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Denkmal des erschlagnen Mezentius. Der Leichnam des Pallas wird dem Vater gesandt. Waffenstillstand und Bestattung der Toten. Venulus meldet der Ratsversammlung die Weigerung des Diomedes, und Latinus ist zu Friedensvorschlägen geneigt. Turnus, von Drances gereizt, erbietet sich zum Zweikampf mit Äneas. Auf die Nachricht, daß Äneas anrücke, eilt alles zur Verteidigung. Als Turnus hört, daß die feindliche Reiterei durch die Ebene, und das Fußvolk mit Äneas über die Bergseite vordringe, schickt er jenen die Camilla und den Messapus entgegen, und erwartet selbst den Äneas im Hinterhalt. Diana, welche den Tod ihrer Camilla vorhersieht, sendet als Rächerin die Nymphe Opis. Reiterschlacht. Arruns, der Camilla Mörder, wird von Opis erlegt. Die durch den Verlust der Camilla erschrockenen Rutuler fliehn zur Stadt. Turnus, um zu retten, verläßt den Hinterhalt; Äneas folgt. Weil die Nacht einbricht, verschanzen sich beide vor der Stadt.
Doch des Oceanus Fluten verließ aufstrahlend Aurora. Jetzo, wie sehr den Äneas die Unruh drängt, zur Bestattung Zeit den Genossen zu leihn, und verwirrt von Trauer das Herz ist, Löst er, da Lucifer blinkt, siegreich die Gelübde der Götter. |
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Eine gewaltige Eiche, nach rings enthauenen Ästen, |
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10 | Traf und durchbohrte der Stahl; an die Link' ihm hängt er den Erzschild Und an den Hals sein Schwert in elfenbeinerner Scheide. Dann die Genossen umher, denn gedrängt umschloß ihn der Führer Sämtliche Schar, ermahnt er, die freudigen, also beginnend: Herrliche That ist, Männer, vollbracht; fern sei für die Zukunft |
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15 | Alle Furcht; hier sind die Geschmeid', und des stolzesten Königs Erstlinge; was mein Arm aus Mezentius macht', das erscheint hier. Nun zu dem Könige geht's und der Königsstadt der Latiner. Rüstet die Waffen im Geist und voraus führt Krieg in der Hoffnung: Daß Unkundige nicht, wann zuerst die Paniere zu heben |
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20 | Winkt der Götter Befehl, und ins Feld zu führen die Jugend, Säumnis hemm', und träger Entschluß aufhalte mit Zagheit. Unsre Genossen indes und die unbestatteten Leiber Laßt uns der Erde vertraun, was allein im Acheron Ehr' ist. Auf, und den biederen Seelen, die uns mit eigenem Blute |
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25 | Hier heimatlichen Boden erkämpft, weiht ihnen das letzte Ehrengeschenk! Vor allem zur traurigen Stadt des Euander Werd' jetzt Pallas gebracht, den, nimmer der Tugend entbehrend, Raubte der dunkele Tag und unreif senkt' in die Grube. Also sagt er mit Thränen und kehrt zu der Schwelle den Fußtritt: |
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30 | Wo dem gelagerten Leib des entseeleten Pallas die Obhut Hielt Acötes der Greis, der dem Arkaderheld Euander Waffengefährt' einst war; doch nicht mit so glücklicher Vorschau Wandelt' er nun, zum Begleiter verliehn dem teueren Zögling. Rings war dienender Freunde Gewühl, und im Schwarme der Troer |
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35 | Ilische Fraun, die das Haar gramvoll nach der Sitte gelöset. Aber sobald Äneas zur ragenden Pforte hereintrat, Unermeßliche Klag' erhoben sie zu den Gestirnen, Schlagend die Brust, daß ganz der Palast vom Trauergetön scholl. Als er des Pallas Haupt und schneeiges Antlitz gelagert |
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40 | Schauete, und weitoffen im Jünglingsbusen die Wunde Von dem Ausonierstahl, mit quellender Thräne begann er: Dich, gramwürdiger Knab', hat dich, da sie fröhlich herankam, |
