft Gründete der, und Gesetz', ein Gedungener, schuf er und tilgt' er. Dieser drang in der Tochter Gemach und in Ehen des Gräuels. All' erfrechten sich schnöden Vergehns und genossen der Frechheit. |
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625 | Nein, wenn auch hundert Zungen ich hätt' und hundert der Kehlen, Eiserne Stimm', nie könnt' ich sie all' umfassen die Frevel, Nie sie alle durchgehn, die Benennungen rächender Strafen. Als sie die Worte gesagt, die prophetische Greisin Apollos: |
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630 | Hurtiger, sprach sie, geeilt! in cyclopischer Esse geschmiedet, Ragt mir entgegen die Burg, und vorn der gewölbete Eingang, Wo uns Götterbefehl das Geschenk zu entrichten gebietet. Jene sprach's; und zugleich die dumpfigen Pfade durchwandelnd, |
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635 | Schleunig gewinnt Äneas den Schritt und mit frischem Gewässer Sprengt er den Leib und heftet den Zweig an die Stirne des Thores. Als nun solches vollbracht und der Herrscherin Gabe geweiht war, |
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640 | Dort mit reinerer Hell' umschwebt die Gefilde der Äther Klar, und eigene Sonne kennen sie, eigene Sterne. Teils nun übt man die Glieder im grasigen Plane des Lustkampfs, Mit wetteiferndem Spiel und ringt in gelblichem Sande. Teils stampft man mit den Füßen den Tanz und singet das Chorlied. |
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645 | Auch der Thracierbard' in lang hinwallender Kleidung Tönt zum gemessenen Liede die siebenhallige Leier, Bald mit dem Finger und bald mit dem Elfenbeine sie rührend. Hier ist altes Geschlecht, des Teucrus herrlicher Abstamm, Hochgesinnte Heroen, erzeugt der besseren Vorzeit, |
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650 | Ilus, Assaracus auch, und Dardanus, Gründer von Troja. Waffen bewundert er fern und ledige Wagen der Männer. Lanzen stehn in die Erde gebohrt, und es irren gelöset Weidende Ross' im Gefilde. Wie groß die Liebe der Wagen Lebenden war und der Waffen, wie aufmerksam die Ernährung |
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655 | Glänzender Ross', so folgt sie den Ruhenden unter die Erd' auch. Andere siehet er dort, rechtshin durch den Rasen und linkshin, Liegen am Schmaus', auch singen im Chor den freudigen Päan, Unter des Lorbeerhains Umduftungen, wo von der Höhe Vollgedrängt durch den Wald des Eridanus Strom sich herabwälzt. |
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660 | Hier, wer Wunden im Kampf für das Vaterland sich erstrebet; Wer sich rein als Priester bewahrt, solange er lebte, Auch wer fromm als Dichter, und Würdiges sang des Apollo; Wer, ein Erfinder, das Volk durch Kunst ausbildet' und Weisheit; Und wer sonst durch Verdienst Erinnerung seiner zurückließ: |
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665 | Allen umgürtet die Schläf' ein schneeweiß glänzendes Stirnband. Sie, die umher sich ergossen, befragt also die Sibylla; Doch den Musäus vor allen, dieweil zahlreiches Gedräng' ihn Einschließt, und, wie er hoch aufragt mit der Schulter, emporschaut: Nennt, glückselige Geister, und du, hochherrlicher Seher, |
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670 | Gegend und Ort, wo Anchises verweilt; denn nur um Anchises Kamen wir her, durchschiffend des Erebus mächtige Ströme. Ihr mit wenigen Worten erwiderte also der Heros: |
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675 | Betten uns sanft. Doch ihr, wenn so im Herzen der Wunsch ist, Steigt dort über die Höh, ich führ' euch auf sicherem Pfade. Sprach's und wandelte selber voran und die lachenden Felder Aber Anchises der Vater, im Schoß des grünenden Thales |
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680 | Eingeschlossene Seelen, die bald zum Lichte hinaufgehn, Forscht' er mit eifrigem Herzen umher und musterte jetzo Ganz die Zahl der Seinen entlang und die teueren Enkel, Und die Geschick' und Leben und That und Sitte der Männer. Als er nunmehr anstreben durch grasige Au'n den Äneas |
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685 | Sah, voll herzlicher Freud' entgegen ihm streckt' er die Hände, Reichlich entfloß den Wangen die Thrän' und er brach in den Ruf aus: Kommst du endlich daher, und besiegt die dem Vater erprobte |
