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Petja traf Denissow in dem Vorhaus der Hütte an, wo er ihn mit Unruhe und Ärger über sich selbst erwartete.
»Gott sei Dank!« rief er. »Der Teufel soll dich holen, deinetwegen konnte ich nicht schlafen! Nun, Gott sei Dank, lege dich schlafen. Wir können bis zum Morgen noch etwas schlummern.«
»Nein«, sagte Petja, »ich will nicht, sonst werde ich die Zeit verschlafen.«
Petja lag einige Zeit in der Hütte und hing seinen freudigen Erinnerungen nach. Als er bemerkte, daß Denissow eingeschlafen war, ging er hinaus. Draußen war es noch ganz dunkel, aber der Regen hatte aufgehört. Man sah die schwarzen Gestalten der Kosaken, die auf Wache standen, und ihre Pferde. Hinter einer Hütte standen zwei Fuhren, bei denen Pferde standen, und am Abhang flackerte ein erlöschendes Feuer. Petja hörte leises Gespräch in der Dunkelheit, die Pferde wieherten und stampften mit den Füßen, in der Nähe schnarchte jemand, er setzte sich und schlummerte ein. Ein Kosak weckte ihn. »Es wird schon hell!« flüsterte er. Die vor kurzem noch unsichtbaren Pferde wurden jetzt deutlich erkennbar, und durch die kahlen Zweige brach ein schwaches Licht herein. Aus der Hütte trat Denissow heraus und rief Petja zu, Befehl zum Sammeln zu geben. Rasch wurden die Pferde im Dunkel herausgeführt, die Steigbügel angezogen, und dann sammelten sich die Leute in ihren Abteilungen. Denissow stand vor der Hütte und gab die letzten Befehle. Die Infanterie ging voraus, den Weg entlang und verschwand darauf im Nebel. Der Esaul instruierte seine Kosaken. Petja hielt sein Pferd am Zügel und erwartete mit Ungeduld den Befehl, aufzusteigen.
»Ist alles fertig?« rief Denissow. »Bringt die Pferde her!«
Die Pferde wurden gebracht, und sie stiegen auf.
»Denissow, werden Sie mir nicht etwas anvertrauen?« sagte Petja.
Denissow schien seinen Kameraden ganz vergessen zu haben.
»Ich bitte dich nur um eins«, sagte er streng, »mir zu gehorchen und dich in nichts einzumischen.« Dann sprach Denissow kein Wort mehr.
Als sie an den Waldsaum kamen, wurde es auf dem Feld schon merklich heller. Denissow flüsterte etwas mit dem Esaul, und die Kosaken ritten an Petja und Denissow vorüber. Als sie alle verschwunden waren, ritt Denissow am Berge hin. Petja ritt neben Denissow, ein Fieber überlief ihn, das sich immer mehr verstärkte. Immer heller wurde es und nur der Nebel verbarg noch die Gegenstände in der Ferne. Als sie hinabgeritten waren, blickte Denissow rückwärts und nickte mit dem Kopf einem Kosaken zu, der neben ihm stand.
»Das Signal!« sagte er.
Der Kosak erhob den Arm und gleich darauf ertönte ein Schuß. In demselben Augenblick hörte man die Hufschläge der vorwärtsgaloppierenden Pferde, Geschrei und Schüsse von verschiedenen Seiten. Bei dem ersten Schuß trieb Petja sein Pferd an, rief »Hurra« und ließ ihm die Zügel schießen. Ohne auf Denissow zu hören, der ihm etwas zurief, galoppierte er vorwärts, nach der Brücke zu. Vor ihm auf dem Wege ritten die Kosaken. An der Brücke stieß er auf einen zurückgebliebenen Kosaken und galoppierte weiter. Vor ihm liefen einige Leute, wahrscheinlich Franzosen, von der rechten Seite des Waldes nach der linken. Der eine fiel vor den Füßen von Petjas Pferd.
Bei einer Hütte drängten sich die Kosaken zusammen, Petja konnte nicht erkennen, was sie dort machten. Aus der Mitte der Menge hörte man schreckliches Schreien. Petja galoppierte dorthin, und das erste, was er sah, war ein Franzose mit bleichem Gesicht und zitternder Kinnlade, der eine auf ihn gerichtete Lanze am Schafte festhielt.
»Hurra!. . . Kinder! . . .« rief Petja und galoppierte weiter die Straße entlang.
Vorn hörte man Schüsse. Die Kosaken und Husaren sowie die russischen Gefangenen, die auf beiden Seiten des Weges hinliefen, schrien laut einander etwas zu. Ein junger Franzose, ohne Mütze, im blauen Mantel, verteidigte sich mit dem Bajonett gegen die Husaren. Als Petja näherkam, war der Franzose schon gefallen.
»Wieder zu spät gekommen«, dachte Petja, dann wandte er sich dorthin, woher die häufigen Schüsse kamen. Die Schüsse knallten im Hof jenes Gehöftes, wo er gestern abend mit Dolochow gewesen war. Die Franzosen schossen hinter dem Zaun hervor auf die Kosaken, die auf dem Wege vorwärts eilten. Als Petja an die Pforte kam, sah er im Pulverdampf Dolochow mit bleichem Gesicht, welcher den Leuten etwas zuschrie.
»Die Infanterie abwarten!« rief er, während er Petja entgegenritt.
»Warten? . . . Hurra!. . . rief Petja, und ohne einen Augenblick zu zögern, galoppierte er auf die Stelle zu, woher die Schüsse gehört wurden und wo der Pulverdampf am dichtesten war.
Eine Salve ertönte, man hörte, wie die Kugeln pfiffen und anschlugen. Die Kosaken und Dolochow ritten im Galopp Petja nach an die Pforte des Hofes. In dem dichten Pulverrauch warfen die Franzosen die Gewehre weg und liefen den Kosaken entgegen, andere flohen den Berg hinab, dem Teich zu. Petja ritt an dem Gehöft entlang, und anstatt die Zügel einzuhalten, trieb er sein Pferd an und ritt immer weiter in derselben Richtung. Das Pferd stolperte, und Petja fiel schwer herab auf die feuchte Erde. Die Kosaken sahen, wie seine Arme und Beine zitterten und zuckten, obgleich sein Kopf sich nicht rührte. Eine Kugel hatte ihn in den Kopf getroffen.
Ein französischer Offizier kam aus einem Hause heraus, mit einem Tuch am Degen, und erklärte, sie wollen sich ergeben. Nachdem Dolochow mit ihm gesprochen hatte, stieg er vom Pferde und ging auf Petja zu, der unbeweglich, mit ausgestreckten Armen auf der Erde lag.
»Fertig!« sagte er mit finsterer Miene und ging Denissow entgegen.
»Ist er tot?« rief Denissow.
»Fertig!« wiederholte Dolochow, als ob dieses Wort ihm besonderes Vergnügen machte. Dann ging er rasch zu den Gefangenen, welche die Kosaken eilig umzingelten. Denissow ritt zu Petja, stieg vom Pferde und wandte mit zitternden Händen das mit Blut und Schlamm bedeckte, bleiche Gesicht Petjas um. Verwundert über die Laute, welche wie Hundegebell klangen, mit denen sich Denissow rasch abwandte und sich am Zaum festhielt, blickten sich die Kosaken nach ihm um. Unter den befreiten russischen Gefangenen befand sich auch Peter Besuchow.