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45 | Nein, nicht solches Versprechen von dir dem Erzeuger Euander Gab ich Scheidender jüngst, da er mich vor dem Gehen umarmend Sandte, den Oberbefehl zu empfahn, und warnete sorghaft, Dort sei'n hitzige Männer, ein hartes Geschlecht zu bekämpfen. Jener vielleicht auch jetzo getäuscht von nichtiger Hoffnung |
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50 | Fleht mit Gelübden sogar und häuft Altäre mit Gaben. Wir, du verblichener Jüngling, der nichts mehr himmlischen Göttern Schuldig ist, wir folgen mit eiteler Ehre dir traurig! Armer Mann, bald schaust du des Sohns schmerzvolles Begräbnis! Also kehren wir heim! dies ist der gehoffte Triumphzug! |
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55 | Dies mein heiliges Wort. Doch nicht, Euander, erblickst du Ihn mit schmählichen Wunden gescheucht; um das Leben des Sohns nicht Wünschest du gräßlichen Tod, o Vater, dir. Wehe, wie großer Schutz dem Ausonierland' und dir hinschwindet, Iulus! Als dies laut er geweint, aufheben den kläglichen Leichnam |
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60 | Heißt er sofort und tausend im Heer erlesene Männer Sendet er, ihm das Geleit der letzten Ehre zu geben, Und um die Vaterthränen zu sein: des unendlichen Grames Schwacher Trost, doch gebührend dem unglückseligen Vater. Ohne Verzug wird jetzo die weichgeflochtene Bahre |
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65 | Ihm aus eichenem Sprosse gewebt und Arbutusreisig, Dann das erhöhete Lager umpflanzt mit laubiger Schattung. Hier auf ländlicher Streu wird hoch er gebettet, der Jüngling Gleich der lieblichen Blume, gepflückt vom Finger der Jungfrau, Gleich der sanften Viol' und der schmachtenden Blum' Hyacinthus, |
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70 | Der noch nicht ihr Glanz und die eigene Bildung entflohn ist; Nicht mehr mütterlich nährt sie die Erd' und bietet ihr Labsal. Dann zwei Feiergewande, von Gold umstarret und Purpur, Trug Äneas hervor, die jenem, fröhlich der Arbeit, Selbst mit eigenen Händen vordem die Sidonerin Dido |
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75 | Hatte gewebt, und köstlich mit goldenem Drahte durchwirket. Traurig hüllt er das eine zur letzten Ehr' um den Jüngling, Und umschleiert mit jenem die bald auflodernden Locken. Viel der Preise sodann aus der laurentinischen Feldschlacht Häuft er und läßt aufführen in langem Zuge den Siegsraub, |
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80 | Ross' auch fügt er und Waffen hinzu, die vom Feind' er erbeutet. Rückwärts band er die Hände den Jünglingen, die er den Schatten Weihte zur Sühn', um die Flamme mit Opferblut zu besprengen. Auch umzogene Stangen mit feindlichen Rüstungen heißt er Selbst vortragen die Führer und heften besiegete Namen. |
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85 | Ihn auch führt man, den armen, den abgelebten Acötes; Jetzt mit Fäusten entstellt er die Brust, und die Wange mit Nägeln, Wirft sich sodann vorwärts mit ganzem Leib' auf die Erde. Wagen auch führt man daher, mit Rutulerblute besprenget. Hinten das streitbare Roß, des Geschmucks entlediget, Aethon, |
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90 | Thränend folgt's und netzet mit großen Tropfen das Antlitz. Andere tragen die Lanz' und den Helm, denn das übrige raubt' ihm Turnus im Kampf. Dann folgen in traurigem Zuge die Teucrer Und die Tyrrhener gesamt, und Arkader, wendend die Waffen. Als schon ferne gezogen die sämtliche Schar der Begleiter, |
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95 | Still nun stand Äneas und tief aufseufzend begann er:
Weg zu anderen Thränen entruft uns jetzo des Krieges |
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100 |
Jetzo nahn Botschafter heran von der Stadt der Latiner, |
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105 | Schonung verdiene, wer einst Gastfreund und Schwäher genannt ward.
