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Turnus, durch die Mutlosigkeit der Latiner bewogen, dringt auf den Zweikampf, wie sehr auch Latinus und Amata ihn zurückhalten. Äneas willigt ein, der Kampfraum wird geordnet, und der Vertrag von Äneas und Latinus beschworen. Juturna, des Turnus Schwester, erregt die Rutuler zu Feindseligkeit; Äneas wird, da er besänftigen will, verwundet und weggeführt; Turnus nimmt teil am Gefecht. Äneas, durch Venus geheilt, kehrt in die Schlacht zurück und sucht den Turnus, welchen Juturna in Gestalt des Wagenlenkers ihm entzieht. Müde des Aufsuchens, bestürmt Äneas die Stadt. Amata erhenkt sich. Dies erfahrend, stellt sich Turnus zum Zweikampf. Der Sieger Äneas, schon zum Mitleid bewegt, erblickt das dem Pallas entrissene Gehenk und tötet ihn.
Turnus, sobald er bemerkt, daß Mavors Groll der Latiner Kräfte geknickt und erschöpft, daß man jetzt sein Wort von ihm fordre, Jeglicher Blick ihn suche, da flammt unversöhnlich er selber Kühneren Mutes empor, wie der Leu auf punischen Fluren, |
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5 | Wenn ihm der Jäger die Brust durchbohrt mit schwerer Verwundung, Dann erst schreitet zum Kampf, frohlockend die mähnenumwallten Muskeln am Hals aufsträubt und des Landsknechts haftenden Speerschaft Trotzig in Splitter zerbricht und brüllt mit blutigem Rachen: So wird heftiger noch dem entflammeten Turnus der Unmut. |
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10 | Jetzo redet den König er an und stürmisch beginnt er:
Keinen Verzug beut Turnus; und nicht ihr Wort mir zurückziehn |
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15 | Asias Landflüchtling, weil sitzen und schaun die Latiner; Und ich allein mit dem Stahl sei Tilger gemeinsamen Vorwurfs; Oder er herrsch' als Sieger; die Braut Lavinia folg' ihm. Jenem darob antwortet mit ruhigem Geiste Latinus: |
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20 | Tapferkeit ragst, so weit sorgfältiger deiner zu warten Ziemt mir und zu erwägen mit Ängstlichkeit jeglichen Ausgang. Dein ist von Daunus dem Vater ein Erbreich, dein durch Erobrung Manche Stadt; Latinus hat Gold und will es dir geben. Doch hat Latium Bräute genug und das Land der Laurenter, |
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25 | Nicht unedlen Geschlechts. Laß dies unschmeichelnde Wort mich Ferne von List dir eröffnen. Zugleich beherzige dieses. Keinem der vorigen Freier als Braut zu geben die Tochter War mir vergönnt: so warnten die Götter und Sterblichen alle. Aber besiegt durch Liebe zu dir und des Blutes Verwandtschaft, |
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30 | Und durch Thränen der Gattin, zerriß ich die heiligen Bande, Nahm die Verlobte dem Eidam und hob unrechtliche Waffen. Welch ein Geschick seitdem, was, Turnus, für Streit mich verfolge, Siehest du selbst, und wie viel du zuerst ausstehest der Drangsal. Zweimal besiegt in der Schlacht, kaum schützen der Italer Hoffnung |
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35 | Wir in der Stadt, warm sind von unserem Blute des Thybris Strömungen noch, und weiß von Gebein unermeßliche Felder. Wohin schwank' ich so oft? was lenkt mir den irren Verstand um? Wenn nach Turnus Vertilgung den Bund zu ernenn ich bereit bin, Warum nicht, da er lebet vielmehr, sie geendet, die Feindschaft? |
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40 | Was wird ein Blutsfreund sagen, ein Rutuler? was die gesamten Italer? wenn ich zum Tode (vereitle das Wort doch der Ausgang!) Dich verriet, der die Tochter und unsre Vermählungen suchte? Schaue die mancherlei Wechsel des Kriegs und erbarm' dich des Vaters, Welcher betagt nunmehr in der heimischen Ardea trauert, |