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690 | Zwar so ahnet' ich immer im Geist und vertraute der Zukunft, Wann ich die Zeiten erwog, und nicht war täuschend die Sehnsucht. Was für Lande hindurch und gewaltige Meere geführet, Grüßest du mich! wie getrieben, o Sohn, von so großen Gefahren! O wie sorgte mein Herz, daß Libya Schaden dir brächte. |
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695 |
Jener darauf: Dein Bild, dein trauriges Bild, o Erzeuger, Also sprach er und netzte mit strömender Thräne das Antlitz. |
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700 | Dreimal strebt er hinan, um den Hals ihm die Arme zu schlingen, Dreimal vergeblich erfaßt entfloh aus den Händen das Bildnis, Wie leichtwehende Wind' und geflügeltem Schlafe vergleichbar. Jetzo schaut Äneas im tief entzogenen Thale |
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705 | Auch den lethäischen Strom, der die ruhigen Sitze vorbeischwimmt. Diesen umschwärmeten rings unzählbare Völker und Stämme; Gleich wie auf grünender Au', wenn Bienen im heiteren Sommer Weit sich auf farbige Blumen gesenkt, und um silbergekelchte Lilien kreiset der Schwarm; rings tönt vom Gesumse der Anger. |
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710 | Schaudernd der plötzlichen Schau steht dort, und den Grund der Erscheinung Forscht unkundig Äneas, was fern die schlängelnde Flut sei, Und welch Männergewühl so dicht umschwärme die Ufer. Drauf Anchises der Greis: Die Seelen da, welchen das Schicksal |
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715 | Unmuttilgenden Trank und lange Vergessenheit schlürfend. Diese fürwahr einst kund dir zu thun und zu stellen dem Anblick, Wünsch' ich längst, und den Stamm dir aufzuzählen der Meinen; Daß du mit mir der gefundnen Italia höher dich freuest. Vater, wie ist doch glaublich, daß je freischwebende Seelen |
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720 | Kehren zur Höhe von hier und zurück in langsame Leiber Gehn? O woher den Armen des Lichts so grause Begierde? Sei es gesagt, nicht will ich, o Sohn, dich im Zweifel erhalten, Erst den Himmel umher und Land' und flüssige Ebnen, |
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725 | Auch die leuchtende Kugel des Monds und die Feuer der Sonne Nährt von innen ein Geist; und ganz durchströmet die Glieder Seel', und reget das All, dem großen Leibe vereinigt. Dorther Menschengeschlecht und Tier' und muntere Vöglein, Auch so viel Meerwunder die wogende Tiefe durchtaumeln. |
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730 | Feurige Lebenskraft ist entflammt und himmlischer Ursprung Jeglichem Keim, sofern nicht schädliche Stoffe sie zögern, Nicht sie des Staubes Gelenk abstumpft und verwesliche Glieder. Deshalb Furcht und Begier, auch Schmerz und Freude; zur Luft nicht Schaun sie hervor, umschlossen von Nacht und dunklem Gefängnis. |
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735 | Ja wenn das Leben sogar mit erloschenem Licht sie verlassen, Doch nicht alles Verderb, nicht weicht den Armen von Grund' aus Alles verpestende Übel des Leibs; an dem Innersten hängt noch Vieles, das lang' anwuchs und haftet in zäher Vereinung. Drum wird marternde Strafe geübt, und das alte Verderbnis |
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740 | Abgebüßet durch Pein. Denn Andere schweben gebreitet Gegen der Wind' Anhauch, und anderen spület der Strudel Haftende Sünden hinweg, noch anderen brennt sie die Flamm' aus, [Alle wir dulden im Tode für uns. Durch Elysiums Räume Schweben wir dann, und bewohnen, wir Wenige, Fluren des Heiles:] |
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745 | Bis langwieriger Tag, nach vollendetem Ringe der Zeiten, All' anklebende Makel getilgt und völlig gekläret Stellt den ätherischen Sinn, und die Glut urlauterer Heitre. Diese, nachdem sie den Kreis durch tausende Jahre gerollet, Ruft zum lethäischen Fluß ein Gott in großem Gewimmel: |
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750 | Daß sie erinnerungslos die obere Wölbung des Äthers Wieder schaun und willig in andere Leiber zurückgehn. So Anchises der Greis; und den Sohn und zugleich die Sibylla |
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755 | Schaun sie können von vorn, und sehen der Kommenden Antlitz.