Doch der erhabne Äneas gewährete Gnade der Männer Welch unwürdiges Los hat euch, o Latiner, in solchen |
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110 | Frieden nunmehr den Entseelten, die Mars hinwarf in das Schlachtfeld, Heischt ihr von mir? Ich möchte den Lebenden auch ihn gewähren. Niemals kam ich, verlieh nicht Ort und Wohnung das Schicksal, Nicht mit dem Volk' auch führ' ich den Streit: der König allein brach Unseren Bund und vertraute sein Heil den Waffen des Turnus. |
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115 | Billiger war's, daß Turnus sich diesem Tode gestellet. Wenn ja den Krieg zu enden mit Macht, wenn zu schlagen die Troer Jener gedenkt, dann ziemte, mit mir zu versuchen die Rüstung. Lebend wäre, wem Leben ein Himmlischer oder sein Arm gab. Geht nun, unterzulegen die Glut unglücklichen Bürgern. |
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120 |
Also sprach Äneas; erstaunt dort schwiegen sie alle, |
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125 | Wie soll, troischer Mann, dich heben mein Lob zu dem Himmel? Soll der Gerechtigkeit mehr ich erstaunt sein, oder der Kriegsthat? Dankbar gehen wir dies in der Vaterstadt zu verkünden; Und so das Glück uns leitet, vereinigen wir dem Latinus, Unserem Könige, dich. Dann suche sich Bündnisse Turnus, |
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130 | Ja auch die Schicksalsmauern emporzutürmen erfreut uns, Und mit den Schultern zu tragen die Marmorblöcke für Troja. Drances sprachs, und von allen erfolgt' einhelliges Murmeln. |
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135 | Durch des Gebirgs Waldhöhn. Es erschallt von der Äxte Verwundung Dort die Esch', hier wühlt man erhabene Fichten vom Grund aus, Eichengehölz mit dem Keil und die duftige Ceder zu spalten, Rastet man nicht: laut knarret von stämmigen Ornen die Lastfuhr. Fama im Fluge nunmehr, Vorbotin des schrecklichen Jammers, |
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140 | Füllt dem Euander das Herz, füllt Wohnung und Stadt dem Euander, Welche noch jüngst als Sieger durch Latium nannte den Pallas. Arkader eilen zum Thor und raffen sich Totenfackeln Nach uraltem Gebrauch. Schon leuchtet der Weg von dem langen Flammenzug' und streifet mit fernem Glanze die Äcker. |
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145 | Und der begegnende Schwarm der Phrygier mischt das empörte Trauergefolg'. Als dieses den Wohnungen nahe die Mütter Schaueten, jetzt in Klag' und Geschrei entbrannte die Stadt rings. Doch den Euander vermag nun keine Gewalt zu bezähmen, Sondern er dringt in die Meng' und wirft, da die Bahre gesetzt ward, |
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150 | Sich auf Pallas und haftet an ihm mit Thränen und Seufzern; Und kaum endlich gewährt Ausgang dem Worte die Wehmut: Hattest du nicht, mein Pallas, so fest verheißen dem Vater, |
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155 | Was so schmeichelnde Zier im ersten Kampfe vermöchte! Klägliche Erstlingsfrucht des Jünglinges! traurige Waffen- Schule des Nachbarnkriegs! und, was kein Himmlischer hörte, All' mein Flehn und Geloben! O du, ehrwürdige Gattin, Selige, weil du entschliefst und nicht dies Leiden erlebtest! |
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160 | Überlebt hab' ich mein eigenes Ziel, ein verlassner, Ausgestorbener Vater! O folgt' ich dem troischen Bundskrieg; Rutuler deckten mich selbst mit Geschoß! selbst haucht' ich die Seel' aus, Und mich führete heim, nicht Pallas, dieses Gepräng' hier! Nicht euch geb' ich, o Teucrer, die Schuld, nicht euerem Bündnis, |
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165 | Nicht den gewechselten Händen des Gastrechts! Jenes Geschick war Unserem Alter bestimmt! Wofern frühzeitiger Tod denn Harrte des Sohns, Trost war's, wenn, über erschlagener Volsker Tausende führend die Teucrer in Latium, jener dahinsank! Ja nicht anderer Ehre kann ich dich würdigen, Pallas, |
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170 | Als der fromme Äneas und als die erhabenen Phryger, Und die tyrrhenischen Fürsten und ganz die tuskische Kriegsmacht! Siegsdenkmal sind alle, so viel du strecktest dem Tode. Du auch ständest anjetzt ein gewaltiger Stumpf in der Rüstung, Wenn gleich wären die Jahr' und die selbige Kraft von dem Alter, |