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45 | Ferne von dir! Nicht mochte das Wort den gewaltsamen Turnus Beugen; mehr noch flammt' er empor und erkrankte durch Heilung. Jetzt, da zuerst ihm die Sprache gekehrt war, redet' er also: Welche Sorge für mich du hegst, die, Teuerster, lege |
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50 | Wir auch streuen Geschoß aus der Hand, o Vater, und fehllos Treffenden Stahl; Blut pflegt auch unserer Wunde zu folgen. Fern wird die göttliche Mutter ihm sein, die mit weibischem Nebel Deckt den Flüchtling und selbst in nichtige Schatten sich einhüllt. Aber die Königin, innig erschreckt vom befremdenden Kampfe, |
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55 | Weint, und, zu sterben gefaßt, umarmt sie den heftigen Eidam:
Turnus, o hier bei den Thränen, und rührt dir noch für Amata |
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60 | Dies nur fleh' ich, entsage mit Kampf zu begegnen den Teucrern! Welche Gefahr dein harret in jener grausen Entscheidung, Harret, o Turnus, auch mein. Ich lasse zugleich das verhaßte Licht, um nie als Gefangne zu schaun Äneas den Eidam! Doch Lavinia hörte der Mutter Stimme, mit Thränen |
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65 | Ganz die brennenden Wangen umströmt: ihr loderte glutreich Fliegende Röte der Scham und durchlief ihr entflammetes Antlitz. Wie wenn indischen Zahn mit blutiger Beize des Purpurs Einer gefälscht, wie rötlich der Lilien Weiße von vielen Rosen erglüht: so zeigte die Jungfrau Farben im Antlitz. |
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70 | Jenen durchschauert die Lieb', und er heftet den Blick auf die Jungfrau. Mehr noch entbrennt er für Kampf; kurz nun zur Amata beginnt er: Nein doch, nicht mir mit Thränen und nicht so trauriger Ahnung |
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75 | Idmon, melde von mir dem phrygischen Könige dieses Nicht willkommene Wort. Sobald am morgenden Himmel Schwebend im purpurhellen Gespann Aurora errötet; Dann nicht Teucrer geführt auf Rutuler! Raste mit Teucrern Rutulerwehr! Wir schlichten mit unserem Blute die Fehde! |
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80 | Dort laß uns im Gefilde die Gattin Lavinia suchen!
Als er die Worte gesagt und hinweg in die Wohnung geeilt war, |
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85 | Rüstige Wagenlenker umstehen sie, klopfen mit hohler Hand die klatschende Brust und striegeln die wallenden Hälse. Selber hüllt er sodann von Gold und weißlichem Bergerz Starrendes Panzergeflecht um die Schulter sich; dann zum Gebrauche Füget er Schwert sich und Schild und des Helms rotbüschige Kegel: |
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90 | Jenes Schwert, das dem Daunus der göttliche Mulciber selber Schuf und die glühende Kling' eintaucht' in stygische Kühlung. Drauf den Speer, der mitten im Saal an die ragende Säule Angelehnt sich erhob, mit Gewalt den gewaltigen faßt er, Actorn einst, dem Auruncer, geraubt, und den zitternden schwenkend, |
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95 | Rufet er aus: Nun, o der du nie mir täuschtest den Anruf, Wackerer Speer, nun gilt's! Dich trug der erhabene Actor, Dich trägt Turnus anjetzt! O gieb, daß ich strecke den Leichnam, Daß ich mit mächtiger Hand abreiß' und zerraufe den Harnisch Jenem entmanneten Phryger, und schänd' im Staube das Haupthaar, |
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100 | Kraus von gewärmetem Eisen gelockt und von Myrrhen gefeuchtet.