Jetzo, wohlan, was hinfort dem Dardanerstamme für Nachruhm |
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760 |
Jener, du schaust, der Jüngling, auf lauterem Schafte gestützet, |
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765 | Auf in Waldungen zieht, den Könige zeugenden König, Woher unser Geschlecht obherrscht in der langen Alba. Dort ist Procas zunächst, der Ruhm des trojanischen Stammes, Capys und Numitor auch, und dir gleichnamig Äneas Silvius, gleich dir selber an Frömmigkeit und in den Waffen, |
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770 | Glanzvoll, wenn er ja einst Herrschaft ausübet in Alba: Jünglinge, die, o schaue, wie stolz und mächtig, einhergehn, Und umschattet die Stirn' im geeichelten Kranze der Bürger. Diese erbaun Nomentum und Gabii, diese Fidena, Diese den Bergen hinfort die collatinische Festung, |
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775 | Inuus Burg, Pometii dann, und Bola und Cora: Dies sind Namen dereinst, jetzt namlos liegende Länder. Auch dem Ahn zum Genossen entbeut der mavortische Held sich, |
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780 | Und wie der Vater den Gott mit eigener Ehre verherrlicht? Sohn, in diesem gesegnet erblüht die erhabene Roma, Welche die Macht den Landen, den Mut einst gleicht dem Olympus, Sieben Höhen sich selbst mit vereinender Mauer umschließend, Selig an Männergeschlecht: sowie die cybelische Mutter |
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785 | Turmbekränzt auf dem Wagen durch phrygische Städte daherrollt, Froh der Göttergeburt, und hundert Enkel umarmend, Alle sie himmlische Mächt', all' oberer Höhen Bewohner. Dort, o dorthin wende den Blick! Schau jenes Geschlecht dort, |
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790 | Sämtlicher Stamm, der hoch zu dem Pol aufsteiget des Himmels. Dort der Mann, dort ist er, den oft dir verheißen du hörest, Cäsar Augustus, der Sohn des Vergötterten, welcher des Goldes Tage verjüngt ausbreitet in Latium durch die Gefilde, Einst von Saturnus beherrscht. Jenseits Garamanten und Indern |
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795 | Dehnt er das Reich; fern liegt selbst außer den Sternen der Erdrand, Außer des Jahrs und der Sonn' Umlauf, wo der ragende Atlas Dreht auf der Schulter den Pol, mit brennenden Sternen besäet. Seines Herannahns harrt schon jetzt auch die Caspierherrschaft, Durch Orakel der Götter geschreckt, und das Land der Mäotis, |
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800 | Bang' auch stürmen die Pforten des siebenströmigen Nilus. Nicht fürwahr der Alcid' hat so viel Länder betreten, Ob erzfüßiges Wild er durchbohrete, ob Erymanthus Hainen er Ruhe gebracht, ob Lerna geschreckt mit dem Bogen: Nicht, der dem Joch im Triumph weinlaubige Zügel gestrenget, |
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805 | Liber, herab von des Nysa Gebirghöhn lenkend die Tiger. Und wir säumen annoch durch That zu verbreiten die Tugend? Oder es wehret die Furcht im Ausonierlande zu siedeln? Doch wer jener, der fern, im festlichen Kranze des Ölbaums, |
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810 | Und sein grauendes Kinn; der die werdende Stadt mit Gesetzen Gründet, der winzigen Cures entsandt, und der ärmlichen Landschaft Zu großmächtigem Oberbefehl. Ihm wandelt zunächst dann Tullus die Ruh abbrechend dem Volk, der aus lässiger Säumnis Männer zu Waffen erregt und schon des Triumphes entwöhnte |
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815 | Ordnungen führt. Ihm folget an Geist ehrsüchtiger, Ancus, Jetzo schon zu gefällig der wankenden Laune des Schwarmes. Willst du tarquinische Herrscher auch sehn und des rächenden Brutus Hohe Seel', und wieder gewonnene Steckengebunde? Konsulgewalt wird jener zuerst und schrecklicher Beile |
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820 | Macht empfahn, und wenn Krieg sie erneun, wird die Söhne der Vater Rufen zur Strafe daher, für die heilige Sache der Freiheit. Armer, ach, wie immer sein Thun aufnehmen die Jüngern; Liebe der Heimat siegt und des Ruhms endlose Begierde. Decier auch, und Druser von fern, und den strengen Torquatus |
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825 | Schau mit dem Beil, und den Bringer verlorener Fahnen Camillus. Jene dort, die leuchten du siehst in gleicher Bewaffnung, Jetzt einträchtigen Sinnes annoch, weil Dunkel sie festhält, Ha wie gewaltige Kriege dereinst, wenn zum Lichte des Lebens Beide gelangt, wie blutig erregen sie Schlacht und Ermordung: |