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175 | Turnus! Doch ach! was entzieh' ich die Dardaner länger den Waffen? Geht und bedenkt dies Wort zu verkündigen euerem König: Daß ich, da Pallas hinsank, das gehässige Leben noch friste, Macht dein rächender Arm, der dem Sohn und dem Vater den Turnus Schuldig ist, wie du schaust. Frei bleibt nur zu solcherlei Wohlthat |
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180 | Dir und dem Glücke der Raum. Nicht Freude ja such' ich des Lebens; Nicht doch, sondern dem Sohn sie hinabzubringen zum Orkus! Aber Aurora erhob den elenden Sterblichen östlich |
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185 | Scheiter empor, worauf sie die Leichname, jeder der Seinen, Trugen nach heimischem Brauch; und sobald schwarzdampfendes Feuer Aufstieg, hüllt sich in Dunkel der dicht umnachtete Himmel. Dreimal rings um den Brand, mit leuchtenden Waffen gegürtet, Liefen die Männer zu Fuß, dreimal um die traurigen Scheiter |
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190 | Kreiseten jene zu Roß, und jammerndes Klagegeheul stieg. Feucht ward unter den Thränen das Land, feucht wurden die Waffen. Himmelempor dringt Männergeschrei und Klang der Trompeten. Andere werfen sodann in die Glut der erschlagnen Latiner Abgerissenen Raub, Erzhelm' und prangende Schwerter, |
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195 | Zäum' und rasselnde Räder zugleich, teils trauliche Schenkung, Selbstgetragene Schild' und nicht glückselige Waffen. Viel auch werden der Stier' umher geopfert dem Tode; Borstige Eber zugleich und geraubete Schaf' aus den Äckern Ringsum werden gewürgt in die Glut. Am ganzen Gestade |
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200 | Schaun sie die brennenden Freund' und die halbverloderte Asche Hüten sie, und nichts treibt sie davon, bis die tauige Nacht nun Umgedreht den mit hellem Gestirn besäeten Himmel. Auch auf der anderen Seite die wehmutsvollen Latiner |
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205 | Gräbt man teils, wo sie sanken, ins Land, teils fährt man hinweg sie Auf angrenzende Äcker und sendet sie teils in die Heimat. Dann den übrigen Schwarm des verwirreten Mordes gestapelt Sonder Zahl und Ehre verbrennen sie. Weit in der Gegend Leuchten empor um die Wette von häufigen Flammen die Äcker. |
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210 |
Dreimal fernte das Licht den kühlenden Schatten vom Himmel. Jetzt durch die Wohnungen herrscht in der Stadt des reichen Latinus |
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215 | Mütter umher und Schnüre voll Gram und zärtlicher Schwestern Trauriges Herz, und Kinder beraubt der liebenden Eltern, Fluchen dem gräßlichen Krieg und der Brautbewerbung des Turnus; Selbst ja müss' er mit Waffen, er selbst mit dem Stahl es entscheiden, Der die erhabenste Ehre verlang' und Italias Herrschaft. |
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220 | Lastender wird durch Drances der Haß: er allein sei gefordert, Zeuget er, Turnus allein sei gerufen zum Kampf der Entscheidung. Vielfach strebt dagegen mit mancherlei Rede für Turnus Anderer Sinn und ihn schützet der Königin mächtiger Name; Vielfach stützt ihn der Ruhm mit der Siegsdenkmale Verdiensten. |
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225 |
Weil so schwoll die Bewegung, und hell entbrannte der Aufruhr, |
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230 | Müsse man, oder den Frieden vom troischen Könige handeln. Selbst, vom Kummer betäubt, verzagt der König Latinus. Daß mit deutlicher Macht den Äneas leite das Schicksal, Mahnt ihn der Ewigen Zorn und die frisch herscheinenden Gräber. Drum die große Versammlung des Rats, und die ersten der Seinen, |
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235 | Ruft er durch Oberbefehl zum stattlichen Saal des Palastes. Jene gedrängt nun strömen zur Königeswohnung in vollen Straßen daher. Schon sitzet im Kreis, vorragend an Alter, Und an dem Scepter der Macht mit trauriger Stirne Latinus. Jetzt die Gesandten, die heim vom ätolischen Reiche gekehret, |