Also empört ihn der Grimm; und ganz von des Brennenden Antlitz |
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105 | Gegen den Stamm anstrebend des Baums und trotzet den Winden, Stoß auf Stoß, vorspielend der Schlacht mit geschleudertem Sande. Auch nicht minder indes in den Rüstungen tobend der Mutter, |
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110 | Mut dann spricht er den Freunden und Trost dem bangen Iulus, Lehrend des Schicksals Rat, und gebeut, daß dem König Latinus Männer bestimmten Entschluß und Bedingungen melden des Friedens. Kaum mit dem morgenden Lichte bestrahlt die obersten Berghöhn |
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115 | Helles Gespann, und Glanz aus erhobenen Nüstern emporsprüht, Ebenes Feld zu dem Kampf vor der mächtigen Veste des Königs Maßen umher und beschickten die Rutuler und die Trojaner, Dann in die Mitt' auch Herd' und Altäre gemeinsamer Götter, Grasige. Andere trugen das Wasser daher und das Feuer, |
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120 | Festlich verbrämet den Schurz, und heiliges Grün um die Schläfen. Vorwärts gehn die Ausonen geschart, und mit Spießen umschimmert Drängt aus den Thoren Gewühl. Dorther stürzt troische Kriegsmacht Und tyrrhenische Völker in mannigfaltiger Rüstung; Anders nicht mit Stahle bewehrt, als riefe des Mavors |
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125 | Grauliche Schlacht. In der Mitte der Tausende fliegen sie selber Hell von Gold die Führer einher und köstlichem Purpur, Auch Assaracus Sproß, Mnestheus, und der tapfre Asilas, Auch Messapus der Held, der neptunische Rossebezähmer. Als auf gegebenes Zeichen den Raum ein jeglicher einnahm, |
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130 | Stehn sie, die Speer' in die Erde gebohrt und die Schilde gelehnet. Jetzo entströmt neugierig der Stadt wehrloses Getümmel Mütter und schwächliche Greis', auch Türm' und Dächer der Häuser Deckt ein Schwarm, und der Thor' erhabene Zinnen umstehn sie. Juno indes von der Höhe, die nun die albanische heißet, |
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135 | (Damals war nicht Name, noch Ruhm und Ehre des Berges) Dorther schauete jene das Blachfeld rings, und in Schlachtreihn Dardaner und Laurenter geschart, und die Stadt des Latinus. Schleunig nunmehr zu der Schwester des Königes Turnus begann sie, Göttin sie, zur Göttin, die Seen und rauschenden Bächen |
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140 | Vorsteht; denn das hatt' ihr der obere Herrscher des Äthers Juppiter ehrend geweiht zum Lohn der entrissenen Keuschheit: Nymphe, du Zierde der Ström', o geliebteste unserem Herzen, |
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145 | Ich mir erkor, und willig ein Teil dir gönnte des Himmels. Lern', und verklage mich nicht, welch Leid dir, Juturna, bevorsteht. Als noch schien zu verstatten das Glück, und die Parzen gewährten Latiums Heil, da hielt ich dein Reich und den Turnus in Obhut, Jetzt ungleichem Geschicke begegnet er, seh' ich, der Jüngling, |
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150 | Und schon naht von den Parzen der Tag voll feindlichen Schreckens. Nicht den Kampf mit den Augen zu schaun, noch das Bündnis vermag ich. Du, wenn noch für den Bruder du was Hilfreicheres wagest, Auf, es geziemt. Vielleicht, daß dem Elend Milderung nachfolgt. Kaum gesagt; da zerfloß in Wehmutsthränen Juturna, |
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155 | Und mit verdoppeltem Schlage zerschlug sie den lieblichen Busen. Nicht ist Zeit für Thränen, beginnt die saturnische Juno: Eil' und entreiße den Bruder, wofern noch möglich, dem Tode, Oder errege du Krieg und zerrütte den Bund des Vertrages; Mutig zum Werk. Ich rat' es. – Die so Ermahnte verließ sie |
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160 | Ungewiß und verwirrt von trauriger Wunde des Herzens.