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830 | Er, von alpischen Höhn und Monöcus Spitze, der Schwäher, Führend die Schar, und gerüstet mit östlichen Streitern der Eidam! Nicht, o gewöhnt nicht, Knaben, das Herz an so heftige Kriege! Nicht in der Heimat Herz so stürmische Kräfte gewendet! Schone zuerst, du schone, der stammt vom hohen Olympus; |
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835 | Wirf, mein teures Geblüt, das Geschoß fort! Zum Kapitol lenkt jener hinfort, ein Besieger Corinthus, Hoch im Triumph das Gespann, durch erschlagene Grajer verherrlicht. Der streckt Argos in Staub, und die hohe Mycen' Agamemnons; Selbst auch des Äacus Enkel, den Sproß des pelidischen Kämpfers, |
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840 | Rächend den troischen Stamm und entweihete Tempel der Pallas. Wer doch verschweigt dich, Cossus, und dich, o herrlicher Cato? Wer des Gracchus Geschlecht, und der Feldschlacht Blitze, die beiden Scipier, Libyas Sturz, und Fabricius, mächtig in Kleinem? Oder dich, der die Furche besät, Heerführer Serranus? |
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845 | Wohin reißt ihr den Müden, o Fabier? Großer, du bist es, Der allein durch Zaudern das Heil uns wieder erneun wird! Andere mögen das Erz viel lebensvoller beseelen, Sei's – und lebendiger Züge Gestalt abringen dem Marmor, Besser zu reden verstehn vor Gericht, mit dem Zirkel die Bahnen |
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850 | Zeichnen des kreisenden Runds und das Nahn der Gestirne verkünden: Du sollst, Römer, beherrschen des Erdreichs Völker mit Obmacht, (Dies sei'n Künste für dich) und Zucht anordnen des Friedens, Mild dem Ergebenen sein und niederducken den Trotzer. So Anchises der Greis, und den Staunenden fügt er hinzu noch: |
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855 | Schau, wie Marcellus im Glanz der erbeuteten Königesrüstung Auftritt und siegprangend emporragt unter den Männern! Der wird Roms Wohlfahrt in dem Sturm des großen Tumultes Halten zu Roß und den Pöner zerstreun und der Gallier Aufruhr, Und als Dritter den Raub aufhängen dem Vater Quirinus. |
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860 |
Aber Äneas begann; denn er schauete, daß mit einherging, Wer, o Vater, doch er, der den wandelnden Mann da begleitet? |
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865 | Welch ein Geräusch der Begleiter umher! wie völlig sein Abbild! Doch Nachtdunkel umschwebt mit traurigem Schatten das Haupt ihm. Drauf Anchises der Greis, mit des Grams vorquellender Thräne: |
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870 | Läßt es ihn nicht. Zu mächtig erschien wohl, himmlische Götter, Euch der romanische Stamm, wenn dauernder dieses Geschenk war! Ach wie seufzet der Kamp an der mächtigen Veste des Mavors Einst vom Männergeseufz! wie traurigen Zug, Tiberinus, Schauest du, wann an dem frischen Bestattungshügel du hinwallst! |
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875 | Nie ein anderer Knab' aus ilischem Samen erhebet So zur Hoffnung das Herz latinischen Greisen, und keines Zöglinges freuet sich je so stolz die romulische Herrschaft. Ach altbiedere Treu, ach Frömmigkeit und unbezwingbar Kämpfender Arm! Nicht wär' ungestraft ihm einer begegnet, |
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880 | Ob er, umstrahlt von Waffen, zu Fuß andräng' in die Feinde, Ob er dem schäumenden Roß in die Bug einbohrte die Sporen. Mitleidswürdiger Knab', o verschont dich das rauhe Verhängnis, Du ein Marcellus hinfort! – Werft Lilien voll aus den Händen! Ich will purpurne Blumen ihm streun und die Seele des Enkels |
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885 | Durch dies schwache Geschenk erfreu'n und der nichtigen Gabe Pflicht erfüllen. So ziehn sie umher im Reiche der Schatten Als nunmehr Anchises den Sohn durch alles geführt |
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890 | Jetzo erklärt er die Kriege dem Mann, die zu führen bevorstehn, Auch der laurentischen Völker Geschlecht, und die Stadt des Latinus, Und wie meiden er könn' und endigen jegliche Arbeit. Zwiefach sind die Pforten des Schlafs: die hörnerne nennt man |
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895 | Weiß die andre und hell aus Elfenbeine geglättet, Doch ihr entsenden zur Luft falschgaukelnde Träume die Manen. Als hierher Anchises den Sohn und zugleich die Sibylla Redend geführt und entsandt aus der elfenbeinernen Pforte, Wandelte jener den Weg zu der Flott' und fand die Genossen. |
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900 | Drauf zum Port der Cajeta enteilet' er grade den Querweg. Vorne ruht am Anker der Kiel und hinten am Strandseil. |