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240 | Heißt er verkündigen, was sie gebracht, und verlanget die Antwort Ganz in der Folg' und genau. Nun ward Stillschweigen geordnet; Venulus aber gehorchte dem Wort und redete also: Bürger, wir sahn Diomedes, wir sahn die argivische Heerstadt, |
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245 | Ja wir berührten die Hand, die Ilions Veste zerstörte. Siegreich baut' er die Stadt Argyripa, seinem Geburtsland Gleichbenamt, in der Flur des Japygerbergs Garganus. Als wir hineingetreten und jetzt Anrede vergönnt ward, Boten wir unsre Geschenk' und meldeten Namen und Heimat, |
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250 | Wer mit Kriege genaht, was uns gen Arpi genötigt. Jener vernahm und sagte darauf mit ruhigem Antlitz: O glückselige Völker, o goldenes Reich des Saturnus, Alter Ausonierstamm, welch Schicksal stört doch des Friedens Segnungen euch und ermahnt unsicheren Streit zu versuchen? |
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255 | Alle wir, welche mit Stahl einst Ilions Äcker verödet, (Schweig' ich davon, was gekostet der Streit an den türmenden Mauern, Was für Männer der Simois deckt!) mit unnennbarem Elend Büßten wir alle die Schuld der Versündigung weit durch den Erdkreis, Mitleidswürdig dem Priamus selbst! Das weiß der Minerva |
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260 | Unstern und das Euböergeklipp und der Rächer Caphereus! Fern aus dem Feldzug warf an entlegene Strande die Irrfahrt, Atreus Sohn Menelaus bis ganz zu den Enden des Proteus Und an den Ätna, zu schaun das Cyklopengeschlecht, den Ulixes. Nicht Neoptolemus Reich, noch Idomeneus wandernde Götter, |
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265 | Nenn' ich euch und die Locrer, am libyschen Strande gesiedelt. Selbst der mycenische Held, Heerfürst der erhabnen Achiver, Fand durch der Gattin Verrat, der entsetzlichen, selbst an der Schwelle Meuchelmord; auf den Sieger von Asia lauerte der Buhler. Daß mir die Götter mißgönnt, zur heimischen Argos gekehret, |
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270 | Froh die Gemahlin zu schaun und Calydons lieblichen Anblick! Jetzo sogar noch folgen Erscheinungen schrecklicher Wunder; Und die verlorenen Freunde mit Fittigen schwebten zum Äther, Und als Vögel umschweifen sie Ström', (ach meiner Geliebten Gräßliche Qual!) und erfüllen mit weinender Klage die Felsen. |
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275 | Konnt' ich ja doch dies alles von jenem Tage voraussehn, Als ich rasender Mann mit dem Stahl auf himmlische Leiber Eindrang und der Cythere die Hand mit der Wunde verletzte. Nein fürwahr, nicht treibt mich hinfort zu solcherlei Kämpfen. Weder ist irgend ein Streit, da Pergamos sank, mit den Teucrern |
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280 | Überig mir, noch gedenk' ich mit Lust der vergangenen Leiden. Was ihr mir zum Geschenk hertragt aus dem Lande der Väter, Reicht dem Äneas vielmehr. Wir wechselten Schärfe mit Schärfe Und wir gesellten die Hand. Dem Erfahrenen glaubt, wie gewaltig Er mit dem Schild' aufsteigt, wie im Sturm er die Lanze daherschwingt! |
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285 | Wenn zwei ähnliche Männer mit ihm das idäische Land noch Hätte gezeugt, selbst kamen zu Inachus Städten mit Kriegsmacht Dardaner, und, umtauschend die Schicksale, trauerten Grajer Was auch dort vor der Veste der harten Troja gesäumt ward, Immer an Hektors Arm und Äneas stockte des Grajers |
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290 | Sieg, und wandte den Schritt, bis zum zehnten Jahre verspätet, Beide durch Mut, und beide durch tapfere Waffen verherrlicht, Dieser von frömmerem Sinn. Fügt friedliche Hände zum Bündnis, Weil ihr es könnt; doch den Waffen begegnende Waffen vermeidet! Dies, o trefflichster Fürst, ist des Königs Erwiderung. Selber |
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295 | Hast du gehört, was er von dem großen Kriege geurteilt.