Aber die Könige nah'n: voll Herrlichkeit schwebet Latinus |
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165 | Turnus und schwenkt in der Hand zwei breit vorblinkende Speere: Dort Äneas der Held, Ursprung des romanischen Volkes, Brennend im sternigen Glanze des Schilds und der himmlischen Waffen, Nächst ihm Ascanius auch, dir, Roma, die andere Hoffnung, Beide sie gehn aus dem Lager. Der hellgekleidete Priester, |
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170 | Der ein borstiges Ferkel und ungeschorenes Schäflein Hertrug, stellt zum Opfer das Vieh den entflammten Altären. Jene, den Blick hinwendend, wo früh ansteiget die Sonne, Streuen gesalzenes Schrot aus der Hand, dann zeichnen mit Stahl sie Über den Schläfen das Vieh, und weihn die Altäre mit Schalen. |
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175 | Aber der fromme Äneas, das Schwert entblößt er und betet:
Zeuge du, Sol, mir jetzo, dem rufenden, zeuge, du Erd' hier, |
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180 | Der du die Kriege gesamt durch Obmacht lenkest, o Vater! Seid auch, Quellen und Ströme, gegrüßt! und des oberen Äthers Heiliges und Gewalten des dunkelwogenden Abgrunds! Wenn nun etwa der Sieg zufällt dem Ausonier Turnus, Ordnen wir, daß die Besiegten zur Stadt des Euander hinweggehn; |
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185 | Räum' Iulus das Land, und nimmer erneun die empörten Äneaden den Krieg, dies Reich mit dem Stahle bedrohend. Doch wenn uns die Entscheidung des Kampfs Viktoria zuwinkt, (Was ich vielmehr vorahn', und vielmehr vollende die Gottheit!) Nicht, daß teucrischer Macht die Italer dienen, verlang' ich, |
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190 | Noch mir fordr' ich das Reich. Nein, beid' unbezwungene Völker Sein durch gleiches Gesetz in ewigem Bunde vereinigt. Heiliges geb' ich und Götter; die Wehr sei dem Schwäher Latinus, Obergewalt sei dem Schwäher geweiht. Mir werden die Teucrer Wohnungen baun, und der Stadt wird Lavinia geben den Namen. |
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195 |
Also zuerst Äneas; darauf folgt also Latinus, Dies auch, Äneas, bei Erd' und Meer und Gestirnen beschwör' ich, |
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200 | Höre der Vater zugleich, der mit Blitz die Bündnisse heiligt! Hier die Altär' anrührend, bezeug' ich die Glut und die Götter! Nie soll Frieden und Bund der Italer brechen die Zukunft, Wie auch falle das Los; nie soll mich wollenden abziehn Einige Macht; nein, ob sie die Erd' in der tobenden Sintflut |
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205 | Wogen verschwemm', und hinab in den Tartarus schmettre der Himmel! So wie das Scepter allhier (denn er trug in der Rechten ein Scepter) Nie mit keimendem Laub' in Sprößlinge grünet und Schatten, Seit es im Wald einmal, von dem unteren Stamme gerissen, Mutterlos, hinsenkte das Haar und die Arme dem Eisen; |
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210 | Vormals Baum, nun hat es mit zierlichem Erze der Künstler Schön umlegt und zu tragen gewährt den latinischen Vätern. So mit beteuernden Worten bekräftigten jene das Bündnis, |
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215 | Schleunig hervor und erhöht den Altären beladene Schüsseln.