So der Gesandten Bericht; da durchlief vielfaches Gemurmel |
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300 | Als, nach gestilletem Mut, sich die ängstlichen Lippen beruhigt, Rief der König die Götter und sprach vom erhabenen Throne: Daß wir zuvor abwogen des Reichs Wohlfahrt, o Latiner, |
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305 | Unausgänglichen Krieg mit unbesiegbaren Männern Führen wir, Bürger, mit Göttergeschlecht; das weder ermüdet Wird durch Kampf, noch selber besiegt abläßt von dem Eisen. Habt ihr Hoffnung gesetzt auf ätolische Waffen, entsagt ihr; Hoffnung ist jeder sich selbst; allein, ihr seht sie, wie dürftig. |
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310 | Welch ein vertilgender Sturz das übrige alles zerschmettert, Liegt vor den Augen euch selbst und fühlbar unter den Händen. Angeklagt sei keiner. Wie viel nur an Tapferkeit dasein Konnte, das war: man kämpfte mit jeglicher Nerve des Reiches. Auf nun, welch ein Gedank' in der zweifelnden Seele mir aufstieg, |
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315 | Will ich vertraun und mit kurzem (gewährt Aufmerksamkeit) kundthun. Mir ist ein altes Gefilde, dem tuskischen Strome benachbart, Lang gen Abend gedehnt, bis über die Flur der Sicanen. Rutuler sän und Auruncer das Feld und zähmen der Hügel Harten Grund mit dem Pflug, die Gestrüppichte werden beweidet. |
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320 | Jener ganze Bezirk und der Berghöhn fichtene Waldung Komm' als Freundesgeschenk an die Dardaner; billig geordnet Werde der Bundesvertrag und Teil verliehen des Reiches. Wohnen sie hier, wenn's also beliebt, und gründen sich Mauern. Doch wenn andere Grenzen und anderes Volk zu erwählen |
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325 | Ihnen gefällt und zu weichen aus unserem Lande vergönnt ist; Wollen wir zwanzig Schiff' aus italischem Holze bereiten, Oder wo mehr man zu füllen vermag. Was nötig zum Bau ist, Liegt an dem Strande genug; selbst laß sie bestimmen der Schiffe Zahl und Maß; wir geben das Erz und die Händ' und den Stapel. |
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330 | Dann zu bringen das Wort und den Bund zu befestigen rat' ich: Hundert Frohnbotschafter vom ersten Geschlecht der Latiner Heiße man gehn und reichen das Friedenslaub in den Händen, Tragend Geschenk, des Goldes und Elfenbeines Talente, Auch den Stuhl und den Mantel, die Kleinod' unseres Reiches. |
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335 | Ratet gemeinsames Wohl und helft dem zerrütteten Lande.