Aber es schien ungleich dem Rutulervolke der Zweikampf |
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220 | Der den Altar demütig, gesenkt sein Auge, verehret, Und die verfallende Wang', und im Jünglingeswuchse die Blässe. Aber sobald anschwellen sie sah, die Schwester Juturna, Solches Gespräch, und wanken des Volks unruhige Herzen, Mitten hinein in das Heer, die Gestalt nachahmend des Camers, |
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225 | Welchem der Ahnen Geschlecht ruhmvoll, und gepriesen des Vaters Nam' an Tapferkeit war, und er selbst der verwegenste Kämpfer; Mitten hinein trat jen' in das Heer, wohlkundig der Thaten, Streuete rings vielfaches Gerücht und also begann sie: Schämt ihr euch, Rutuler, nicht, für all' und solcherlei Männer |
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230 | Einen zu bieten dem Tod'? ist ungleich etwa die Zahl uns Oder die Kraft? Seht, alle, so Troer, wie Arkader, sind hier, Und des Geschicks Heerschar, Etruria wütend auf Turnus. Kaum ist jedem ein Feind, wenn wir um einander sie angehn. Er zwar wird zu den Göttern, an deren Altar er sich opfert, |
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235 | Steigen durch Ruhm, er wird fortleben im Munde des Volkes, Wir, als Heimatlose, gehorsam stolzen Gebietern, Leisten wir Frohn, weil lässig wir jetzt dasaßen im Felde. Solcherlei Worte entflammten der Jünglinge Herzen mit Ingrimm. |
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240 | Selbst, mit verändertem Sinn, die Laurentier, selbst die Latiner. Die sich Ruhe vom Streit jüngsthin und des Reiches Erhaltung Sehnlich erharrt, nun wollen sie Krieg und wünschen das Bündnis Unvollbracht, und bedauern des Turnus trauriges Schicksal. Noch ein größeres füget dazu Juturna und hochher |
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245 | Giebt sie ein Zeichen vom Himmel, wie nie in entscheidender Klarheit Eines der Italer Seelen verwirrt' und täuschte durch Vorschau. Denn ein gelblicher Adler des Juppiter, schwebend im Frührot, Jagete Vögel des Strandes umher, und die rauschende Menge Jenes geflügelten Zugs; da herab zum Gewässer sich stürzend |
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250 | Rasch er den herrlichen Schwan mit gekrümmeten Klauen emporrafft. Eiferig schaun die Latiner gespannt; und die sämtlichen Vögel Wenden die Flucht mit lautem Geschrei, ein befremdender Anblick. Ganz von den Fittigen dunkelt die Luft, und den Feind durch den Äther Drängt ihr dichtes Gewölk; bis von Macht er besieget, und selber |
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255 | Durch das Gewicht, nachgab, und den Raub aus den Krallen der Adler Niederwarf in den Strom und fern in die Wolken sich fortschwang. Aber die Rutuler grüßen mit Ruf und Freude die Vorschau, |
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260 | Seid mir, Götter, empfahn und erkannt! Mir, mir euch vertrauend, Faßt, Elende, den Stahl, die mit Krieg der entsetzliche Fremdling, Wie ohnmächtige Vögel, erschreckt, und eure Gestade Feindlich verheert. Bald wählt er die Flucht, und fern in die Meerflut Segelt er. Ihr einmütig in dicht andrängender Heerschar |
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265 | Eilet zum Kampf, und den König verteidiget, der euch geraubt ward!