Drances darauf, stets noch der erbitterte, welchen des Turnus |
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340 | Durch Aufwiegelung stark, der Zeugerin edele Herkunft Gab ihm ein stolzes Geschlecht, ein dunkeles trug er vom Vater. Auf stand dieser und häufte belastenden Groll mit den Worten: Nichts, das rätselhaft ist, und unserer Deutung ermangelt, |
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345 | Was das Geschick verlange des Volks; nur reden sie kleinlaut. Freiheit geb' er zu sprechen einmal und entsteige dem Hochmut, Er, des linkem Betragen und ungesegnetem Anfang (Sagen will ich's, und mög' er auch Tod und Waffen mir androhn!) Manches Licht der Gebieter erlosch, und, so weit wir umherschaun, |
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350 | Sank in Trauer die Stadt; indem er das troische Lager Angreift, fertig zur Flucht und den Himmel erschreckt mit Befehdung. Eins noch zu jenen Geschenken, den reichlichen, die du den Troern Darzubringen gebeutst, noch eins, o der Könige bester, Füge hinzu, und es hemme dein Herz kein stürmischer Trotzer, |
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355 | Daß du die Tochter zur Braut dem wohlverdienenden Eidam, Vater, gewährst und den Frieden durch ewiges Bündnis befestigst. Doch wenn so mächtiger Schreck uns Sinn' und Herzen bemeistert, Laßt uns ihn selbst anrufen und Gnad' erflehn von ihm selber: Weich' er und räume sein Recht dem Vaterland und dem König. |
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360 | Warum stellst du so oft unglücklichen Bürger der offnen Todesgefahr, Urheber und Quell von Latiums Jammer? Nicht ist Heil in dem Krieg', um Frieden nur flehn wir gesamt dir, Turnus, zugleich um das Pfand, das allein uns Frieden versichert! Schau, ich zuerst, den als Feind du dir vorbildest, (und wär' ich's, |
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365 | Was denn mehr?) demütig beschwör' ich dich: Schone der deinen! Zähme den Trotz, geschlagen zieh ab! Wir Geschlagenen sahn schon Leichen genug und verheerten so unabsehliche Felder. Oder, wenn Ruhm dich bewegt, wenn so viel Kraft in dem Busen Fassen du kannst, wenn so heftig dem Brautpalaste du nachgierst; |
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370 | Wag' es und biete dem Feinde getrost andringend die Brust dar! Traun, damit sich Turnus die Königestochter vermähle, Sollen wir niedrigen Seelen, ein Schwarm, unbeweint, unbeerdigt Liegen im Felde gestreckt! Wohlauf du, wenn du noch Kraft hast, Wenn noch Herz, wie die Väter vordem, schau jenem ins Antlitz, |
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375 | Welcher dich ruft!
Solcherlei Reden entbrennt die gewaltsame Seele des Turnus; Reich zwar fließt, o Drances, dir stets der Beredsamkeit Ader |
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380 | Kommst du zuerst. Doch nicht sei gefüllt mit Worten der Ratssaal, Welche du sicherer groß herstreust; da der Mauern Umschanzung Noch abwehret den Feind, und in Blut nicht wogen die Graben. Donnre mit Rede nur fort, wie du pflegst, und schuldige mich du, Drances, der Furcht: dieweil so viel Mordhaufen erschlagner |
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385 | Dardaner schuf dein Arm, und mit Siegsdenkmalen du ringsum Alle Gefilde verschönst! Was stürmische Tapferkeit könne, Gleich ist die Probe gemacht! Nicht fern sind wahrlich die Feinde Aufzusuchen von uns, ringsher umstehn sie die Mauern! Laß uns gerad' angehn! Was zauderst du? Soll denn der Kriegsmut |
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390 | Nur auf der windigen Zung' und in jenen geflügelten Schenkeln Immer dir sein? Was, ich verjagt? Mag einer mit Fug, o du Schnöder, verjagt mich Schelten, der sieht, wie geschwollen von ilischem Blute der Thybris Aufwogt, und dem Euander das ganze Geschlecht mit dem Stamme |
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395 | Niedersank, und entblößt die Arkader lagen der Rüstung? Nicht fand Bitias mich, noch der mächtige Pandarus, also, Und die ich Sieger des Tags zahllos in den Tartarus sandte, Eingehegt von den Mauern, umzäunt von der feindlichen Schanze. Nicht ist Heil in dem Krieg! Dem dardanischen Haupte verkünde |