Rief's und schwang das Geschoß gradaus in die Reihen der Feinde, |
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270 | Aber der fliegende Speer, da neun dort standen der Brüder, Groß und schön an Gestalt, die die treue tyrrhenische Gattin, So viel eine, gebar dem arkadischen Gatten Gylippus: Einen davon in die Mitte, wo goldgenäht sich der Gürtel Reibt, und die haftende Schnall' einfugende Seiten verbindet, |
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275 | Ihm dem herrlichsten Jüngling' an Wuchs und leuchtender Rüstung, Stürmt er die Rippen hindurch und streckt in den gelblichen Sand ihn. Doch die verbrüderte Schar voll Muts und entflammt von der Trauer, |
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280 | Läuft der Laurenter Gewühl; und gedrängt dort wogen von neuem Troer und Agylliner, und Arkader, bunt von Bewaffnung. Also erfüllt all' eine Begier, mit dem Stahle zu kämpfen. Schnell sind zerrafft die Altär', und ganz durchstürmet den Himmel Ungestüm der Geschoss', und dicht rauscht eiserner Regen. |
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285 | Mischkrüg' hebt man und Herde hinweg. Selbst flüchtet Latinus, Tragend vertriebene Götter vom unvollendeten Bündnis. Andere zäumen die Wagengespann', und andere schwingen Hurtig den Leib auf die Ross' und nahn mit gezogenen Schwertern. Ihn, der königlich prangt, den tyrrhenischen König Aulestes, |
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290 | Schreckt Messapus hinweg, in Begier zu verstören das Bündnis, Gegen ihn spornend das Roß. Ihm entweicht der gedrängete rückwärts, Und die Altär' unglücklich, die hinter ihm standen, berührend, Rollt er auf Schulter und Haupt. Doch es fliegt mit der Lanze Messapus Stürmisch heran, und wie jener auch fleht, mit der stämmigen Waffe |
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295 | Hoch von dem Rosse herab durchstößt er ihn, also beginnend: Richtig, er hat's! hier blutet ein besseres Opfer den Göttern, Italer rennen herbei und entwaffnen die laulichen Glieder. Einen Brand vom Altar ergreift Corynäus begegnend, |
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300 | Ganz sein Gesicht mit der Glut. Ihm flammte der mächtige Bart auf, Und dem versengten entdampfte Geruch. Dann selber ihm folgend, Faßt er behend' in der Linken den Schopf des verwirreten Feindes, Und mit zwängendem Kniee gestemmt an den Boden ihn drückend, Stößt er die starrende Kling' in die Brust. Podalirius folgt dir, |
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305 | Alsus, o Hirt, der du vorn im Gewühl durch Waffen einherflogst, Und mit gezogenem Schwert erhebt er sich; aber es schwingt ihm Alsus entgegen die Axt, daß Stirn er und Kinn von einander Spaltet, und weitum spritzend das Blut ihm die Rüstungen feuchtet. Eiserner Schlaf drückt jenem das Aug' und starrende Ruhe |
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310 | Fest, und auf ewig verschließt die leuchtenden Blicke das Dunkel.
Aber der fromme Äneas erhob unbewaffnet die Rechte Freunde, wohin? was dieses für rasch auffahrende Zwietracht? |
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315 | Alle Bedingungen fest! Mir allein ist zu kämpfen verstattet! Mich denn laßt, und verbannet die Furcht! Ich schaffe dem Bündnis Kraft mit der Hand! mir bürget bereits dies Opfer den Turnus! Unter dem Ausruf selbst und mitten in solcherlei Worten, |
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320 | Ungewiß, wes Hand ihn geschnellt, wem rasch er entstürmet; Wer dem Rutulervolke so viel, ob ein Gott, ob ein Zufall, Ehre geschafft. Nacht hüllet den Ruhm der großen Vollendung: Und nie prangte hinfort mit Äneas Wunde der Thäter. Turnus, sobald den Äneas er weggehn sah aus der Heerschar, |
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325 | Und die Gebieter bestürzt, da entbrennt er von plötzlicher Hoffnung: Rosse verlangt er und Waffen zugleich, und im Sprunge, der Trotzer, Zuckt er empor in den Wagen und hält mit den Händen die Zügel. Viel' und tapfere Männer, der fliegende, streckt in den Tod er, Viel halblebende wälzt er umher, bald Scharen im Sturmlauf |
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330 | Malmet er, bald dann rafft er und Fliehenden sendet er Speere. So wie der blutige Mars an dem Strom des frostigen Hebrus Heftig mit donnerndem Schild' aufruft, und, die Treffen empörend, Wütige Ross' anspornt; jen' jetzt im offenen Blachfeld Fliegen dem Süd' und dem Weste voran; weil fern von dem Hufschlag |
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335 | Thracia hallt, und umher die dunkle Gestalt des Entsetzens, Zorn, Nachstellung und Grimm, des Gottes Geleit, ihn umstürmen: So der feurige Turnus, durch würgende Schlachten erregt er Rosse, von Schweiß aufdampfend, und fährt auf kläglich erschlagnen Leichnamen trotzig einher; es entspritzt den reißenden Hufen |
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340 | Blutiger Tau, und sie stampfen mit Mord durchkneteten Sand auf.