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400 | Solches, o Thor, und deinem Geschäft! Nur weiter und rastlos Alles mit Grauen verwirrt! nur erhöht die Kräfte des zweimal Unterjochten Geschlechts und erniedrigt die Macht des Latinus! Nun schreckt Phrygierwehr auch myrmidonische Kämpfer, Nun auch des Tydeus Sohn und den Larissäer Achilles, |
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405 | Und von den Adriafluten zurück strömt Aufidus angstvoll! Ja wenn er bange sogar vor meinen Verweisen sich anstellt, Der nachkünstelnde Schalk und mit Furcht die Beschuldigung mehret. Nie wird solcherlei Seele von diesem Arm (o erschrick nicht!) Dir entwandt; sie wohne bei dir, und genieße des Herzens! |
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410 |
Jetzt, o Vater, zu dir und deinem erhabenen Vortrag. |
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415 | Zwar o wenn nur etwas der vorigen Tapferkeit wäre! Der ist mir vor allen ein hochbeglückter in Arbeit Und vorragend an Mut, der, um nicht solches zu schauen, Lieber dem Tod hinsank und den Staub mit den Zähnen zerknirschte! Doch wenn Macht auch uns, und bisher ungetroffene Jugend, |
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420 | Wenn uns helfende Völker und Italerstädte zurück sind, Doch wenn auch dem Trojaner mit vielem Blute der Siegsruhm Kam, wenn Leichen auch ihm aufloderten, und uns gemeinsam Warf der Orkan: warum denn entsinkt unrühmlich im Anfang Plötzlich der Mut? was erbebt, eh' hallt die Trompete, das Herz uns? |
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425 | Oftmals lenkte der Tag und die wechselnde Mühe des Lebens Manches zum Besseren um, oft hat, um einander besuchend, Diesen Fortuna getäuscht, den fest von neuem gegründet. Nicht wird uns Mithelfer des Streits der Ätoler und Arpi, Aber Messapus wird's, der beglückte Tolumnius wird es, |
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430 | Und der Völkergebieter so viel, nicht säumig auch folget Latiums Edlen der Ruhm und der laurentinischen Jugend. Auch ist uns von der Volsker erhabenem Stamme Camilla, Führend der Reisigen Zug und mit Erz umblühete Haufen. Nun wofern mich allein in den Kampf verlangen die Teucrer, |
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435 | Und es gefällt, und so sehr ich ein Anstoß bin dem Gemeinwohl, Nicht hat die Händ' hier also Viktoria hassend gemieden, Daß für solcherlei Hoffnung ich einem Versuch mich entziehn darf. Mutvoll tret' ich hinan, und stell' er den großen Achilles, Trag' auch selbst vom Vulkanus geschmiedete ähnliche Waffen |
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440 | Jener am Leib'! Euch hab' ich die Seel' und dem Schwäher Latinus, Ich nicht einem der Alten an Tapferkeit weichender Turnus, Angelobt. Mich allein ruft jetzt Äneas. Nun ruf' er! Nicht soll Drances vielmehr, ob Zorn hier waltet der Götter, Büßen mit Tod, ob Ruhm der Tapferkeit waltet, ihn nehmen! |
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445 |
So ratschlageten jen' um das wankende Wohl miteinander, |
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450 | Samt der tyrrhenischen Macht anziehn im ganzen Gefilde. Plötzlich verwirrt ist allen der Mut, und dem Volk in den Busen Zittert es; heftig empört sie des Zorns unmäßiger Stachel. Waffen verlangt man in Hast, laut ruft zu den Waffen die Jugend, Stillbethränt wehklagen die Greis', und ein wildes Geschrei dort, |
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455 | Aus mißhelligen Rufen gemischt, tönt hallend zum Himmel: Anders nicht, als wenn sich im inneren Hain miteinander Schwärmende Vögel gesetzt und im fischbaren Strom der Padus Heisres Getön auftönen durch lärmende Sümpfe die Schwäne. Lieber anjetzt, rief Turnus, die Zeit benutzen, o Bürger, |
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460 | Fordert zu Rat die geehrten und lobt stillsitzend den Frieden! Dorther stürzt man mit Waffen ins Reich! – Nicht weiteres redend, Rafft' er sich auf und stürmisch den ragenden Sälen enteilt' er. Volusus, ruft er, gebeut den volskischen Haufen Bewaffnung, |
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465 | Coras, auch du mit dem Bruder, ihr breitet euch aus auf dem Blachfeld! Teils verwahrt mir der Stadt Zugäng' und ersteiget die Zinnen! Doch ihr anderen folgt, wo ich fordere, mir zu dem Angriff! |