Schon den Sthenelus tilgt' er, den Thamyris schon, und den Pholus: |
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345 | So zu erheben die Hand, wie ein Roß vor dem Sturme zu flügeln. Anderswo rennt Eumedes hinein in das Schlachtengetümmel, Jener streitbare Sprößling des altgepriesenen Dolon, Gleich an Namen dem Ahn, doch an Mut und Kräften dem Vater: Welcher vordem, als Späher zum Danaerlager zu wandern, |
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350 | Kühn des Peliden Gespann als Ehrengeschenk sich gefordert; Aber ihm gab der Tydide zum Lohn für solcherlei Kühnheit Andres Geschenk; nicht strebt' er hinfort nach den Rossen Achilles. Als den fern nun Turnus im offenen Felde geschauet, Jetzt mit dem fliegenden Speer durch lange Räum' ihn ereilend, |
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355 | Hemmt' er das Doppelgespann und sprang von dem Wagen und eilig Naht' er dem Hingesunknen und Sterbenden; dann mit der Ferse Tretend den Hals, entdreht' er das Schwert der Rechten und tief ihm Taucht' er den blinkenden Stahl in die Kehl' und redete solches: Da nun liegst und, was du mit Krieg, Trojaner, verlangtest, |
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360 | Nimm von Hesperia liegend das Maß! Dies tragen zum Lohn sie, Die mir keck mit Stahle genaht; so gründen sie Mauern! Diesem gesellt er Asbytes mit nachgeschwungener Spitze, |
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365 | Und wie mit nördlichem Hauch der edonische Boreas brausend Hebt das ägäische Meer, und die Flut zum Gestade sich wälzet, Dort wo die Wind' andrängen, in Flucht ziehn Wolken am Himmel: Also, wohin auch Turnus sich Bahn bricht, fliehen die Scharen, Und der geschlagene Haufe entflieht, fort trägt ihn der Schwung selbst, |
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370 | Und in dem Luftzug weht auf begegnendem Wagen der Helmbusch.
Nicht den Drohenden trug, der so stolz herbrausete, Phegeus; |
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375 | Schnell ein breites Geschoß, und den doppeltmaschigen Panzer Schmettert es durch, und kostet mit streifender Wunde den Leib ihm. Er gleichwohl, vorwerfend den Schild, ging trotzig dem Feinde Zugewandt und erhob die gezogene Klinge zum Angriff: Als hauptüber das Rad und in rollendem Schwunge die Ax' ihn |
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380 | Stieß und lang hinstreckt' auf den Grund. Dann folgete Turnus, Der, wo unten der Helm angrenzt dem oberen Harnisch, Mähte das Haupt mit dem Schwert und den Rumpf im Sande zurückließ. Während so die Gefilde mit Mord durchschaltete Turnus, |
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385 | Blutig zum Lager geführt, in Ascanius stiller Begleitung, Stützend mit langem Speer den mühsam wechselnden Fußtritt. Schmerzvoll tobt er und ringt am gebrochenen Rohr das Geschoß sich Auszureißen, und Hilfe des näheren Weges verlangt er: Daß mit dem Schwerte die Wunde man aufschneid', und bis zum Innern |
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390 | Ganz nachgrabe dem Pfeil, und zurück ihn send' in die Feldschlacht.
An nun langte des Phöbus erkorener Liebling Iapyx, |
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395 | Jener, damit er die Tag' aufhielte des scheidenden Vaters, Wollte vielmehr der Kräuter Gewalt und die Wege der Heilung Einsehn, und ungerühmt die stilleren Künste betreiben. Brausend vor bitterem Schmerz, auf die mächtige Lanze gestützet, Stand der Held, in der Jüngling' umher und des bangen Iulus |
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400 | Großem Gedräng', unerweicht von den Thränenden. Aber der Greis dort, Der das Gewand rückwärts nach päonischer Weise gegürtet, Viel mit heilender Hand und des Phöbus gewaltigen Kräutern Schafft er umsonst eilfertig, umsonst an dem spitzigen Pfeile Rüttelt er oft und fasset mit kneipender Zange das Eisen. |
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405 | Keinem Versuch antwortet das Glück, kein Helfer Apollo Nahet ihm. Und graunvoller, ja noch graunvoller im Schlachtfeld Wächst das Getös'; an dringt das Verderb. Schon sehn sie den Himmel Stehen in Staub; her sprengen die Reisigen, und in das Lager Fallen Geschosse gedrängt. In die Luft steigt grauses Geschrei auf, |
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410 | Kämpfender Jünglinge dort, dort fallender unter des Mars Wut.
Venus anjetzt, von des Sohns unwürdigen Schmerzen erschüttert, |
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415 | Unbekannt, wann im Rücken ein fliegender Pfeil ihr gehaftet. Dieses trug, da in dunkles Gewölk sie gehüllet das Antlitz, Venus daher; dann heimlich dem Strom in der schimmernden Wanne Mischt sie das würzige Kraut, und darein, zu verstärken das Labsal, Tropft sie Ambrosiasäft', und den Heilbalsam Panacea. |
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420 | Sorgsam wäschst nun die Wund' in der Flut du, greiser Iapyx, Unbewußt, und sogleich war all aus dem Leibe geflohen, Siehe, der Schmerz, all stockte das Blut in der Tiefe der Wunde. Jetzo folgte der Hand das Geschoß freiwillig, und zwanglos Glitt es heraus; um kehrten die vorigen Kräfte verjünget. |
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425 |
Waffen, gebt schnell Waffen dem Mann! Was steht ihr? Iapyx |
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430 |
Jener begierig des Kampfs umschloß sich das Schienbein mit Golde |
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435 |
Mannheit lerne, o Knabe, von mir, und redlichen Eifer, |
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440 | Laß dich den Vater Äneas und Hektor reizen den Oheim!
Als er die Worte gesagt, ging aus den Pforten er machtvoll, |
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445 | Wirbelt das Feld und vom Gang Fußwandelnder bebet die Erd' auf. Aber es sah die gerade vom Wall Ankommenden Turnus, Auch die Ausonier sahn's; und kalt durch Mark und Gebein hin Bebte das Graun. Juturna zuerst vor allen Latinern Hört' und erkannte das grause Getön und erschrocken entfloh sie. |
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450 | Jener durchfliegt das Gefild' und rafft den dunkelen Heerzug. Wie wenn ein regnichter Sturm landwärts vor dem jählichen Unstern Geht durch die Mitte des Meers, ach schon vorahnend von ferne Bebt den armen Bestellern das Herz, bald streckt der Verwüster Fallende Bäum' und Saaten dahin, weit schädigt er alles; |
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455 | Vor ihm fliegen die Wind' und tragen Geräusch an das Ufer: So der rhöteische Führer, der dort auf begegnende Feinde Treibet den Zug; und dicht in geschlossenen Keilen ein jeder Gehn sie geschart. Thymbräus zerhaut den starken Osiris, Mnestheus, Archetius, dich, den Epulo mordet Achates, |
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460 | Ufens sinkt vor Gyas; der Seher Tolumnius sinkt auch, Welcher zuerst ein Geschoß hinübergeschnellt in die Feinde. Laut auf tönt zu dem Himmel Geschrei; und geschlagen von neuem, Wenden die Rutuler sich staubwirbelnd zur Flucht durch die Felder. Doch nicht würdiget jener Gewendete niederzustrecken, |
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465 | Noch die gerad' hertrugen den Fuß, noch die Schwinger des Wurfstahls Jagt er umher; ihn allein im nächtlichen Dunkel, den Turnus Forscht er mit spähendem Blick, ihn allein zur Entscheidung verlangt er. |